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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.04.1922
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- 1922-04-27
- Erscheinungsdatum
- 27.04.1922
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Redaktioneller Teil. ^ 98, 27. April 1922. das Wenige voll und ganz ein, liefere in jeder Beziehung Quali- lätsarbeit, die nicht billig sein kann und darf. Die Verleger, die durch holzhaltiges Papiqr, Pappbände usw. glauben die Preise niedrig halten zu müssen, werden eine Enttäuschung erleben. Ganz abgesehen davon, daß minderwertige Ware gar nicht wesent lich billiger sein kann, weil die Unkosten, die heute auf jeder Tätig keit lasten, unverhältnismäßig hoch sind und auf minderwertige Arbeit nicht geringer sein können wie auf Qualitätsarbeit, wer den eines Tages alle Bücherpreise so hoch sein müssen, daß das Publikum, welches dann noch Bücher kaust, mit Recht auch beson- dere Ansprüche an das Äußere geltend macht. Der Verkehr über Leipzig hat es mit sich gebracht, daß mit wenigen Ausnahmen nur in Leipzig leistungsfähige Buchbinde reien und Buchdruckereien vorhanden sind. Das ist sehr schade, denn das Buchgewerbe, das kurz vor dem Kriege durch einige weitblickende Verleger mühevoll zum Qualitätsbewußtsein er- zogen worden ist, läßt in seinen Leistungen sehr nach. München und Stuttgart sollten die vorhandenen guten Grundlagen weiter entwickeln, um quantitativ und quali tativ allen Ansprüchen gewachsen zu sein. Im Verkehr über Leipzig verdient Leipzig doppelt, denn die Provision wird einmal vom Verlegerkommissionär und das andere Mal vom Sortimenterkommissionär erhoben. Will der Verleger seinen Pro duktionsprozeß vereinfachen, so ist das natürlich nicht in der Weise möglich, daß er selbst Papierfabrikant, Buchdrucker und Buchbinder wird, davor mögen ihn alle guten Geister bewahren! Aber die Gesamtheit der Verleger kann sich zu einer Produktions gemeinschaft zusammenschlietzen, die jedenfalls mehr Sinn hätte als die bisherigen Arbeitsgemeinschaften, die sich mit unproduk tiven Dingen befassen. Dabei würde es sich im wesent lichen um gemeinsamen Einkauf handeln, und es können auch mehrere Produktionsgemeinschaften sein, die sich, je nach der Qualität des Pedarfs, bestimmten Verlagsgruppen anpassen. Aus den Produktionsgemeinschaften werden sich dann ganz von selbst gemeinsame Vertriebswege ergeben, und wir kommen schließlich zu den sehr erwünschten Verkaufsgenossenschaf- tcn, die zum Beispiel neuerdings in Italien auf den verschie densten Gebieten mit Erfolg gebildet worden sind. Mit Leipzig muß man ans der Not eine Tugend machen. Wenn die Perleger ihre Verkaufsgenosscnschaftcn haben, so werden die Sortimenter von selbst ihre Einkaufsgenossenschaften bilden. Dann brauchen wir nicht mehr hundcrtfllnfzig Reisende, sechs Büchermessen, ein unübersehbares Spesenkonto der Kommissionäre, Kontoaus züge, Mahnungen usw.: hier die Ware, da das Geld, bargeld loser Überweisungsverkehr, Lieferung und Zahlung regeln sich automatisch, und die Unordnung im Buchhandel würde ein Ende finden. Wann wird die seit Jahrzehnten immer wieder auf tauchende Forderung einer Buchhändlerbank endlich verwirklicht werden, oder wer ist es, der ein Interesse daran hat, daß sie nicht verwirklicht wird? Und wie steht es mit dem geistigen Urheber? Ist der Buchhandel sich seiner großen Verantwortung in dieser Be ziehung immer bewußt gewesen? Wir sind nicht dazu da, jedem Esel, der ein Buch schreibt und es drucken läßt, eine Rente zu garantieren, und infolgedessen werden wir auch eine sogenannte Reichskulturabgabc, die von einigen nicht anerkannten Schrift stellern vertreten wird, immer ablehnen müssen. Wir haben aber eine nm so höhere Verpflichtung gegenüber den Menschen, die der Menschheit ihr Bestes geben, und das sind nicht die Vielzu vielen, im Gegenteil, es sind nur sehr wenige! Wie steht es mit dem Nachwuchs im Buchhandel? Ist es ein Wunder, daß wir keinen Nachwuchs haben, weil tüch tige Menschen nicht mehr in den Buchhandel gehen? Wir machen ja Propaganda mit billigen Büchern, und auf irgendeine Weise müssen wir das doch herausschinden. Im Buchhandel war cs immer die anständigste Form zu sparen, seine Mitarbeiter schlecht zu bezahlen, aber es wäre entschieden besser, wir könnten mit tüchtigen Mitarbeitern eine Parade machen, als mit billigen Büchern. Der genialste Unternehmer, den wir in