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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.05.1922
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- 1922-05-10
- Erscheinungsdatum
- 10.05.1922
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Redaktioneller Teil. V; l08, 10. Mai 1922. ob er glaubt, sein Vermögen für eine soziale und Kulturaufgabe opfern zu sollen oder nicht». Und ferner aus dem gleichen Bbl. die Worte von Herrn vr. Menz: »Vielleicht ist aber das deutsche Volk heute viel zu arm, als daß es sich noch eine Verlagsproduk tion im Umfange der Vorkriegsjahre leisten könnte--. Ich bin seit langem der Ansicht, daß diese Befürchtung Realität ist und nur deshalb nicht als solche erkannt wurde, weil wir alle bisher dauernd vom Kapital leben. Und weil diese Äußerungen nach meiner Überzeugung den Nagel auf den Kopf treffen, darum sollte ein Buchhändler sle immer wieder durch denken. Und darum muß auch der Buchhandel jetzt mit seinen Preisen hochgehen, um zu retten, was zu retten ist, und nicht jetzt sein Kapital verschenken. In diesem Zusammenhangs sei mir auch gestattet, auf die Rationalisierungsvorschläge des Herrn I>r, Menz im Bbl. Nr. 68 hinzuweisen, die gerade von diesem Gesichtspunkte aus ernsteste .Beachtung verdienen. Ist dies mehr die privatwirtschaftliche Betrachtungsweise und Motivierung, so kommt nun die Reihe an die mehr volkswirt schaftliche, die meines Erachtens zu denselben Konseaucnzen führt. Als Ergebnis der bisherigen Darlegung halte ich also die prinzi pielle Bejahung der Frage fest, daß das allgemeine Preisniveau erreicht werden muß. Aus den nachfolgenden volkswirtschaft lichen Erörterungen soll sich ein weiterer Beweis dafür ergeben und wird sich die Frage beantworten lassen: wann dieses all gemeine Niveau erreicht werden muß. Wenn wir versuchen wollen, einen Blick in die künftige Ent wicklung unseres Wirtschaftslebens zu tun, so begeben wir uns natürlich auf schwankenden Boden. Aber der Boden ist ebenso unsicher oder sicher wie derjenige, auf dem jede Politik getrieben wird. Mit Analogieschlüssen aus Vergangenheit und Gegenwart sowie rein logisch erschließend darf man schon wagen, einige Schritte auf diesem Gelände zu tun. Der Ausgangspunkt ist für mich der Satz, daß unsere wirt schaftliche Entwicklung fast ausschließlich abhängt von dem wei teren Werden der Reparationszahlungsfrage. Man kann hier nun Pessimist sein, wie das leider viele heute sind, und einfach sagen: jede Reparationszahlung ruiniert uns, alles Versuchen zum Aufbau hat keinen Zweck. Wer auf diesem Standpunkt steht der ist von meiner Grundauffassung so verschieden, daß eine wei tere Diskussion zwecklos wäre. Aber ich meine: wie eine Frau ohne Religion einer Rose ohne Dnft gleichen soll nach ein;m be rühmten Dichterwort, so ist auch der Mann der praktischen Wirt- schaft, der keinen Rest von Optimismus mehr besitzt, einer duft losen Rose oder Schlimmerem, einem morituro zu vergleichen. Wer an ein unausweichliches Kommen völliger Wirtsckwftsanarclüe glaubt, der maq geruhig die Hände in den Schoß leaen und da? Wort der Sophokles an sich zu schänden werden lassen: »Wenn etwas ist, gewalt'ger als das Schicksal, so ist's der Mensch, der'? unerschüttert trägt». Aber nicht nur zu tragen, sondern nach Möglichkeit zu meistern haben wir e?. Nur wer den Versuch hierzu unternehmen will, möge seine Gedanken hierzu äußern. Dem Glaubenslosen zu predigen, ist zwecklos. Das, was geglaubt werden muß, ist, daß über kurz oder lang die Nevarationsfrage in einer Weise geregelt wird, die uns — nach schweren Zuckungen — zur Gesundung führen kann. Dies Durchbrechen der Vernunft auf der Feindseite wird der entschei- dende Wendevunkt für unsere wirtschaftliche Entwicklung sein. Er wird sich in Form einer Krise, von bisher nicht erlebten Dimen sionen vielleicht, im gesamten Wirtschaftsleben äußern — aber wie in der Krankheit, so beginnt auch hier die Kesundnna mit der Krise, dem heftigsten Anfall der Krankheit. Weil dieser Zeitpunkt von so einschneidender Bedeutung sein wird, deshalb muß man auch die bis dahin zu verfolgende Politik in der Preisgestaltung von derjenigen, die von jenem Zeitpunkt ab verfolgt werden muß, trennen. Die allgemeine Lage bis dahin wird, wie jetzt, charakterisiert sein durch eine weitere Entwertung der Mark. Das folgt not gedrungen aus der infolge übermäßiger Rcparationslastcn sin kenden Valuta und aus dem, wieder infolge Revaratinnslastcn, nicht zu bilanzierenden Etat und der Deckung des Fehlbetrag;? ^ mit Hilfe neuen Notendrucks, Solange