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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.08.1865
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 28.08.1865
- Sprache
- Deutsch
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auf die Entwickelung unserer Literatur sein kann, daß er aber heutzutage das nicht ist, sondern daß er im Gegentheil oft recht schädlich wirkt. Denn wer vermöchte die verwerfliche, das Mark des Volkes vergiftende Waare, die wir in unserer soge nannten populären—hauptsächlich medicinischen —Literatur und in den vielen, aller Sitte hohnsprechenden, schmutzigen Romanen unter angenommener Firma auf den Markt werfen, in ihren ver derblichen Wirkungen wegzuleugnen? Alle diese Erscheinungen: Ueberproduction, Unreellität des Geschäfts und der Gesinnung, Marktschreierei und sich daraus ergebendes Sinken in den Augen der öffentlichen Meinung, sie entspringen alle aus der einen Wurzel, dem Mangel an huma nistischer Bildung. Wir vermögen diese Thatsache nicht mit den schönsten Worten wegzudemonstciren, und solange es damit nicht bester geworden, solange wir im Börsenblatt lesen, daß sich zwanzigjährige junge Leute, die schon fünf Jahre im Buchhandel thätig sind, zu ausgezeichneten Gehilfen ausgebildet haben wollen und als solche ihre Dienste anbieten, solange man also die an gehenden ,,Träger der Wissenschaft" mit Gevatter Schneider und Handschuhmacher gleich nach der Eonfirmation als Lehrlinge in die Welt jagt, um sie möglichst rasch aus dem Futter zu bekom men: so lange werden wir, wie die Götter in Heine's Sonnen untergang, unser strahlendes Elend nachschleppen, um dann schließlich — nicht wie jene — durch eigene Schuld unterzu gehen. Aehnliche Klagen sind schon oft in diesen Blattern gehört worden. Ich habe mir die Mühe gegeben, der Behauptung, daß es sehr traurig mit unserer humanistischen Bildung bestellt sei, durch Beibringen von Thatsachen eine Stütze zu geben. Unter den Remittenden und Disponenden der letzten Ostermeste einer mittleren Firma gehört auch eine Ausgabe des Aeschylus. Da keine gedruckten Nemittendenfacturen an die Eollegen gesandt worden waren, so war es dem Ermessen ganz freigestellt, was man sich unter jenem obscuren Verfasser — genannt Aeschylus — denken wolle. Ich habe mich daran gemacht, zu Nutz und From men derer, die sich dafür interessiren, aus den Facturen die un richtig geschriebenen Herren Aeschylus herauszusuchen und sie, je nach der Schreibweise, zusammenzustellen. Unter den 35 fehlerhaft geschriebenen Aeschylus stehen die Aeschilus obenan; sie sind numerisch die stärksten, aber was die fehlerhafte Schreibweise betrifft, immer noch die entschuld barsten. ,,Ach was, können die Erzeuger des Aeschilus sagen, was kümmert uns y, pH, th! Wir schreiben, wie wir sprechen, Fotografie, Litograsie, und also auch Aeschilus." Sie hängen damit ihrer Unkenntniß einen gelehrten Mantel um und können mit ihr noch prahlen. Denn cs ist heutzutage Mode geworden, einer sonderbaren ,,Ortograsie" sich zu befleißigen. Andere waren noch sparsamer. Sie ließen auch das s weg und schriebenAechilus oderAechylus,und damit auchAbwechselung in der Sache sei, malten wieder Andere mit zierlicher Hand ein sauberes Aeschinus, Aeschyles oder gar Esselius. Noch erheiternder ist die Schreibweise derer, die stillschwei gend ein „trsAoeäiss" supplirten. Ich habe aber auch einige dieser Herren im Verdacht, daß sie den Genitiv für den Nomina tiv nahmen und den guten Aeschylus für einen Landsmann Til- ly's hielten. Wir lesen also: -Vs8oliel^, /Vssoli!