Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.04.1874
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- 08.04.1874
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- Deutsch
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79, 8. April. Nichtamtlicher Theil. 1295 öffentliche Blätter prävenirten, überlasse ich Ihrem eigenen Gutbe finden. Wer meine Schichten kaufen will, müßte ein Thor sehn, wenn ^ er (falls er ja auf wohlfeile Preise zu sehen hat) nicht lieber alle in- einerlei Format, zum letztenmal revidirt und verbessert in einer schönen und höchst wohlfeilen Ausgabe von der letzten Hand kaufen wollte, als die verlegene Waare der W. H., die in Vergleichung mit der Neuen Ausgabe eigentlich gar keinen Werth mehr hat. Man muß diesen Leuten lassen, daß sie ihr Möglichstes thuu, unser Unter nehmen zu traversiren und, wo cs seyn könnte, zu Grunde zu richten. Ich hoffe aber, daß es ihnen nicht gelingen soll; wiewohl ich nicht aufhören kann, zu beklagen, daß wir gerade in diesen fatalenZeitpunkt fallen mußten. Denn mit dem gehofften Frieden sieht es noch miß lich aus. — Freilich müssen wir den Muth darum nicht sinken lassen; nur besorge ich, Sie, mein Bester, werden diese Tapferkeit vor der Hand, mehr als mir lieb ist, nöthig haben." Die kleinmüthigc Stimmung Wieland's fand bei dem ent schlossenen Göschen auch jetzt ein Echo nicht. Unbeirrt ging der Ver leger seinen Weg, während der Dichter bereitwillig seine Klein gläubigkeit eingestand und die Ansicht aussprach, daß er zu allem Andern in der Welt eher getaugt hätte, als zum Buchhändler. Wenn nur erst ein günstiges Urtheil da wäre! „Dann zweifle ich nicht, meinte Wieland, daß Alles gut gehen wird." Und um auch ihrerseits nichts zu versäumen,rückten nun Wieland und Göschen ebenfalls mit einer für das Publicum bestimmten An zeige vor, Wieland zunächst. In einem gedruckten Blatt, das gewiß weite Verbreitung fand, sagte er, auch ohne Rücksicht aus die häufigen Aufforderungen, welche seit mehreren Jahren von seinen Freunden an ihn ergangen seien, halte er cs für Pflicht, seine Werke gesammelt herauszugeben. Es sei ein süßer Gedanke, zumal in den letzten Herbst tagen des Lebens, auch nach seinem Tod noch unter den Menschen, die man geliebt habe, fortzuleben, ihnen noch wcrth und nützlich zu sein und von den Besten unter ihnen noch geliebt zu werden. Wofern auch die Hoffnung, daß die Zukunft diesen Gedanken rcalisircn werde, nur Täuschung wäre: welche Aufopferung, welche Nachtwachen könnten zu viel sein, um sich noch in seinem Leben eine so süße Täuschung zu verschaffen. So erklärte also Wieland, au die Arbeit gehen zu wollen, Göschen aber nahm den Faden der Rede au dieser Stelle auf und spann ihn in einer besonderen Anzeige weiter. Eine vollständige, gleichförmige und schöne Ausgabe der Wielaud'schcu sämmtlichen Schriften, sagte er, sei gewiß der Wunsch des Zeitalters, dem dieser Schriftsteller zu Theil geworden, und er, Göschen, müsse — falls die Zeitgenossen und die Nachwelt nicht bedauern sollten, daß eine solche Ausgabe seiner Sorgsalt anvertraut sei — alle Kräfte anwenden, die Pflichten zu erfüllen, welche ihm in Rücksicht der Schönheit und Correcthcit des Druckes oblägen. Doch würden, wie er hoffe, die in allen Buchhandlungen ausgelcgteu Druckprobcn be weisen, daß er cs mit seiner Pflicht ernst nehme. Schristschneider, Gießer, Papiermachcr, Drucker hätten ihr Bestes gethau, für Her stellung der Kupfer, von denen Proben übrigens nicht vorgclcgt werden könnten, seien Männer wie Bause, Berger, Gehscr u. A. gewonnen. Er hoffe also auf Unterstützung von Seiten des Publi kums und rege Subscription. Erscheinen sollen die Werke in den schon genannten vier Aus gaben, von denen die drei ersten mit Kupfcrbcigaben bedacht waren, und zwar in „Lieferungen" von 5 Bänden und cbensovielcu Alpha beten. Die Ausgaben sollten gleichzeitig au die Ocffcutlichkcit treten, die erste „Lieferung" zu Ostern 1794. Der Prännmcrationspreis für diese erste Lieferung betrug 25 Thaler, 12 (4 Thaler, 11Thaler und 2 Thaler. Zur Vollendung des Ganzen nahm Göschen sechs