Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.03.1894
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 22.03.1894
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18940322
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-189403220
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18940322
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1894
- Monat1894-03
- Tag1894-03-22
- Monat1894-03
- Jahr1894
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
67. 22. Mürz 1894. Nichtamtlicher Teil. 1801 hat man sich schließlich zu dem verstanden, was im Gesetze steht. Aber, hohes Haus, gerade diesen Gegensatz möchte ich als unbe gründet zurückweisen. Ein solcher abstrakter Rechtsstandpunkt scheint mir von vornherein eine Forderung zu sein, die aus einer aprioristischen Anschauung der Dinge hervorgeht, eine naturrechtliche Auffassung von einer absolut besten Ordnung der Dinge, die überhaupt gegenüber dem realen Leben gar keine Berechtigung hat. Man mag sich seine ideale Welt konstruieren und danach erklären, in dieser idealen Welt müsse das oder jenes rechtens sein. Aber gegenüber dem praktischen Leben, mit welchem es der Gesetzgeber zu thun hat, giebt es meines Erachtens eine solche Gegenüber stellung von Recht und Billigkeit überhaupt nicht. Alle volks wirtschaftlichen Postulate, insbesondere jene, die hier zur Sprache kommen, sind, soweit sie billig sind, sofort auch Recht, und jedes positive Recht ist nur die Formulierung von Billigkeits ansprüchen, wie wir anderseits sagen müssen, daß jede Billigkeit, die als solche anerkannt ist, auch wirklich zu einem Rechtssatze führen muß. Diese Billigkeit, hohes Haus, ist also nach meiner Meinung nicht eine Willkür, sondern es ist der Ausdruck einer grund sätzlichen Ueberzeugung von dem, was Recht sein soll; nur in diesem Sinne hat auch der vorliegende Entwurf die rechtliche Formulierung von Erwägungen der Billigkeit unternommen. Und noch ein zweites Mißverständnis möchte ich von vorn herein zurückweisen, das speziell in unserer Frage eine Rolle spielt, den behaupteten Gegensatz nämlich zwischen Recht und Volkswirtschaft. Man sagt vielfach, der juristische Standpunkt ist zwar der konsequentere, aber er ist auch der starre, der formalistische; der volkswirtschaftliche Standpunkt ist derjenige, welcher biegsam ist, welcher sich dem realen Leben anpaßt, wenn er auch nicht so folgerichtig ist. Auch das Leben selbst ist nicht folgerichtig; nach logischen Kategorieen können wir das Leben nicht konstruieren. Aber, hohes Hans, diese Antithese von Recht und Volks wirtschaft möchte ich aus dem einfachen Grunde ablehne», weil — ich bleibe speziell bei unserem Thema — volkswirtschaftliche Postulate, die sich nicht auf allgemeine Denkformen zurückführen, also nicht in Prinzipien aussprechcn lassen, nach meiner Meinung überhaupt noch nicht genügend durchdacht, noch unreif sind zur legislativen Behandlung oder überhaupt nicht geeignet, zur Norm für das öffentliche Leben gemacht zu werden. Alle überzeugenden volkswirtschaftlichen Postulate ver dichten sich zu Rechtssätzen; aber auch jedes Recht, das sich in der Sphäre des wirtschaftlichen Lebens bewegt, beruht auf dem Nebengrunde volkswirtschaftlicher Bedürfnisse. Was volkswirt schaftlich notwendig ist, muß rechtens werden; was aber rechtens ist, das muß auch volkswirtschaftlich zweckmäßig sein. Ich kann also auch einen Widerspruch zwischen dem juristischen und dem volkswirtschaftlichen Standpunkte nicht finden. Und nun, hohes Haus, sei mir gestattet, daß ich von diesem prinzipiellen Standpunkt aus mich dem Gegenstand etwas nähere, mit dem wir es hier zu thun haben. Eines scheint mir da vor allem klar und unbestritten zu sei». Die Volkswirtschaft zeigt uns Verhältnisse, welche es durchaus als billig erscheinen lassen, daß der Rechtsschutz des Urhebers an seinem geistigen Werk weiter geht, als der gewöhn liche Rechtsschutz des Eigentums an diesen Werken geistiger Urheberschaft. Nur versteht man diese Billigkeit nicht immer in derselben Weise, und von verschiedenen Standpunkten aus hat man einen sehr verschiedenen Maßstab der Billigkeit angelegt. Der extremste Standpunkt ist wohl der, welcher in jeder geistigen Produktion nichts anderes