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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.12.1893
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- Erscheinungsdatum
- 07.12.1893
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- Deutsch
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Nichtamtlicher Teil. 7607 äk 284, 7. Dezember 1»S8. zu irriger Auffassung führen würde. Der Setzer sitzt vor ihr an einem Tastenbreit, ähnlich dem einer Schreibmaschine, das in sechs allmählich aussteigenden Reihen neunzig Tasten besitzt und links die Gemeinen, rechts die Versalien und in den Mittelreihen die Ziffern und Interpunktionen enthält. Oberhalb des Tastenbretts befindet sich der Matrizenbehälter, denn diese Maschine setzt nicht Typen, sonder» Matrizen, bei deren Nennung man indes nicht an die wohlbekannte Form der Matrizen unserer Schriftgießer denken darf; die Matrizen der Linotype sind länglich viereckige Messingstückchen von der genauen Dicke des Buchstabens, dessen vertieftes Bild sie auf der einen Längs- Schmalseite tragen, während die obere Schmalseite einen tiefen spitzwinkligen Einschnitt mit Führungszähnen, die untere nur einen Führungszapfen zeigt. Diese Matrizen werden an der unteren Seite des Behälters durch Auslösungswinkel sestgehalten; wird nun eine Taste des Brettes niedergedrückt, so öffnet ein den Druck vermittelnder Draht den Auslösungswinkel der ent sprechenden Matrize, diese fällt durch einen Führungskanal auf einen in schräger Richtung rotierenden endlosen Riemen und ge langt aus diesem in eine Art Winkelhaken, dem auch die Spatien aus ihrem besonderen Behälter durch Tastendruck zugcführt werden. Diese Ausschlußspalien überragen die Matrizen weit nach unten, sind keilsörmig und au der Längsseite mit einer Feder versehen; sie werden, wenn die Matrizenzeile nahezu voll ist, was ein Glöckchen dem arbeiteuden Setzer anzeigt, durch den Druck auf einen rechts am Tastcnbrette befindlichen Hebel in die Zeile geschoben und diese ist dann gußfertig. Das An sammeln der Matrizen erfolgt gerade vor den Augen des Setzers, der sie somit einer ununterbrochenen Kontrolle unter ziehen, falsche Matrizen mit der Hand leicht entfernen und durch richtige ersetzen kann. Ist die Zeile ausgeschlossen, so ist ihr Guß- und Ablegc- prozeß vom Setzer durchaus unabhängig, welcher, ohne sich im mindesten darum zu kümmern, ruhig weiter setzt. Die Matrizen zeile wandert selbstthätig nach links, stellt sich vor ein Gnßrad, hinter dem sich der mit Gas geheizte, das geschmolzene Schrift oder Stereotypmetall enthaltende Kessel befindet, in diesem steigt rasch ein Kolben nieder und treibt das Metall durch einen im Rade befindlichen, genau der Schristhöhe und dem Schriftkegel entsprechenden Einschnitt in die Matrizenzcile — die Linotype oder Buchstabenzeile ist damit fertig gegossen. Sie wird jetzt, ebenfalls vermittels des Mechanismus der Maschine, durch eine mit Schabmessern versehene Vorrichtung gedrückt, welche den Gußgrat entfernt, gelangt dann auf eine Art »Schiff«, wie sie in den Druckereien für den Zeilensatz gebräuchlich, und reiht sich hier in rascher Folge zur Spalte oder Kolumne eine der andern an. Während dieser Fertigmachprozeß vor sich geht, ist die Matrizenzeile nach oben in die Mitte der Maschine gewandert, wo sie von einem sich herabsenkenden Arme ergriffen wird, der unter gleichzeitigem Herausdrücken der Spatien, die ihrem Be hälter zueilen, sie bis zur vollen Höhe des Apparates empor hebt und einer über dem Matrizenbehälter befindlichen eisernen, mit Rippen versehenen Leiste zuschiebt. Auf diese Rippen reihen sich die Matrizen mittels ihrer bei allen gleichen Führungszähne auf, ihre andere Zahnung ist indes bei jeder verschieden, und dieser entsprechen die Rippen über der jeder Matrize zu kommenden Rinne des Behälters. Zwei Wurmradleisteu schieben die an der Rippenleiste hängenden Matrizen langsam nach rechts, und jede derselben löst sich und fällt in ihre Rinne, sobald ihre Zahnung den Rippen der Führungsleiste entspricht. Ihr Rund lauf ist damit beendet und kann aufs neue beginnen, sobald der Finger des Setzers die Taste berührt und damit ihre