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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.05.1865
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- Ausgabe
- Band
- 1865-05-31
- Erscheinungsdatum
- 31.05.1865
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- Deutsch
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69, 31. Mai. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 1197 Das russische Preßgcsctz. Das neue russische Preßgesetz, dessen oberste Grundzüge der von uns mitgetheilte kaiserliche Ukas enthält, erscheint auf den ersten Hinblick als ein wichtiger prinzipieller Fortschritt gegen das bisher dort übliche System der Censur und Preßpolizci, und ist cs auch wohl nach Einer Seite hin, nämlich insofern, als es die bisher ausnahmslos über alle nichtofsiciellen Veröffentlichun gen durch den Druck geübte Präventivcensur unter gewissen Vor aussetzungen aufhebl, also wirkliche Preßfreiheit (d. h. Verant wortlichkeit des Schriftstellers nur vor einer richterlichen Be hörde, nicht vor einem polizeilichen Ccnsor) einführc, freilich aber nicht als ein für Alle gleiches Recht, sondern nur als eine unter Umstanden zu gewahrende persönliche Begünstigung. Aber hier gerade liegt die Schattenseite — und zwar eine sehr grelle — des neuen Gesetzes. Daß man in einem Reiche wie Rußland, bei den dort zur Zeit bestehenden BildungSzustan- den des größten Theils der Bevölkerung, nicht mir Einem Schlage allgemeine Preßfreiheit einführcn, vielmehr erst einen Ueber- gangszustand durch Einführung einer bedingten, sozusagen con- cessionirten Censucfreiheic hat schaffen wollen, dawider würden wir nichts sagen. Ist es doch bei uns in Deutschland nur erst 17 Jahre, daß wir die Censur los geworden sind (und zwar nicht durch eine freiwillige Initiative von oben, sondern infolge einer gewaltigen Volksbewegung) — und wir bilden uns doch ein, um mehr als 17 Jahre der russischen Nation an politischer Cullur und Erfahrung voran zu sein! Allein wenn man die Befreiung von der Censur nicht als ein allgemeines Recht eines Jeden, auch nicht als ein an bestimmte Qualitäten geknüpftes Vorrecht Ein zelner (wie man z. B. früher wohl in Deutschland eine Censur- freiheit der Universitätspcofefforen halte), sondern nur als eine in jedem einzelnen Falle von der Negierung zu gewahrende Frei heit bewilligen wollte, so mußte man um so sorgfältiger darauf sehen, daß dieser Gewährung nicht von vornherein der Stempel einer Ungleichheit, Bevorrechtung und Begünstigung aufgedrückt, vielmehr dem möglichst vorgebeugt würde, soweit dies nur immer bei einem derartigen dem „administrativen Ermessen" gelassenen Spielraum denkbar ist. Gerade diese Maxime aber verletzt das Gesetz in einer Weise, die um so schroffer erscheint und um so tiefer verletzen muß, als sie nicht Individuen, auch nicht etwa einzelne Stände, sondern viel größere und gewichtigere Theil» ganze der Bevölkerung, nämlich ganze Nationalitäten trifft. Es heißt nämlich in dem Ukas: l. Von der Präventivcensur sind befreit: In beiden Haupt städten: 1) alle bisher erschienenen periodischen Schriften, deren Her ausgeber dies selbst wünschen; 2) alle Originalwerke von nicht weniger als 10 Druckbogen; 3) alle Uebersetzungen von mindestens 20 Druck bogen. U. Im ganzen Reiche: 1) alle officiellen Publikationen; 2) alle von den Akademien, Universitäten, gelehrten Gesellschaften und wissen schaftlichen Anstalten veröffentlichten Schriften; 3) alle Publicationen in den alten und klassischen Sprachen, sowie die Uebersetzungen aus diesen Sprachen; 4) Zeichnungen, Pläne und Karte«. Hiernach können also Befreiungen von der Präventivcensur seitens der Behörde überhaupt nur den in Petersburg und Moskau (den ,,beiden Hauptstädten") erscheinenden Zeitungen und Zeitschriften errheilt werden, denen in andern Theilcn des Reichs aber nicht. Für das eigentliche Rußland ist diese Beschrän kung ohne