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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.07.1892
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 18.07.1892
- Sprache
- Deutsch
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164, 18. Juli 18S2. Nichtamtlicher Teil. — Sprechsaal. 4267 Mitau (vgl. Börsenblatt Nr. 163) auch an dieser Stelle aufmerksam zu machen, und halten eS für unsere Pflicht, diesem Verlangen hiermit ge wissenhaft nachzukommen. Persoualnachrichten. Gestorben: am 15. Juli im ncunundsiebzigsten Lebensjahre Herr Joh. Hein rich Gustav Harneckcr scn., der Gründer und langjährige Leiter des angesehenen Hauses Gustav Harnecker L Co. in Frank furt a/O. In dem Verstorbenen ist dem Buchhandel ein hoch- ehrenwerter, lieber Genosse entrissen worden, den er mit berech tigtem Stolz zu den Seinen zählen durfte. Vor zwei Jahren hatte der Hochbetagte die Freude, die fünfzigste Wiederkehr des Gründungs tages seines Geschäftes begrüßen zu dürfen, einen Tag, an dem er nach fünfzigjährigem Besitz des Bürgerrechts zugleich von seiner Stadt Frankfurt und aus weiten Kreisen der Freunde und Be- russgenossen mit aufrichtigen Beweisen allscitiger Liebe und Hoch achtung geehrt wurde. Seine buchhändlcrische Laufbahn umfaßt beinahe zwei Menschenalter, während deren er mit unablässiger Sorgfalt und Hingebung in seinem Berufe arbeitete. Der Er folg entsprach seiner unermüdlichen Thätigkcit, so daß er im Alter mit Befriedigung auf die Arbeit seines Lebens zurückblicken durfte. Ehre seinem Andenken! ^ Sprechsaal. Die ethische Bewegung in Deutschland nnd der Buchhandel. Vor der Hauptversammlung am 15. Mai 1892 hat aus den Worten des Herrn Boysen das gute Gewissen des deutschen Buchhandels ge sprochen, und sein Protest gegen das unwürdige Angebot obscöner Mach werke in Wort und Bild darf wohl als der Ausdruck eines in unserem Stande vorherrschenden Unwillens gelten. Die deutschen Buchhändler wollen in der Mehrzahl zweifellos den selben Zwecken dienen, der Verbreitung des Wissens, der Pflege des Schönen und des Guten. Wer darauf ausgeht, in seinem geschäftlichen Betrieb die niedrigen, die unsittlichen Triebe auszubeuten, kann nicht als ein vollwertiger Genosse unseres Berufes angesehen werden. So dürfte sich dann das deutsche Buchhändler-Gewissen in jenen Worten, deren Zorn nur gegen erotischen Unfug gerichtet war, auch kaum er schöpfend ausgesprochen haben. Es gereicht nicht allein zur Schande, seinen Erwerb aus geschlechtlichen Verirrungen zu ziehen, durch die Art seines Geschäftes geschlechtliche Sünden zu züchten, als nicht minder unsittlich muß die Ausnützung aller anderen, vom sittlich reifen Menschen verworfenen Triebe verurteilt werden. In Dingen des Geschlechtslebens, welches die ganze Menschheit mit gleichen Interessen in Anspruch nimmt, ist das sittliche Bewußtsein in höherem Grade zur Klarheit gereift, als in den meisten anderen sitt lichen Fragen. Auch für unseren Stand dürfte dies zutreffen; denn sonst wäre es nicht möglich, daß selbst in unserem amtlichen Organ, dem Börsenblatte, die Grenze zwischen dem Sittlichen und Unsittlichen in außcrgcschlecht- lichen Angelegenheiten nicht mit genügender Schärfe gezogen wird. Hiermit, das sei ausdrücklich betont, soll nicht der leiseste Borwurf gegen den unanfechtbar