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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.11.1871
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 01.11.1871
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- Deutsch
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Nichtamtlicher Thkil. 3519 252, 1. November. mik wider die Phyfiognomen" abgethan worden ist, sondern das Verdienst seiner Nebenarbeiter. Da gab es eine Masse von Physio gnomien, thierischen und menschlichen, die gezeichnet und gestochen werden mußten, da galt es, dasselbe Gesicht in den verschiedenen Altersstufen darzustellen, da wurden Hände und Füße abgebildet, dazwischen wieder Mißgeburten, Genrebilder nach Chodowiecki von ungemeiner Zierlichkeit, auch aus der Handschrift wurden auf die menschlichen Fähigkeiten Schlüsse gezogen. Herr Lavater entdeckte viele abbildenswerthe Genies, aber wol das einzige, in dem er sich nicht getäuscht hat,war Goethe. Fünfmal findet stchderDichter in Len Frag menten, davon dreimal als Beilagekupfer — einmal ist das Bild aus drücklich alsCaricatur bezeichnet—; dann sind noch zwei gut ausgeführte Stiche in den Text gedruckt. Dieser selbst athmet Lavater'sche Ueber- schwänglichkeit. Auch Philipp Erasmus fand Aufnahme in dieser wun derbaren Sammlung und zwar in Bild und Handschrift. Die letztere ist, wie der Text sagt, „von einem außerordentlich entschloßnen, schnellthätigen, anstelligen Manne", und die vortrefflich gestochene Vignette „desselben nicht ganz ähnliches Bild; aber wer steht nicht drinn Harmonie mit der Handschrift? Nicht den ordentlichen, kecken, muntern, leichten, schnellen, feurigen Schreiber?" Der Beschauer von heute gewiß nicht; doppelt nicht, wenn er die Zeichnung gesehen hat, die, nach einem Graff'schcn Gemälde entworfen, auf uns ge kommen ist. Aber des Herrn Diakonus Leser waren gläubig und beugten sich willig vor jener „transscendenten Ventriloquenz, wodurch man cher glauben gemacht wird, etwas, das auf Erden gesprochen wird, käme vom Himmel". Lavater's Worte fielen auf einen fruchtbaren Boden, und wenn Lichtcnberg erzählt, im Sommer 1777 sei Nieder sachsen „von einer Raserei für die Physiognomik befallen" worden, so wird man diese Mittheilung für ganz Deutschland gelten lassen dürfen. Das Avertissement, das in deutscher und französischer Sprache ausgegeben ward, fand aufmerksame Leser, und alsdann der erste Versuch 1775, 38 Bogen stark, erschien — 3148 Thlr.4Gr. (5000 Gulden) sind Lavater hierfür als Honorar und außerdem 283 Thlr. 8 Gr. (100 Dukaten) als Douceur gutgebracht—, so fand er auch viele Käufer trotz des beträchtlichen Preises von 18?h Thalern. Schon im nächsten Jahre folgte der zweite Band, 38U Bogen umfassend. Dafür erschienen auf Lavater's Conto 8300 Gulden, wofür wie beim ersten Bande dem Verfasser die Kupfer zu beschaffen überlassen blieb. Die Auflage war, nach der Druckrechnung des ersten Bandes, nur 500 Eremplare. Aber auch den begeistertsten Freunden Lavater'scher Physio gnomik mochte es nicht erwünscht sein, daß sie für den zweiten Versuch nun gar 24 Thaler bezahlen sollten. Dazu kam noch die kühne Er wägung, daß dieser Versuche ein Ende nicht abzusehen war. Also wurden unter dem begreiflichen Einfluß verschwindender Dukaten die Abonnentenängstlich, dieSubscribentensammler, unterihncn der eben genannte zweite Schweizer, Zimmermann, waren das Echo ihrer Auftraggeber und führten in Leipzig und Winterthur Klage über hohe Preise und zu große Fülle des Gegebenen. Aber wie ungerecht zunächst, das Werk theuer zu finden! „Um von der Billigkeit desselben richtig zu urtheilen, muß man sich die Mühe nehmen, den ganzen un endlichen Detail bei einer solchen Unternehmung zu durchschauen; sonst kann man sich keinen Begriff machen von den unzähligen un sichtbaren Ausgaben des Verfassers und der Verleger. — Um nur einige von vielen anzuführen — man denke sich: „Das große Capital, das erfordert wird, und die Zinsen, die dasselbe