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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.11.1893
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 23.11.1893
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- Deutsch
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7192 Nichtamtlicher Teil. 272, 23. November 1893. Es kann nicht unsere Ausgabe sein, jene plumpen Litteratur- erzeugnisse irgendwie in Schutz zu nehmen und behaupten zu wollen, daß sie der weitesten Verbreitung wert wären; aber gegen über den maßlosen Angriffen, welchen der Volksbnchhandel wegen Verbreitung dieser sogenannten »Kolportageromane« ausgesetzt worden ist und fortwährend noch wird, muß doch betont werden, daß diese Schriften durchaus nicht jenen schlechten Ruf verdienen. Zum Teil haben wir in diesen Schriften sogar solche, die als Unterhaltungslektüre jedem Manne aus dem Volke gern empfohlen werden können; aber auch die Mehrzahl der seichten Produktionen bietet durchschnittlich sicher nicht die Quelle moralischer Verkommen heit, als welche sie gewisse Leute darzustellen lieben, um daraus den Anlaß zu nehmen, dem Volke überhaupt die Möglichkeit geistiger Fortbildung zu entziehen. Auch die niedriger stehenden Produkte dieser Romane haben ihre Kulturaufgabe. Denn es ist eine viel fach bestätigte Erfahrung, daß ihre Leser durch diese Romane erst wieder dazu gebracht werden, überhaupt ihre arbeitsfreie Zeit anderswo als in der Trinkstube zuzubringen, nachdem sie seit der Entlassung aus dem Schulzwange dort das Ideal der Freiheit gesehen haben. Durch jahrelange Vernachlässigung geistiger Bildung sind sie einer gewissen Verrohung verfallen und zunächst für die Aufnahme besserer Lektüre überhaupt unfähig. Jene Romane ent sprechen daher mit ihrer schwülstigen Sprache, mit dem großen Aufwand grobsinnlicher Effekte und der Auswühlung seelischer Empfindsamkeit dem Bedürfnis des Bilduugsstandpunktes ihrer Leser und vermögen allein, ihnen das Lesen zu einem Bedürfnis zu machen. Sind diese Romanleser einmal gewöhnt bei ihren Heften zu Hause zu bleiben, so ist schon viel gewonnen. Wenn sie zwei oder drei solcher Schriften hinuntergewürgt haben, werden sie von selbst nach etwas besserem verlangen, und es wird von allen praktischen Volksbuchhändlern bestätigt, daß der Kolportage roman der Pionier für eine gute bildende und veredelnde Volks- litteratur ist, sein Wegfall große Kreise des Volkes überhaupt für die Litteratur unzugänglich machen würde. Eine maßlose Ueber- trcibnng ist es jedenfalls, diese Litteratur als eine sittliche Gefahr für das Volk hinzustellen und ihr die Schuld an einer angeblich zunehmenden Verrohung der Volks-Bildung und -Sittlichkeit und der Ausbreitung sozialdemokratischer Ideen beizumcssen. Eine sachliche Begründung dieser Vorwürfe hat überhaupt niemals stattgefunden. Die Motive, welche der Regierungsvorlage von 1882 beigefügt waren, beschränkten sich auf die notdürftigsten allgemeinen Redensarten und behandelten mit etwas mehr Aus führlichkeit nur die Frage des Prämienschwindels. Die Aus lassungen des Regierungsvertreters in der Kommission, sowie in den Plenarsitzungen lassen ebenso ausreichende Gründlicheit ver missen. Die Art und Weise, wie der Abgeordnete Stöcker nament lich dagegen im Reichstage auftrat, trägt unverkennbar den Stempel der Oberflächlichkeit und des Fanatismus, wenn er mit Verlesung sensationeller Titel die Versammlung zur Heiterkeit reizt, oder durch eine emphatische Stelle aus einem solchen Romane ein gelindes Gruseln unter den Abgeordneten Hervorrust, weil dort für einen »Verbrecher aus Liebe« Mitleid und Nachsicht der Leser angerufen wird. Kennt denn Herr Stöcker nicht die Sätze: »Ihr wird viel vergeben, denn sic hat viel geliebt«, »Herr ver- gieb ihnen; denn sie wissen nicht was sie thun«, und ist es nicht ein Ausfluß des bittersten Fanatismus, wenn derselbe Prediger des Evangeliums der Liebe sagt: »Lieber 100 000 Kolporteure brotlos machen und Millionen Kapital vernichten, als eine Million Seelen durch solche Bücher