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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.09.1865
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 27.09.1865
- Sprache
- Deutsch
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119, 27, September. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 2167 die Conjunctur, und wer mag ihm das in Berücksichtigung seines Standpunktes verdenken? Anders stellt sich die Betrachtung, wenn der praktische Buchhändler als Geschäftsmann die Sache aus der Vogelperspektive übersieht, da kommt wohl zuerst die Frage: Wie verhält sich ein solcher Betrieb des Buchhandels zu dem Vortheil des Verlegers? wie ist dieser möglich, wenn der Verleger einen Ladenpreis feststellt, oder ist dieser ohne Gül tigkeit? Die Nothwendigkeil eines Ladenpreises für dieBuch- händlerwaare in Folge der eigenthümlichen Beschaffenheit der selben ist schon so häufig besprochen, daß wir heute davon absehen, diese nochmals nachzuweisen. Der Verleger kann einmal ganz ver gessen, was er sich selbst, der Wissenschaft und der Literatur schuldig ist, rein als Fabrikant austreten — es gibt solche Fir men, doch Nomina sunt vilioss —, dann ist cs ihm allerdings nur um einen raschen Umsatz zu thun, das Buch ist ihm lediglich eine Waare, deren Inhalt ihn nicht weiter kümmert, als daß cs sich in Folge desselben rasch absctzt, der Ladenpreis ist dann selbst verständlich eine Narrcthei. Eine solche Auffassung des Ge schäftsbetriebes des Buchhandels eignet sich aber nur für sehr wenige Bücher, schließt mehr oder minder alle wissenschaftlichen, rheuren Werke aus, von denen von vornherein ein Jeder weiß, daß ein rascher Absatz nicht denkbar ist. Ein fester Ladenpreis erhält dagegen ein Buch im Werth, schützt das Publicum vor Ucbervvrlheilungen und läßt einen Handelsbetrieb zu, der der Bedeutung desselben in Kunst und Wissenschaft entspricht. Aber der Grund, daß so manche Verleger zu Fabrikanten herab sinken, liegt cineslheils in der Sucht, unter allen Umständen zu verdienen, und dann will mancher Vcrlagsbuchhändlcr nicht um sonst so heißen; er will, er muß verlegen, er will groß als Ver leger sein; er will am Ende des Jahres sagen können: ich habe so und so viele Novitäten gebracht, ich bin ein großer Verleger! Wir behaupten dagegen, der deutsche Vcrlagsbuchhandel würde mehr verdienen als jetzt, wenn er jährlich nur die Hälfte neuer Erscheinungen brächte und diese mit gehöriger Aufmerksamkeit nach allen Richtungen hin behandelt würden. Dann hätte auch der Ladenpreis noch eine größere Bedeutung für den Verleger und er würde der Schleudere! im eigenen Interesse Einhalt thun, um seinen Verlag nicht zu entwerthen; ähnlich handeln wenig stens häufig denkende Fabrikanten; sind uns doch Fälle bekannt, wo diese in den Auktionen von Concursmaffen ihre Waare bis über de» Einkaufspreis der Großhändler trieben, damit sie nicht entwcrthet würden. Das war kaufmännisch, trotz des augenblick lichen Verlustes! Wie verhält sich dazu die Handlungsweise un serer Verleger, die mir Wissen und Willen ihre Waare zur Ent- werthung dem modernen Antiquar übergeben? Was wird die Folge sein? Der Sortimenter muß, um nicht die Kunden aus dem Geschäfte zu weisen, zu den gleichen Preisen wie der moderne Antiquar verkaufen. Die Folge ist: der feste Ladenpreis wird immer mehr an Bedeutung verlieren und die Frage dem Buch handel immer näher zur Beantwortung treten: Besteht ein Ladenpreis oder nicht? Sowie dem Sortimentsbuchhandel dies in endgültiger Weise beantwortet ist, und dann demgemäß streng verfahren wird, wird sich die Lage der Dinge im Buchhandel von selbst gestalten. Die Folgen einer Verneinung wollen wir heute nicht beleuchten. Für heute liegt es uns nur noch ob, die Frage zu beant worten: Wie kann dcrSortimentsbuchhandel ohne Hilfe derVer- leger dem modernen Antiquariat mit Erfolg cntgegentreten? Vor allem müssen die Sortimenter