Deutschland haben, sagt ganz richtig: -Wenn ich etwas unternehme, so ist nicht die erste Frage die nach dem Geld, sondern: wer ist der Mann, der die Sache leitet, und wer sind die Arbeiter, die sie ausfllhren«. ES kommt eben alles auf den Menschen an, der hinter einer Sache steht, aber im Buchhandel denkt man heute noch umgekehrt. Das Schicksal des deutschen Buchhandels wird davon abhängen, ob und wie er den Aufgaben, die diese Zeit ihm stellt, seiner Eigenart gemäß gerecht wird. Daraus wird sich er geben, ob wir überhaupt noch einen deutschen Buchhandel in dem bisherigen Sinne haben oder nur einen Bücherhandel, der sich hie und da in das Wirtschaftsleben eingliedert. Aus dem Chaos, welches zur Verminderung des Bedarfs, zur Überwucherung der Unkosten, zur Unlust des Unternehmers, zur Uneinigkeit zwi schen Veileger und Sortimenter, zu Mißtrauen seitens der Autoren und des Publikums und zur Unzufriedenheit der Mitarbeiter ge führt hat, müssen wir wieder zur Werkheiligkeit, zur Arbeitsfreu- digkcit, zu Einigkeit, Vertrauen und Zufriedenheit gelangen, wenn der deutsche Buchhandel auch fernerhin eine Existenzberech tigung haben soll. Wer seine Zeit wirklich versteht, wer nicht von den Verhältnissen getrieben wird, sondern noch die Fähigkeit hat, zu sehen und zu erleben, dem werden die gewaltigen Wandlungen nicht verborgen bleiben, die in uns und um uns Vorgehen. Die Entwicklung schreitet so schnell, daß wir ihr rechnend und berech nend nicht mehr folgen können. Wem es nicht möglich ist, intuitiv zu erfassen, der taugt nicht für lebendiges schöpferisches Wirken. Der Staat, eine Maschinerie, die es eigentümlicherweise auch heule noch fertig bringt, dieMehrzahl der Menschen zu bevormunden und über ihren sittlichen Wert zu täuschen, und mit ihm vieles andere, steht im Zeichen des Abbaus, und die Welt gehört mehr denn je der starken Persönlichkeit, dem tüchtigen Einzelnen, von dem allerdings nahezu Übermenschliches erwartet wird. In dieser neuauflebenden Welt wird die Wirtschaft die Rolle spielen wie in der früheren die Politik. Die Wirtschaftsführer werden in Zukunft das sein, was vormals die Staatsmänner gewesen sind. Die Frage ist: können wir im Buchhandel solche Männer aufweisen? Wird sich der Buchhandel seiner besonderen Mission bewußt sein? Wird es überhaupt gelingen, den Buchhandel als ein selbstän diges Glied des neuen Wirtschaftslebens zu erhalten? In Ver bindung damit muß auch die Frage erwogen werden, ob die Form des Vereins als Berufsvertretung noch zeitgemäß ist, ob zum Beispiel der B ö r s e nv er e i n die Lasten, die er trägt, noch lange wird tragen können, ohne die Stoßkraft nach außen zu verlieren. Die Welt spricht doch schon lange vom Trust der Buchhändler. Warum nicht wenigstens die Konzentration verwirklichen? Wann wird dem Buchhandel die Einsicht kommen, welche Macht er sein könnte, politisch, wirtschaftlich, kulturell, wenn er einig wäre? Während Staat und Presse heute und in Zukunft auf Partei und auf Quantität eingestellt sind, könnte der deutsche Buch handel eine Macht der Qualität s?in, wenn er seine Zeit versteht. Ohne Kampf wird es dabei nicht abgehen, aber was heute im Buchhandel tobt, ist doch nichts als ein Bierbankgeräusch von Leuten, die noch nicht bemerkt haben, welche Stunde cs geschlagen hat! Verzichtet der Buchhandel darauf, eine Macht zu sein, welche die ihr gemäßen Aufgaben und Ziele richtig erkennt und durchführt, sich weder von Lieferanten noch von Behörden etwas vormachen läßt, den Bücherkäufer von sich ans erzieht usw., so ist er wert, baldigst unterzugchen. Das nächste Erfordernis dazu ist aber, daß wir uns nicht selbst verwirtschaften, denn nur das Wirt- schaftsleben hat Daseinsberechtigung, das die Kraft behält, immer von neuem produktive Werte zu schaffen. Es mutz anders werden. Ein Fehdcbrief an den deutschen Buchhandel, aber auch zugleich ein praktischer Vorschlag von Eugen Diederichs. Der Buchhandel schläft. Soll es so weiter gehen? Nein, darum sage ich Fehde an! Was, der Buchhandel soll schlafen? Brachte doch der deutsche Verlag im vergangenen Jahr Wohl mehr Bücher heraus als vor dem Kriege und mehr als jedes andere Kulturvolk der Welt; hat doch das Sortiment im vergangenen Jahr mehr Bücher verkauft als je! Tagen denn nicht Börsenbercin, Verlegergruppen, Sorti menterkammern, Ortsvereine jetzt eifriger als je, fast immer
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