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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.02.1899
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- 01.02.1899
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- Deutsch
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26, 1. Februar 1899. Nichtamtlicher Teil. 861 früheren Armenschulen, den Parvchial- und privaten Elementarschulen langsam entwickelt. Der für Kinder armer Leute kostenfrei gegebene Unterricht wurde lauge uur als Almosen gewährt; erst von 1870 ab wird in den Berliner Gemeindeschnlen allgemein überhaupt keiu Schulgeld mehr erhoben. Die Zahl dieser Gemeindeschulen ist heute 223, und rund 200 000 Kinder erhalten dort kostenfreien Unterricht. Gegenüber dieser großen Entwickelung des öffent lichen Schulwesens sind die Privatschuleu fast ganz zurück getreten. Die privaten Knabenschulen sind bis auf wenige eiugegangen, und auch die Zahl der privaten Mädchenschulen sinkt stetig herab. Der Verfasser meint, daß man das be klagen könnte, wenn die Privatschnlen wirklich einen freieren Spielraum für ihren Lehrplan hätten, wenn sie neue päda gogische Gedanken und Ziele wirklich noch schneller entwickeln und zur That reifen lassen könnten. Aber das sei kaum der Fall. Immerhin müsse die Privatschule rechtlich gestattet bleiben, um dem Einzelnen die Möglichkeit zu geben, seinen eigenen pädagogischen Gedanken Ausdruck zu geben und sie praktisch zu erproben. Die öffentlichen Schulen seien übrigens keineswegs in festen Formen erstarrt. Im Gegenteil werde an ihren Formen unablässig durch Reformpläne gerüttelt. Der Bericht erstatter verwirft diese Bewegung nicht, der Entwickelung des menschlichen Geistes und damit der beständigen Verbesserung des Schulwesens dürfe keine Schranke gesetzt werden. Nur vor allzu stürmischer Beunruhigung warnt er mit Recht. Er schließt sein Kapitel mit einer vorurteilsfreien Betrachtung über den Wert des Schulunterrichts für Bildung und Ge sittung, eine bekannte Preisfrage der Akademie in Dijon, die seinerzeit Rousseau verneinend und — preisgekrönt beantwortet hat. Der Verfasser stellt sich nicht auf seinen Standpunkt, son dern läßt bei aller Würdigung gegnerischer Anschauungen der treuen tagtäglichen Lehrerarbeit, die unermüdlich im Ver borgenen wirkt, ihr volles Verdienst als einer unbedingt segensreichen und ehrenvollen. -t- * * Im nächsten »Beitrag« behandelt Ernst Friede! die »Berliner Volksbibliotheken und Volkslcsehalleu«. Wenn nicht die letzten Jahre auf diesem Gebiete einen sehr notwendigen Aufschwung gebracht hätten, so würde dieser Bericht gegen den vorhergegangenen um vieles zurückstehen müssen, weil er nur dürftige Ergebnisse milteilen könnte. Die Berliner Stadtverwaltung hat sich jahrzehntelang mit so lebhaften: und freigebigem Eifer ihres Schulwesens ange nommen, daß sie die Ausbildung des Bibliothekswesens dar über bis in die neueste Zeit hinein vernachlässigt hat. Erst von Amerika, wo die Schulbildung noch viel zu wünschen übrig läßt und wo man beizeiten augefangen hat, ihre Mängel durch ein großartig entwickeltes Bibliothekswesen auszu gleichen, kam die Erkenntnis des großen Bildungswertes freier öffentlicher Bibliotheken und Lesehallen. Der Reichshauptstadt gebührt wenigstens das Verdienst, als eine der ersten Städte in Deutschland sich dieser Erkenntnis angeschlossen zu haben; im übrigen darf sie sich mit der Thatsache trösten, daß das ganze Deutschland ihr nichts vorzuwerfen, sondern eben selber recht lange nicht daran gedacht hat, daß es kein besseres Mittel zur Fortbildung seiner jungen, der Schule entwachsenen Bürger giebt, als die denkbar freigebigste und bequemlichste Darbietung der reichen Schätze der deutschen Litteratur jeg licher Gattung und Richtung. Während der Berichterstatter über die Berliner Schulen, Fritz Jonas, die erwähnte Rousseau'sche starre Verneinung nicht gmrz beseitigt, sondern