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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.08.1892
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1892-08-29
- Erscheinungsdatum
- 29.08.1892
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- Deutsch
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5038 Nichtamtlicher Teil. ^ 200, 29. August 1892. Litteratur sei, schon im allgemeinen Vorsicht geboten, so ist für den Buchhändler doppelte Vorsicht nötig. Denn weitaus die Mehrzahl der Buchhändler ist nicht in der Lage, sich einen Kundenkreis zu suchen, der in seinen Anschauungen mit den eigenen Anschauungen des betreffenden Buchhändlers, also auch mit denjenigen über das Sittliche und Unsittliche, übereinstimmt. Der pietistische Sortimenter wird in die Lage kommen, Werke von anerkannten Freigeistern, also nach seiner Ansicht unsittliche oder mindestens »anstößige« Werke, der sreigeistige, Werke ortho doxer Richtung für einen Kunden beziehen zu müssen. Ein Buch. Händler, der »och gestern einen Prospekt über ein Buch zornig zer rissen und in den Papierkorb geschleudert hat, kann morgen schon von einem Kunden, der das Buch angekündigt gesehen hat und dasselbe für durchaus nützlich erachtet, in die Lage versetzt werden, das nach seiner Meinung unsittliche Buch beziehen zu müssen. Aus derartigen Erwägungen folgt, daß der einzelne Sorti menter und ebenso der Buchhandel insgesamt in seinen Urteilen von moralischen Gesichtspunkten aus sehr vorsichtig sein muß, Sonderanschauungen einzelner oder auch einer Mehrheit, sogar einer sehr großen Mehrheit, über das, was unsittlich sei, keinen bestimmenden Einfluß ans seinen Geschäftsbetrieb einräumen darf, sondern sich sowohl bei der Charakteristik der unsittlichen Lüte- ratur als auch bei der Bekämpfung derselben an denjenigen all gemeinsten Grundsätzen genügen lassen niuß, welche von allen gebildeten Gliedern eines Kulturvolks ausnahmslos anerkannt werden. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte wird man schließlich für den Geschästsgebrauch des Buchhändlers zu sehr einfachen Kriterien behufs genauer Bestimmung der »unsitt lichen Litteratur« kommen können. In den meisten Fällen wird man schon auskommen, wenn man an Stelle des Wortes »unsittliche« Litteratur die Bezeichnung »Schundlitreratur« substituiert, also ein litterarisches Erzeugnis, bei dem zweifelhaft ist, ob man es zur unsittlichen Litteratur rechnen soll, daraushin prüft, ob es einen Literarischen Wert an sich hat oder nicht. In das Kapitel der Schundlitteratur würden z. B. aus der Reihe der antisemitischen Schriften diejenigen Publi kationen fallen, welche schon durch ihre triviale Schreibweise einen unangenehmen Eindruck machen und sich außerdem aus allgemeines Verleumden beschränken, ohne irgendwie in eine sach liche Untersuchung einzutreten. Ferner würden hierher gehören alle Erzeugnisse, welche unter dem Deckmantel der freigeistigen Richtung sich lediglich in groben Ausfällen gegen das, was religiösen Menschen der verschiedenen Bekenntnisse teuer ist, er gehen. Bei Bildwerken würde man genau unterscheiden müssen, ob mit denselben ein höherer Kunstzweck verbunden ist, oder ob es lediglich Machwerke sind, welche auf die lüsterne Phantasie gewisser Kreise spekulieren. Bei Büchern über das Geschlechts leben endlich, ohne Zweifel eins der umstrittensten Gebiete, wird man unbedenklich verwerfen können alle jene Machwerke, welche obscöne Schilderungen bieten, die Phantasie reizen und unlautere Gedanken rege machen, ebenso diejenigen Machwerke, welche ihrem Inhalte nach zwar nichtssagend und darum auch unschädlich sind, sozusagen als Makulatur sich darstellen, aber in ihrem Titel oder der Form ihrer Anpreisung den Anschein eines »pikanten« Buches behufs Absatzes in gewissen Kreisen zu er wecken suchen. Dagegen jedes Buch über das Geschlechtsleben überhaupt als »unsittlich« oder »sittlich anstößig« zu bezeichnen, wäre eine Vermessenheit. Denn das Geschlechtsleben ist eine notwendige und hochwichtige Belhätigung des Lebens und darum an sich nichts Gemeines oder Unsittliches. Rur der Kulturmensch macht es oft gemein, läßt es entarten und würdigt es und damit auch sich selbst herab. Aus dem Sumpfe dieser Herabwürdigung erwächst dann einerseits eine