guten Willen der Leitung erhoben werden, die sich nur, genau wie es im allgemeinen liegt, in solchen Fällen in ihrem sittlichen Bewußtsein nicht berührt gefühlt hat. Deutlicher als umständliche Erörterungen mag dafür ein Beispiel sprechen. Gegen einen Berliner Waffenfabrikantcn jüdischer Abstammung wird öffentlich der Vorwurf erhoben, er habe in Ausführung einer jüdischen Verschwörung durch absichtlich schlechte Ausführung der ihm vom Staate übertragenen Lieferungen ein Verbrechen gegen die Sicherheit desselben begangen. Wie zu allen Ereignissen des Lebens kann man dieser Anklage gegenüber drei verschiedene Standpunkte cinnehmen, einen gleichgiltigen, einen zustimmendcn oder einen ablehnenden. Da cs sich um eine Gefahr für die Sicherheit des Vaterlandes handelt, ist eine gleichgiltige Betrachtung ohne weiteres zu verwerfen. Aber mag man als ziel- bewußter Antisemit an die Thatsache solcher Schlechtigkeit glauben, oder will man deren Möglichkeit, von entgegengesetzter Ansicht durchdrungen, entschieden verneinen, immer handelt es sich um eine Gedankenreihe tief betrübender Natur. Dieselbe zum Thema einer Tanzmusik zu machen, dieses in Tanzmusik gesetzte Thema als Handelsartikel zu vertreiben, beides setzt eine seltene Rohheit sittlicher Begriffe voraus. (Inserat 25614 in Nr. 145 vom 25. Juni 1892.) Wer, ein Leichenbegängnis begleitend, laut einen Gassenhauer sänge, der würde von fühlbarer Zurechtweisung bald belehrt werden, wie sich das sittliche Bewußtsein der Umgebung gegen sein Verhalten empört. Es ist mit Bestimmtheit anzunchmen, daß es vielseitig bedauert worden ist, daß solche Gesinnung in unserem Börscnblattc unbeanstandet Auf nahme fand, ein Bedauern, aus welchem ebenso, wie aus den Worten des Herrn Borsten das gute Gewissen unserer Berufspflicht redet. Jeder kaufmännische Stand dient der Bedürfnisbefriedigung der menschlichen Gesellschaft; der unsere aber hat vor allen anderen die vornehme Aus gabe, nur guten und gerechten Ansprüchen seine Dienste zu leihen und allen schlechten und ungerechten Bestrebungen die Mitwirkung zu verweigern. Wenn hiergegen, was sicher erwartet werden darf, von zuständiger Seite kein gewichtiger Einwurf erhoben wird, dann soll der deutsche Buchhandel im Kamps gegen das sittlich Verwerfliche überall mit ganzer Kraft geschlossen für alle Bewegungen cintrctcn, welche aus die Förderung der Sittlichkeit, des höchsten Gutes der Menschheit, ge richtet sind. Besonders aber muß dieser Anspruch in einer Zeit gestellt werden, die mit wüsten Parteizwistcn aller Art das sittliche Bewußtsein in vielen Abstufungen bis zur völligen Ertötung trübt. Aus der Anzeige, durch welche die Dümmlcrschc Verlagsbuchhandlung in Nr. 144 des Börsenblattes vom 24. Juni von dem Erscheinen einer Broschüre unter dem Titel -Die ethische Bewegung in Deutschland- Kenntnis gicbt, dürften kaum alle Bcrufsgenosscn über die Tragweite der Bestrebung Klarheit gewonnen haben, die, eine Oase in der Wüste unserer Tage, auf Ziele hinweist, wie sie schöner und, was noch mehr sagen will, aussichtsvoller im Rahmen unserer Bcrufspflichten und in den Grenzen des Erreichbaren undenkbar sind. Es wird darin ausgeführt, daß auf Anregung des Professor Felix Adler, des Begründers der amerikanischen Gesellschaften für ethische Kultur, in Berlin eine Anzahl