Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.10.1865
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- 02.10.1865
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2208 Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. ^ 121. 2. Lctober. Ansichten Zustimmung finden oder auch nur zu weiteren Bespre chungen und Vorschläge» Veranlassung geben, deren praktischen Erfolg er von Herzen wünscht. Mögen dann die jungen Leute unter günstigeren Auspicie» in den Gehilfenstand treten und besser den gehegten Erwartungen entsprechen; cs wird dann auch manches Andere wegfallen, hauptsächlich auch eine entsprechendere Behandlung des buchhändlerischen Personals eintreten! V. II. Es sind in jüngster Zeit einige recht interessante Artikel über die gegenwärtige, immer mehr überhandnehmende geistige Ver- kommniß und die mangelhafte Bildung im Gehilfenstande in diesen Blättern erschienen. Daß der ersten Anregung dieses Themas, welches für den ganzen Buchhandel und namentlich für den Gehilfenstand von der größten Wichtigkeit ist, bis jetzt so wenige weitere Aeußerungen gefolgt sind, zeigt, daß die Ange legenheit noch nicht das Interesse erregt hat, welches sie zu for dern berechtigt ist. Die beiden ersten dieser Artikel (Nr. 77 u. 100) zeuge» von reiflichem Nachdenken über die Sache. Sie sind der Ausdruck einer durch langjährige Erfahrung leider immer mehr bestätigten Wahrnehmung und wohl geeignet, zum Nachdenken darüber auf- zufordernund weitere Besprechungen zu veranlassen, während der Aufsatz in Nr. 106 sich mehr damit beschäftigt, ein Klagelied von der Verderbtheit des Buchhandels und namentlich der Gehilfen abzusingen und das, worüber alle Gelehrten längst einig sind, von neuem actenmäßig zu belegen. Er bietet einen gewiß handgreifliche» Beweis zu dem leidi gen Factum, daß wirklich ein großer Theil der angehenden Ge hilfen eine für die Erlernung des Buchhandels nothwendige wissenschaftliche Vorbildung nicht genossen hat, und — wie we nige der Herren Prinzipale bei der Aufnahme von Lehrlingen auf eine, wenigstens Halbweg gründliche Schulbildung sehen. Eine eigenthümliche Folgerung scheint es uns indessen, ans dem Sam melsurium von 35 Facluren, die in der Regel beim Remittiren von Lehrlingen, nach dem Dictate des Prinzipals oder Gehilfen, nachgeschrieben werden, auf eine geringe allgemeine humanistische Bildung im Buchhandel zu schließen und darin die Gründe für das augenblickliche Ueberhandnehmen der sogenannten Schund literatur zu suchen. Im Ucbrigen steht viel Gutes in dem Artikel, und mag mancher Herr sich die Lection hinter's Ohr schreiben. Ja! es gibt heutzutage (wie der Artikel in Nr. 77 sagt) viele junge Leute, und sie zählen nach Hunderten, die mit einer beispiellosen Gleichgültigkeit in den Tag hinein leben, die außer halb des Geschäftes, nach Abhaspelung der maschinenmäßig voll brachten Arbeit, nur noch ein WirthshauSleben kennen und, mit stolzem Selbstbewußisein als „Träger der Wissenschaft" auf den simplen Commis herabblickend, am Ende es selbst kaum soweit gebracht haben, richtig schreiben zu können. Das sind die mo dernen Gehilfen, die, in vielen Geschäften sehr gesuchten, brauchbaren und gebrauchten lebendigen Arbeitsma-j schirren, — für alles geistige Lebe» und Wirken abgestorbene! Menschen! Für diese Leute sind alle Versuche zu einer Umände- > rung ihrer Lage von vornherein vergebens, sie fühlen sich recht behaglich in diesem Elende, kennen undwünschen nichts Besseres. Betrachten wir jedoch den anderen Theil, und die Anzahl derer ist, Gott sei Dank! noch immer eine recht große, die eine ordentliche, tüchtige Schulbildung genossen haben, die für geisti ges Leben, für tieferes Streben noch Sinn und Befähigung haben, die keine Mühe und Arbeit scheuen würden, wenn — ja, wenn sie könnten! Da liegtderHase im Pfeffer! Zu