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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.08.1894
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- Erscheinungsdatum
- 02.08.1894
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- Deutsch
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4622 Nichtamtlicher Teil. .D 177, 2. August 1894, Antwerpen ist eine der Städte, die namentlich auch für den Angehörigen des Buchgewerbes von allerhöchstem Interesse sind; sie ist eine Buchdruckerstadt im wahrsten Sinne des Wortes, denn in ihr wirkte und blühte eins der berühmtesten Buchdruckergeschlcchte, das der Plantins und Moretus, und noch heute begegnet man auf Schritt und Tritt den Spuren ihres weltumfassenden Wirkens, und ihr Name gehört zu den populärsten in der Stadt, wenn auch ihre Thätigkeit längst aufgehört und die Druckerei nur noch in dem herrliche» Plantin- Muscum erhalten geblieben ist. Wie einst die Blütezeit Ant werpens, so ging auch ihr Stern unter, und bei dem neuen Aufschwung Antwerpens in unserem Jahrhundert hat sich bis jetzt kein würdiger Nachfolger gefunden, wenn auch die Druck werke der Enkel einen durchaus achtbaren Stand in ihrer Kunst bewahren. Eng verknüpft mit der Geschichte Antwerpens ist die Geschichte dieser Buchdruckcrfamilie. Das erste Aufblühen der Stadt datiert von ihrer Aufnahme in die Hansa im Jahre 1315. Wenige Jahre später liefen schon vcnctianischc und genuesische Schiffe in den Hafen ein und der Handel zwischen England und dem Kontinent gelangte bald ganz in die Hände Antwerpens. Einen gewaltigen Aufschwung nahm die Stadt, als sich der Handel anderer flandrischer Städte, namentlich des mächtigen Brügge, teils wegen dessen Haltung gegen Kaiser Maximilian I., der ihm deshalb seine Privilegien entzog, teils wegen der Rauflust und Ueppigkeit seiner Be wohner, nach Antwerpen zog. Zur ersten Handelsstadt der Welt, selbst Venedig an Glanz überstrahlend, entwickelte sich Antwerpen unter Karl V., der mit Vorliebe dort Hof hielt und der Stadt wichtige Privilegien verlieh. In verhältnis mäßig kurzer Zeit wuchs ihre Einwohnerzahl auf über 200000, so daß sic schon damals ebenso groß war, wie sie in unserm Jahrhundert in erneutem Aufschwung erst wieder werden sollte. Der Verfasser des bekannten Werkes, Oe8oriptio totirrs IjelAÜ», der Florentiner Guicciardini, der als Gesandter einige Zeit in den Niederlanden weilte, teilt mit, daß im Jahre 1566 die Einführung von Gewürzen und Zucker aus Portugal 1^/2 Mill. Dukaten, Gold- und Seidenstoffen aus Italien 3 Mill., Getreide aus den Ostseeländcrn 1'/2 Mill., deutsche und französische Weine 2V2 Mill. und der Wert der englischen Einfuhr 12 Mill. Dukaten betrug. Damals hatten 17 verschiedene Nationen ihre Faktoreien in Antwerpen; Schiffe aus allen Weltteilen lagen in der Schelde, und über tausend fremde Häuser hatten sich angesicdclt. Aber neben dem Handel blühten auch Kunst und Gewerbe; durch die ganze Welt war der Ruhm der Maler Antwerpens bekannt, herrliche Bauwerke, so die großartige Kathedrale, wurden gebaut oder vollendet, und die Erzeugnisse seines Kaufgcwerbcs, wie Kleiderstoffe, Tapeten, Kunstschmiedearbeitcn waren überall gesucht. Fragt man sich nun, wie eine solche Macht in kurzer Zeit so sinken konnte, daß Antwerpen schon nach drei Jahr zehnten nur noch 55000 Einwohner zählte, so muß in erster Linie den Reformationskämpfen die Schuld bcigcmessen werden. Diese Stadt mit ihren vielen Beziehungen zu anderen Län dern, dem freien Blick und Sinn ihrer Bewohner, mußte na türlich eine Hochburg für die Lehren Luthers und seiner An hänger abgeben, und so wurde es auch bald eine Stätte des Kampfes und der Glaubensverfolgungen. Was die Bilder stürmer nicht verwüsteten, was in den Kämpfen zwischen Kal vinisten und Lutheranern nicht aufgcrieben wurde, damit räumte das Schrcckensregiment Herzog Albas und dieJngui- sition gründlich auf. Hatten diese