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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.10.1889
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 07.10.1889
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- Deutsch
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5076 Nichtamtlicher Teil. 234, 7. Oktober 1889. S. 108: Expedition des »Berliner Fremdenblatt«; Expedition des »Kriegerhaus«; Expedition des Kulturkämpfer; S. 109: Expedition des »Pionier«; Expedition der »Tägliche Rundschau«; S. 110: Expedition »Fürs Haus«; S. 114: Expedition der »Meyers Reisebücher«;' S. 115: Expedition »Der Chaisen- und Wagenbau««; S. 123: S. Fischer Verlag in Berlin; S. 132: Fues's Verlag in Leipzig; S. 486: Verlag des »Universum« in Dresden; S. 489: Verlag der »Deutsche Worte« in Wien. Es wäre müßig, alle Firmen, die ähnliche Härten tragen, hierher zu setzen. Einige gelten für viele. Es ist wahr, der gute Name eines Menschen sollte unver letzlich sein; auch der einer Zeitung sollte es, obwohl manche Zeitungen es hierin so genau nicht zu nehmen pflegen. Aber so unverletzlich sollten sie doch nicht sein, daß man sie nicht deklinieren dürfte. Wohl der Zeitung und dem Namen, denen man nichts Schlimmeres anhängen kann, als eine Genetivendung! Doch im Ernst: spricht jemand von einer Expedition der tägliche Rundschau? Wohl immer nur von einer der täglichen Rundschau, lind wenn jemand die Zeitschrift loben will, welche den stolzen Namen des Universums führt, sagt er nicht: ich lese gern die Aussätze des Universums? Ich habe mich nie entschließen können, von der Expedition der Meyers Reisebücher zu sprechen, wohl aber von derjenigen der Mcyerschen Reisebücher oder der Rcisebücher Meyers, oder von Meyers Reisebücherexpedition, wenn die Zunge gerade so wollte. Jene Einschiebung des Genetivs ist vielleicht griechisch, aber nicht deutsch. Unter einem Fischerverlag stellte ich mir, ehe ich Veröffentlichungen dieser Firma kannte, stets einen Verlag vor, der sich mit Büchern über Fischerei befaßte. Und undeutschere Worte als Verlag der Deutsche Worte kann ich mir kaum erdenken — das klingt wie das Lallen eines Kindes, welches sich mit Nominativen und In finitiven notdürftig behilft, oder wie das kümmerliche Radebrechen eines Ausländers*). Man beachte, welch häßliche Rolle die sogenannten Gänse füßchen hier spielen. Gegen diese Gänsefüßchen hat schon mancher tüchtige Mann Krieg geführt, wie R. Hildebrand in seinem treff lichen Buche: Vom deutschen Sprachunterricht, und neuerdings O. Schröder erst in den Preußischen Jahrbüchern (in »Preußische Jahrbücher«), später in einem erweiterten sehr lesenswerten Sonderabdrucke, der bei Walther L Apolant erschienen ist. Diese Rolle der Gänsefüßchen ist eine, ich möchte sagen, krystallisierende. Die Sprache ist doch etwas Flüssiges, aus lauter wechselnden Formen Bestehendes; wo die Gänsefüßchen erscheinen, erstarrt sofort ein Tropfen Sprachflüssigkeit zu einem unveränderlichen, harten Klumpen, der wie ein Stück Eis im Wgsser schwimmt. Es ist sehr bequem, sich der Gänsefüßchen zu bedienen, wenn man nicht gleich vorwärts kann. Aber ich muß doch sagen, eine Firma, die mit Gänsefüßchen ihren Lauf beginnt, steht sprachlich auf ziemlich schwachen Füßen. Ein Genosse der Gänsefüßchen ist das Häschen, der Apostroph. Wie jene ist dieser ein genetivtötender Bacillus. Gegen das falsch angewendcte Häkchen spricht sich schon Jacob Grimm aus (Auswahl seiner Schriften, Dümmlers Verlag 1875, in dem Aufsatze: Ueber das Pedantische in der deutschen Sprache). Er wendet sich ebenfalls gegen die sprachzerstörende Wirkung dieses lautlosen Schristzeichens, das bei Genetiven eine hervorragende Rolle spielt. Grimm rügt da auch den undeutschen, dem eng lischen Schriftgebrauche Hochgebildeten Genetiv, den wir z. B. in *) Herr E. Pernerstorfer, Herausgeber der Deutschen Worte, macht darauf aufmerksam, daß er schon seit mehreren Jahren auf richtige Deklination hält. Auf seinen Bestellkartcn