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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.01.1884
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- Erscheinungsdatum
- 16.01.1884
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- Deutsch
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13, 16. Januar. Nichtamtlicher Theil. 219 Ob Peter sich ein bestimmtes Buch versagen muß, weil er die fünf Mark nicht erübrigen kann, ob Paul, der das Geld aufncnden könnte, es deshalb nicht kauft, weil es ihm eben gar nicht in den Sinn kommt, nach seiner ganzen Denkweise nicht in den Sinn kommen kann, süns Mark auszugeben, wo um zwanzig Pfennige Leihgebühr der anscheinend ganz gleiche Genuß erzielt ist, kommt nicht bloß praktisch, sondern auch psychisch auf Eines herauf; beide, Peter und Paul, können nicht! Ist doch unser Wille nur das Pro duct unseres ganzen Wesens, unserer ererbten und anerzogenen Eigenthümlichkeiten, unserer Lebensanschauung und Lebensführung, — wie sollten wir je wollen können, was alle dem widerspricht?! Ich grolle jenen obersten Schichten, weil sie auf freierer Höhe stehen, die weitere Umschau ermöglicht, weil sie die richtigere Ein sicht haben oder doch haben könnten und sollten, und vor Allem: weil sie gewohnt sind, für Dinge, die nicht zur Nothdurst des Lebens gehören, Geld zu verausgaben. Dem Mittelstände jedoch, dem sparsamen, in engen spießbürgerlichen Verhältnissen lebenden Bürger kann ich nicht grollen, wenn er bezüglich Stillung seiner geistigen Bedürfnisse bei der bisherigen Art bleibt. Es ist nun ein mal die „deutsche Art" und für festgewurzelte Anschauungen und Gewohnheiten eines ganzen Volkes ist nicht der Einzelne verant wortlich zu machen, nicht einmal eine ganze, die eben lebende Gene ration. Hier fehlt, um juristisch zu sprechen, zwar nicht der ob- jective, aber der subjektive Thatbestand einer Versündigung gegen die geistige Production, während gegen die „Meyers" Beides vor liegt, und Anklagen erhebt man nur in solchem Falle. Etwas anderes freilich ist es, ob man eine solche Gewohnheit bekämpfen soll oder nicht, und daß hier Verhältnisse vorliegen, die der energischen Reform bedürftig sind, ist fraglos; aber das blinde, leidenschaftliche Zürnen und Schelten ist weder gerecht, noch nützt es etwas. Es nützt ebensowenig, als wenn man etwa einen Birnbaum mit Schimpsworten regalirte, weil er herbe Früchte trägt! Man muß untersuchen, warum die Früchte herbe sind, und dann die Ursachen hinwegzuränmen suchen. Welche Ursachen in diesem Falle die schlimme Frucht verschuldet, werde ich später erörtern müssen. Hier sei vorwcgnehmend nur Eines bemerkt: es handelt sich meines Erachtens nur eben um eine schlechte Gewohnheit, nicht um einen eigentlichen Fehler des Natio nalcharakters. Und weil dem so ist, darum muß eben dem Publicum der Uebergang zu einer anderen besseren Gewohnheit so leicht als möglich gemacht werden. Wer Bücher überhaupt nicht zu erwerben gewohnt ist, wird nicht jählings theuere Preise bezahlen, wohl aber sich allmählich an den Einkauf zu billigeren Preisen gewöhnen können. Was dem deutschen Mittelstände bisher aus materiellen, und noch mehr aus psychischen Gründen schwer möglich war, soll ihm künftig nach beiden Richtungen leichter gemacht werden. „Also ist die Reducirung der Bücherpreise," höre ich den Leser sagen, „in jeder Beziehung das einzig radicale Heilmittel. Wohl, das leuchtet mir ein und ich habe gewiß nichts dagegen! Es hängt ja nur von euch ab, ihr Autoren und Verleger! Gebt den Band um die Hälfte, um ein Drittel des bisherigen Preises und wir sind in schönster Ordnung!" Ach! leider noch lange nicht! Denn wenn wir dies jetzt thäten, sofort und ohne alle Cautelen und Uebergänge, so wäre der totale Ruin des gesummten deutschen Verlagsgeschäfts die unausbleibliche, unvermeidliche Folge. Der totale Ruin der Verleger .. . und damit unser Ruin . . . und damit das Ende. . . Das aber wirst du gewiß selbst nicht wollen, theurer Mitmensch! Und so steht die Sache wirklich. Man