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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.09.1887
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 19.09.1887
- Sprache
- Deutsch
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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216, 19. September 1887. Nichtamtlicher Teil. 4633 Nichtamtlicher Teil. Auf nach Frankfurt! Von einem Mitgliede des Börsenvereins. Während unseres Wissens alle anderen Geschäftsleute sich wohl hüten, die inneren Angelegenheiten ihres Geschäfts, wozu doch wohl ganz besonders die Ein- und Verkaufspreise gehören, auf öffentlichem Markte zu verhandeln, scheint eine gewisse Strömung im deutschen Buchhandel es seit einiger Zeit als ihre berechtigte Eigentümlichkeit zu betrachten, so zu sagen ihre schmutzige Wäsche aufs der Straße zu waschen, indem sie die innerhalb des Berufs be stehenden Differenzen an die große Glocke hängt und der Öffent lichkeit preisgiebt. Schon vor längerer Zeit hielt es ein Artikel, wenn wir nicht irren, in der in Berlin erscheinenden »Post« für angezeigt, die deutschen Bücherkäufer auf den enormen Rabatt aufmerksam zu machen, den der Sortimentsbuchhändler angeblich genießt und sich damit auf Kosten der Käufer bereichert, und jetzt ist es die ebenfalls in Berlin erscheinende »Nation«, welche in ihrer Nr. 50 vom 10. September 1887 unter der Überschrift: »Ein beabsichtigtes Attentat ans die Gewerbe- und Handelsfreiheit des deutschen Buchhandels« einen Artikel veröffentlicht, der die am 25. dieses Monats in Frankfurt stattfindende Hauptversammlung des Börsen vereins behufs Beschlußfassung über die Vorlage des Ausschusses für die Revision des Statuts zum Gegenstände hat. Man fragt sich unwillkührlich, aus welchem Motive ein so ungewöhnliches Vorgehen entspringen kann, und dasselbe ist kaum anders zu erklären, als durch die Annahme, daß die Kreise, aus welchen der Artikel herrührt, sich innerhalb des Börsenvereins in der Minorität befinden und irgend welche Stärkung von außen erwarten, indem sie sich an die Öffentlichkeit wenden. Und in der That erweist sich der Artikel bei näherer Be trachtung als ein Notschrei über die dem Buchhandel angeblich drohende Gefahr, dessen Zweck freilich nicht ersichtlich ist, da außer halb desselben stehende Kreise keinen Einfluß auf den Ausfall der Frankfurter Versammlung haben, Mitglieder des Börsenvereins aber sich schwerlich dadurch bestimmen lassen werden, gegen die Vorlage zu stimmen, sondern voraussichtlich das Gegenteil ein- treten dürfte. Nach einer längeren Einleitung über den Zweck der Frank furter Versammlung, die Wichtigkeit des deutschen Buchhandels, seine Organisation und seinen Verfall, giebt der Herr Versasser seinen Lesern folgende dankenswerte Aufklärung über denselben, die wir wörtlich wiedcrgeben müssen: »Man stelle sich einmal vor: Der Fabrikant einer Ware (im Buchhandel der Verleger eines Werks) träte damit auf den Markt und böte sie aus. Und nun schriebe ihm der Zwischenhändler (der im Buchhandel Sortimenter heißt) vor: .Wenn ich bar bezahle, mußt Du mir 40HH Rabatt geben und außerdem auf sechs Stück, die ich bestelle, eines umsonst; bestelle ich fest, aber mit dem Recht, in einem Jahr, und wenn ich dann noch nicht abgesetzt habe, in zwei Jahren zu bezahlen, so muß ich an der Ware verdienen und auf sechs Stück auch eines gratis bekommen. Endlich mußt Du aber auch jene Gattung von Zwischenhändlern in höchsten Ehren halten, welche Deine Waren beziehen ohne jede Verantwortlichkeit ihrerseits (der Buchhandel nennt das L condition) mit dem Recht, die Ware jederzeit zurückzugeben, aber auch mit dem Recht, sie ein Jahr, auch zwei Jahre, bei sich verschimmeln zu lassen; die nicht abgesetzte Ware mußt Du dann unweigerlich zurücknehmen und für die abgesetztc mußt Du dem Manne, der mit Deinen Waren so viel Geduld Hatto und sogar — man denkel — einen Laden mietete, um sie auszulegcn, 25Hs, des Marktpreises als Nutzen bewilligen'. Diese Klasse von Würdenträgern erfreut sich in der Amtssprache des Buch handels vorzugsweise des Ehrennamens ,das solide Sortiment'. Das sind die Bedingungen, unter welchen der deutsche Verlagsbuchhandel noch heute seine Erzeugnisse verkaufen muß.