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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.09.1894
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- 1894-09-06
- Erscheinungsdatum
- 06.09.1894
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5336 Nichtamtlicher Teil. 207, 6. September 1894. Die Beklagten bestritten, das; dein Kläger auf Grund des Urheberrechtes oder des Obligationcnrcchtes ein Recht auf alleinige Herausgabe des Tissot'schcn Fnhrbüchlcins zugcstandcu habe; sodann behaupteten die Beklagten Hofer >.< Burger, Preuß habe ihren am 26. Mai 1893 erschienenen Fahrtcnplan nachgcdruckt und sich dadurch seinerseits einer Verletzung des Urheberrechtes, cvcnt. der illoyalen Konkurrenz schuldig gemacht. Endlich machten beide beklagtischen Firmen noch eine Entschädigungsfordcrung wegen Krcditschädigung geltend, gestützt darauf, daß ihnen der Kläger durch das erwähnte Cirkular und in der Presse vorgeworfen habe, sie hätten ein Plagiat hcrausgegebcn, illoyale Konkurrenz getrieben 2c. Urteil. Das Bezirksgericht Zürich II S. hat sowohl die Klage des Preuß als die Widerklage der beiden Beklagte» abgewiescn. Die Appellntionskammer hat am 12. Mai 1894 die Haupt- klage teilweise gutgeheihen und die Beklagten verpflichtet, an den Klüger unter gegenseitiger Svlidarhaft 500 Fr. zu bezahlen. Die Widerklage wurde abgcwicsen. G r ü ndc: 1. Sowohl der Kläger als die Beklagten und Widerklügcr stützen ihre Klagcbcgehrcn in erster Linie auf das Bundcsgcsctz bctr. das Urheberrecht an Werken der Litteratur und Kunst; cs ist deshalb vor allem zu untersuchen, ob sich der von Tissot bcziv. von den beiden Partciecn herausgcgcbene »Loknlfahrtenplan für Zürich und Umgebung» als ein durch das genannte Gesetz geschütztes Schriftwerk qualifiziere. — Was zunächst die allgemeine Frage betrifft, ob eine Zusammenstellung von Fahrplänen, ein Kursbuch, über haupt unter den Begriff eines schutzbercchtigtcn Schriftwerkes gestellt werden könne, so ist dieselbe nicht ohne weiteres zu verneinen. Dem Bundcsgcsetz fehlt eine Definition des Begriffes -Werke der Litteratur und Kunst», und es ist wohl der Ansicht beizupflichtcn, dafi in Anbetracht des Einflusses, den das deutsche Gesetz beim Zustandekommen des Bundcsgesctzcs nusgeübt hat, und bei dem verhältnismäßigen Mangel wissenschaftlicher Behänd lang des Urheber rechtes in der Schweiz die deutsche Litteratur auch für die Auslegung des Bundcsgesctzes wcgleitcnd sein dürfe (vgl. Nüfenacht, -das litterarischc und künstlerische Urheberrecht in der Schweiz« S. 29). Nun gilt zwar allgemein der Satz, zum Begriffe eines schutzbercch tigtcn Schriftwerkes gehöre, das; dasselbe das Erzeugnis einer eigenen geistigen Thütigkeit seines Urhebers sei (vgl. Orclli, Kom mentar zum B.-Ges. bctr. das Urh.-R. S. 32, Nüfenacht a. n. O.); allein nach der neuern Doktrin und Praxis braucht sich diese geistige Thätigkcit nicht notwendig auf den materiellen Inhalt des Schrift werkes zu beziehen; so hat das Reichsgericht die Möglichkeit eines Autorrechtes an einein Adreßbuch prinzipiell anerkannt, da aller dings die in demselben behandelten allgemein bekannten thatsäch- lichcn Verhältnisse nicht als geistiges Produkt des Verfassers zu betrachten seien, dagegen der sonstige Inhalt, sowie die Sammlung, Einteilung und Anordnung des Stoffes auf einer individuellen geistigen Thütigkeit des Urhebers beruhen könne. (S. Entsch. in Strafsachen XVII S. 195; vgl. auch Köhler, das litterarischc und artistische