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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.03.1874
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 09.03.1874
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- Deutsch
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Hi 55, 9. März. Nichtamtlicher Theil. 879 anlaßt, „über das, was für einen in solchem Falle sich befindenden Schriftsteller in Absicht seiner Schriften recht und billig" sei, schärfer als jemals »achzndenken und auch „mit vielen Gelehrten und andern Männern von Ehre" hierüber zu sprechen. Was diese Alle sagten, habe vollständig mit seiner Ansicht übereingestimmt und diese gehe dahin, daß, so lange in Deutschland die Interessen der Schriftsteller nicht durch das Gesetz ausdrücklich geschützt wären, „nichts übrig bleibe, als die Aussprüche des natürlichen Rechts und der all gemeinen Billigkeit zur Regel dessen, was ihnen (den Schriftstellern) in Absicht ihrer Schriften erlaubt ist, zu machen". Zuletzt habe er auch Göschen gefragt, als er einmal in Weimar war, und da habe dieser sich geradezu für das Recht der Schriftsteller erklärt, und daß er cs auf sich nehmen wolle, dasselbe im Fall einer Streitigkeit gegen Männiglich zu behaupten. „Da", fährt Wieland fort, „ich nun nicht berge, daß die nähere persönliche Bekanntschaft mit Herrn Göschen mir eine große Meinung von seiner Rechtschaffenheit und ein beson deres Wohlwollen für seine Person eingeflößt hat, so fühlte ich mich um so geneigter, ein solches Verlagswerk lieber ihm als einem jungen aufmunterungswürdigen Mann, dem es einiges Ansehen verschaffen kann, zuzuwendcn, als es einer Handlung zu geben, die reich und ansehnlich genug ist, um dessen sehr wohl entbehren zu können. Ich cntrierte diesemnach wirklich mit Herrn Göschen über eine künftige allgemeine Ausgabe meiner Werke nach einem solchen von mir revidirten Manuscript, wie ich Euer Hochcdelgeboren letzt hin gemeldet habe; und da ich (ungeachtet meiner vollkommenen Ueberzengung hierin nichts gethan zu haben, als wozu ich, nach den Regeln der Billigkeit und selbst der strengsten Gerechtigkeit, insofern sie in diesem Fall anwendbar ist, berechtigt bin) weder Zeit noch Lust habe, mich in Streitigkeiten einzulassen: so überließ ich mehr besagtem Herrn Göschen gänzlich, die Sache, die nun die seinige ist, privatim und öffentlich nach Erfvrderniß der Umstände auszu- sühren." Wieland bat dann im Weiteren, ihn „geneigtest mit allenfall- sigen Controvcrsicn zu verschonen" und, wenn man deren für nöthig finden sollte, lieber deshalb unmittelbar mit Herrn Göschen zu ver handeln. Dabei warnte er noch besonders vor der von Weidmann's angedrohten Erklärung, welche das Erscheinen der „Werke" bestrei ten sollte. „Denn im Fall Sie öffentlich erklärten, daß eine solche Ausgabe nicht erscheinen werde, so würde sich Herr Göschen zu einer Gegenerklärung gezwungen sehen, dahingegen, wenn beides nicht geschieht, Sie noch mehrere Jahre ruhig verkaufen können, weil diese Ausgabe nicht sobald stattfinden kau»." Und dabei bemerkte der Dichter noch, daß Göschen aus sein ausdrückliches Verlangen erklärt habe, die einzelnen Schriften, worüber die Weidmannschc Buchhand lung privilcgirt sei, nie einzeln verkaufen zu wollen. „Dieses würde nicht geschehen sein, wenn ich wider meinen Willen gezwungen würde, mich mit der obenerwähnten Wiener oder Berliner Handlung cinzulasscn." Begreiflicher Weise empfand die Weidmannschc Buchhandlung über diese Mittheilnngen Wieland's schweren Aerger. Denn sie be saß »och hübsche Vorräthe von nicht wenigen der bei ihr erschienenen Schriften unseres Dichters und fürchtete mit Grund eine Entwer- thung derselben durch die geplante Ausgabe der „Werke". Und dann, wenn irgend eine Handlung ein erstes Recht auf ein solches Unternehmen hatte, so war es die WeidmannscheHandlung, die schon mehr Jahrzehende hinter sich hatte, als die Firma Göschen Jahre. Ihr, durch Vermittelung ihres verstorbenen Hauptes, verdankte Wieland, wie er auch in zahlreichen Briefen zugegeben, unendlich viel, sie hatte 17 seiner vornehmsten Arbeiten verlegt und