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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.10.1871
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- Erscheinungsdatum
- 16.10.1871
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- Deutsch
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3304 Nichtamtlicher Theil. 239, 16. Octobcr. hatte, so stand es jetzt — 1743 — in dem ehrwürdigen Alter von mehr als sicdenzig Jahren, und schon deshalb war ihm ein ferner weites beschauliches Leben in irgend einer stillen Ecke wohl zu gönnen. Also erhielt der Buchbinder den Auftrag, ein neues Haupt buch zu bauen, und er entledigte sich dieses Auftrags mit vielem Eifer. Zahlreiche Blätter reihten sich aneinander, schönes starkes Büttenpapier, und das Ganze zerfiel dann in zwei stattliche Folio bände. beide in gutes Leder gebunden und mit einigen Verzierungen passend versehen. Und dann druckte der kunstreiche Buchbinder einem jeden Bande in Goldschrift einen Titel auf, dem einen „Hauptbuch", dem andern „Buchdrucker-, Buchbinder-, Kupferstecherregister". Hierauf wanderteil die Folianten, welche fernerhin über das Soll und Haben der Geschäftsfreunde der Handlung Auskunft cr- theilen sollten, in die Hand des Weidmannschcn Bedienten. Bon diesen! ward fein säuberlich paginirt und übertragen aus dein alten Hauptbuch, was dort an weiterzuführendcn Conten oder an solchen sich vorfand, die noch nicht abgeschlossen werden konnten, weil die also Gebuchten in arger Herzensvcrhärtung bis dato ihre Schulden nicht hatten bezahlen wollen. Da waren unter Andern verschiedene Papiermacher, Herr Heyne in Leipzig, Herr Eckardt in Waldenburg, Herr Äirch in Schulpforte; Buckdrucker, Herr August Sainuel Cru- ciger und Herr Michael Henning in Leipzig, desgleichen Herr Jo hann Georg Schniebes daselbst; in Wittenberg aber druckte für die Firma, wenn auch nur vorübergehend, Herr Johann W. Bossögcl. Da waren außer einigen Wenigen, die kupferstachen und kupfer druckten, eine Anzahl Buchbinder und Corrcctoren unterzubringen, einige Spediteure und Bankhäuser verlangten vielen Platz und dann das ganze Heer alter Schuldner, blaues Blut und gewöhnliche Sterbliche in schöner Vereinigung, die alle von der Hand des Be dienten bequem in den Blättern sollten vcrtheilt werden: ein Chaos von Namen und Beschäftigungen voll seltener Langweiligkeit für den, der heute die Folianten durchmustert und nichts sieht als er ledigte Papier- und Druckaufträge, Bnchbindcrrccknungcn und Aehnlickcs, Zahlen und abermals Zahlen. Und doch lag der Gedanke nicht so fern ab, daß dieser wirre Stofs nur zu entwirre» sei, um interessant und culturgeschichtlich wcrlhvoll zu werden. Wenn es gelang, die einzelnen in den Büchern vertretenen Tätigkeiten — auch die des Schulden- machens — übersichtlich zu ordnen, so ward damit gewiß ein er wünschter Beitrag zur Geschichte deutschen Lebens geliefert. Also ging man daran, die Bücher genauer durchzusehcn, und es gestaltete sich wie die Erlebnisse eines ausführlichen Traumes. Mau nöthigtc die Papiermacher, die Buchdrucker und Buchbinder, die Künstler, Corrcctoren und Spediteure, die Autoren und alten Schuldner, zu sammenzutreten in Reih und Glied und alle mußten sagen, wann sie zuerst in das Hauptbuch der Firma gekommen waren. Die eigent lichen Geschäftsverwandten brachten auch ihre Rechnungen mit und gaben an, was sie geschrieben, gedruckt, gestochen, corrigirt oder ge bunden und was sie sich dafür hatten bezahlen lassen; einige holten aus ihren Taschen die alten Briefe hervor, die sie geschrieben, und in ihnen erwünschte Ergänzungen der Bücher. Und dann trat die ganze luftige Gesellschaft, die mau aus langem Schlummer aufgc- scheucht, ihren stillen Vorbeimarsch an, wie die Könige im Macbeth. Gruppenweise kamen sie heran, nach Jahren geordnet. Erst waren es schwache Häuflein, dann nahten ihrer mehr, und ihre Rechnungs papiere schwollen beträchtlich an; gehorsam kehrte dann wohl zu neuem Vorbeimarsch um, wer in später» Jahren nochmals anzu- trcten hatte. Und der würdige Sohn des hessischen Vogelsbergs, Philipp Erasmus Reich, stand dabei als Generalfeldmarschall, die Parade abzunehmcn. Als die Ersten des Zuges herankamen, war er noch ein junger Mann von 26 Jahren uud der Weidmannschcn Buchhandlung noch nicht