wesentlichen Belang, denn dort erscheinen politische Zeitungen von irgendwelcher Bedeutung nur eben in jenen beiden Hauptorten. Aber wie steht es mit den Nebenländern — Polen, Finland, den deutschen Ostseeprovinzen? Ihre Presse bleibt auch fortan der Präventivcensur unterworfen, während die national- russische einer freiern Bewegung genießen wird! Dawider hilft auch keine „mildere Praxis", selbst wenn wirklich solche zu hoffen wäre, denn der Ausspruch des Gesetzes über diesen Punkt ist kategorisch und gestattet keine Ausnahme. Nur eine Aenderung des Gesetzes selbst in diesem Punkte — wie sie noch in der Hand des Kaisers liegt — könnte hier Abhilfe schaffen gegen eine die Nebenländer Rußlands in einem ihrer wichtigsten Lebensinteresscn bedrohende schwere Ungleichheit, Zu rücksetzung und Unterdrückung. Wie gegenwärtig der Ukas vom 29. April vorliegt, so erscheint derselbe fast wie darauf berechnet, die nicht national-russischen Theile des großen Reichs, namentlich die Ostseeprovinzen, Liv-, Esth- und Kurland, sowie Finland und ^ Polen, um jede selbständige Aeußerung geistigen und insbeson dere politischen Lebens zu bringen. Käme diese Bestimmung > unverändert zur Anwendung, so würde eine fanatische national russische Presse somit im Stande sein, rücksichtsloser als bisher die Vernichtung des deutschen Lebens in Liv- und Kurland , des (inländisch-schwedischen Lebens in Finland rc. zu predigen, jene Provinzen mit den schwärzesten Anklagen zu verleumden, über haupt ihr ganzes gehässiges Treiben fortzusetzen; die Organe der baltischen oder (inländischen Eigentümlichkeit aber wären an jeder freiern Bewegung, an jeder wirksamen Selbstverteidigung gegen jene Angriffe gehindert, gegen sie wäre die Spitze des neuen Paßgesetzes gerichtet, das nur eine Nesidenzpresse, keine Pro vinzialpresse statuirt. Für die russische Presse, die, wie schon gesagt, nur in den Residenzen exiftirt, wäre ein solches Gesetz ein Fortschritt, für die deutsche, (inländische und polnische Pro vinzialpresse dagegen könnte es leicht die Handhabe zu völliger Vernichtung werden. Wir können unmöglich glauben, daß dies die Absicht des jetzigen Kaisers ist, und gern möchten wir daher uns der Hoff nung hingeben, daß durch seine unmittelbare Initiative hierin noch eine Abhilfe eintrctcn werde .... (Dlsch. Allg. Ztg.) Miöcellen. Dem Moniteur zufolge haben am 26. Mai Hr. Drouin de Lhuys und Hr. v. Seebach eine zwischen Frankreich und Sachsen zu Stande gekommene neue Convention zum gegcn- seitigenSchutze d es literarischen und a r t i st i sch c n E i g e n- thums unterzeichnet. AehnlicheVerträge sind bekanntlich in der jüngsten Zeit mir Bayern, Württemberg, Baden und Frankfurt zumAbschluß gekommen, während bisjetzt Kurhessen, Oldenburg, Sachsen-Weimar, Braunschweig, Sachsen-Altenbucg, Sachsen- Meiningen und Reuß jüngere Linie einfach ihren Beitritt zu der preußisch-französischen Uebereinkunft erklärt haben. Der in Nr.61 d.Bl. abgedruckte Geschäftsbericht über das Jahr 1864 enthalt die Mittheilung, daß Württemberg und Sachsen die die Presse beschrankenden Verordnungen aufgehoben haben. Es kann hierunter nur die in jenen Ländern publicirte Aufhebung des Bundesbeschlusses vom 6. Juli 1854 (zur Verhinderung des Mißbrauchs der Preßfreiheit) gemeint sein. Um möglichen Mißdeutungen vorzubeugen, sei hierdurch daran erinnert, daß Preußen nicht in der Lage ist, jenen Bun desbeschluß aufzuheben, da derselbe in Preußen niemals publicirt worden ist, also für Preußen auch keine Rechts- gültigkeit hat. (Vergl. v. Rönne, Staasrechl. 2. Aust. 1. Bd. 2. Abth. S. 91.) tt. li. In Brüssel soll, wie ein rheinisches Blatt mitthcilt, zu Pfingsten ein internationaler Buchdruckerrag stattsin- den, um durch gegenseitigen Meinungsaustausch die Mittel in Betracht zu ziehen, welche speciell den Typographen zu einer „bessern Existenz" verhelfen sollen.
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