Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.02.1867
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 27.02.1867
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18670227
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-186702270
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18670227
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1867
- Monat1867-02
- Tag1867-02-27
- Monat1867-02
- Jahr1867
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
5^2 Nichtamtlicher Theil. 49, 27. Februar. „Isaak Heß, in dem denkwürdigen Jahre 1789 zu Lauchheim von jüdischen Eltern geboren, verlor, da er noch ein kleiner Knabe war, seinen Vater. Die Mutter, eine strengreligiöse Frau, hegte den sehnlichen Wunsch, dadurch, daß sie ihren Sohn dem Dienste der jüdischen Kirche weihe, ein gottgefälliges Werk ausführen zu können. Obgleich mittellos, brachte sie, von keinem Hemmniß ge schreckt, den 13jährigen Knaben, der zu Hause die Wohlthat eines geregelten Schulunterrichts nicht genossen, sondern nur Anleitung in> Studium des Talmuds und den rabbinischen Schriften erhalten hatte, i» die Rabbinenschule nach Fürth. Aber der rege, strebsame Geist des Jünglings ging nur widerwillig in dem engen Geleise, das ihm der Lehrplan in jener Schule anwies, er kehrte sich nicht an den Zwang, der zu jener Zeit noch aus Grund altrabbinischcr Anschauungeil den mosaische Theologie Studirenden in Betreff des Lernstoffs auferlegt war; nicht Warnung und nicht Strafen der Lehrer vermochten den jungenMann, den es nach Allgemein-Bildung gelüstete und dessen Wissensdurst an den specifischen Fachstudien nicht gesättigt wurde, von der Vertiefung in die profane Wissenschaft und Literatur abzuschrecken, welche von den damaligen Pflanzstätten mo saischer Gottcsgelehrsamkcit ausgeschlossen waren. Jene engherzige Lchrart, jener scholastische Geist mögen das Meiste dazu beigetragen haben, daß wir Heß nicht auf der eingeschlagenen Bahn zur Kanzel veiharrcn sehen. „Nachdem er eine Reihe von Jahre» an verschiedenen Orten als Hauslehrer thätig gewesen war und daneben auch, um sein Leben zu fristen, als Buchhalter in kaufmännischen Geschäften fungirt hatte, finden wir ihn im Jahre 1817 wieder in seinem Geburtsorte, wo er sich bald einen eigenen Herd begründete und durch ein kleines mit spär lichen Mitteln begonnenes Bücherantiquariat sich und seiner Familie eine Nahrungsguelle erschloß. Obgleich diese kärglich floß und ob schon Nolh und Sorge oft ungestüm an seine Thüre pochte, so faßte doch Heß, den das Vertrauen seiner israelitischen Ortsgenossen an die Spitze ihrer Cultusgemcinde gestellt hatte, mit freudigem Eifer die Ausgabe an, die Bildung seiner württembergischen Glaubens brüder und die Regelung der bürgerlichen Verhältnisse derselben nach Kräften zu fördern. Er wollte vom Grund aus aufbauen, und so suchte er zuvörderst Abhilfe für die Mängel des damals im Argen liegenden Schulunterrichts der jüdischen Jugend, der unter keiner öffentlichen Aussicht stand und von meist unfähigen, ungeprüften Lehrern crtheilt wurde. Er beschränkte sich nicht darauf, in der eigenen Gemeinde darauf hinzmvirken, daß die dortige» israeliti schen Kinder in die christliche Ortsschule cintrcten und so eines gere gelten Unterrichts theilhaftig werden, sondern er wandte sich, um für die sämmtliche jüdische Jugend des Landes in dieser Beziehung Heil zu schaffen, in einer diesenUebclstand nach allen Seiten gründ lich beleuchtenden Denkschrift an die Regierung mit Vorschlägen zur Abhilfe. Heß erhielt die Genugtbuung, daß bereits in dem Organi- sationsedicte vom 18.Novbr. 1817 die Einsetzung einer Commission für das israelitische Kirchen-, Schul- und Stistungswesen in Aus sicht gestellt wurde, eine Aussicht, die freilich erst geraume Zeit dar nach in Erfüllung gehen sollte. „Inzwischen war Heß nicht lässig in Verfolgung seines Zweckes; er faßte die Gründung eines über das ganze Land sich verbreitenden Vereins ins Auge, der unter Benutzung freiwilliger und der durch Rcligionsvorschrift gebotenen wohlthätige» Leistungen der Israeliten in das jüdische Schul- und Armenwesen Regel und Ordnung bringen sollte; und als im Jahre 1819 verlautete, daß die Regierung einen Gesctzesentwurf über die politischen und bürgerlichen Verhältnisse der Israeliten vorbereitete, zögerte Heß nicht, höchsten Ortes geltend zu machen, wie es im Interesse