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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.05.1867
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 13.05.1867
- Sprache
- Deutsch
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- LDP: Zeitungen
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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Z-ii 109, 13. Mai. Nichtamtlicher Theil. 1207 Nichtamtlicher Theil. Englisches Zeituiigswescn. In einem kürzlich erschienene» Buch „Studie» über die poli tischen und gesellschaftlichen Einrichtungen Englands, von Th. Kar- chcr", liest man über die englische Presse: Die erste gedruckte Zei tung in London erschien am 23. Mai 1622 unter dem Namen dlovss (Wöchentliche Nachrichten); das Blatt wird im bri tischen Museum verwahrt. Siebenzig Jahre später gab cs schon neun Wochenblätter; 1709 war die Zahl verdoppelt. Im Jahr 1724 hatte man bereits drei täglich erscheinende Zeitungen, sieben, die dreimal die Woche ausgegeben wurden, und sechs, die am Samstag zur Presse gingen; außerdem erschien die London Gazette (jetzt das amtliche Blatt) zweimal die Woche. Vor dem Ende des achtzehnten Jahrhunderts war die Zahl der Tageblätter auf dreizehn gestiegen. Das Morning Chronicle ward 1769 gegründet. Lange Zeit war es das bedeutendste Blatt. Sein zweiter Eigenthümcr, Perry, war es, der zuerst die Parlamentsverhandlungen veröffentlichte. Als Perry 1821 starb, ward das Blatt für 42,000 Pf. St. verkauft. Da es aber von 1834 an sich der Bigotterie und dem Rückschritt ergab, sank es immer tiefer; es suchte die Gunst der fremden Gesandtschaften, und ging zuletzt dadurch zu Grunde, daß es sich in die Hände der Napoleon'schcn Regierung gab. Während seines Bestehens hatte es die Presse von einem Zustand schweren Drucks sich zu vollster Freiheit erheben gesehen. England ist, wie die Länder des übrigen Europa's, reich an gesetzlichen Waffen gegen die Presse: nur sind sie verrostet, und niemand denkt mehr daran sie anzuwenden. Schon Eduard I. (1272—1307) veröffentlichte ein Gesetz gegen „die Veröffentlichung falscher Nachrichten", und das heutige Napoleon'sche Regiment kann sich also hierin auf ein sechs Jahrhunderte altes historisches Recht berufen. Unter den Königen aus dem Hause Tudor (1485—1603) durfte man nur denken, wie derKönig befahl, also auch nur jo schrei ben; den Druckern, die mißfällige Schriften in die Presse gaben, schnitt man Ohren oder Hände, oder beides zusammen ab. Die Stuarts (1603—1689) machten es nicht besser, und erst 1697 schaffte das Unterhaus die Censur endgültig ab. Das Recht, die Verhand lungen des Parlaments zu veröffentlichen, ist erst in diesem Jahr hundert anerkannt worden. Kinglake erzählt in seinem bekannten Werk über den Krimkrieg die Geschichte des Emporkommcns des britischen Zeitungswesens, und insbesondere derTimes. Die Times rechnet ihren Ursprung von der französischen Revolution; ihr erstes Blatt erschien auf Neujahr 1788. Ihr Eigenthümcr war John Walter, und noch heute gehört sie seiner Familie, und wird noch m demselben Hause gedruckt, zu Printing House Square in der City. Am 29. November 1814 ward sie zum ersten Mal auf einer Dampfpresse gedruckt, welche unsere Landsleute König Bauer, die Erfinder der Schnellpresse, gebaut hatten. Jetzt wird der Letternsatz des Blattes auf eine ebenso ein fache als sinnreiche Weise viermal auf runde Walzen stereotypirt, und da jede ihrer Pressen achttausend Eremplare in der Stunde lie fert, so vermag sie in drei bis vier Stunden ihre sechzigtausend Eremplare fertig darzustellen. Ihren großen Aufschwung nahm die „Times" zur Zeit der Napoleon'schcn Kriege. Damals ließ Hr. Walter die neuesten Nachrichten vom Festland mit solcher Schnellig keit kommen, daß er sie oft früher als die Regierung empfing. Sie machte sich dem Publicum unentbehrlich, indem sie es sich vorzugs weise zur Aufgabe setzte, die öffentliche Meinung zu ergründen und deren Ausdruck zu sein. Die höchste Blüthe der Times fällt in die Zeit von 1848 bis 1860. Seitdem sind die Kaufleuke der City miß trauisch geworden gegen das Blatt, das sie bei wichtigen