^, Lsolivli, ^68okil^, ^68okul^, ^v88^lii und Loliill^. Und damit diese Aeschylus in verschiedener Uniform sich allein nicht langweilen, sind sie meist doppelt und dreifach vertreten. Einzig in ihrer Art ist mir die Schreibweise einer süddeut schen Firma, die, vielleicht im Gefühl, daß ihr disponirter „Ac- schile" als unbekannt zurückgewiesen werden könnte, noch diesem traurigen Kameraden als Legitimation das Wort „trs§v<U" an hing! Man glaube nicht, daß, während ich dies scherzend schreibe, mir scherzhaft zu Muthe sei. Nein, im Gegentheil! Es ist ein gewisser Galgenhumor, ein Humor der Verzweiflung, der unter dem Kleid des Scherzes die Blößen zeigen möchte, die wir uns geben und der die eiternden Wunden ausbrennen möchte, die an unserem Leben zehren. Wehe unserem Stande, wenn die Lehr linge und Gehilfen Meister geworden sind und den Geist und die Bildung zur Geltung bringen, die sie sich mühsam bis in die Quarta aus Cornelius Nepos und Phädrus zusammenstoppelten! Sie haben in der Schule nur das Nöthigste sich geholt, und wo soll der Eifer und das Streben in späteren Jahren Herkommen, wenn der Stock in der Schule sie nicht zu erregen vermochte! Die niedrige, nicht durch humanistische Studien geläuterte Gesinnung erkennt man dann mit Schrecken an ihren Früchten. Glückselig das Zeitalter, in dem die Träger der Bildung im Koth der ge meinsten Leidenschaften herumwühlcn, um ,,einem tiefgefühl ten Bedürfnisse" der deutschen Lesewelt abzuhelfen! Je übel riechender, desto besser! ist die Devise. Und wehe den Prinzipa len , die solche Gehilfenwaare aufziehen , die aller tieferen Bildung baar, vielleicht auch noch ohne jeden moralischen Halt getreu dem Vorbild ihres würdigen Meisters in bodenloser Verkommenheit untergehen! Sie erziehen sich selbst eine Concurrenz, die um so gefährlicher ist, da sie eines jeden Anftandsgefühls entbehrt. Aber auch, wenn solche Leute weder selbst, noch in ihren Nach kommen die Concurrenz solcher sauberen Pflanzen zu fürchten hätten, wer hätte wohl die Stirne, laut oder leise die Reinheit des Satzes: „Nach uns die Sündfluth" zu vertheidigen? Wer darf wohl ungescheut sagen: Was liegt mir an der Nachwelt, wenn ich nur mein Schäfchen geschoren? Und doch thun dies Manche und wir sprechen dann noch von uns als ,,Trägern der Wissenschaft", als Läuterern und Lenkern des guten Geschmacks, als Verbreitern tiefen sittlichen Ernstes, und als Dienern — in einem gewissen Sinne wenigstens — der inneren Mission. K. B . . r. Miöcellen. Aus München, 16. Aug. schreibt die Allg. Ztg.: Wir haben die wohlverbürgte Mittheilung erhalten, daß der König in einem in den letzten Tagen erlassenen Handschreiben an das Cul- tusministerium der historischen Commission zum Zweck der Vollendung der von ihr begonnenen Arbeiten auf 15 Jahre die Summe von je 15000 Fl. bewilligt hat. Mit wahrem Vergnügen registriren wir diese Thatsache, thcils weil dadurch die Vollendung von wissenschaftlichen Unternehmungen gesichert ist, von welchen in Anbetracht der Betheiligung aller ausgezeichneten Historiker Deutschlands mit Grund die glänzendsten Erfolge erwartet wer den, theils weil sie uns eine willkommene Bürgschaft dafür bie tet, daß der König auch in Bezug auf werkthälige Förderung der Wissenschaften das hochherzige Wirken seines erlauchten Vaters zum Vorbild genommen hat. SU8A6A. von Or. ä. ?6tLlioIät. ägbrA. 1865. kiekt 8. 2eit.— Die 8otiIo88 Ijidliotllek ru ksrinr». Von 6em Ostieim- rnUis I^eiSebaur. (8eklu8s.) — vis 8tgät-öibliotllsk ru Lrs8l3U. Von Denselben. — l-itterstur uvci Kki80vUsn. —
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