Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.08.1892
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- 1892-08-08
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- 08.08.1892
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4634 NtchtamtUcher Teil. HS 182, 3. August 1892. desselben findet. Er sucht in diesen Gesetzgebungen gemeinsame Gesichtspunkte und verwandtschaftliche Beziehungen zur Theorie des Urheberrechtes, und er erklärt aus dem Entwicklungsgänge, den das Recht in den verschiedenen Staaten genommen hat, seine Verschiedenheit, die aber nur scheinbar ist. Es sind gleichsam nur die Aeste eines Stammes, den er in seiner Form und mit seinen Wurzeln dem Leser vor Augen führt. Es darf eine Kunst genannt werden, mit welcher prägnanten Kürze und welchem Auswande an Forschungsfleiß sich der Verfasser dieser Ausgabe entledigt hat. Auf den Raum von siebenundfünfzig Seiten drängt der Autor die Entwicklungsgeschichte des Urheber rechts in den genannten drei Staaten zusammen, und wenn es auch nur Bekanntes ist, was er uns vor ührt, so verdient doch die geschickte Gruppierung, die anschauliche Schilderung alles Lob. Der Autor kommt zu dem Ergebnisse, daß eS an einer Definition für das zum Schutze der Autoren geschaffene Recht noch fehle. Diese Definition zu liefern und das Rechtsgebiet genau und er schöpfend zu begrenzen, ist die Aufgabe, die er sich im zweiten Teile seines Werkes gestellt hat. Es ist schwer, im engen Rahmen einer Besprechung die Theorie mit ihrer Begründung wiederzugeben. Als Grundlage des Urheber rechtes sieht der Verfasser den Jndividualschutz an. Ein Geisteswerk stellt die Individualität des Urhebers dar; die Rechtsordnung gewährleistet Jedem Freiheit in der sozialen Be- thäligung seiner Persönlichkeit und Unantastbarkeit seiner Indi vidualität; folglich muß auch die im Geisteswerke ausgedrückte Individualität des Urhebers geschützt werden. Ein Geisteswerk hat aber die Bestimmung auf Andere zu wirken. Zu diesem Zwecke müssen Wiederholungen des Werkes geschaffen und diese verbreitet werden; dadurch gewinnen die Geisteswerke eine wirt schaftliche Bedeutung, sie werden Güter. Der Urheber schafft in seinem Werke ein Gut. Osterrieth fordert deshalb aus den selben praktischen und rechtsphilosophischen Gründen, aus denen die Lehre von der Unverletzlichkeit des Eigentums ruht, auch Unverletzlichkeit der Werke des Urhebers. Urheber ist, wer durch seine individualisierende Thätigkeit ein Geisteswerk geschaffen hat; Geisteswerk ist das in äußere Erscheinung getretene Produkt der individualisierenden Thätigkeit. Es ist interessant zu beobachten, wie der Verfasser, weit entsernt von Proudhou'scher idealisierender Schilderung, im Ur heber durchaus keinen mit besonderen Fähigkeiten, Rechten oder Pflichten ausgestatteten Menschen sieht, sondern einen Bürger wie jeder andere, der Schutz seiner Person verlangt wie jeder andere, Güter schafft wie jeder andere und im Genüsse dieser Güter ebenso geschützt sein will wie jeder andere. Das Urheberrecht sollte deshalb nicht Gegenstand eines besonderen Gesetzes sein, sondern im allgemeinen Rechte seinen Platz finden. Der Jndividualschutz und die strafrechtlichen Folgen der Ver letzung des geistigen Eigentums gehören in das Strafgesetzbuch, und das geistige Eigentum wäre als Unterabteilung der Eigen- rumslehre in das bürgerliche Gesetzbuch auszunehmen. Was die Beziehungen des Urhebers zum Verleger betrifft, so drückt sich der Verfasser (Seite 88) folgendermaßen aus: »In haber des geistigen Eigentums ist der Urheber oder sein Rechts nachfolger, der Urheber kraft seiner Urheberschaft, der Rechts nachfolger durch Uebertragung unter Lebenden oder von Todes wegen. Der Besteller ist nie Eigentümer aus eigenem Recht. Entweder die Bestellung bezieht sich nur auf das körperliche Werk (Porträt), dann bleibt das Geistesgut beim Autor; oder die Bestellung ist auf das Geistesgut gerichtet (für einen Verleger), dann liegt nicht der Kauf einer zukünftigen Sache, sondern die vertragsmäßige Pflicht zur Uebertragung des geistigen Eigentums vor.