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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.02.1881
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- Erscheinungsdatum
- 28.02.1881
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- Deutsch
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864 Nichtamtlicher Theil. 48, 28. Februar. es ihm aber möglich, auf eine große Anzahl höchst wichtiger und säst unbekannter Werke hinzuweisen und eine stattliche Menge derselben selbst zusammen zu bringen. Er erwarb sich dadurch solche Anerkennung und Zufriedenheit seiner Auftraggeber, daß er von ihnen dem Baron von Korff, dem Vorsteher der kaiserl. öffentlichen Bibliothek in St. Petersburg warm empfohlen und dadurch der Grund zu seinen späteren intimen Beziehungen zu diesem gelegt wurde. Genannte Bibliothek begann damals ihre berühmt gewordene Libliotbe» rnssio», eine vollständige Samm lung aller aus Rußland bezüglichen Druckwerke aller Zeiten und Völker anzulegen und versandte zu diesem Zweck an die bedeuten deren Antiquare und Bibliographen ihre bekannten Fragebogen. Diese wurden für Müller Veranlassung zu umfangreichen Nach forschungen unter der älteren niederländischen Literatur, und es gelang ihm, zahlreiche unbekannte Quellenschriften zur Geschichte der Beziehungen der Niederlande zu den nordischen Reichen, besonders im 16. und 17. Jahrhundert, über den Aufenthalt Peter des Großen in den Niederlanden u. s. w. ans Licht zu ziehen. Wenn er die laufenden Tagesarbeitcn im Geschäfte beendet, brachte er noch viele Stunden mit dem Studium der zahllosen Flugschriften, der großen Sammelwerke eines Wassenaer, Aitzema n. s. w. zu, um aus ihnen Auszüge zu machen, und es ist geradezu erstaun lich, wie viele neue Gesichtspunkte solchergestalt in den ver schiedensten Richtungen gewonnen wurden. Als Resultat dieser Arbeiten erschien im Jahre 1859 die Libtloxrapbio nesrlanäo- rnsss, welche allseitig die größte Anerkennung fand, und da der größte Theil der darin enthaltenen Werke auf Muller's antiqua rischem Lager selbst vorräthig war, auch einen beträchtlichen materiellen Nutzen abwars. Die Nachforschungen nach den auf Rußland bezüglichen Schriften führten von selbst auf die alten Reisen der Niederländer im Allgemeinen und ganz besonders aus die Gründungs- und Entstehungsgeschichte der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika. New-Uork (ursprünglich Nieuw-Nederland) war bekanntlich bis 1687 niederländische Colonie, und die ältesten Dokumente zur Ge schichte des Staates mußten demgemäß in den Niederlanden zu finden sein; diese hervorzusuchen, zu sammeln und dem Geschichtsschreiber zugänglich zu machen, zog ihn besonders an. Auf diese Weise entstand aus Grundlage des von ihm gesammelten Materials der in Fachkreisen hochgeschätzte: Llblioxraxblo»! »nä lnstorie»! oss»/ on tlio clntob doolrs »nä pampblots rolntivA to HsrV'Uotbor- lanck sto. von G. M. Asher, 1854—67, und im Anschluß daran 1872 in Form eines antiquarischen Katalogs mit Preisen der Ms»/ tovaräs » ckateb-ainorioau bibliozrapb/. Neben diesen geht eine ganze Reihe anderer Kataloge, die im gleichem Sinne bearbeitet, durch die beigesügten Noten sich weit über das Niveau gewöhnlicher Antiquarkataloge erheben und den Gelehrten werth volle Hilfsbücher in ihren Studien geworden sind. Selbst die vielen Anctionskataloge, die Müller über zum Theil kostbare Bibliotheken veröffentlichte (es seien die von van Voorst, En schede, Vrolik und Meulman genannt) zeigen ein anderes Gesicht, wie die meisten anderen. Es konnte nicht fehlen, daß Müller auf solche Weise durch seine geschäftlichen Beziehungen mit zahlreichen Bücherfreunden, Bibliographen und Gelehrten in Berührung kam, und es lag in seiner Eigenheit, daß säst immer der geschäftliche Verkehr sich unwillkürlich zu einem persönlichen, freundschaftlichen erweiterte. Seine außerordentliche Belesenheit setzte ihn in den Stand, in den meisten Fällen die gewünschte Auskunft zu ertheilen, und so wurde er denn auch von nah und fern oft über die Maßen in Anspruch genommen. Es konnte ihm aber hierin nie zu viel werden, gleichviel, ob ein direkter