verderben«. Im Gegensatz hierzu zitiere ich ein sachliches Urteil über diese Litteratur, welches in einem Urteil des Leipziger Schöffen gerichtes enthalten ist, wo es heißt: »Der Gerichtshof ist nach Prüfung des Inhaltes zu dem Ergebnis gelangt, daß in beiden Richtungen gegen den Inhalt der hier in Frage kommenden Romane Bedenken nicht erhoben werden können Dieselben sind zwar an und für sich seichte litterarische Machwerke, in denen hier und da aus ehe brecherische Liebesverhältnisse angespielt wird; allein sie enthalten weder eine Verherrlichung oder Beschönigung dieser Jmmoralität, noch sind diejenigen Stellen, in denen derartige Ereignisse durch- blicken gelassen werden, in irgendwie indecenter, anstößiger Weise abgefaßt«. Glaubt man aber diese Litteratur dem Volke zu seinem Besten entziehen zu müssen, so soll man ihr nicht die negative Maßregel administrativer Willkür, sondern die positive That besserer Werke entgegenstellen. Hat das Volk für das Gute, was Herr Stöcker oder seine Freunde ihm zu bieten vermögen, Ver ständnis so wird es an dem Volksbuchhandel nicht liegen, wenn es unbeachtet bleibt. Ehrliche Konkurrenz soll auch hierin herrschen; durch Zuhilfenahme politischer Uebermacht beweist man nur, daß man Besseres nicht zu leisten und nicht zu bieten vermag. (Fortsetzung folgt.) Das Buchgewerbe in der »White City« am Michigan-See. Von Otto Schlotke. VI. (I-V s. Börsenblatt Nr. 223. 235. 250. 255. 281.) Die Verlagshandlung G. L C. Marriam Co. in Spring- field Masf. hat ihre Hauptpublikation IVsbator's International Dictionary ok Ido Lngliotr Danxoa^s ausgestellt; das Werk wird in der kirorsiäo Dros8 in Cambridge Mass gedruckt, ist 2118 Seiten in groß 4«. stark und mit unzähligen Tafeln illustriert. Sehr interessant ist bei diesem Lexikon, daß, um die einzelnen Buchstaben aufzufinden, quer in den Schnitt des Buches kegel förmige Rinnen hinein gemeißelt sind, die auf ihrer unteren Breitenfläche den Buchstaben gedruckt zeigen. D. Appleton L Co. in New Uork hatten ihre Nerv American O^cloxaockia ausgestellt, ebenso die »^.rt ok tbo IVorlä«, ein prächtiges, mit Heliogravüren nach dem Verfahren Goupil geschmücktes Werk. Auch mehrfarbige Autotypieen, gedruckt von Bousfod Valadon L Cie. in Paris, enthielt dieses Werk. Nbo ^it Amateur heißt ein Werk, das von Montague Marks in New Jork ausgestellt wurde und mit Zinkätzungen und Chromolithographieen illustriert ist, aber im allgemeinen nicht aus der Höhe der vorgenannten Zeitschrift steht. Außer Scribner und Harper ist vor allem die Zeitschrift Ventura sehr verbreitet in Amerika. Dbo 6ontur^ Llagarino wird von der Century Co. in New Jork herausgegeben, und diese Gesellschaft hatte eine sehr umfangreiche Ausstellung veranstaltet. Auch hier sehen wir eine große Sammlung von Originalen zu den Bildern dieser Zeitschrift, die durchweg in Feder und Tusche ausgeführt sind. Dieses Blatt, sowie der Oontnr^ Dictionary, der mit vielen Illustrationen versehen ist, sind gedruckt bei Theo. L. de Vinne in New Aork Interessant ist eine Ausstellung des Manuskriptes von dem Vervum to talco aus diesem Diktionär. Die Auflage des Oonturz? Ua^arino ist 200 000 Exemplare. Auch waren hier viele Originalmanuskripte, sowie die Entstehung des Holzschnittes, der Zinkätzung, der Autotypie re. zu sehen. Die Verlagsgesellschaft Dtw Open Oourt in Chicago, die freireligiöse Werke verlegt, hatte ihre Vierteljahrsschrift »Dbg Llonist.« ausgestellt. Sie wird gedruckt bei R. R. Donnelly L Sons Co. in Chicago und hat eine Auflage von 5000 Exem plaren. Ihr Redakteur ist ein Deutscher, Dr. Paul Carus, und die vorliegenden Nummern enthielten interessante Aufsätze über Darwinismus. Von Haeckel, dem Schüler Darwins, waren Originalmanuskripte ausgestellt. Ferner sah ich eine sehr schöne Ausgabe von Freytags »Verlorene Handschrift«. Ganz entgegengesetzte Prinzipien verfolgt Dlro Otrristian gcisnco kudlialrinx 6omp. in Boston. In der Ausstellung dieser Gesellschaft befinden sich geistliche Werke in durchweg
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