von Männern und Frauen zusammen- getretcn ist, sich in werkthätigem Leben der Förderung der rein sittlichen Begriffe zu widmen. Am klarsten erhellen die Absichten dieses Kreises aus den einleitenden Worten des Berichterstatters: -Die Genossenschaften für ethische Kultur wollen Genossenschaften des inneren Lebens sein, welche ihre tiefe Berechtigung darin sehen, daß sie nicht etwa innerhalb der großen Menichheitsbewegung einen neuen Wirbel subjektiver und trennender Gefühle und Mei nungen Hervorrufen, sondern das allen guten Menschen Ge meinsame zu wecken und zu stärken suchen. Im Sinne dieser Ausgabe befolgen die ethischen Gesellschaften das Prinzip umfassender Duldung aller religiösen Vorstellungen. Sie beschränken sich nicht darauf, den Nichtkirchlichen eine Weihe und eine soziale Stärkung ihrer Lebenssührung zu geben, sondern sie stehen allen denjenigen kirchlich Gesinnten offen, welche anerkennen, daß es etwas giebt, was unabhängig von jedem religiösen Bekenntnis die Herzen verbindet. Nur gegenüber der grundsätzlichen Intoleranz kennt die ethische Bewegung keine Duldung. Sie betrachtet denjenigen als einen Feind aller menschlichen Gesellschaft, der die sittliche Zuver lässigkeit und den sozialen Wert seiner Mitmenschen an ihren Glaubensvorstellungen mißt.» Licgt in diesen Gedanken an sich aucki nichts Neues, so ist doch die Absicht einer allgemeinen Bereinigung zum Verständnis und zur Pflege des Guten ohne jede Rücksicht auf religiöse Trennungen und ohne jede Beeinträchtigung oder Ausschließung religiöser Bekenntnisse, ein Samenkorn, das in unserer Zeit seinen richtigen Boden finden und zu einem weitverzweigten Baume auswachsen kann. Mit der wachsenden Klarheit im Begreifen des Guten soll allen, welche bewußt oder unbe wußt die Lehren einer Kirche verlassen, Ersatz geboten werden sür die verlorene, die mißachtete Religion. Auf der anderen Seite haben auch konfessionelle Bestrebungen durch ihre Teilnahme an dieser Pflege der allgemeinen Sittlichkeitsbegriffe sür sich nur Förderung zu erwarten. Wird die Klärung der sittlichen Begriffe als der Menschheit vor nehmstes Kulturzicl anerkannt, hält sich der Buchhande l in erster Reihe berufen, im Dienste dieses Zieles zu arbeiten, dann muß der jetzt noch kleine KreiS Berliner Menschenfreunde in unserem Stande in ganz Deutsch land, und wo deutsche Buchhändler wirken, treue und eifrige Helfer finden. Köln, im Juni 1892. Alex. Ganz. Erwiderung. Zu den Ausführungen des Herrn Alex. Ganz erwidere ich ganz kurz, wie folgt: Die Angelegenheit des -Berliner Waffenfabrikanten jüdischer Ab stammung» ist ganz gewiß sür unser Vaterland von höchst betrübender Natur. Man kann sie sogar, wenn man sich die letzten Konsequenzen überlegt, geradezu tragisch nennen, gleichviel ob man auf antisemitischem Standpunkt steht oder nicht. Ich gebe also an Ernst der Auffassung Herrn Alex. Ganz, der sich allerdings schon bis zu einer Lcichenbegäng- nisstimmung versteigt, wohl kaum etwas nach. Als deutscher Buchhändler lasse ich mir aber nicht einrcden, daß, wo ernste Tragik herrscht, nicht auch Humor sein dürfe. In den Dramen des Angelsachsen Shakespeare wechseln die schrecklichsten Er schütterungen mit Narrcnscenen von ausgelassenem Humor. Ich erinnere 579»
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