diese Abwärtsbewegung des Gelder anhält, wird das allgemeine Mißtrauen zum Gelbe ssr größer werden, dadurch die Kauflust angeregt und also die »Flucht in die Sachwerte» (manchmal auch nur vermeintliche!) fortgesetzt werden. In Wirklichkeit bedeutet dieser Prozeß in der Mehrzahl der Einzelsälle ein Zehren vom Kapital. Die wenigsten Leute sind in der"Lage, ihr Kapital, ausgedrückt in Goldmark, aus der Höhe von ehedem zu halten; der Rest ist als Einkommen ver braucht. Das vollzieht sich in der Form, daß Wertsachen, Aktien, Papiergeld, Staatsschuldscheine und anderes in fremde Hände und ins Ausland wandern, Rathenau hat in Cannes die auf diese Weis« jährlich ins Ausland abflietzende Summe auf 1 bis 2 Milliarden Goldmark geschätzt — eine furchtbare Ziffer, wenn man bedenkt, daß unser Auslandguthaben aus der Vorkriegszeit in Höhe von einer An zahl Goldmilliarden verloren ist und statt dessen jetzt neben die Reparationslast noch eine große private Verschuldung ans Aus land tritt, die uns zu erheblichen Zinszahlungen verpflichtet und dadurch Devisen beansprucht, die besser für Import von Roh stoffen und Nahrungsmitteln verwendet würden. Solange diese Zeit des abwärtsgleitenden Geldwertes an hält, also bis zum Einsetzen einer Gcsundungskrise alz Folge einer Handhabung der Reparationsforderungen im Rahmen des Mög lichen, so lange mag der Buchhandel etwas schneller oder etwas langsamer mit den Preisen folgen — er wird den Schaden, der aus langsamerem Folgen resultiert, nicht sofort verspüren. Daß trotzdem ein schnelleres Folgen als bisher angebracht ist, steht nach meiner Überzeugung fest und dürfte heute auch die Meinung der Mehrheit des Buchhandels sein. Ganz anders als bis zu jener Krise hin werden aber die Verhältnisse aussehen, sobald sie eingetreten ist. Ich will ver suchen, hier einige der Folgen aus solcher Krise aufzuzeigen, um daraus die Konsequenzen für den Buchhandel abzuleiten, die nach meiner Meinung aus derartiger Erkenntnis zu ziehen sind. Die Krise, die Herabsetzung der Reparationssorderungen auf ein mit der wirklichen Leistungsfähigkeit Deutschlands zu verein barendes Maß, die damit zu gewährenden Auslands-Anleihen lohne die es nicht geht) werden als st a a t s w i r t s ch a ft l i ch bedeutsame Wirkungen folgende haben: Bilanzierung des Etats und Aufhören der Inflation, Um dieser Ziele willen, die uns die Reparationskommission platonisch vorhält, wird ja auch schon jetzt eine brauchbare Lösung der Reparationsfrage von den weni gen Einsichtigen auf der Feindseite angestrebt. Die Folge für die Volkswirtschaft wird dann in erster Linie eine Stabilisierung der Valuta und des Binnenwerts unserer Währung sein, (Dann wird sich der Binnen- und Außen wert der Mark wahrscheinlich analeichen, Wohl ans der Basis des Außenwerts der Valuta. Dann also erreichen wir die in völli- »er Verkennung der Lage schon jetzt vielfach geforderten Welt marktpreise, aber sie sind dann stabil, während sie jetzt mit größten und häufigsten Schwankungen gleichbedeutend wären.) Der Eintritt der vorstehend geschilderten Zustände wird sich sicher nicht ganz plötzlich, sondern unter einer Anzahl von Teil krisen vollziehen, die alle zusammen die große Krise bilden, von der ich spreche. Diese Teilkrisen werden z. T. dadurch hervor- aerufen, daß die Erkenntnis unserer Verarmung sich dann realiter, und zwar schrittweise dnrchzusetzen beginnen wird. Die Allge meinheit wird nicht mehr, wie jetzt noch, an einen vorübergehen den Zustand unseres Elends glauben, dem man durch Verbrau chen eines Teiles der Kavitalsubstanz ans dem Wege gehen kann, sondern die Erkenntnis, daß wir für dauernd verarmt sind und unsere Lebensführung darauf einzustellen haben, wird sich durch setzen. Die Steuerschraube wird dann weiter angezogen werde», wenn das noch möglich ist, bzw, die festgesetzten Steuern werden endlich zur schnellen Veranlagung und Einziehung gelangen, was sicher noch möglich ist. Auch hier hört der heute gewiß oft vor- kommcnde Fall, daß Einkommensteuern aus dem Kapital bezahlt werden, notgedrungen auf, weil sich der Einzelne aus dem stabi lisierten Geldwert sonst haarscharf errechnen kann, wie viele Fahre sein Vermögen noch zu einer solchen Rentenzahlung an den Staat ausreicht. Übrigens ist der umgekehrte Fall, daß Steuern, die als Vermögenssteuern gedacht sind, aus dem Einkommen bezahlt werden, vielleicht bei manchen Gewerbetreibenden auch nicht sel ten; auch dieser Zustand wird ein Ende finden, weil er sich auf die
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