angehörig. Die aber vom Jahr 1749 kannten den Trefflichen schon und seine Bedeutung. Von da a" mehrte sich der Haufe der Vorüberziehenden rascher, Männer d<F Wissenschaft und der sckönen Künste, Namen von gutem Klang kamen vorbei, den Geschäftsführer und dann den Mitbesitzer der nunmehr hundertjährigen Handlung begrüßend, wie ein Freund den andern Wohl begrüßt. Und so währte der Gcisterzug, bis die kamen vom Jahr 1787. Da endete diese nächtliche Heerschau mit dem plötz lichen Verschwinden des greisen Leiters der Firma. In diesem Jahre starb Reich. In Nachstehendem soll nun gegeben werden, was jener Zug dem Berichterstatter vertraut hat. Freilich, da mußte manches un verständlich und lückenhaft bleiben. Namentlich fehlten in der Ver sammlung die Autoren der ersten Jahre, und wenn dafür der Haufe schlechter Schuldner desto größer erschien, so konnte das wenig nützen. Denn, daß der Eine ohne Nachlaß gestorben war, der Andere bezahlt oder die Bücher, die man im Hauptbuch ihm belastet hatte, gar nicht wollte erhalten haben, das war nur die Variation eines zu aller Zeit von den Buckhändlcrn oft aber stets ungern ge hörten Themas. Und wie die Autoren fehlten, so gaben die andern Geschäftsfreunde der Handlung spärliche Auskunft. Dazu mangel ten Nachrichten aus der alten Correspondenz vollständig. So ist von den ersten Thcilen jenes luftigen Zuges dem Beschauer nur ein ganz allgemeines Bild geblieben, dessen Verschwommenheit man zu entschuldigen wissen wird. Als Herr Moriz Georg Weidmann starb, — so erzählt Reich's Biograph im Conversations-Lerikon, Neue Folge II. 1 — da war die Weidmannsch e Buchhandlung von ihrer Höhe bedeutend herabgcstiegen. Wodurch und in welcher Weise, darüber schweigt unser Bcrichrcrstatter, uud auch das Hauptbuch der Firma bleibt die Antwort schuldig. Vielleicht, daß die verlegerische Thätigkeit des alten Weidmann in der letzten Zeit weniger umfangreich und glücklich gewesen war als früher, denn allerdings, der Bediente, der die neuen Conten ein- richtetc, hatte die Buchdrucker und Papiermachcr bald untergebracht. Vielleicht auch, daß die Filialen in Schweden und Polen weniger er giebig waren als erwünscht, und daß dadurch ein ungünstiger Rück schlag auf das Hauptgeschäft nicht ausblicb. Immerhin erscheint das Geschäft als ein durchaus achtunggebietendes. Eine Reihe guter Verlagsartikel wurden, theils in neuen Auflagen, hinausgegeben, und brachten, wie Peplier's französische Grammatik*), stattlichen Gelvinn; Herr August Samuel Cruciger druckte des Herrn Or. Tcller's dritte Sammlung geistlicherReden, Wcrner's Himmclsweg, ein viclgelescnes und jetzt noch manchmal von der Firma verlangtes Erbauungsbuch (Auflage 2500 Er.), eine Ausgabe des Jsokrates und des Julius Cäsar. Mehr noch ist Herr Michael Henning für die Firma beschäftigt. Aus seinen Pressen geht Peplier's Gramma tik in einer Auflage von 2500 Eremplaren hervor, er druckt einen 13 Bogen starken „schwedischen Katechismus", von Herrn Heinrich Hessens Gartenbuch den dritten Theil, eines Werkes, dessen lang- ") Genauere Durchsicht des Hauptbuches ergibt, daß der schon oben erwähnte, für die Meisten nach ihm maßgebende Biograph Reich's nach zwei Seiten berichtigt werden muß. Er erzählt, daß Reich im Jahr 1756 als Factor in die Handlung trat und Kalo darauf Peplier's französische Grammatik für das Geschäft erwarb. An der Glaubwürdigkeit der ersten Behauptung läßt schon Schriftvergleichnng zweifeln. Die derbe, etwas breitspurige Hand, wie sie Jahrzehende hindurch die Thätigkeit Reich's in den! Hauptbuche darthut, findet sich schon vor 1750, wenn auch in den flüchtigeren und leichteren Zügen des jüngeren Mannes. Etwaiger Zweifel, der hier noch bleiben könnte, wird jedoch durch das Conto des Herrn Koch, Actnarius bei der Kaiserlichen Büchcrcommission in Frankfurt a. M. be seitigt. Auf dessen Haben bucht 1747 jene jugendliche Hand 18 Thaler, „Lotterieloose vor Reich". Reich war also 1747, ein Mann von 30 Jah ren, schon in der Handlung. — Peplier's Grammatik aber kommt bereits 1741 in den Druckrcchnnngen vor, und zwar als ein schon weitverbreitetes Buch in starker Auflage; 1746 erkält der ReichSkosrathsagc.it von Fercnau in Wien „piu taxa privüeisti über Iwplier« Orsmiimiro" 13 THIr. 8 Gr
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