sich in kleineren — ge gebenen Kreisen vereinigen, den erbärmlichen Brotneid bei Seite legen, der den Verdienst des Einen ohne irgend welchen erheblichen Nutzen für den Andern für gewöhnlich nur schmälert, ! und dann feste Geschäftsrcgcln vereinbaren. Diese weiter zu ver breiten ist dann Sache der Kreisvereine, und dann vorzüglich des Sortimenter-Vereins, der, unterstützt in dieser Weife, eine Macht sein würde , die überall, wo cs sich um das Wohl und Wehe des Sortimentsbuchhandels handelt,'ein gewichtiges Wort mitrcden könnte und würde. Der Nutzen solcher kleinen Vereinigungen würde sich bald zeigen; zuerst würden die Sortimenter den Rabatt, den sic jetzt, um der Eoncurrcnz zu begegnen, abgebcn, selbst behalten, dann können sie auch dem modernen Antiquariat um so leichter in sei nen -— thcilweise nur angeblichen — Preisherabsetzungen folgen und diesem damit und mit gemeinsamer Veröffentlichung des wah ren ThatbestandeS den Todesstoß geben. Die Verleger würden einsehcn, daß auch ihre Ladenpreise mit zu hohem Rabatt im gan zen Großen nur Spiegelfechtereien sind, die zu nichts nützen, sondern schaden, und so würden endlich auch die Paradepferde des modernen Antiquariats — d. h. die Schleuderet — ver schwinden und dies mit ihm. Gegen das wirkliche Antiquariat wird und kann kein Sortimentsbuchhändler etwas cinzuwenden haben; er wird dasselbe immer mit Achtung betrachten! Auch bei den oft geschmähten Bestrebungen des Sortimenter-Vereins treten uns jedoch wieder die alten deutschen Erbsünden, die Un einigkeit und Unentschlossenheit entgegen: man hört viele und sehr schöne Worte, steht aber wenig Thatkraft und npch weniger uneigennütziges Vorgehen! Klagen hört man alle Tage, aber thatkräftige Handlungen als Folge dieser sieht man fast nie, und kommt wirklich eine solche einmal vor — dann wird von den wort reichen Leuten bedenklich das weise Haupt geschüttelt ob solcher Kühnheit. Werden sie nun gar aufgefordert, sich diesen anzu schließen, um ihren Klagen Abhilfe zu verschaffen, dann will man erst abwarten, sich ja nicht bloßstellen, weder durch Rath noch durch That; man möchte die Tauben wohl milessen, aber sie müssen bereits gebraten auf dem wohlgedecktcn Tische stehen, denn das Fangen und das Braten derselben, und das Zurichten des Tisches könnte Gefahren oder auch Unannehmlichkeiten brin gen — das um keinen Preis wagen! Und wenn nachher in Folge solcher Lauheit aus einer guten Sache nichts wird, dann heißt es: das Hab' ich mir gedacht, das konnte nicht anders kommen !c. Diese Schwätzer begreifen nicht, daß ihre eigene Theilnahmlosig- keit und Schwäche die gute Sache zum Fall brachten, ja, sie ma chen über ihre bitter getäuschten Hoffnungen auf die „gebratenen und wohlangcrichteten Tauben" noch Worte und tiefsinnige Be trachtungen. Wäre in unserem schönen lieben deutschen Vatcrlande nur der hunderttauscndste Theil der schönen Reden zur That gewor den, es stände geachtet in den Reihen der Völker und wir ständen nicht am Vorabend von Ereignissen, deren Tragweite sich nicht ermessen läßt, wir hätten nicht an allen Orlen Vergewaltigun gen des Volkes und seiner Vertreter zu gewärtigen. Aber wie es dort im Großen, so in dem deutschen Buchbändlerreiche im Klei nen; der grasseste Egoismus, gestützt auf die augenblickliche Macht, macht sich neben der bedauerlichsten Verzagtheit und Lau heit breit. Wir verkennen nicht, daß weder hier noch dort das Versäumnis langer Jahre durch eine gewaltige Thal mit einem Schlage gebessert werden kann. Aber man lasse das viele Reden und mache mit Entschiedenheit und Ruhe den Anfang, das Ver säumte mit vereinten Kräften nachzuholen; die Vereine und Bestrebungen der Arbeiter haben uns gezeigt, was Einigkeit ver mag; aber was haben wir, di- wir uns gern die Träger desFort- schrittcs nennen, davon gelernt? — nichts! Altona, Juli 1865. H. Hacndcke.
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