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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.11.1871
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- 06.11.1871
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- Deutsch
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3598 Nichtamtlicher Theil. I? 256, 6. November. Nichtamtlicher Theil. Aus den Papieren der Weidmannschen Buchhandlung. (Fortsetzung aus Nr. 252.) Doch kehre» wir zurück zu den Jahren, von denen abschweifend wir ausgingen. Noch steht Reich in dem kräftigen Maunesaltcr der Fünfzig, auf der Höhe seiner Thätigkcit. Ein gnädiges Geschick hat fein Streben belohnt, er darf wohl sagen, daß er glücklich sei. Und doch fehlt ihm, so scheint es, etwas zu seinem vollen Behagen. Er hat viele und wcrlhe Freunde, er gebietet über ein stattliches Ein kommen, aber die Häuslichkeit, das Leben in der Familie vermag der Verkehr mit geistvollen Genossen nicht zu ersetzen, kann man mit Geld nicht erkaufen. Reich fühlt sich einsam, er möchte wohl aus einem alten Junggesellen ein junger Ehemann werden. Der Gedanke liegt da nicht weit ab, daß der Geschäftslheilhaber die ehemalige Tochter der Firma, nun die Mitbesitzerin, hcimführen sollte. Doch wurde eine solche Möglichkeit von Philipp Erasmus sicher nicht in's Auge gefaßt. Die Mamsell Weidmann war zwei Jahre älter als er, und war sie bei Reich's Eintritt in das Geschäft bereits eine sehr ältliche Jungfrau, so stand sic jetzt in dem ehrwürdigen Alter, in dem man über die Jugendthorheit des Verliebtseins oder Heirathcns hinaus zu sein pflegt. Zudem, so scheint es, waren die liebenswürdigen Eigensckastcn der Mademoiselle Marie Luise nicht allzu zahlreich, und es erwuchs ihrem Gesellschafter manch stiller Aerger aus diesem Ver hältnis Er klagt einmal Zimmermann sein Leid, und dieser räth ihm darauf, der Mamsell Weidmann ihren ganzen Kram in die Schürze zu schütten und fernerhin für sich zu leben. Das aber hätte Reich nicht gekonnt. Ein Dasein ohne Tätig keit schien ihm undenkbar, und daß dem Alternden nach der scharfen Arbeit des Tages ein behagliches Daheim sich aufthue, deshalb trat der Achtundfünfzigjährige »och vor denTraualtar. In solchem Alter schließt der Verstand die Ehe, aber bei Reich, deß dürfen wir überzeugt sein, ward das Herz jedenfalls in's Vertrauen gezogen und sprach dann ein freudiges Amen. In der That scheint die Jungfrau Luise Heye aus Berlin, die Reich im Herbst 1775 hcimführte, ihres trefflichen Mannes sehr Werth gewesen zu sein. Wir kennen sie zwar nur aus Briefen der Freunde, und wenn uns vielleicht die überschwänglichen Lobsprüche Zimmcrmann's kühler über sie urtheilcn lassen möchten, so schöpfen wir aus anderen Briefen die Gewißheit, daß Frau Luise eine vorzügliche Gattin gewesen ist, anmuthig, gebildet, für den Gatten besorgt, tüchtig im engen Kreis der Familie, dabei auch Wohl geeignet, in größerem Cirkel die Stellung der Leipziger Patriziersfrau auf eine artige Weise zu wahren. Denn der Gatte, das Haupt der Firma Wcidmann's Erben und Reich, durfte den Anspruch erheben, einer der ersten zu sein unter den Patriziern der Handelsstadt. Schon 1759 genoß er das Ansehen, das ihn Friedrich dem Großen als Geisel für die Leipzig auserlegteKriegsstener tauglich erscheinen ließ. Steigend war seitdem das ehrwürdige Geschäft wieder zu neuem Glanze gelangt, jeder Meß katalog brachte eine Reihe interessanter Unternehmungen, frische Ver bindungen wurden zu den alten geknüpft, manch guter Name dem Verlagskatalog gewonnen. Da war Herr I)r. Unzcr irr Altona, von dem zwei physiologische Schriften verlegt wurden, C. C.L.Hirschfeld in Kiel, der vornehmlich außer einer Theorie der Gartenkunst eine Bibliothek der Geschichte der Menschheit lieferte; auch der Erlanger Harleß tritt in den Kreis der Autoren; eine Ausgabe des Terenz unterbleibt, dafür erscheinen dannTtzeoeriti roliguius, ^.ristoptzunis nutzes und, wie diese, gleich nach Reich's Tode die tzrevior notitin litterutnrue ronmnus; neben den drei Leipzigern Ernesti, (^lummnus Hluroellinus, Iles^etzius, ll'aoitus u. A.), J.J.Neiske (Uluturetz