Finanzfra- gen in Jrrthum führte, so bei denen, welche Mexico und den ameri kanischen Bürgerkrieg betrafen. Die Times setzte ihre alte Ausgabe beiseite, das Organ der wirklichen Meinung des Landes zu sein. Indessen ist ihr Einfluß so gewaltig, daß cs Jahre bedarf, um ihn aus merkliche Weise zu mindern. Noch immer verhandelt sie als Macht mit jeder andern Macht, und sie leistet unberechenbare Dienste durch ihre ungeheure Verbreitung. „An die Times schreiben" ist die letzte Hilfe der Unterdrückten. Die Times wird von mindestens einer halben Million Menschen gelesen. Das ganze Leben Englands spie gelt sich in ihren Spalte». Außer der Masse Anzeigen, die sie in ihrem Hauptblatt enthält, veröffentlicht sie täglich acht bis sechzehn Niesenseiten, die nur den Anzeigen gewidmet sind. Und der Preis der letzter» ist so hoch, daß eine einzelne Spalte schon ein nettes Sümmchen eindringt. Mehr als einmal haben Töchter der Familie Walter eine Spalte Anzeigen als Mitgift erhalten. Einmal enthielt die Times an einem einzigen Tag 2350 Anzeigen; durchschnittlich enthält sie fünfzehnhundert täglich. Hundertzehn Setzer und fünf undzwanzig Preßgehilsen sind in der Regel bei ihr beschäftigt. Sämmtlichc Blätter in Großbritannien enthalten jährlich etwa 2sH Millionen Anzeigen; davon kommt mehr als ein Achtel auf dieTimes allein. Die Times enthält Tag für Tag die bestgeschriebenen Arti kel; auf das Formtalent wird bei ihren Redacteuren vorzugsweise gesehen, und rasche Auffassung und scharfe Beurtheilungsgabe gilt höher als Festigkeit der Grundsätze. Sämmtlichc Mitarbeiter em pfangen hohes Honorar , der Oberrcdactcur hat einen Gehalt von 4000 Ps.St., und mancher Leitartikel über schwierige Fragen ist mit 40 bis 120 Pf. St. bezahlt worden. Die Times hat Korresponden ten in allen Welllheilen; wenn wichtige Vorgänge es erheischen, sen det sie besondere Berichterstatter. Die bekanntesten unter diesen sind: Mackay, Edwards und besonders William Russell, der im Krimkricgc (aus Ostindien während der Rebellion), während des amerikanischen Ausstandes und im preußisch-oesterreichischen Kriege die allbekannten Berichte schrieb. Eine großeMenge anderer Schriftsteller, und zwar die ausgezeichnetsten, sind gleichfalls regelmäßige Mitarbeiter. In geeigneten Fällen werden neue Kräfte herangezogen; aucki werden östers, für das Eintreten von Ereignissen, die man erwarten kann, Aufsätze zum voraus geschrieben. So kommt es, daß wenige Stun den nach dem Tod einer bedeutenden Persönlichkeit die ausführlichste und bis ins Einzelne gehende Lebensbeschreibung in der Times er scheint. Zu den Redacteuren und Correspondenten kommen noch die ! sehr zahlreichen Stenographen, welche Parlaments- und Gerichts sitzungen miltheilen; die lioportors, Berichterstatter über alle wich- j tigern Angelegenheiten des täglichen Lebens; und die ?onnz--u li- j nsrs, welche den kleinen Begebnissen auf Straßen und Plätzen nach- j spüre», und einen Penny für die Zeile erhalten. Die andern Londoner Blätter schließen sich im Aeußern mög lichst eng an die Times an. Das geachtetste ist „Daily News", ein streng freisinniges Blatt, stets auf der Seite des Rechts und der Humanität. Der „M. Advertiser" ward 1794 als Organ derGast- und Schenkwirthe gegründet, und ist es bis heute geblieben. Er ist ziemlich radical, spricht für die arbeitenden Classen, widcrsetzt sich aber mit tugendhafter Entrüstung jederMaßregel, die der Trunksucht in den Weg treten könnte. Der Wahlspruch des Blattes ist: Bier und Bibel. Die „M. Post" ist whiggisch und gehört der hochkirch lichen Richtung an; sie ist das eigentliche Blatt für die große Welt und die vornehme Gesellschaft. Von den Pcnnyblättern ist das ver breitetste der „Daily Telegraph", freisinnig in englischen Angelegen heiten, in den auswärtigen das Organ jeder Unterdrückung. Die Tories haben ihr Pcnnyblatt im „Standard", die Radicalen im „Snn". Von Provinzialblättern sind namentlich der „Manchester Guardian", der „Leeds Mercury" und der „Scotchman" von Ein fluß. England ist vorzugsweise reich an Wochenblättern; jedes kirch- 182*
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