erblickt, als eine Ware, einen Gegen stand, der Tauschwert erlangen kann oder auch nicht — das hängt von der Konjunktur ab — als eine marktgängige Ware, wenn ich so sagen darf, die man unter möglichst freier Konkurrenz der Gesamtproduktion möglichst vorteilhaft abzusetzen sich bemüht. Einundsechzigster Jahrgang. Wer kraft des Eigentumsrechtes schon einen Schutz findet in diesem Bestreben, für seine »Ware« Tauschwert zu erlangen, der braucht keinen anderen speziellen Schutz Der Maler, dem sein Bild gehört, hat den nötigen Schutz seiner geistigen Arbeit eben schon durch sein Eigentumsrecht am Bilde, er verkauft cs und bekommt dafür das, was das Bild wert ist; mehr hat er überhaupt nicht zu verlangen. Dieselbe Entscheidung werden Sie hören, wenn es sich um ein dramatisches Kunstwerk handelt, das aufgeführt werden soll, und was immer. Nur dann, so erklärt diese, wenn ich sie mit einem üblichen Schlagworte bezeichnen darf — ich bitte um Entschuldigung, derartige Bezeichnungen haben immer etwas Odioses — orthodox-liberale Schule ist überhaupt ein Urheber recht im Sinne eines über das Eigentumsrecht hinausgehenden Sonderrechtes am Platze, wen» der geistige Arbeiter die Form, in welcher er sein geistiges Produkt ausbietct, nicht beherrscht, weil sie von jedem auf mechanischem Wege nachzumachen oder zu wiederholen ist. Darum also einen Schutz des Autors beim Buchdrucke, des Kompositeurs, der seine Musikalien erscheinen läßt, des dramatischen Dichters, der sein Werk ausführen läßt, vielleicht auch des Photographen, dessen Werke aus mechanischem Wege ohne weitere geistige Arbeit wiederholt und vervielfältigt werden können. Darüber hinaus kennt die orthodoxe National ökonomie keinen Urheberschutz, soweit sie auf dem streng indi- dualistischen Tauschweltstandpunkte steht. Wie himmelweit ent fernt davon ist der Inhalt unseres Gesetzes? Und doch wird man nicht sagen dürfen: von rechtswegen hätte der Maler eigentlich keinen Autorschutz zu beanspruchen; es ist nur Billig keit, wenn man ihm das gewährt. Eine solche Auffassung würde unwürdig sein des prinzipiellen Standpunktes, den man der Kunst gegenüber einzunehmen hat, und unberechtigt gegenüber den berechtigten Ansprüchen, welche die Künstler haben. Es giebt aber auch einen anderen extremen Standpunkt, der nicht minder materialistisch ist, als derjenige, den ich eben zu charakterisieren versucht habe. Das ist der Standpunkt des Monopols. Aller Wert, der durch geistige Arbeit mittelbar oder unmittelbar geschaffen wird, soll dem Autor gehören; die ganze geistige Konsumtion soll ihm tributpflichtig werden. Bei diesem Standpunkte wird der Geist des Arbeiters so sehr als der individuelle Schöpfer nicht bloß eines konkreten Werkes, sondern als der individuelle Schöpfer des ganzen geistigen In haltes eines Werkes angenommen, daß es meines Erachtens eine sehr weitgehende Ueberschätzung dessen ist, was überhaupt ein einzelner Mensch in seiner Zeit zu leisten vermag; denn jeder steht nicht bloß aus den Schultern seiner Vorgänger, son dern jeder atmet in jedem Augenblicke die Luft ein, die ihn umgicbt, und jeder hat genossen und genießt fortwährend das, was ihm die übrigen an geistiger Leistung zur Verfügung ge stellt haben. Ich glaube, daß in diesem Standpunkte des Monopols mindestens ebensoviel Ueberschätzung der persönlichen Berechti gung und Bedeutung des Autors, als in jener manchesterlichen Auffassung eine Unterschätzung der geistigen Potenzen gelegen ist, die doch im Produktionsprozesse der Volkswirtschaft eine so große Rolle spielen. Unser Gesetz vermeidet diese beiden Extreme. Es ist nach meiner Ueberzeugung nicht bloß ein gutes Kompromiß, eine billige Mittelstraße, die da gefunden worden ist, ich halte es für die gerechte Lösung des Problems für unsere Zeit, für eine Lösung, welche ebenso dem gerecht wird, was der Autor, wie dem, was die Gesamtheit dem Autor gegenüber in Anspruch nehmen kann. Und noch mehr. Unser Entwurf hat es nicht übersehen — und ich rechne ihm das besonders hoch an — auch das Eigentum gegen das Urheberrecht und andernteils auch die ge samte Konsumtion gegen das Monopol zu schütze». Das Eigentum wird gegenüber dem Urheberrechte ge- 841
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder