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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.10.1871
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 09.10.1871
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- Deutsch
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Nichtamtlicher Thcil. 3207 233, 9. Oktober. milie Nöthige zu beschaffen, zu welchem Zwecke sie nach Paris in der Hoffnung ttbersiedelte, dort irgend eine Beschäftigung zu finden. Ein Unterkommen suchte sie namentlich auch für den ältesten Sohn, unfern Louis, zu jener Zeit noch ein Kind von etwa acht Jahren, welches von der Mutter, bis sie etwas Passendes gefunden haben würde, einstweilen in die neben der Kirche St. Sövcriu gelegene öffentliche Schule geschickt wurde, in derselben Gemeinde, ans wel cher am 9. August 1864 Louis Hachette's Leichnam in pomphaftem Zuge zur Beerdigung nach dem Kirchhofe übergeführt wurde. — Die Gelegenheit, den Knaben in eine bessere Schule zu bringen, fand sich bald; da aber die Mutter nicht im Stande war, das gefor derte thcnre Schulgeld zu erschwingen, so entschloß sich die brave Frau zur Annahme eines geringen und mühsamen Dienstes: sie wurde zweite Nätherin amLycenm „Louis-le-Grand" (damals Lyeöe impörial) und verschaffte ihren Kindern dadurch die Wohlthat eines unentgeltlichen, vortrefflichen Schulunterrichts; sowohl Louis, wie auch später der jüngere, Edouard Hachette (er starb im 20. Lebens jahre), wurden als Kostgänger in das Institut ausgenommen. Hier erwarb sich Louis bald die Achtung und Liebe seiner Mit schüler und schloß mit vielen Freundschaft, die später tüchtige und berühmte Männer wurden und als solche dem Jugendfreunde ihre Schriften in Verlag gaben. Hachette wurde 1819 zur Normalschule zugelassen, erreichte dort bald die erste Elaste und rang hier mehrmals bei Gramen mit namhaften Concurrentcn, wie George Farcy, Louis Quicherat, Göruzez, Bascou u. A., die er jedesmal glänzend über flügelte. Er besaß einen seltenen Drang nach Kenntnissen, verkürzte seine Nachtruhe, um zu lernen, und betrieb beispielsweise im Sommer schon um 4 Uhr Morgens regelmäßig seine Studien, wobei er mit Vorliebe sich den griechischen Tragödien und den neueren Sprachen, namentlich dem Englischen, zuwandte, sodaß ihm für seinen besonde ren Fleiß eine goldene Medaille als Belohnung zuerkanut wurde. Diese Normalschule wurde 1822 von der Regierung geschlossen, und Hachcttte, der sich nach dem in jener Zeit erfolgten Tode seines Va ters als Haupt der Familie betrachten durfte, begann nun durch Ertheilung von Privatunterricht für den Lebensunterhalt seiner An gehörigen zu sorge». Seine Verwandten mütterlicherseits stellten ihm ein kleines Capital zur Verfügung, mit dem er eine eigene Schule gründen wollte; er konnte hierzu aber nicht die nöthige Ein willigung der Behörden erlangen — vielleicht zu seinem Glück, denn schwerlich hätte Hachette als Schulvorstchcr der Wissenschaft so große Dienste leisten können, wie er als Buchhändler es gcthan hat. Nach dem Scheitern dieses Versuches, einen Beruf zu ergreifen, wandte sich Hachette dem Buchhandel zu und begründete 1826 in diesem Fache seine Selbständigkeit in den allerbescheidensten Anfängen, indem er mit dem ihm von seinem Onkel vorgestrcckteu Gelbe ein kleines, unbedeutendes Geschäft kaufte, welches ein gewisser Bredif im Erdgeschoß eines Eckhauses der Rue Pierre-Sarrazin betrieb. Brüdif hatte nur einen Verlagsartikel ,,1-as Oniilinuirss", übersetzt von Burnouf, die Sortimentsvorräthe waren ganz unbedeutend und die Kundschaft war sehr klein; trotzdem führte das Geschäft die stolze Firma „Inbrnirio olasoigus", ein Umstand, der den im Buch handel ganz unbewanderten Hachette irre führte und ihn einen sehr unvorthcilhaftcn Kauf abschlicßcn ließ. Er entdeckte die Täuschung und den Schaden erst als Besitzer, ging dann aber frischen Muthes an's Werk und faßte als wohlunterrichteter Mann und früherer Lehrer den Buchhandel von vornherein von höheren Gesichtspunkten auf, als sie häufig bei Buchhändlern maßgebend zu sein Pflegen, die oft in einem engen Kreise sich bewegen und die höheren Aufgaben des Buchhandels zu erkennen und zu erfassen nicht immer Geschick oder Lust haben. Der Verleger namentlich kann großen