frivole Litteratur, die von gewissen Kreisen mit schmutziger und entarteter Phantasie mit Behagen gelesen wird, auf der anderen Seite jene Prüderie, die errötet, wenn es gilt, irgend ein Kapitel aus diesem hoch wichtigen Gebiete ernsthaft zu erörtern. Ernste Belehrungen über das Geschlechtsleben sind für den Erwachsenen und ebenso auch für das Heranwachsende Geschlecht so notwendig wie alle anderen Belehrungen über Bau, Leben und Pflege unseres Körpers, ja vielleicht noch notwendiger, weil keine andere Lebensbethätigung so leicht auf Abwege gerät wie diese, und weil Versündigungen auf diesem Gebiete die gefährlichsten Folgen für das Einzelwesen und für das Menschengeschlecht, dessen Fortbestehen auf der Er haltung der geschlechtlichen Gesundheit der Einzelnen beruht, nach sich zu zrehen pflegen. Aus diesen Gründen darf ein Buch, das dieses Gebiet in sachgemäßer, ernster Weise behandelt, unter keinen Umständen zur »unsittlichen Litteratur« gerechnet werden. Um unsere Ansicht nochmals kurz zusammenzufassen: Wir meinen, es liegt nicht im Interesse des Buchhandels und auch nicht in der Kompetenz des Buchhändlers, sich zum Richter aufzuwersen in Fragen, die, wie die Frage was »unsittlich« sei, stark umstritten sind und deren voreilige Entscheidung von tief einschneidenden Folgen für das gesamte öffentliche Leben werden kann. Der Buchhandel sollte sich darum bei einer beabsichtigten öffentlichen und planmäßigen Ausscheidung der »unsittlichen Litteratur« aus dem Büchermärkte auf diejenigen Fälle be schränken, bei denen es sich offenkundig nur um Ausbeutung der korrupten Phantasie und der sinnlichen Begierde handelt und wo irgend ein Zweifel über Natur und Zweck solcher Schmutz- bezw. Schundware bei niemandem besteht. Daß Einzelne weiter gehen, ihren individuellen Anschauungen entsprechend den Kreis der sittlich unanstößigen Litteratur enger ziehen, kann selbstredend nicht verwehrt werden. Die Hauptsache ist nur, daß man nicht den Versuch macht, derartige Anschauungen einer kleineren oder größeren Minderheit weiteren Kreisen als Richtschnur moralisch auszuzwingen. Damit schließe ich meine Ausführungen. Es wird mich freuen, wenn diese Zeilen zur Klärung der aufgeworfenen Frage ein weniges beitragen und vor allem den Buchhandel von der Notwendigkeit eines vorsichtigen, besonnenen Vorgehens bei der Ausscheidung der unsittlichen Litteratur aus dem deutschen Büchermärkte überzeugen. 8. Vermischte». Buchhändler-Verband für das Königreich Sachsen. — Die Mitglieder des Buchhändlcrverbandes für das Königreich Sachsen werden am Sonntag den 11. September d. I,, mittags 12 tthr, im Gartensache des Wiener Gartens in Dresden-N., an der Augustus- brücke, zu ihrer diesjährigen Hauptversammlung zusammentreten. (Vgl. die Bekanntmachung in Nr. 195 d. Bl.) Sächsisch-Thüringischer Buchhändler-Verband. — Die diesjährige ordentliche Verbandsvcrsammlung des Sächsisch-Thüringischen Verbandes wird am Sonntag den 11. September, mittags 12 Uhr, in Wittenberg in einem Saale der dortigen Loge stattfinden. (Vgl. die Bekanntmachung in Nr. 196 d. Bl.) Deutsches Buchgewerbe-Museum. — Neu ausgestellt ist die soeben erschienene siebente Lieferung von Max Junghändel, die Baukunst Spaniens in ihren hervorragendsten Werken (Dresden, Gilbers'jchc Kgl. Hof-Verlagsbuchhandlung I. Blcyl). Das Werk, das ursprünglich auf sechs Lieferungen berechnet war, wird acht Lieferungen umfassen. In der vorliegenden siebenten Lieferung sind eine Reihe vor trefflicher Ausnahmen nach Bauten Granadas, Sevillas, Avilas, des Escurials rc. enthalten. Ganz besonders machen wir auf einen mit- ausgejielltcn, noch nicht vollendeten Probedruck, die Reproduktion einer Chromolithographie nach G. Simoni aufmerksam. Die »Allgemeine Zeitung». — Die Münchener -Allgemeine Zeitung» bringt am Kopfe ihrer Nr. 236 vom 25. August folgende Erklärung. Das -Wiener Fremdenblatt- läßt sich aus Stuttgart schreiben: -Das Hauptblatt der Allgemeinen Zeitung werde vom 1. Oktober ab in Berlin erscheinen, die Beilage dagegen nach wie vor in Stuttgart verlegt werden; die Zeitung solle von einem Konsortium subventioniert werden, das aus einem dem früheren Reichkanzler nahestehenden Bankier und einem hohen adeligen Herrn bestehe.»
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