Kunstwerk und sein Autorschutz S. 22.) Unter diesem Gesichtspunkte wäre auch ein Urheberrecht an einem Kursbuch, das inhaltlich im wesentlichen aus einer Zu sammenstellung von Fahrplänen besteht, denkbar, sofern die Anlage, Einteilung. Zusammenstellung rc. auf einer originellen Idee, also einer selbständigen Geistcsthätigkcit des Verfassers beruhen. (Vgl. Allfcld, Kommentar zu den Neichsgesetzcn bctr. das litterarischc und artistische Urheberrecht S. 23 und 32.) Die Merkmale einer solchen fehlen aber dein streitigen Lokalfahrtcn- plan; denn die einzelnen abgedruckten Fahrpläne entsprechen in der Hauptsache überall den betreffenden Originnlfahrtcnplänen. Eine wesentliche Abänderung in der Form, die allerdings ein Urheber recht zu begründen geeignet wäre, bildet zwar das System des Hinauf- und Hinunterlescns, wodurch die Namen der Stationen sür die Hin- und Rückfahrt nur einmal aufgeführt zu werden brauchen; allein cs ist allgemein bekannt und geht übrigens auch aus den vorliegenden Akten hervor (s. z. B. Appletons liailrvaz' Ural Ltoam UaviNntion iluiclo 1866), daß dieses System in derartigen Kursbüchern schon seit den sechziger Jahren angewandt wird, also nicht das Erzeugnis einer selbständigen geistigen Thütigkeit des Tissot war. Gleiches gilt mit Bezug auf die Bezeichnung der Schnellzüge durch punktierte Linien. (S. Kursbuch der deutschen Rcichspostvcrwnltung 1876.) Daß endlich an dem bloßen Titel, dem Umschlag und der Farbe des streitigen Fnhrtenplnnes ein Urheberrecht nicht bestehen kann, ist selbstverständlich und bedarf weiterer Ausführungen nicht. (Vgl. übrigens die cit. Entsch. des Reichsger. XVII S. 199, Köhler, das Autorrecht, in Jhcrings Jahr büchern Bd. j1880j S. 260.) 2. In ziveitcr Linie fragt es sich, ob sich die Beklagten dadurch, daß sie den Tissot'schcn Fahrtcnplan unter dem gleichen Titel und der gleichen Ausstattung hcrausgegebcn haben, nicht der oonoui- roneo äöloz»a>lo schuldig gemacht haben und demgemäß dem Kläger, gestützt auf Art. 5V O.-R. hgstbar seien. Die Bejahung dieser Frage setzt vor allem voraus, daß dein Tissot das alleinige Recht zugestnnden habe, den Fahrtenplan in der von ihm gewählten Form herauszugcbcn, und daß dieses Recht auf den Kläger übcrgcgangen sei. Was zunächst das letztere betrifft, so geht aus den Akten hervor, daß die Witwe Tissot den Nachlaß ihres Mannes angetreten hat. Ebenso liegt, wie schon die erste Instanz mit Recht ange nommen hat, für die von den Beklagten zu beweisende Behauptung, daß der Vertrag zwischen Prcuß und Witwe Tissot, vom 24. Oktober 1892, wonach letztere dein elfteren das Verlagsrecht an dem Fahrtenplnne für 2500 Fr. verkaufte, auf Simulation beruhe, nichts Genügendes vor. Hiernach ist als festgestellt zu betrachten, daß die dem Tissot Anstehenden Rechte auf Herausgabe des Fahrtenplanes an den Kläger übergegangcn sind. Die Existenz derartiger Rechte läßt sich nun aber ebenfalls nicht in Abrede stellen. Zwar stand dein Tissot, wie bereits hcrvorgehoben, ein Urheber recht nieder an dem Fahrbüchlcin als solchem, noch an dem Titel oder an dem Umschläge zu. Ebenso wenig hatte er sonst irgend einen Anspruch daraus, daß nicht ein Dritter die gleiche Kom pilation von Fahrtcnpläncn unter einem ähnlichen Titel und in ähnlicher Ausstattung herausgebc. Dagegen erlangte er durch die jahrelange Herausgabe des Büchleins in der gleichen Form ein Recht darauf, daß nicht ein Dritter dasselbe unter einer Form herausgebe, welche geeignet war, in dem Publikum