Einfluß ausüben auf die Entwickelung des Sinnes für Literatur, Kunst und Wissenschaft im Volke, er kann die allgemeine Bildung fördern, und so auch betrachtete Hachette die Aufgabe seines neugcwählten Lebens berufes; die Gründung einer Schule war ihm untersagt: „3o ssrai prolbssvur n mn mkmiöi-o", rief er aus, und wählte sich dem ent sprechend ein Motto ,,siv «punguo cloei'bo" — ein Spruch, dem er sein ganzes Leben hindurch treu geblieben ist. Indessen, sein Plan, gute Schulbücher zu verlegen, war leichter erdacht als auszuführen; mit größter Mühe nur setzte er seine ersten Verlagsuntcrnehmungen ins Werk, zuerst einige untergeordnete Elementar-Schulbücher, dann griechische, lateinische und französische Klassiker mit Anmerkungen und Erläuterungen, ferner Grammatiken und Wörterbücher und dergleichen. Seine ausdauernde Willenskraft aber und das Geschick, tüchtige Autoren zu finden, denen er die Ausführung seiner Pläne mit Er folg übertrug, überwanden endlich die Schwierigkeiten des ersten Anfangs, und nicht lange dauerte es, so begannen die Hachette'schen Schulbücher einen merkbaren Einfluß auf das in den Schulen ge bräuchliche Unterrichtsmaterial auszuüben. Der Absatz nahm grö ßere Dimensionen an, damit wuchs denn auch die Arbeitslast für den Unternehmer; Hachette sah sich deshalb nach einer zuverlässigen Hilfe um, die er nicht besser finden zu können glaubte, als daß er sich 1827 mit Fräulein Barbedienne, der Schwester eines früheren Schulfreundes vcrhcirathcte. Er gewann in ihr nicht nur eine Stütze für sein Hauswesen und die liebevollste Gattin, sondern seine junge Frau war ihm auch den Tag über im Geschäft der fleißigste Gehilfe, den er nur hätte finden können, sie stand ihm wacker zur Seite und war in geschäftlichen Angelegenheiten seine rechte Hand, — ein Ver- hältniß, wie es in Frankreich vielfach Sitte ist, das uns aber bis jetzt (zum Nachtheile mancher Frau, die sich gewiß gern in dieser Weise nützlich machen könnte und würde), fast gänzlich fremd ist. Da brach die Revolution im Jahre 30 los und die Straße, in welcher Hachette wohnte, war mehrmals der Schauplatz blutiger Kämpfe, au denen auch er sich betheiligte, getrieben von seinem glühenden Gefühl für jede große gerechte Sache, als welche er die Umwälzung seiner Zeit betrachtete; man sah ihn am 27. Juli unter den Belagerern des Gefängnisses „de l'Abbaie", wo er mit den Be wohner» seines Stadtviertels im heftigen Gewehrfcuer den könig lichen Truppen gegenüber muthig aushielt, und am folgenden Tage bethciligtc er sich mit au der Belagerung der Caserne de Babylonc, sich hierbei ebenfalls rühmlich auszeichuend. Dieses active Eingrei fen in die Ereignisse stellte er zwar bald ein, um seine geschäftliche Thätigkcit wieder aufzunehmen, hier aber warteten seiner nicht min der schwierige Kämpfe, wenn auch anderer Art, indem der allgenieine Nothstand, den eine so bewegte Zeit immer für die Gewerbtreiben- den zur Folge zu haben pflegt, seine junge Verlagshantlung ganz besonders schwer bedrückte. Er verlor jedoch den Muth nicht, und umging mit vielem Geschick die sich ihm entgcgenstcllenden Schwie rigkeiten, ja wußte sich die Zeitverhältnisse in mancher Weise nutzbar zu machen, sodaß er nicht nur nicht genöthigt war, seine Zuflucht zu den Darlehen zu nehmen, mit welchen derzeit die Regierung dem Handelsstande beisprang, sondern daß er statt dessen nur durch eige nen Credit und verdoppelte Anstrengungen den Erfolg hatte, nach gar nicht langer Zeit als ein hervorragender Industrieller zu gelten. Neben dem Geschäft hatte sich inzwischen auch seineFamilie erwei tert; seine Schwester, die schon nach einjähriger Ehe Wittwe gewor den war, nahm er zu sich, und auch sie wirkte, im Hauswesen wie im Geschäft, thätig mit; daneben trugen drei Kinder wesentlich zuv Vermehrung eines häuslichen Glückes bei, das sich immer freund licher gestaltete, als plötzlich 1832 die Cholera ausbrach und Hachette durch sie mit schweren Schicksalsschlägen heimgesucht wurde. Er verlor seine Frau durch den Tod, nachdem sie ihm Tags zuvor das vierte Kind geschenkt hatte, ein harter Verlust, der an Bitterkeit noch dadurch verschärft wurde, daß die ansteckende Krankheit fast. 457*
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