« Es ist hier nicht möglich, alle die Folgen darzulegen, die der Verfasser aus seiner Theorie -- Anwendung des realen Eigen tumsbegriffes auf Werke des Urhebers — zieht. Nur einen Punkt will ich näher beleuchten und mir erlauben, dem Ver fasser entgegenzutreten. Selbstverständlich mußte er, da er in Geisteswerken nur Güter im volkswirtschaftlichen Sinne sieht, auch zur Schlußfolgerung gelangen, daß der Schutz des geistigen Eigentums zeitlich unbeschränkt ist, da ja auch für das Eigentum an materiellen Gütern keinerlei Zeitgrenze festgestellt ist. Ich habe bereits an anderer Stelle nachgewiesen*), daß es ein ewiges Eigentum an materiellen Gütern nicht giebt, da irdische Güter keine Ewigkeit vertragen, sondern zu Grunde gehen; wo dies aber nicht der Fall ist (wie bei Bodenbesitz), erfordert das Gut stets neue Aufwendungen an Kapital und Arbeit, wenn es für seinen Besitzer fruchtbringend sein soll. Wenn es also faktisch ein »ewiges Eigentum« in der materiellen Güterwelt nicht giebt, so schließt dies nicht aus, daß die Theorie des ewigen Eigentums für Güter in Anspruch genommen wird, die sich ewig erhalten können; diese Theorie müßte also der Beweisführung Osterrieths zufolge aus das geistige Eigentum Anwendung finden. Aber — »grau ist alle Theorie«, und ich glaube Nachweisen zu können, daß auch die obige Theorie das »Grün« des goldenen Lebens baumes nicht vertragen kann. Man darf Rechtsgrundsätze nicht als mathematische Formeln behandeln. Die Formel 2x2 — 4 wird für alle Zeiten und alle Völker, die Zählen gelernt haben, unverrückbar bleiben. Eine solche absolute Stabilüät ist bei keinem Rechtsgrundsatze nach zuweisen. Osterrieth sagt selbst.(Seite 87), daß sich das römische Recht überlebt habe und es an der Zeit sei, »ein den heutigen sozialen und wirtschaftlichen Anschauungen entsprechendes modernes Recht und moderne Rechtsbegriffe zu schaffen«. Man sehe nun, wie sich die moderne Rechtsanschauung zur Forderung des ewigen Schutzes des geistigen Eigentums verhält. Ich will dabei jene Einwendungen, die Osterrieth selbst schon wiederlegt hat (das angebliche Recht der Allgemeinheit auf die Geistes schätze der Nation, die Allgemeinheit als ursprüngliche Besitzerin der vom Autor zum Ausdruck gebrachten Ideen rc.) gar nicht in Betracht ziehen. Unsere Zeit kann man das Zeitalter der Arbeit nennen. Bei allen Kulturnationen bricht sich der Grundsatz Bahn »kein Recht ohne Pflicht«. Es ist der höchste Triumph unserer Kultur welt, daß man erst infolge treuer Pflichterfüllung durch Arbeit Rechte erlangt, deren Besitz Güter verschafft, die das Leben an genehm machen können. Wer ein Vermögen erbt, wird es nicht wieder seinen Nachkommen vererben können, wenn er sich nicht bemühte, es durch Arbeit zu erhalten. Bei der Vererbung des geistigen Eigentums verhält es sich anders. Die Nachkommen eines Urhebers erben Rechte, zu deren Inanspruchnahme keiner lei Arbeit, keinerlei Fähigkeiten nötig sind. Sie nehmen nur, ohne das geringste dafür zu geben. Dies widerstreitet den modernen Rechtsanschauungcn, was ich noch an einem Beispiele veranschaulichen will. Mir ist eine Persönlichkeit in Deutschland genannt worden, die angeblich in der Lage sein soll, ihre direkte Abstammung von Martin Luther nachzuweisen. Dieser Nachkomme soll im Besitze alter Urkunden, angeblich noch nicht aufgehobener Privilegien sein, welche ihm den Urheberrechtsschutz an der Bibelübersetzung ge währen. Angenommen den Fall, es verhielte sich dies wirklich so und das Privilegium wäre (was bei der Art der Vergebung von Privilegien allerdings undenkbar) dem Urheber erteilt worden, so hätte der Mann Anspruch aus das Autorhonorar für alle Bibelausgaben in der Uebersetzung Luthers. Er würde Millionen einheimsen, bloß deshalb, weil er ein Nach komme Luthers ist; er selbst würde für diese Millionen keinerlei Leistung bieten. Es bedarf wohl keiner Versicherung, daß dies als größte Ungerechtigkeit empfunden werden würde; denn das Recht ist nicht, wie bereits erwähnt, unbeugsam wie eine mathe matische Wahrheit. *) Siehe St reißt er, das Recht für Urheber rc. II. Bd. S. XV- (Leipzig 1890), auch im Börsenblatt Jahrg. 1890 Nr. 267.
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