wie ihr Hauptbuch ergab und der Dichter nicht leugnen konnte, ihn sehr an ständig honorirt. Und das war jetzt der Dank! Und in heftigem Zorn schrieben nnn Weidmann's an Wieland, sie könnten, so wie die Sachen zwischen ihnen und ihm stünden, keine Lust mehr haben, wenn Lucian vollendet sei, in weiterer Connexion mit ihm zu stehen. Wieland seinerseits nahm diese Erklärung sehr übel und fragte um gehend an, wie es in diesem Fall mit den Uebersetzungen, wegen deren cs erst vor kurzem zu Geschäftsabschlüssen und Honorarzah- lungeu gekommen war, gehalten werden solle. Auch sein „Verlangen nach Fortdauer einer Connexion, die Ihnen in einem so verächtlichen Lichte erscheint", sei nicht sehr lebhaft. Er werde dann das voraus- cmpfangene Honorar sofort zurückzahlen. Lieber sei ihm freilich um seiner und Weidmann's Ruhe willen, daß „Sie die Sache, die zu unserer Differenz Gelegenheit gegeben, ohne alle Leidenschaft von allen Seiten betrachten möchten: da ich denn kaum zweifeln kann, daß Ihre Einsicht und Billigkeit Sie auf andre Resultate führen werde, als diejenigen, die mir Ihr Letzteres vorgelcgt hat". Wieland hatte Recht, wenn er in seinem nächsten Briefe sagte, die Lage zwischen ihm und Weidmann's sei eine unvermerkt ziem lich schiefe geworden. Und sie wurde nicht besser, als sich die Weid- mannsche Handlung zu einer beruhigenden Erklärung herbciließ. Diese verkleisterte nur äußerlich unhaltbare Zustände. Wieland nahm jedoch nun seinen Horaz wieder vor, der Schwiegersohn Schorcht seinen Petis de la Croix, aber die Damenbibliothek ließen Weidmann's eingehen. „Und diese Sache ist also hiemit nach Ihrem Verlangen abgethan", meinte Wieland. In dieser Zeit starb in dem Geschäftsführer Reim, der lange unter Reich gearbeitet und nach dessen Tod das Geschäft geleitet hatte, gleichzeitig dem Schwager Göschen's, das letzte Mittelglied zwischen der Gegenwart und einer durch das Andenken an den todten Freund werthen Vergangenheit. Und wir müssen da mit ansehen, daß jetzt in des Dichters Gedächtniß auch die dankbare Er innerung an Reich schwindet; daß, wo er noch seiner gedenkt, er es nur noch mit Groll thut; daß er ganz vergißt, was ihm der alte Buchhändler seiner Zeit gewesen war: sein „lieberGroßschatzmeistcr", sein „edler Freund", dessen eigne Weise es war, „alles ans die libe ralste und verbindlichste Weise zu machen"; und gewiß, hatte ge legentlich einer Honorarsendnng Rcich's Wieland gemeint, „Sie irren sich nicht, wenn Sie glauben, daß ich ein Herz habe, das das Ihrige versteht und seine Gesinnung zu schätzen und zu theilen weiß". Diese Zeit scheint nun ganz vorüber. Und cs ist ein häß licher Zug in dem sonst so anmuthenden Bilde unseres Dichters, daß wir in den uns aufbewahrtcn Briefen desselben — gedruckten wie ungedruckten — vergebens nach einem anerkennenden Wort für Reich suchen, während über diesen folgendes ebenso unberechtigte wie herbe Wort in einem Briefe an Göschen laut wird: „Wenn ein Benöthigter und ein Geiziger zusammentreffen, so kommt der Erste immer zu kurz; (welches mit Herrn Reich fast immer mein Fall war) zumal wenn der nsosositents Autor überhaupt ein edelmüthiger und bescheidener Mensch ist, der sich (ebenfalls wie ich) immer fürchtete zu viel zu fordern, dem immer für seinen Verleger Angst war, er möchte Schaden an seinen Werken haben, kurz keinen Begriff weder von dem kaufmännischen Werth seiner Schriften noch vom Buchhandel überhaupt hatte, bis er endlich nach langer Zeit klüger wurde." Die Fortschritte, die mittlerweile Göschen in der Gunst Wie land's machte, entsprachen den geschäftlichen Erfolgen des jungen Verlegers. Schon im Jahr 1787 hatte sich Göschen's buchhänd lerische Stellung so sehr gckrästigt, daß er daran denken konnte, die ihn „drückende Societät" mit Körner, der Geld in Göschen's Geschäft geschossen, zu lösen. Er hatte seitdem unter Anderem die erste Gesammtausgabe von Goethe's Schriften zu drucken angefangen, Wieland lieferte dann seinen Schein in Betreff der „Werke", und im nächsten Jahr, wie Lorenz in seiner Schrift über Göschen 119*
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