seine eigenen leisen Zweifel nicht völlig unterdrücken kann, ob der so enorm gesteigerte Schulunterricht wirklich der all gemeinen Gesittung so genützt habe, wie man allgemein er warten sollte, so würde er die Frage gewiß uneingeschränkt bejaht haben, wenn seine Beobachtung sich schon auf Bildungsergebnisse einer großen Zahl -freier öffentlicher Büchereien hätte stützen können. Denn erst durch deren um fassende Benutzung kommt die Erkenntnis dessen, was im Leben not thut. Die Schule allein kann sie nicht geben. Die erste Erweckung aus diesem Schlaf kam 1841 und zwar weder vom Staat noch von der Stadt, sondern von einem einzelnen Manne, dem berühmten freimütigen Gelehrten und Politiker Friedrich von Raumer. Ihm gebührt das Verdienst, die städtischen Volksbibliotheken Berlins ins Leben gerufen zu haben. Aber auch bei seinem Gedanken, der zunächst nur auf einen Verein für populäre wissenschaftliche Vorlesungen und erst in zweiter Linie auf die Schaffung von Volks bibliotheken ausging, hatten die Götter »vor den Sieg den Schweiß« gesetzt. Gelehrtendünkel, der die Popularisierung der Wissenschaften, insbesondere von Frauen und Mädchen, für eine Herabwürdigung hielt, die üblichen Bedenken der Rechtgläubigen, die nur vou Bibel, Gesangbuch und Erbauungs schriften in den Händen des Volkes etwas wissen wollten, Besserwisser unter den aufgeklärteren Akademikern, Indifferenz und andere Hindernisse mehr hatte er zu bekämpfen. Viel leicht hätte er sie nie besiegt, wenn ihm nicht zur rechten Zeit vom damaligen Prinzen von Preußen, unserem späteren großen Kaiser, und von dessen Gemahlin die förderlichste Unterstützung gekommen wäre. Der Prinz nahm das Unter nehmen unter seinen Schutz, und die Prinzessin war eine der eifrigsten Besucherinnen der Vorlesungen. Im Jahre 1869 waren es 18 000 Thaler, die Raumer aus den Ueberschüssen des Vereins nach und nach an die Stadt hatte abliefern können, um damit die Gründung von Volksbibliotheken zu unterstützen. Die erste Ueberweisung zu diesem Zwecke hatte schon 1847 mit 4000 Thalern erfolgen können. Die Stadtverwaltung verschloß sich der Anregung nicht und bewilligte ihrerseits anfänglich kleine, später größere Summen, 1850: 3000 Thaler für die nächsten drei Jahre, 1876 als Jahresbedarf schon 16 200 .,/6. Der letzte große Verwal tungsbericht des Magistrats, der die Jahre 1889—95 um faßt, verzeichnet einen Bestand von 27 Volksbibliotheken mit einem durchschnittlichen Jahresbedarf von insgesamt 28 000 die Zahl der Benutzungen war im Jahre 1894/95 427 201. Immerhin war und ist dem wachsenden Lesebedürfnis für eine Stadt wie Berlin damit bei weitem nicht genügt. Die im Beginn der neunziger Jahre einsetzende Bewegung für Volksbibliotheken und Lesehallen nach englischem und amerikanischem Muster forderte mehr. Zuerst war es der Geheime Regierungsrat Dr. W. Foerster, der die »Deutsche Gesellschaft für ethische Kultur« für die Begründung einer Volkslesehalle erwärmte und mit ihrer Hilfe seinen Gedanken verwirklichte. Diese »erste« öffentliche Lesehalle wurde vou ihr am 1. Januar 1895 eröffnet. Schon im ersten Berichts jahre konnte sie einen Besuch von 49 625 Personen verzeichnen, die Zahl der Entleihungcn betrug 21482. Die Stadtverwaltung beteiligte sich von 1896 ab an diesem Unternehmen mit einem Jahresbeitrag von 3000 Aber schon am 1. Oktober 1896 eröffnete sie selbst eine erste städtische Volkslesehalle im Hause Mohrenstraße 1, am 1. April 1898 eine zweite in der Ravensstraße, und in Aussicht ge nommen sind noch 4 weitere in der Wilms-, Glogauer-, Duncker- und Rostocker Straße. Die jährliche Gesamtauf wendung für die städtischen Volksbibliotheken und Lesehallen beziffert sich jetzt auf 59 935 eine Summe, die freilich immer noch keinen Vergleich mit amerikanischen Auf wendungen anshült und vermutlich bald erheblich gesteigert werden dürfte. * * >1- 118
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