« Jeder Buchhändler weiß, daß diese Ausführungen in der Allgemeinheit, welche in den letzten Zeilen ausdrücklich dafür in Anspruch genommen wird, nicht zutreffend sind, sondern hier einzelne Fälle als die Regel dargestellt werden, um eine größere Wirkung zu erzielen; und da es wenige Zeilen weiter heißt: »Der Verfasser dieser Zeilen könnte auf Grund langjähriger, vielseitiger Erfahrung das Zerrbild dieser .ehrwürdigen Organisation' noch viel deutlicher und abschreckender machen«, so müssen wir annehmeu, daß dies wider besseres Wissen geschehen ist. Darin müssen wir ihm recht geben, daß es ihm gelungen ist, ein Zerrbild dieser »ehrwürdigen Organisation« zu liefern, und bezweifeln auch keinen Augenblick seine Fähigkeit, es noch viel ab schreckender zu machen; er brauchte zu diesem Zweck nur einige Kleinigkeiten zu erwähnen, die er in der Eile vergessen hat, z. B. daß der »solide Sortimenter« nicht selten auf sehr verlockende Cir- knlare hin 7/6 bestellt und 6 übrig behält, was allein schon genügen würde, das Bild abschreckend genug zu machen. Nachdem der Verfasser durch dieses Schreckbild den Leser in die nötige elegische Stimmung versetzt hat, um sich nach einer Er lösung zu söhnen, hält er ihm diese in folgendem glänzenden Zu kunftsbilde entgegen: »Daß diese Zustände für den Buchhandel selbst verderblich seien, auch darüber giebt es wenig Meinungsverschiedenheit im .Börsen verein'. Nur die Stelle, wo der Zopf abgeschnitten werden müsse, bildet den Streitpunkt. Während diese Meinungsverschiedenheit im Schoße des Börsen vereins nnausgetragen blieb, schritt ein anfangs kleines Häuslein entschlossener Männer an die herkulische Arbeit, durch eigene Thal kraft bessere Zustände zu schaffe» und den unerledigten inneren Streit der Kollegen durch den überzeugenden Faktor des erfolgreich Erreich ten zum ewigen Stillschweigen zu verweisen. Jene Pioniere setzten nicht bloß ihren Jahresbeitrag an den Deutschen Börsenverein für ihr Unternehmen ein und auch nicht bloß ihre .Firma' — d. h. beim .soliden Sortiment' meist einen kleinen Laden, in dem neben bei auch Schreibhefte, Bleistifte, Gratulalionskarten, Radiergummi, Tinte und andere Bildungsbedürfnisse verkauft werven; und sie ver folgten auch nicht bloß das ideale Ziel, von jedem deutschen Verleger mit ein- eventuell zweijährigem Kredit ,ä condition' Novitäten zu beziehen, die dann nach Jahr und Tag als unverwendbar zurück gegeben wurden; sondern sie setzten ihren bedeutenden Gcsamibesitz an den Bareinkauf einer großen Anzahl begehrter und Erfolg versprechender Werke zu möglichst billigen Preisen — denn dem Händler, der einen starken Posten Exemplare auf einmal bezieht, bewilligt der deutsche Verlagsbuchhandel ausnahmsweise einen Rabatt bis zu 50 Prozent des Ladenpreises — und verkauften dann diese Bücher mit 20, 25, ja 30 Prozent des Ladenpreises an ihre Kunden, je nach den eigenen Bezugsbedingungen. Sie schufen außerdem große glänzende Geschäftsräume inmitten der lebhaftesten Geschästscenlren der deutschen Großstädte; Räume, in denen die Kunden von jeder neuen Erscheinung des deutschen und ausländischen Buchhandels losort und bequem bei Tag und Abend Einsicht nehmen konnten, obwohl die Miete dieser Räume und das Gehalt der zahlreichen Angestellten dieser Häuser selbstverständlich sehr erhebliche Summen jährlich verschlang. Und nun thaten diese Großkaufleute noch etwas, was in früheren Jahrzehnten freilich nnmöglich gewesen wäre, aber durch die Verkehrserleichternngen der Neuzeit, insbesondere das ein heitliche Brief- und Paketporto, bequem gemacht, ja für die Unter nehmenden außerordentlich nahe gelegt und geradezu heransgefordert wurde: sie suchten selbst ihre Kunden aus, statt deren Besuch abzu warten; sie suchten ihre Kunden nicht mehr bloß in der Stadt selbst und vor deren Thoren, sondern in ganz Deutschland, auf der ganzen Erde. Sie versandten von Zeit zu Zeit dicke Bände von Katalogen in alle Welt, Kunstwerke systematischer und übersichtlicher Anordnung, verlockend durch die niedrigen Preislisten neuer wie antiquarischer Werke, während das .solide Sortiment' sich allenfalls dazu aufge schwungen hatte, eine ihm vom Verleger kommissionsweise über lassene Neuigkeit bei seinen Kunden .zur Ansicht' herumzuschicken. Für die Großartigkeit des Erfolges und des Geschäftsbetriebes dieser Großkaufleute des deutschen Buchhandels mag die eine That- sache genügen, daß eine einzige dieser Firmen jährlich für KO 000 ^ meist deutsche Geisteswerke an die japanische Regierung liefertl Und nun kehren wir zu der ursprünglich gestellten Frage zurück: was soll und will die Generalversammlung in Frankfurt am 2b. d. M. ?
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