abwirft. „Die unzähligen tnux-krais und Postgelder, die Bestellung und Hin- und Hersendung aller Zeichnungen, Probedrücke, Tafeln an so viele und von so vielen entfernten Orten. „Unzählige fehlgeschlagene, unbrauchbare,ckostbare Zeichnungen und Platten. „Die Fracht der Kupferabdrücke, die an verschiedenen entfernten Orten gemacht werden mußten. „Die Reisen, die von Zeichnern erpreß gemacht werden mußten. „Die viel geringere Anzahl der Abdrücke mancher Tafeln, als die Arbeiter möglich zu machen versprochen. Den erstaunlichen Risque, wenn nur hundert Eremplare Zurückbleiben re." Und für ängstliche Seelen, die eine ungemessene Anzahl von weiteren kostbaren Versuchen drohen sehen, mag zur Beruhigung dienen, daß der Verfasser, wiewohl er Stoff und Vorrath für acht Bände hätte, dennoch entschlossen ist, alles so nahe wie möglich zu- sammenzudrängen. Er „wird also nur noch zween, oder wenn viel, drei starke Bände liefern, die an Inhalt, Reichthum, Mannich- faltigkeit, Güte der Kupfer und des Textes die beyden ersten noch weit übcrtreffcn sollen. „Der dritte Band, der G. G. auf Ostern 1777 fertig werden soll, wird wenig allgemeine Abhandlungen, desto mehr Tafeln und Beurtheilungen enthalten — hundert Tafeln und ebenso viel Vi gnetten wenigstens — und dennoch nicht höher als 35 fl. oder 23 Thlr. 8 Groschen (wofern er nicht mehr als 100 Tafeln ent hält) zu stehen kommen. „Der vierte Band auf Ostern 1778, der meistens Ideale und viel allgemeine Abhandlungen und weniger Tafeln enthalten wird, soll nicht über 30 fl. oder 20 Thlr. kommen. „Endlich verspricht man einen besondern Theil von wenigstens 100—150 Tafeln, bloßer Umrisse und significativer(?) Linien— das Resultat des Ganzen, Abstractionen, Regeln, Maßstäbe, das Schwerste! Das Wichtigste! Der Geist, die Summe des Vorigen, und mehr. Dieser Theil kann als ein besonderes Werk angesehen werden. Man kann den Werth desselben noch nicht bestimmen. Nur dieß, die, so das ganze Werk haben, werden ihn um einen Ouart wohlfeiler haben, als die so ihn besonders nehmen. Erstere aber sind nicht gebunden ihn zu nehmen." Solchergestalt glaubte Lavater in einer Nachricht seine Gönner beruhigen zu sollen. Fein säuberlich schrieb er nieder, was er für passend erachtete, und sandte es nach Leipzig. Aber der grausame Reich schonte den Entwurf des Freundes nicht, sondern begann stark zu corrigiren. Namentlich, daß ein fünfter Band noch am Horizont aufstieg, mochte ihm wenig behagen. Also strich er jene erste bezügige Stelle, und dann den ganzen Schluß, der in seinen abgerissenen, unvollkommenen Sätzen und Ausrufungszeichen ein gutes Beispiel Lavater'scher Schreibart bildet. Und an die Stelle des „Schwersten, des Wichtigsten, des Geistes, der Summe des Vorigen und mehr" setzte der würdige Philipp Erasmus, zum guten Abschluß der vier Bände: „und so werden wir dann das erfüllet haben, was das Publicum erwartet, was wir versprachen, und was wir hier zur Ein sicht und zur Beruhigung eines jeden aufs neue versprechen". In der That fand mit dem vierten Versuche das ganze Unter nehmen sein Ende, auch ward der Gedanke, einen Auszug aus dem großen Werk sowie eine französische Ausgabe zu veranstalten, zunächst zurückgelegt und später ohne die Leipziger Firma ins Werk gesetzt. Auch diese „Seuche" erlosch allgemach, jedoch nicht ohne verschiedene Spuren in dem Hauptbuch von Weidmanns Erben und Reich zurück zulassen. Die Abrechnung mit Steiner und Co., mit Lavater, mit den Subscribentcnsammlern warf ihre Schatten weithin, diese finden sich auch in den alten Briefen, vornehmlich in denen des hannövcr- schen Leibarztes — Zimmcrmann erhielt 10 A> vom Ordinärpreis der durch ihn untergebrachten Eremplare — deren ohnehin für uns schon reichlicher Ballast durch sie unlieb vermehrt wird. Auch über den Absatz der beiden betheiligten Firmen wird Buch geführt, nicht eben sehr zierlich und übersichtlich, denn dem alten Reich kam ez 497"
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