steht denn auch richtig: Ver- ag der Deutschen Worte. der Firma Fues's Verlag finden*). Einen sochen Genetiv richtig auszusprechen, dazu bedarf es einer besonderen Zungenbemühung. Zuerst käme der Name, dann eine kleine Pause für den Apostroph und hierauf muß das zweite s nachgezischt werden. Ich glaube, kein Mensch spricht den Genetiv so, wie er geschrieben ist. Denn es gehört eine Art Geckerei dazu, ihn buchstaben gemäß erklingen zu lassen. Das Häkchen deutet sonst meist nur das ausgefallene Genetiv-S an, das wir beim Sprechen immer vermissen, denn der Apostroph klingt ja nicht. Es ist die reine Pedanterei, wenn wir von Schulz' Adreß buch reden statt von Schulzens Unternehmen. Natürlich, jemand könnte ja ans den Gedanken kommen, der Mann hieße Schulze oder gar Schulzen, was ja auch Vorkommen könnte. Und pedan tisch deutlich müssen wir sein, es fehlt nur noch, daß wir bei einem Schultz das t vor dem z markieren zum Unterschied von Schulz, und Schult(Pause)z sprechen: das wäre der Gipfelpunkt der Deutlichkeit. So haben wir eine Firma Voß' Sortiment und sprechen von Voß' Luise; zu Vossens Zeiten sprach man schon von einer Vossischen Zeitung, die heute noch besteht, die aber wahrscheinlich, wenn man sie in unfern Tagen gründete, Voß' Zeitung heißen würde. Die Sache ist die: man scheut sich, die Namen zu dekli nieren. Alle Tage kann man von der Regierung Kaiser Wilhelm I. lesen, statt Wilhelms; es ist als ob dem Namen etwas Un gebührliches begegnete, wenn noch etwas dazu gefügt wird, was seine besondere Beziehung zu dem übrigen bezeichnet. Alles was irgend nach einem Eigennamen aussieht, wird steinhart und unbernhrbar. Die Namen sind, so meint man wohl, Dinge, die gar nicht ins Sprachmaterial gehören, denen man eine Art Ver ehrung beweist, indem man sie zwischen den lebendigen Spwih- gestaltungen wie Mumien einherwandeln läßt. Dieser heillose Respekt vor dem toten Buchstaben ist eine neuere Errungenschaft. Zu Anfang des Jahrhunderts gab cs noch die altberühmte Buchhändlerfirma Glediischens lLrben; und wenn man die Litteratnr früherer Zeit durchsieht, findet man, daß die Unantastbarkeit der Namen da noch nicht erfinden war. Lessing z. B. spricht abwechselnd von Herrn Klotz Mnd von Herr Klotze», dieser scheut sich nicht, von Lessingen zu red«n. Ja Lessing spricht sogar von einer Klotzischen Beweisführung-/ ich glaube, es giebt Leute in der Gegenwart, die es für be leidigend halten, wenn man ihren Namen zu einem Adjektiv mißbraucht. Ich kann mich nicht erinnern, jemals das Adjek- tivum bismarckisch gelesen, ja kaum gehört zu haben, man nimmt als Ersatz stets den Genetiv oder behilft sich gar mit einem bischen Französisch, das doch nun einmal wunderschön läßt; man sagt dann: ä In Bismarck, obwohl dies gewiß nicht bismarckisch gesprochen ist. . In unserer Zeit darf man Lessings Namen gar nicht mehr in den Dativ setzen, ohne daß die Leute meinen, es sei gewollt volkstümlich Denn das Volk spricht natürlich der Sprache gemäß und nicht der Schrift gemäß. Der gemeine Mann spricht von Schulzens neuem Hause und erzählt mit Vergnügen, er hübe Bismarcken gesehen. Man hält es wohl für pöbelhaft, so zu reden; wer aber lustig drauf los spricht, ohne an die Tinte und Druckerschwärze zu denken, redet immer so, und zwar nicht nur der Geheimrat Schulze, sondern sicher auch der Fürst Bis marck. Der gemeine Mann und der gebildete in unbewachten Augenblicken spricht da ein gutes, deutliches Deutsch; aber wenn wir steif werden, sprechen wir etwas — ich weiß nicht, was es ist, aber Deutsch ist es nicht. Die guten, kräftigen Genetive und Dative verkümmern dabei und das ist schade; denn die Beugungsendungen sind Sprachblüten, denen ein eigener Duft entströmt. Das vermag freilich nicht jeder zu empfinden, denn das lebendige Sprach- *) Es kann natürlich nicht die Absicht des Verfassers sein, eine Aenderung der handelsgerichtlich eingetragenen Firmen veranlassen zu wollen.
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