U.A.) und Morus (lsoerutis UuneA^rious, UtzsUus uniinuckvorsionuin uck Don^inum) erschienen die Göttinger — Hcyne's ward schon früher ausführlich gedacht — Reitemeier (^osiinus) und Mitscherlich (Ho- rusri tz^innus), der Straßburger Schwcighäuser (^ppiun, Nolzr- tzius), der mit Reich im freundschaftlichsten Verkehr steht. Aber der Kreis gelehrter Männer, der sich um Reich schließt, zählt noch mehr geachtete Namen. Da sind die Mitarbeiter an Guthrie und Gray, da ist der Jenenser Eichhorn (Allgemeine Bibliothek der bib lischen Literatur u. A.), der treffliche, mit seinem Verleger sehr be freundete Hallenser Niemeyer (Philotas u. A.), der Kieler Tetens (philosophische Versuche n. A.), der Jenenser Scheidemantel (Re pertorium des deutschen Staats-und Lehnrechts), die Leipziger Wenck (eoäsx iuris Asutiuru rsesutissirni u. A.). Es treten ferner dazu Johann Georg Schlosser, Gvethe's Schwager, Frau Corneliens Gatte (Longin, vom Erhabenen), der Erlanger Meusel (Litzliottzeou tzistoriou), der Kasseler Tiedemann (System der stoischen Philosophie u. A.), der Secretär der Herzogin Amalie von Weimar, Jagemann (Geschichte der freien Künste und Wissenschaften in Italien), der Braunschweiger Ramdohr (über Malerei und Bildhauerarbeit in Rom). Da sind noch Grüner von Jena (Bibliothek der alten Aerzte), Meiners von Göttingen, Heinze von Kiel, Arndt von Leipzig. Die Theologie ist noch außer durch die früher Genannten durch den Zü richer Pfenninger und den Oberhofprediger Sack von Berlin (Blair's Predigten) würdig vertreten. Auch muß hier nochmals der Leipziger Morus erwähnt sein. Auf dem Gebiet der Naturwissenschaften leistet namentlich der Wittenberger Chladni Hervorragendes (Theorie des Klanges). Nebendiescm sei noch sein Landsmann Ebert genannt, dessen Naturlehre für die Jugend große Verbreitung gefunden hat. Auch der QuedlinburgerPastor Goeze, dessen großes „Jnsecten-Werk" (entomo- logische Beiträge) Reich mit vier Thalern für den Bogen honorirte, war Jugendschriftsteller, und, wie cs scheint, gern gelesen. Er entwickelte dabei einen bemerkenswerthen Fleiß; was die Firma von ihm veröffent lichte, füllt fast zwei eng gedruckte Seiten des alten Verlagskatalogs. Doch nicht allein die Gelehrten und Höherstrebenden hatten Dank zu sagen, wenn der befreundete Verleger seine milde Hand in deü Messen aufthat und von seinen Neuigkeiten spendete, auch dem Bel-Esprit war der Meßkatalog nie ohne reizende Titel von Büchern, welcheWeidmann's Erben und Reich verlegt hatten. Ward doch der Meßkatalog selbst von einem Mann zusammengestellt, der früher nicht ohne literarische Bedeutung gewesen. Freilich, seit Herr Professor Gottsched mit seinem Anhang in Mißachtung gerathen War, konnte sich auch sein Schildknappe, der Professor Johann Joachim Schwabe, der Herausgeber der Belustigungen des Ver standes und Witzes und mittelbare Veranlasser der Bremer Beiträge nicht beschweren, wenn man ihn vergaß. Für die Firma hat er nur Uebersehungen und Correcturen besorgt, daneben übernahm er die Herausgabe jenes ofsiciellen Bücherverzeichnisses, sobald dieses in den Verlag der Weidmannschen Handlung überging. Er erhielt für diese Arbeit 10, auch 15Thlr., allgemach stieg der Betrag, bis er30Thlr. erreicht hatte. Diese Summe ward Schwabe zurJubilatemcsse 1784 zum letzten Male .ausgezahlt. Im Sommer darauf starb er. So hatte der ehemalige Satiriker des Gottsched'schcn Kreises ein Vierteljahrhundert hindurch bei der Abfassung der Meßkataloge Gelegenheit, der Wandelung des menschlichen Geschmackes nachzu spüren. Er sah seinen Herrn und Meister noch bei lebendigem Leibe literarisch todt und dafür die Bodmerianer heraufkommen, die Männer der Bremer Beiträge, zum Theil ehemals seine Genossen bei den Belustigungen. Der Geschmack wandte sich mit Vorliebe den Engländern zu, ihre literarischen Neuigkeiten waren daher von besonderer Wichtigkeit für größere deutsche Verleger, die auck, wie Wcidmann's Erben und Reich, ihre Correspondenten vornehmlich in Londonzu haben scheinen. Diese vermittelten einerseits den Bezug des
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