materieller Nutzen daraus ent sprang oder nicht. Daneben entfaltete er eine fruchtbare schrist-' stellecische Thätigkeit; die Anzahl der von ihm herrührenden größeren und kleineren Aufsätze, die meist in niederländischen Zeit schriften erschienen, beträgt ca. achtzig. Neben literarischen sind es hauptsächlich bibliographische und buchhändlerische, vor allem aber eine ganze Reihe von Artikeln, betreffend die deutsch-nieder ländische Nachdrucksrage. Schon vor mehr als 20 Jahren sprach er sich offen und rückhaltlos gegen den Nachdruck fremder Werke aus und setzte sich dadurch in lebhaften Widerspruch zu der großen Mehrheit seiner Berufsgenossen. Immer von neuem kam er bei jeder sich bietenden Gelegenheit aus diesen Gegenstand zurück, und ihm vor Allen ist es zudanken, daßsich in den Niederlanden selbst eine einflußreiche Partei gebildet hat, die eine Aenderung der bestehenden Nachdrucksverhältnisse anstrebt; daß ein entsprechen der Erfolg bisher ausgeblieben, ist nicht ihre Schuld. Man könnte meinen, daß es für Müller als Antiquar nicht schwer halten konnte, eine Lanze für das geistige Eigen thumsrecht zu brechen; man darf aber nicht übersehen, daß er auch Verleger war und daß er einen ganz ansehnlichen Ver lag hatte, in welchem die in der Gelehrtenwelt wohlbekannten Namen eines Cobet, Hosman-Peerlkamp, Bleeker, Schaarschmidt u. a. m. vertreten sind. Es sind meist umfangreiche, streng wissen schaftliche Werke, die er verlegte, die ihm aber (wie er sich selbst nicht verhehlte) einen großen geschäftlichen Gewinn nicht brachten. So lange ein Werk im Entstehen war, nahm er den lebhaftesten Antheil an ihm, und manche, die einen andern Namen als Ver fasser tragen, sind zum guten Theil seine Arbeit; war das Buch aber vollendet, so konnte sich sein lebhafter Geist nicht recht mit den mehr mechanischen Manipulationen des Vertriebes befreun den. Er selbst war sich dessen sehr wohl bewußt, und wenn er ein Werk verlegte, so geschah cs zumeist, weil er ein Persönliches Interesse daran nahm. Durch und durch Niederländer, scheute er selbst vor erheblichen Opfern nicht zurück, wenn es die Ehre seines Vaterlandes zu wahren galt. Diesem Gefühle verdankt u. a. die in seinem Berlage erschienene unübertreffliche biblio graphische Monographie von Tiele: „kcksmoiro bibliograxlriguo sur los soui'nanx ckos n»vjA»tonrs nborlLnckais. 1867" ihr Ent stehen, worin nachgewiesen wird, daß die berühmten Sammlungen von Reisen des de Bry und Hulsius nichts anderes als arm selige verstümmelte Uebersetzungen der niederländischen Original drucke sind; sodann der große 3 starke Quartbände umfassende ebenfalls von Tiele bearbeitete Katalog niederländischer Flugschriften, der nicht weniger als ca. 10,000 Schriften aus der Zeit 1487 — 1702 mehr oder weniger eingehend beschreibt und 15 Gulden im Buchhandel kostet; ferner die von Müller selbst verfaßte und in 3 Bänden 1862—79 erschienene Beschreibung seiner unver gleichlichen Sammlung von Kupferstichen rc., zur Geschichte der Niederlande. Nicht minder war er stets der Erste, wenn es galt, in Wort oder Schrist die Ehre seines Standes zu wahren, und in allen Fragen, die den niederländischen Buchhandel während der letzten 30 Jahre bewegten, nahm er mit Rath und That leb haften und in vielen Fällen Ausschlag gebenden Antheil. Des halb ehrte ihn der niederländische Buchhandel schon bei Lebzeiten gewissermaßen als sein geistiges Oberhaupt. In den letzten Jahren freilich sah er sich durch seine schwankende Gesundheit genöthigt, von allem öffentlichen Leben sich zurückzuziehen; sein Einfluß jedoch blieb auch da noch durch seine Zöglinge anerkannt; denn alle Diejenigen, die jetzt in den Niederlanden das Antiquariat im besseren, höheren Sinne betreiben, sind aus seiner Schule direct oder indirect hervorgegangen, und nicht als sein geringstes Verdienst darf es ihm angerechnet werden, den vorher wenig ge achteten Stand des Antiquars in den Niederlanden zuEhren gebracht zu haben. Wie er hierüber dachte, spricht er selbst in der Vorrede seines letzten (englisch redigirten) Katalogs mit folgenden Worten
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