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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.09.1874
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 03.09.1874
- Sprache
- Deutsch
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203, 3. September. Nichtamtlicher Theil. 3179 in die Welt setzen, wir suchen das Gute und finden wir es, so gilt uns der bekannte oder unbekannte Name des Autors gleich viel! — — Dann bitte ich um Entschuldigung. — — Haben Sie denn, so fuhr der genannte Herr mit eigenthüm- lichem Lächeln fort, schon überhaupt Etwas geschrieben? — — Ich blickte auf meinen Papierkorb und mein Tagebuch. Viel geschrieben habe ich eigentlich nicht, aber über vieles habe ich geschrieben. Würdigen Sie mein Tagebuch, geehrter Herr, dreier Blicke, Sie finden darin, ebenso wie ich mit spitziger Waffe das nicht Bücher kaufende Publicum und die Verleger angegriffen, auch vieles gegen andere Schwächen, Mißstände und Schattenseiten unse rer staatlichen, städtischen, socialen, Theater- und Handels-Verhält nisse in launig sarkastischer Weise, welches verschiedene geehrte Zeitungsredactionen in wöchentlichen Feuilletons zum Abdruck bringen. — — Der Herr mit der brennenden Cigarette würdigte mein Tagebuch mehr als dreier Blicke, las eine Viertel-, eine halbe, eine ganze Stunde darin, lächelte mehrere Male ganz eigenthümlich und als er zu Ende gelesen und gelächelt hatte, nahm er ein Blatt Pa pier aus der Tasche, und schrieb: „Unter den nachstehenden Beding ungen nehme ich Herrn Siegmey's Mixpickles (Feuilletoni- stische Sticheleien) in Verlag u. s. w. u. s. w.", warf mir dies Papier scherzend zu, und steckte mein Tagebuch mit den Worten: „Dies zur Rechtfertigung der deutschen Verleger" in die Tasche, zündete noch eine Cigarette an und ging. — Gnädige Frau, dies habe ich Ihnen zu danken, — ich danke Ihnen! Hierauf verbeugte ich mich vor Frau von Z. so graziös, als es die Umgebung des Zoologischen Gartens mir erlaubte. — Frau von Z., welche meiner Erzählung mit liebenswürdiger Theilnahme gefolgt war, gratulirte mir herzlich. Wann erscheint das Buch? — Noch in diesem Monate, gnädige Frau! — Ich darf doch dann uni ein Exemplar .... doch sich schnell verbessernd, fügte sie hinzu: Ich werde es mir alsdann sogleich kaufen! — — Ich erröthete ein wenig, doch das ging schnell vorüber. — — ^ proxos, fügte dann Frau von Z. hinzu, weil wir gerade vom „Bücherkaufen" reden, muß ich mich doch in einer Stadt wie Berlin außerordentlich über eine Unsitte — ich möchte es fast Un- reellität nennen, wundern, daß in verschiedenen Buchhandlungen für dasselbe Buch verschiedene Preise gemacht werden. „Waldfried" wurde mir hier für 6 Thlr. und dort für 5 Thlr. 12 Sgr. ange- boten. Was soll ich davon denken? — — Sie nennen es beim rechten Namen, gnädige Frau! Es ist dies eine Unsitte. Wie in allen Corporationcn gibt es auch im Buchhandel einzelne Glieder, welche sich zu particularistischen Son derinteressen, aus der Kette des Ganzen entfernen. Den sogenannten Rabatt, welchen jene, um das Publicum damit zu locken, bei einem Buche vergütigen, verdienen sie schnell, wenn sic den Kunden hier durch zu ihrer Fahne geworben, bei einem andern Gegenstände wieder. ... — Auch das ist mir nun klar, aber beide Kategorien werden doch sehr darunter leiden, wenn die Post, wie es projcctirt ist, dem Publicum die Bücher direct liefert. — — Sie könnten ebenso berechtigt sagen, daß, wenn Frankreich 1870 gesiegt hätte, es traurig um Preußen aussehen würde. Zu jedem Geschäft gehören Zwei. Beim vorliegenden erstens die Post und zweitens die Verleger. Die Verleger werden sich aber die Sache wohl noch zweimal überlegen, bevor sie darauf eingchen. Was erstens die Post anbetrifft, kann sie unmöglich dies Verfahren mit Postmandat-Jncasso, als Soulagement für's Publicum in Vergleich bringen. Durch das letztere schadet sic keinem Banguicr. Ich glaube nicht, daß drei Banquiers in ganz Deutschland von dem Wechsel- Jncassogeschäfte exclusiv leben, sie nehmen diesen Nutzen wohl nebenbei mit, aber durch das Wegfällen dieses unbedeutenden Nebenverdienstes würde der Banquierstand nicht geschädigt werden. Durch das neue Postproject würde aber der ganze Sortiments- Buchhandel in Frage gestellt, da diesem Geschäftszweige hierdurch sein ausschließlicher Erwerb genommen würde. Ich sage, er würde in Frage gestellt, denn dies Project hat nicht gefallen, es ist gefallen. Gefallen bei den Verlegern, welche bisher durch ihre Abnehmer — die Sortimenter — reich geworden sind, gefallen bei den Buchhänd lern, welchen der ehrliche Erwerbs- und Nahrungszweig geradezu abgcschnitten wäre, und gefallen.... — Gefallen beim Publicum, er gänzte Frau von Z., welches diese Idee gewiß nicht unterstützen wird. — — Schließlich könnte die Post ja — fuhr ich fort — dcni Pub licum noch ganz andere Bequemlichkeiten bieten. Man könnte sich dort Maß zu Rock und Weste nehmen lassen, die Damen aus der Provinz würden (da auch weibliche Postbeamte angestellt werden sollen) sich Roben aus der Hauptstadt nach Maß per Postmandat kommen lassen. — Was aber zweitens die Verleger anbetrifft, so werden sie sich gegen dieses Project aus theoretischen und praktischen Gründen sträuben. Sie würden vor allem nie erreichen, daß ihr, in großer Auflage gedrucktes Buch in der Welt anders als durch die kostspielige und zwecklose Annonce bekannt würde. Der große Vor theil, welchen der Verleger durch das in die Welt (oder vielmehr in die buchhändlerische Welt) Setzen seines neu erschienenen Buches hat, wodurch es mittelbar durch die Auslage beim Buchhändler auch im Publicum bekannt wird, ginge ja ganz verloren. Die Postdirectoren würden sich sehr wundern, wenn z. B. am Weihnachtsfeste die kauf lustige Schaar Queue hinter dem Postschalter machte, um die Kata loge der verschiedenen Jugendschriften und anderer Bücher durchzu blättern und dann jene Herren nach Diesem oder Jenem um Rath fragte, was der Buchhändler ja alles gern und willig thut. Denken sie sich z. B, gnädige Frau, folgende Scene: (Decoration: Vor dem Postschalter steht Frau Schulze, neben ihr ihre beiden Töchter. Ort der Handlung: kalt und zugig. Vorübergehende schüt teln sich den Schnee von den Mänteln. In dem Gedränge wird ein Knabe erdrückt, während ein, bereits eine halbe Stunde niit ihrem Postmandat wartendes junges Mädchen erfriert.) Frau Schulze: Ach! geehrter Herr Secrctär! ich möchte gern für mein Riekchen ein hübsches Buch zu Weihnachten verschrei ben. Können Sie mir ein solches empfehlen? Aber bitte! nicht so laut, mein Riekchen steht hier unten. Post-Expedien t (nach dem Kataloge sehend): Ogern! Da ist viel Neues annoncirt, z. B. „Deutsches Archiv für klinische Me dizin." Leipzig, F. C. W. Vogel. 5 Thlr. ord., 3 Thlr. 22^ Ngr. netto. Frau Schulze: Ach nein! Das wäre doch nichts für Riekchen. Post-Expedient: Oder vielleicht: „Bau- und Gewerbs- kalender für 1875." Straßburg, Schauenburg. 1 fl. 40 kr. mit 25N u. 7/6. Auch erschien soeben bei Schweighauser in Basel: „Der Unteroffizier als Chef einer Tiraillcurgruppe." Preis: ge bunden 4 Ngr. Frau Schulze: Ach! entschuldigen Sie, geben Sie sich wei ter keine Mühe, mein Märchen hat schon Zahnschmerzen. Dies sagend drängt sie sich mit den beiden Kindern, welche naturgemäß ihre Müsse am Postschalter vergessen hatten, durch die übrige bcstellungslustige, Queue machende Menge und eilt zum näch sten Buchhändler, bei welchem sie in zwei Minuten alles Erdenkliche und Wünschenswerthe gefunden hat. — Frau von Z. lächelte, —. 425*
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