einem frucht bringenden Studium ist zweierlei erforderlich; Lust dazu und Zeit. Zeit zum Studium muß man haben, und die hat eben der Buchhändler, sowohl der Gehilfe als der Lehrling, nicht. Verfolgen wir einmal das Leben eines dieser angehenden Ge hilfen. Es gibt dieser Fälle Hunderte, und glaube man ja nicht, daß wir hierin übertreiben. Wenn also wirklich mit einigen Vorkenntnissen ausgerüstet, kommt der junge Mann, die Brust voll freudiger Hoffnungen, in die Lehre. Wie bald folgt bittere Enttäuschung! Hier bringt er, häufig in Gesellschaft von 2 oder 3 Altersgenossen, 3 bis 4 Jahre zu, allmählich vom Bindfadenknüpfen und Packen biSzumBrief- adressircn und Facturcnschrciben avancirend. In besonders gün stigen Fällen darf ec wohl gar in die Strazzen registriren, Jour nale expediren und auch wohl gar einmal ins Hauptbuch sehen. Noch schlimmer ist es in den VerlagSgcschäften. Bei dieser inte ressanten und lehrreichen Arbeit bleibt er, und nach 4 Jahren wird der Herr Gehilfe mit einem ausgezeichneten Zeugnisse versehe», als „in allen buchhändlerischen Arbeiten wohl erfahren" in die Welt gesetzt. Von Literaturkenntniß hat der junge Mann keine Idee. Nothdürflig hat er sich die Namen einiger modernen Ro manschriftsteller gemerkt. Aber — ist dies anders zu erwarten? Der Prinzipal kümmert sich häufig fast gar nicht um die buch händlerische Ausbildung, geschweige um die allgemeine geistige des zukünftigen Gehilfen; er benutzt ihn zu den nöthigen Neben arbeiten im Geschäfte, läßt ihn diese maschinenmäßig anlernen, und imUebrigenbleibtder junge Mann sich selbst, oder der nur zu oft verderblichen Zucht und dem Einflüsse eines Gehilfen, der selbst eben erst dieselbe Schule durchgemacht hak, überlassen. Hat der junge Mann es endlich zum Gehilfen gebracht und ist auf Grund ausgezeichneter Empfehlungen in ein anderes Ge schäft eingetreten, so lernt er allerdings bald einsehen, daß ihm gar vieles fehlt, und daß er eigentlich recht wenig gelernt hat. Der Prinzipal kann ihn auch hier nur zu Nebenarbeiten verwen den, und das Salär ist demzufolge sehr klein. Gern möchte der junge Mann nunmehr das Vernachlässigte nachholen, und vielen gelingt es auch, bei angestrengtem Fleiße sich wenigstens einige Gewandtheit in den gewöhnlichen geschäftlichen Arbeiten anzu eignen; die innere, geistige Ausbildung aber, die er nur durch eifriges und fleißiges Studium erlangen kann, vermag ec sich nicht anzueignen, denn dazu — und das ist das Zweite, was dem Gehilfen auf seiner Laufbahn hemmend enlgegentritt — fehlt es ihm an freier Zeit. Die gewöhnliche buchhändlerische Arbeitszeit ist im Sommer von Morgens 7 Uhr bis Mittags 12 oder 12»^ Uhr. Halbzwei Uhr, zwei Uhr, oder womöglich noch früher geht's wieder los, und so wird angestrengt fortgearbeitet bis Abends 8 Uhr, in vielen größeren Geschäften sogar bis gegen S oder 10 Uhr. Die durch schnittliche Arbeitszeit ist 13 bis 14 Stunde». Körperlich und geistig müde geht's Abends aus dem Geschäfte. Ist es dem jungen Manne da zu verdenken, wenn er, nachdem er den Tag über in dumpfer, staubiger Stube gesteckt, den Rest des Abends benutzt, um sich in freier Luft, wen» auch nur für ein paar Stunden, zu erholen? Wo bleibt da das Studium? Und was endlich — und das ist der dritte Punkt, der dem Gehilfen das Leben verbittert — ist der Lohn für die anstren gende, ausdauernde Arbeit, für seinen Fleiß vom frühen Morgen bis zum späten Abend? Man muß sich schämen, eS öffentlich aus zusprechen, — ein Salär, für welches zu arbeiten sich mancher Leipziger Markthelfer, der von seiner Hände Arbeit lebt, be danken würde. Man wirft dem Gehilfen da« WirthshauSleben vor. Ist es zu verwundern, wenn er es vorzieht, imWinterAbends nach voll brachter Arbeit mit einigen College» für einig- Groschen im an-
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