einer nach beiden Seiten gerechten und ersprießlichen Festsetzung des Rcchtszustandes der Juden im Lande j geboten sei, bei den Vorberathungen über diese Gesetzgebung auch erprobte Männer mosaischen Glaubens beizuziehe» oder doch deren Ansicht über den bezüglichen Entwurf zu vernehmen. Diesem An sinnen wurde seitens der Regierung entsprochen und Heß in die zu diesem Zweck aus Mitgliedern der letzteren sowie der Kammer und aus fünf Israeliten zusammangcsetzte Commission im April 1821 be rufen. Diesem Ruse folgte Heß mit heiligem Eifer; wußte er doch, daß ihm hierdurch die ersehnte Gelegenheit werde, zum Ausbau der seinen Glaubcnsbrüdern lange vorenthaltenen bürgerlichen Freiheit Bausteine herbeizutragen und seine, durch angestrengtes Rachsinnen und reiche Erfahrung gewonnene Ueberzeugung von den besten Mitteln zur Abstellung der obwaltenden Mißstände an maßgebender Stelle im Interesse des jüdischen und des staatlichen Wohls zu ver- werthcn. . . . „Wir müssen darauf verzichten, in den Spalten dieses Blattes dem vielseitigen Wirken von Heß für das Wohl seiner Glaubensge nossen vollständig gerecht zu werden. Ein Werk aber bezeichnet am glänzendsten die liebende Fürsorge, womit er seiner Religronsgenos- senjchaft anhing, eine Schöpfung sichert seinem Namen das segnende Andenken selbst der spätesten Geschlechter — wir meinen das jüdische Waisenhaus. Der Gedanke, daß die armen Waisen und verwahr losten Kinder mosaischen Glaubens, von der Staatsfürsorge ausge schlossen, Gefahr laufen, sittlich zu verderben und physisch zu ver kümmern, vergönnte ihm keine Ruhe; er wandte sich im Jahre 1830 um Hilfe an die Regierung, und da diese einer Verpflichtung zur Gründung oder Subvention einer israelitischen Waisenversorgungs anstalt sich erwehrte, so versuchte er es, seinem Plane aus dem Wege der Privatwohlthättgkeit Verwirklichung und Gestaltung zu verschaf fen. Trotz den sich entgegenstemmenben Schwierigkeiten gelang cs seiner unbeugsamen Energie, den Grund zu dieser philanthropischen Stiftung zu legen und derselben allerorten Freunde zu gewinnen.... „Heß, welcher im Jahre 1829 mit der Ernennung zum Dol metscher der ncuhebräischen Sprache geehrt worden war, suchte wenige Jahre nachher durch Bearbeitung eines Theils der christlichen Stun den der Andacht im Geiste des Judenthums der häuslichenErbauung seiner Glaubensgenossen zu Hilfe zu kommen; angefcuert durch die rechtliche Besserstellung der Israeliten, arbeitete er mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln auf die Veredlung und bürgerliche Würdig keit seiner Glaubensbrüder hin, und hatte rastlos sein Augenmerk darauf gerichtet, dem geläuterten religiösen Bewußtsein innerhalb seiner Kirche einen siegreichen Durchbruch zu verschaffen. Wo immer im Laufe der letzten Decennien sich Gelegenheit bot, die Gleichstellung der Juden mit ihren christlichen Mitbürgern um eine Stufe weiter zu fördern, wo die Gesetzgebung einen neue» Anlaus nahm, den Israe liten ihre Freiheit zu verbriefen, da stand Heß in der vordersten Reihe derer, die muthig und mit freudiger Ausdauer für ihr gutes Recht kämpften, sein Weiser Rath war ein Leitstern für die Streitge- nossen, er ging bahnbrechend voran, wenn auch die Schwierigkeiten wuchsen, je näher er dem Ziele kam, und obwohl er erkennen mußte, daß ernten beschwerlicher sei, als säen. Heß genoß aber noch das be glückende Vorrecht, die Saat, die er hatte ausstreuen lhelfen, i» vollen Aehren reifen zu sehen; er erlebte noch den Freiheits- Morgen seiner Glaubensbrüder in Württemberg, und die Waisen- anstalt, zu welcher er den ersten Grund gelegt, erfüllte, von dem Wohlthätigkeitsstnne ihrer vielen Gönner kräftig gestützt, vor seinen Augen ihre segensreiche Aufgabe. „Auch in seinem geschäftlichen Unternehmen, das er inzwischen von seinem Geburtsorte nach Ellwangen verlegt hatte, erreichte Heß sür sein angestrengtes Streben schließlich den verdienten Erfolg. Unter Sorgen und Mühen aller Art hatte Heß eine Reihe von Jah ren hindurch dem unansehnlich begonnenen Antiquariat einen Auf schwung zu verschaffen gesucht; seiner Sachkenntniß, seinem ange strengten Fleiß, vor allem aber seiner Redlichkeit und Zuverlässigkeit, gelang cs endlich, seinem Geschäfte eine geachtete Stellung im Buch handel zu erringen. Manchen kostbaren Fund verdanken wir seinem
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder