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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.02.1881
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- Erscheinungsdatum
- 28.02.1881
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- Deutsch
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48, 28. Februar. Nichtamtlicher Theil. 863 Nichtamtlicher Theil Frederik Müller. „Inäslsssus axsncko" — nicht treffender läßt sich das Leben und Wirken des am K. Januar d. I. verstorbenen Amster damer Buchhändlers Fred. Müller charakterisiren, als mit diesem Wahlspruche des alten W. I. Blaeu, des weltbekannten nie derländischen Atlanten-Berlegers des 17. Jahrhunderts, und wohl hatte Müller ein Recht, denselben Wahlspruch seinen eigenen zu nennen: treu ist er ihm nachgekommen, unermüdlich schaffend, unermüdlich forschend und noch in den letzten Tagen seines Lebens die wenigen Stunden, die sein körperlicher Zustand es erlaubte, der Arbeit widmend. Müller ist eine jener seltenen Persönlichkeiten, deren Einfluß weit über die Grenzen ihres verhältnißmäßig engen Wirkungskreises reicht, während sie in diesem selbst neue Bahnen cinschlagen und dadurch resormirend einwirken. Obgleich er dem deutschen Buchhandel ferner stand und nur hin und wieder in enge Fühlung mit demselben kam (z. B. durch die vor einigen Jahren vielbesprochene Nachdrucks- srage), so ist doch seine Thätigkeit bedeutend genug, um auch an dieser Stelle Erwähnung zu finden, und so möge es denn einem seiner Schüler gestattet sein, aus eigener Anschauung ein flüchtiges Bild seines Meisters und Freundes zu entwerfen. Frederik Müller wurde am 22. Juli 1817 als Sohn des hoch geachteten und auch als Schriftsteller in den Niederlanden geschätzten Predigers der Amsterdanier Mennoniten-Gemeinde, Professor Müller geboren; eine sorgfältige Erziehung und der anregende Verkehr des elterlichen Hauses, welches ein Sammelplatz vieler angesehener Männer der Stadt war, weckten in dem geistig reich begabten Knaben schon frühzeitig jene Liebe zu den Wissenschaften, die ihm für sein ganzes Leben eigen blieb. Ein organischer Sprachfehler hinderte ihn jedoch, sie zu seinem Lebensberuf zu machen, und so trat er, nachdem er nicht nur das Gymnasium absolvirt, sondern auch die Vorlesungen des Amsterdamer Athe näum, welches später zur vollen Universität erhoben wurde, be sucht, als Lehrling in die Buchhandlung von Johannes Müller ein, welche, wie bekannt, aus dem Zweig-Etablissement von F. A. Brockhaus in Amsterdam hervorgegangen, damals bei weitem den größten Theil des Bücherverkehrs mit Deutschland vermittelte. Hier bot sich dem jungen Manne eine überaus reiche Gelegenheit, die deutsche wissenschaftliche Literatur kennen zu lernen, und sein reger Geist begnügte sich nicht damit, sich die buchhändlerischen Äußerlichkeiten (Titel, Preis, Verleger ic.) anzueignen; immer suchte er in das Wesen des Buches und seine Beziehungen zur Zeit, die es hervorbrachte, einzudringen. Wohl möglich, daß ihm hier seine Vorliebe für deutsches Wesen und für deutsche Gelehrsamkeit erwuchs, die er wiederholt Gelegenheit hatte zu bethätigen, sei es im persönlichen Verkehr mit deutschen Gelehrten, sei es anderweit, z. B. während des letzten deutsch- französischen Krieges, wo er mit Wort und Schrift lebhaft für das gute Recht Deutschlands eintrat. Leicht und angenehm waren in anderer Beziehung seine Lehrjahre nicht; sein Prinzipal war ein strenger Herr aus der alten Schule, der an seine Unter gebenen große Anforderungen stellte, und der junge Müller durste sich nicht scheuen, beim Packen oder Auswinden der Bücher in die oberen Lagerräume auch auf offener Straße Hand anzulegen. Gern erinnerte er sich nachmals dessen, und auch in späteren Jahren, im eigenen Geschäft ließ er es sich nicht nehmen, überall, wo cs daraus ankam, selbst mit Hand anzulegen. Durchaus