den Glauben zu erwecken, cs handle sich um das gleiche Schriftwerk, bcziv. dasselbe werde von dem Dritten mit Zustimmung des ursprünglichen Autors hcrausgegebcn. (S- Köhler, Autorrecht a. a. O.) Dieses Recht, welches nicht etwa eine analoge Anwendung des Urheberrechtes bedeutet, sondern eher mit dem Markenrecht ver wandt ist, ist in der deutschen, englischen und französischen Praxis Bücher- und Zeitungstitcln schon längst zugcstanden worden. (S. Köhler, Recht des Markenschutzes, S. 94, Scufferts Archiv Bd. XIII S. 796.) Daß nun die Beklagten ihren Fahrtcnplan in einer Form, Farbe und Ausstattung hcrnusgcgeben haben, welche geeignet war, das Publikum in der bereits nngcdeutete» Weise zu täuschen, steht ohne weiteres fest. Nun genügt allerdings die Thatsachc einer objektiven Rechts verletzung zur Begründung einer Schadenersatzklage wegen uner laubter Konkurrenz gemäß Art. 50 O.-R. noch nicht; vielmehr setzt die Haftbarkeit für unerlaubte Handlungen überall ein Verschulden voraus. Doch auch dieses liegt unzweifelhaft vor. Die beiden bcklagtischen Firmen waren über die Verhältnisse vollständig orientiert. Sic wußten, daß der Fahrtenplan schon jahrelang von Tissot herausgegcben worden war und daß die Witwe des letzter» beabsichtigte, das ihr vermeintlich zustehcnde Urheber recht zu verkaufen; hat sie doch selbst mit Zürcher L Furrcr in dieser Beziehung unterhandelt. Wenn die Beklagten unter diesen Umständen für das von ihnen hcrausgegebene Büchlein die gleiche Farbe und Ausstattung, also eine Form gewählt haben, welche geeignet ivar, beim Publikum eine Verwechslung mit dem Tissot'schcn Fahrtenplan hcrbcizuführen, so haben sic sich damit einer Handlungsweise schuldig gemacht, welche nach der Anschauung des Verkehrs gegen die guten Sitten verstößt und damit eine civilrechtliche Haftbarkeit sür den gestifteten Schaden begründet. (Vgl. H. E. X. S. 132; Schneiders Kommentar gr. Ausg. Note 63 ff. Hierzu kommt noch, daß die Beklagten Hofer L Burger in ihrem Cirkular vom 10. Mai 1893 unrichtigerwcise behaupteten, der von Tissot hcrausgegebene Loknlfahrtenplan sei in Satz und mit den Mitarbeitern in ihren Verlag übcrgcgangen. 3. Fragen könnte es sich allenfalls, ob die Klage gegen beide bcklagtischen Parteien oder aber nur gegen die Be klagten Hofer L Burger gutzuheißen sei, da die Rechtsver letzung von diesen ausgegnngcn ist, während die Beklagten Zürcher L Furrer lediglich in deren Auftrag den Druck besorgt haben; diese Frage ist indes im crstcrcn Sinne zu entscheiden, da Zürcher L Furrer in voller Kenntnis der Sachlage den Heraus gebern ihre Mitwirkung liehen und damit an der Rechtsverletzung teilgenommen haben. Welcher Grad des Verschuldens die Beklagten Zürcher L Furrer treffe, ist hier nicht zu prüfen, da Art. 60 O.-R., welcher diejenigen, die einen Schaden gemeinsam verschuldet haben, ohne Unterschied, ob sic als Anstifter, Urheber oder Gehilfen ge handelt haben, solidarisch haftbar erklärt, sowohl bei absichtlichem als bei bloß fahrlässigem Verschulden zutrifft. 4. Was endlich das Quantitativ der klägerischen Forderung von 5000 Francs betrifft, so erscheint die letztere als viel zu hoch gegriffen. — Zunächst ist zu berücksichtigen, daß es sich nur um den entgangenen Gewinn für eilre Ausgabe, d. h. sür das Soinmer- semcster 1893 handeln kann. Sodann kommt in Betracht, daß der Kläger selber mit dein Drucke seines Fahrtenplanes säumig gewesen ist, so daß er denselben
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