Hemmung öffnet. Das ist der Gang des Setzens, Gießens und Ablegens; man kann eine solche Maschine nicht arbeiten sehen, ohne den Scharfsinn zu bewundern, mit welchem sie ersonnen und kon struiert wurde. Der ganze Prozeß vollzieht sich mit einer er staunlichen Genauigkeit und Ruhe; ich habe im Oktober d. I. das Arbeiten an dieser Maschine in einer Londoner Druckerei wiederholt und lange beobachtet, ja selbst an einer zu setzen versucht, und in der ganzen Zeit ist keinerlei Störung in ihrem Betriebe eingetreten Sie arbeitet mit außerordentlicher Schnellig keit, die nur durch die Fertigkeit des Arbeiters begrenzt wird; im Durchschnitt brauchte der von mir beobachtete Setzer, dem allerdings eine einjährige Uedung zur Seite stand, nur zehn Sekunden zum Satze einer 21 Cicero (etwa 9*/z cm) breiten Ze>le aus Brevier (— Petit oder acht typographische Punkte). Die durchschnittliche Satzleiftung wird auf 8000 n in der Stunde angegeben; doch liegen beglaubigte Berichte aus Amerika vor, wonach dortige Setzer es bereits aus über 15 000 n im Durchschnitt in der Stunde während sechstägiger Arbeit gebracht haben. Und bei dieser großartigen Leistungsfähigkeit fällt auch noch das Ablegen ganz weg. Aber fertig gegossenen Satz kann man nicht korrigieren, wird man einwenden. Sehr richtig; indes, da man nur tüchtige Setzer an die Maschine stellen wird, diese auch ihren Satz stets vor Augen haben und kontrollieren können, da es ferner keine Zwiebelfische giebt beim Ablegen, so werden auch der Satzfehler nur sehr wenige sein, wovon ich mich übrigens durch den Augen schein überzeugen konnte. Finden sich indes in dieser oder jener Zeile Fehler, so ist sie rascher neu gesetzt, als in der Regel ihre Korrektur im gewöhnlichen Typensatz herzustellen ist; sind die Korrekturen aber schwere, durch Aenderungen veranlaßte, dann wird man die betreffenden Stellen fast immer auch rascher auf der Maschine neusetzen können, als die Erledigung dieser Aende rungen im Schiff oder in der Form gesetzter Typen möglich ist. Die Linotype-Maschine, auf welcher auch mit doppelseitigen Matrizen im laufenden Texte vorkommende Kursiv gleichzeitig gesetzt, oder deutscher Satz spationiert werden kann, dient übrigens nicht bloß für einen Schriftgrad resp. eine Schriftgröße; wie sie bis jetzt gebaut wird, kann auf einer und derselben Maschine von Ruby (5 Punkte) bis zu Small Pica (11 Punkte) gesetzt werden; man hat nur die Matrizen auszuwechseln und im Gußrad einen andern Block für den Kegel einzuschieben, sowie die Messerhobel zu verstellen. Der Preis einer solchen Maschine ist allerdings ein für deutsche Verhältnisse noch ziemlich hoher: 500 Pfd. Sterl. oder 10 000 doch verleiht die Gesellschaft sie auch gegen Jahres miete, und es würden bei ihrer Einführung in deutsche Druckereien sich gewiß auch Verkaufs- und Mietpreis deutschem Bedarf an passen lassen. Zum Betriebe erfordert die Maschine etwa eine halbe Pferdekrast und der Gasverbrauch für das Schmelzen des Metalls beträgt in London einen halben Penny oder 4 H pro Stunde; beide Ausgaben dürften durch die Ersparnis an Schrift, deren sie ja nicht bedarf, während ihre stets frisch gegossenen Typen immer neu erscheinen, nahezu ausgeglichen werden. In England und Amerika ist die Maschine bereits außer ordentlich verbreitet. Ein mir vorliegendes gedrucktes Verzeichnis nennt 74 englische Druckereien, welche sich ihrer bedienen, und die 4—500 Arbeiter im Setzmaschinenbau beschäftigende groß artige Fabrik der Gesellschaft zu Manchester kann den vor liegenden und stets neu eingehenden Bestellungen kaum ent sprechen. Auch sind es keineswegs bloß Zeitungsdruckercien, welche die Linotype verwenden; die Economic Printing and Publishing Company in London, deren Setzerei ich besuchte und die damals 18 Linotype-Maschinen beschäftigte, arbeitete nur in Werksatz. Die Zeit, wo diese Erfindung eines Deutschen im Auslande auch in Deutschland eingeführt werden wird, dürste mithin nicht mehr allzu ferne sein; hat man es hier doch mit einer wirklich leistungsfähigen, heute schon vielhundertsach erprobten Setzmaschine zu thun. Theod. Goebel.
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