wird dies nicht bezwei feln, wenn man erst die gegenwärtigen Schicksale des deutschen Buches näherkennengelernt. Das Material hierzu nächstens. Dann wird man einsehen, daß erst die Brücke geschlagen werden muß, auf welcher wir von dem wankenden Boden der heutigen Verhältnisse hinüberschreiten können zum ersehnten Strande normaler Zustände. Und diese Brücke ist kein utopischer Wunsch; schon liegt das Bauholz bereit; nur muß es erst gehörig geschichtet und verarbeitet werden. Oder unbildlich gesprochen, cs gibt ein Mittel, dem Jammer und der Schmach der heutigen Verhältnisse ein Ende zu machen: das ist die Anerkennung des Autorrechts bezüglich der Leihbibliotheken, die Anerkennung des Rechts des Schriftstellers, von den Leihbiblio theken für die gewerbsmäßige Verleihung ihrer Bücher eine beson dere Entschädigung zu erhalten. Dieses Recht zu begründen, seine Praktische Ausführbarkeit zu prüfen, ist der Hauptzweck dieser Studie. Das Heutige nur zur Einleitung, zum Beweise, daß es nicht die Interessen der Schriftsteller, sondern jene des deutschen Volkes betrifft, wenn hier von „Autorrecht und Leihbibliothek" ge sprochen wird. Nachdruck in Holland. Entwickelter als in Rußland, wo der unverhüllte Nachdruck deutscher Bücher sich erst soeben vorbereitet, wie wir in einer unserer jüngsten Nummern bedauerlicher Weise mittheilen mußten, ist bekanntlich der Nachdruck in Holland, und so mancher Ver leger eines wirklich rentablen deutschen Buches weiß hiervon ein leidiges Lied zu singen. Das neueste Opfer jener Piraten ist Georg Ebers, dessen Schmerzensschrei sich in einer Zuschrift an das „Magazin für die Literatur des In- und Auslandes" also vernehmen läßt: „Die geehrte Redaction des Magazins bitte ich ergebenst, diesen Zeilen einen Raum in ihrem geschätzten Blatte zu gönnen. Sie betreffen eine Sache, welche für jeden Schriftsteller wichtig ist. Unser Nachbarstaat Holland gestattet straflos den Nachdruck deutscher Werke. Der Buchhändler Scrinerius in Utrecht hat sich diese Rechtslllcke zu Nutzen gemacht und vier meiner Romane nach gedruckt. Der Preis dieser Ausgabe — sie faßt sieben Bände in einem elend gedruckten Quartbande zusammen — ist ein erstaun lich geringer, und da die Vcrlagshandlung sich erbietet, ihr Mach werk an jeden, welcher sie durch eine Postkarte darum ersucht, zu versenden, wird dieses Vorgehen dem Herausgeber meiner Werke voraussichtlich Schaden bereiten. Wie mir, so ist es auch anderen deutschen Autoren ergangen, und unsere Regierung sieht diesem Raub gelassen zu, schließt keine literarischen Verträge mit Holland und läßt den Vertrieb der Nach drucke im eigenen Vaterlande ruhig geschehen. Wir haben erfahren, daß Kolporteure dieselben in Deutschland an den Mann zu bringen suchen, und sind im Begriff, denjenigen, welcher sich zum Werk zeuge des Herrn Scrinerius hergegeben hat, zu verfolgen. Eine Leihbibliothek zu Nauheim in Hessen hat einen Nachdruck meiner „Frau Bürgcmeisterin" sorglos ausgcliehen. Die englische Regie rung tritt solchen Eingriffen mit aller Energie entgegen, und an den britischen Zollgrenzen wird aus keine Maare eifriger Jagd gemacht als auf Nachdrucke. Selbst die Bände der Tauchnitz-Edition werden von den englischen Douanebeamten confiscirt, und doch wird keiner derselben von der berühmten Leipziger Firma gedruckt, wenn sie nicht das Recht, ihn im Auslande zu verbreiten — oft mit großen Opfern — von dem britischen Verleger erworben hat. Bei uns wird der Buchhandel nur lässig oder gar nicht gegen dergleichen Räubereien geschützt (!?Red.), und während unsere Re gierung mit Belgien einen literarischen Vertrag zu schließen im Begriff steht, lachen sich die holländischen Freibeuter unter den Buchhändlern in's Fäustchen. Dennoch würde es, sollt' ich meinen, für Deutschland ein Leichtes sein, dergleichen Hebelgriffen ein Ende zu machen. Die Holländer sind ein redliches, billig denkendes Volk, und als eine Buchhandlung kurz nach dem Erscheinen meiner „Frau 32»
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