Kämpfe eine Unzahl flei ßiger Gewerbetreibender vertrieben, so wurde durch den west fälischen Frieden auch der Handel unterbunden, da die Schelde mündung definitiv in den Besitz der Holländer kam und diese die Schiffahrt durch einen drückenden Zoll lahmlegten. Zwar wurde später unter Napoleon I. der Hafen aus- gebaut und die Schelde wieder frcigcgcbcn; aber trotzdem konnte sich bei den fortwährenden Kriegen der Handel nicht wieder entwickeln. Später wurde Antwerpen nach dem Pariser Frieden dem neuen Königreich der Niederlande einverleibt. Immer mehr hob sich, namentlich durch die Handelsvcrbindung mit den holländischenKolonicen,dcrWohlstand,so daß dicStadt im Jahre 1830 schon wieder 74 000 Einwohner zählte; aber der lln- abhüngigkcitsknmpf Belgiens, in den Antwerpen mit hincingc- zogcn wurde, lenkte den Handel wieder nach Rotterdam und Amsterdam ab, und als im Frieden von 1830 den Holländern von neuem ein Zoll für die die Schelde passierenden Schiffe zugcstanden wurde, da war die vielgeprüfte Stadt wiederum an den Rand des Abgrundes gebracht. Eine Wendung der Dinge trat erst im Jahre 1863 ein, als Antwerpen unter ungeheuren Opfern den Holländern den Scheldezoll abkaufte, und in der kurzen Zeit bis zur Gegenwart hat die Stadt eine große Entwickelung durchgcmacht. Heute ist, wie bereits erwähnt, Antwerpen eine erste Handels stadt, starke Festung und bedeutende Kunststadt, die namentlich durch den Schatz an Meisterwerken von Rubens nächtig ist. Der Name Antwerpen wird verschieden erklärt Während er nach der Meinung einiger Forscher Acn't Werf — Am Werft bedeuten soll, knüpft eine andere Darstellung an ein prächtiges Monument vor dem Rathause zur Erklärung des Namens an. Es stellt in einer Erzgruppe den Salvius Brabo dar, wie er die dem Riesen Antigonus abgcschnittcnc Hand in die Schelde schleudert. Wie schon mehrfach ermähnt, spielt der Scheldc- zoll in der Antivcrpener Geschichte eine bedeutende Rolle, und so soll auch dieser Riese der Sage nach von allen Schiffen einen solchen erhoben haben und denjenigen Schiffern, die ihn nicht erschwingen konnten, eine Hand abgcschnittcn und in den Fluß geworfen haben. Daher stamme dann der Name Antwerpen von »Hand wcrpen«. Dieser Befreier von dem Scheldezoll findet sich auch auf einem Brunnen vor der Kathedrale, der von Ouintcn Massys geschaffen wurde. Welche von den Versionen über den Ursprung des Namens die richtige ist, soll hier nicht entschieden werden; jedenfalls hieß die Stadt bis ins 17. Jahrhundert Hantwcrpcn und führt im Wappen über der Burg zwei abgehaucne Hände. Die Sprache der Bevölkerung ist französisch und vlämisch und zwar ist das erstere die eigentlich offizielle Sprache, die von der Negierung, der Gesetzgebung, den meisten Zeitungen und dem größeren Teil der Gebildeten gesprochen wird. Trotzdem aber hat gerade in Antwerpen in neuerer Zeit die sogenannte »vlämische Bewegung manche Erfolge errungen und die französische Sprache in manchen Punkten zurück- gedrängt. Den Bemühungen Willems und seiner Nachfolger, dem Vlämischcn im öffentlichen wie privaten Leben mehr Gel tung zu verschaffen, ist cs zu verdanken, daß jetzt schon eine ansehnliche vlämische Litteratur besteht und seit 1873 auch bei Gerichtsverhandlungen die vlämische Sprache benutzt wird, wie z. B. die Aufschrift auf dem prächtigen Justizgebäude im Gegensatz zu den französischen Aufschriften der meisten öffent lichen Gebäude »Gerichtshof« heißt. Das Vlämische ist mit dem Holländischen sehr nahe ver wandt und unterscheidet sich nur in der Aussprache. Man hat es mit zwei Dialekten zu thun, deren Unterschiede in der Schriftsprache kaum noch bestehen. Die Aehnlichkeit mit dem Plattdeutsch ist groß, und man kommt mit diesem, wie über haupt mit dem Deutschen überall gut fort, so daß die Kennt nis der französischen Sprache nicht einmal nötig ist. (Fortsetzung folgt.)
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