verschieden waren die geschäftlichen Verhältnisse, welche Müller demnächst kennen lernte, als er als Gehilfe und später als Theilhaber in das Auctions- und Antiquariats-Geschäft von Jacobus Radink trat. Dieser kann als der Typus eines damaligen niederländischen Antiquars gelten: ohne jede besondere Vorbildung, ohne Kenntniß der classischen Sprachen und nur nothdürstig mit den neueren bekannt, halte er sich durch lang jährige Praxis mit den äußerlichen Merkmalen einer großen Anzahl alter Bücher vertraut gemacht, derart, daß er sehr genau anzugeben wußte, wie viele Bände ein Werk umsaßte, wie hoch es etwa im Preise stand und dergl. Der Inhalt dagegen war ihm durchaus gleichgültig, und wenn er z. B. nach einer Ssptrm- xiuta. gefragt wurde, so wandte sich sein Schritt wie von selbst zu den Bibeln; hätte er aber sagen sollen, was das Buch ent halte, so hätte er keine Antwort gewußt. Dabei hatte er sich aber im Lause der Zeit ein großes Bücherlager gesammelt, und die bedeutenden Auktionen, die er abhielt, boten reiche Gelegen heit, werthvolle alte Bücher kennen zu lernen. Es lag aus der Hand, daß so verschiedene Geister, wie Radink und Müller, bald in Collision gerathen mußten, und nachdem sie noch einige Bücher- auctionen gemeinsam abgehaltcn, lösten sie ihr Verhältniß, und Letzterer gründete sein eigenes Geschäft (1843). Der erste Anfang war höchst bescheiden: ein Keller auf dem Rokin diente als Geschäftslocal, und gar Mancher schüttelte den Kopf über den unbedachtsamen jungen Mann, der, aus guter Familie und ohne eigenes Vermögen, den doch immerhin mit Geringschätzung angesehenen Berus des „Antiquars" ergriff. Boten sich ihm doch bei seinen Fähigkeiten weit glänzendere Aussichten als Kaufmann, an der Börse u. s. w. Aber Müller ließ sich das nicht verdrießen; er sah in seinem Beruf mehr als die „milchende Kuh"; er war ihm ein Studium und zwar das interessanteste, das er sich denken konnte. Aus den ursprünglichen Berichten vergangener Jahrhunderte ein Bild jener Zeiten selbst sich zusammensctzen zu sehen, aus unbekannten und unbeachteten Quellen neue Züge hinzuzusügen, die Gelehrten hinzuweisen auf neue Brunnen, die sie bei ihren Arbeiten sich nutzbar zu machen hätten, und so selbstthätig mit cinzugreisen in das literarische Leben —- das war sein Streben und sein Ideal! Und die ohne Gleichen großartige Geschichte seines Vaterlandes im 16. und 17. Jahrhundert — in denen, wie ein Zeitgenosse sagt, der Haag das Theatrum war, wo die großen Händel der Welt entschieden wurden — bot ihm ein reiches, in vielen Richtungen noch säst ganz unberührtes Arbeitsscld. Auch täuschte er sich nicht, wenn er sich einen angemessenen materiellen Nutzen von einer derartigen Ausfassung seines Berufes versprach; — denn in der That, bald fanden sich in dem unscheinbaren Locale angesehene Männer ein, die ihn um Auskunst und Rath bei ihren Arbeiten fragten, und nach kurzer Zeit schon siedelte er in würdigere und zweckent sprechendere Geschäftsräume über. In dieser Zeit führte ein günstiger Zufall dem jungen Antiquar eine Anfrage der Direktion der Sternwarte zu Pulkowa in die Hände, welche bestimmend für seine spätere Geschästs- richtung und die daraus hervorgehenden Beziehungen zum Aus lände wurde. Man wünschte eine möglichst vollständige Samm lung der in de» Niederlanden erschienenen älteren Werke über Mathematik, Astronomie rc. zu erwerben, und Fred. Müller unter nahm es, eine Zusammenstellung dieser sür die Geschichte der exacten Wissenschaften überaus reichhaltigen Literatur der Niederlande zu machen. Bei dem Fehlen genügender Hilfsmittel war dies keine leichte Arbeit, und er war dabei säst ganz auf selbständiges Suchen angewiesen. Die ihm eigene Art, die Geschichte der Wissenschaften in Verbindung nnt der literarischen Production auszufassen, machte 120»
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