Jahre und einen Umsang von 30—40 Alphabeten in Aussicht. Auch bei oberflächlicher Berechnung ergab sich dem Verehrer der Wielaud'schen Muse, daß es ein kostspieliges Unternehmen war, auf das man pränumcrircn sollte. Namentlich, wo waren Leute, die für die große Quartausgabe die nöthigcu flüssigen Gelder hatten? Sie kostete später, als sie vollendet war,250Thlr., und wenn sie dafür heute noch von mustergültiger Schönheit ist, so war doch der Pränu- merationsbetrag, den sic nach und nach verschlang, auch nicht gering zu achten. Begreiflich genug, daß der Dichter ab und zu wieder ängstlich wurde und Sorgen trug für die Zukunft seines Schützlings. Doch faßte er auch dann nenen Muth und hoffte, daß auch für die große Ausgabe sich einige Pränumeranten finden würden. Freilich in Weimar waren solcher wenige. Es kamen hier in Betracht ledig lich die Herzogin-Mutter Amalie und Herzog Karl August, letzterer für die fürstliche Bibliothek, da er doch nicht erwarten konnte, daß ihm Wieland, „Is pauvrs ckiadlo" ein so kostbares Geschenk mache. „Auf allen Fall", schrieb der Dichter au Göschen, „nehmen Sie Weimar nicht zum Maßstab, denn 1. gilt kein Prophet im Orte seines Aufent halts und 2. sind hier die meisten Liebhaber so arm wie die Kirchen mäuse und die Bermöglichen hingegen keine Liebhaber." Und zu an drer Zeit meinte Wieland, wenn auch ein brillanter Erfolg nicht er zielt werde, so würde doch die Kostbarkeit der schönen und die äußerste Wohlfeilheit der geringen Ausgabe Göschen auf fünfzig Jahre hinaus vor Nachdruck sichern und werde so das Ganze nicht nur die Unkosten rcmboursireu, sondern auch ein sich sehr gut verzinsendes Capital für ihn und die Seinigen sein und bleiben. Weidmanns legten derweil mit Nichten die Hände in den Schoß. Die Anzeige in Betreff der Preisermäßigung versandten sie an die Genossen und an die Zeitungen, daneben aber noch ein anderes Druck stück, das Wieland zwar das Recht zugcstaud, seine Werke hcraus- zugebcn, nicht jedoch ohne zu betonen, daß die Rechte Dritter nach Gebühr dabei geschont werden müßten. Und an den Buchhan del wandten sie sich mit den Worten: „Von unfern Handlungsver wandten dürfen wir erwarten, daß sic sich in dieser Sache gern um so mehr für unsre rechtmäßigen Ansprüche und Behauptungen ver wenden werden, je mehr das wohl au sich gebrachte Eigcnthum eines jeden Verlegers in einem Fall, wie der jetzige, künftighin einer nicht geringen Gefahr ausgcsetzt sein dürfte." Darauf antwortete Göschen: Was wollen Weidmanns eigentlich? Meine Ausgabe der Wie- laud'schcn Werke ist kein Nachdruck. Das Urtheil der Obrigkeit be stätigt dies. Zudem habe ich Weidmanns die Teilhaberschaft an diesem Unternehmen angeboteu. Warum lehnten sie diesen Antrag so schnöd ab? Drum, „statt ferner das Publicum mit einem Streit zu behelligen, will ich sortfahreu, Wieland's sämmtlichc Werke mit Eifer zu vollenden. — Täglich, Nachmittags zwischen 2 und 3 Uhr sind in meiner Buchhandlung aus dem neuen Neumarkt, im Cramcr- hause Nr. 633 eine Treppe hoch, gedruckte Bogen von Wieland's sämmtlichen Werken aller vier Ausgaben und die dazu gehörigen Zeichnungen vou Ramberg zu sehen. Auch wird daselbst ein ausführ liches Avertissement von diesen Werken unentgeltlich ausgegebcn". Und darauf ließen sich wiederum Weidmanns vernehmen, Herr Göschen habe sehr Unrecht. Der Streit sei vom Gericht noch nicht endgültig entschieden und sic selbst hätten den gemeinschaftlichen Verlag gar nicht so kurzer Hand von sich gewiesen. Und sic legten dem Publicum die Antwort vor, die sic ihrerseits Herrn Göschen gegeben hatten. Solchergestalt war dafür gesorgt, daß, während im Sturmcs- wehcn einer ucuaubrcchcudcu Zeit die alte Welt in Trümmer gehen zu wollen schien, der schönwisscnschaftlichen Literatur und dem Buch handel ein ganz eigenartiges Stürmleiu nicht fehlte. Für die All gemeinheit gefahrlos, blitzte und donnerte es nur in den L-Palten einiger Zeitungen, in dem und jenem gereizten Briefe. Aber Die, welche cs anging, fühlten doch die Erschütterung. (Fortsetzung folgt.)
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