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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.10.1892
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 13.10.1892
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- Deutsch
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6078 Nichtamtlicher Teil. gegen scheint allerdings zweifellos. War dieser Verstoß aber ein so schweres Vergehen, daß seine strafrechtliche Ahndung mit dem Rcchtsbewußlsein in Einklang zu bringen ist? Gewöhnlichen Sterblichen, die nicht als Schriftsteller oder Künstler sich durchs Leben schlage», widerfahren manchmal eben falls Rechtsverletzungen, auch erheblichere, als diesmal durch eigene Mitschuld dem Herrn Alters. Jene müssen sich daun im gewöhn lichen Civilprozesse ihr Recht suchen; dem Autor aber räumt das Gesetz mit der hergebrachten Ueberschätzung des sittlichen Wertes von Feder- und Pinselarbeit gegenüber dem Buchhändler, der ja nur ein einfacher Kaufmann ist, eine Vorzugstellung ein. Es gestattet, wegen einfacher Vertragverletzung dem Verleger einen Strafprozeß anzuhängen. Der Staatsanwalt wird zum Anwälte des Autors, dieser wird als »Zeuge« vernommen, dazu kann er als Nebenkläger noch seiner Sache einen besonder» Nach druck geben. An Stelle des im l-ivilverfahren erforderlichen Nachweises der Beschädigung tritt die freie Beweiswürdigung des Richters; die Kosten des Verfahrens im Falle der Frei sprechung trägt der Staat. Der Buchhändler steht seinem mit solchen Vorrechten ausgestatteten Ankläger in der von vornherein mißlichen Lage des im Strafverfahren Angeklagten gegenüber vor Gericht, und zwar vor der Strafkammer des Landgerichts, gegen deren, wenn auch fehlerhaftes Urteil keine Berufung, sondern nur Revision möglich ist! — Eine innere Notwendigkeit zu diesen im Gesetze leider be gründeten Härten ist nicht einzusehen. Hinterzieht der Verleger dem Autor durch falsche Vorspiegelungen über die Höhe der Auflage Honorar, so fällt solch gewöhnlicher Betrug unter das gemeine Strafrecht. Ueberschreitet der Verleger aber nur in irriger Rechtsauffassung seine Vertragsbefugnisse, so, sollte man meinen, kann der Herr Autor wie ei» anderer Mann mit dem gewöhnlichen Civilprozeßverfahren vorlieb nehmen. — Der Allers'sche Prozeß ist nur eins der Anzeichen, freilich ein erschreckend deutliches, wohin das litt er arische Recht unter der einseitigen Ausbildung durch Juristen und Schriftsteller ge raten ist und weiter geraten will. Wer sich für Entstehung und Wesen dieser herrschenden Rechtsanschnuungen interessiert, kennt vielleicht meine darüber kürzlich veröffentlichte kleine Schrift.*) In manchen Schriflstellerkreisen scheint man jedes Ver ständnis für buchhändlerische Verhältnisse und in verlagsrechtlichcn Dingen auch das Billigkeitsgesühl zu verlieren. Wäre die Sache nicht so ernst, man könnte ob so mancher köstlichen Naivetät seine Helle Freude haben. So lautet ß 51 der vom Deutschen Schriftstellerverbande der unsrigen entgegengestellten Verlagsordnung: -Insoweit durch Gesetze oder Staatsverträge das ausschließliche Recht des Urhebers eines Schriftwerkes oder Werkes der bildenden Künste im Jnlande oder Auslande nach Umfang und Inhalt nach dem Vertrags-Abschluß erweitert oder vermehrt wird, kommen sämtliche Vorteile aus dieser Aenderung des geltenden Rechtes nur dem Urheber bezüglich seinen Erben und Rechtsnachfolgern zu gut. Hingegen hat, der Verleger, wenn das Urheber-Recht nach dem Vertrags Abschluß durch gesetzgeberische Maßnahmen nach Inhalt oder Umfang vermindert oder beschränkt wird, die Fojgen dieser Verminderung zu tragen - Und Z 35 derselben Verlagsordnung sagt: -Der Urheber ist berechtigt, von dem Vertrage zurückzutreten, wenn der Verleger wegen vorsätzlichen Nachdruckes verurteilt wird.» Darnach würden sämtliche Autoren eii.es nur in einem Falle verurteilten Verlegers mit ihren Werken davonzulaufen berechtigt sein! In der von vr. Wilh Wendlandt im August 1891 amtlich herausgegebenen »Denkschrift betreffend das Litterarische Bureau des Deutschen Schriststeller-Verbandes« heißt es: -Denn sobald einem Verleger ein unbefugter Nachdruck nach gewiesen worden ist, — und das Bureau ist statutenmäßig ver pflichtet, einen solchen zu verfolgen — so bricht es jedenfalls die 239, 13. Oktober 18S2. Geschäftsverbindung mit demselben ab oder hütet sich, jemals eine solche einzugchen Der extreme Fall ist vorstellbar, daß sämtliche Verleger von der Abteilung für Ueberwachung enl- larvt würden — und die Abteilung für Geschäftsvcrmittelnng hätte nicht einen einzigen Abnehmer mehr» Der Herr scheint gar nicht mehr zu bezweifeln, daß »sämt liche« Verleger reif zum »Entlarven« seien, nur daß die Ent larvung noch einige äußerliche Schwierigkeiten macht. Solchen Blüten lassen sich noch viele andere Auslassungen zur Seite stellen, welche die Einseiligkeck der Anschauungen dar- lhun, die die Umwandlung des aus den Geschäftsgebräuchen in gesunder Weise entstandenen Verlagsrechts in ein einseitiges, formal juristisch entwickeltes Schriftstellerrecht in Wechsel wirkung erzeugt und begleitet hat. Wenn wir Buchhändler uns nicht rühren, wird die mög licherweise bald bevorstehende Durchsicht der Urhebergesetze uns noch ungünstiger stellen, als es jetzt schon der Fall ist. Wer soll uns auch das Wort reden? Die Presse ist in den Händen der Schriftsteller*), der Reichstag besteht großenteils aus Schrift stellern oder aus Juristen, die zugleich Schriftsteller sind, und die Regierung auch. Mag auch der Börsenverein vor neuenGe- setzgebungsarbeilen dereinst gutachtlich gehört werden, mögen einige seiner Wünsche auch im Regierungsentwurf Ausdruck finden: wer steht dafür, daß nicht die Reichstagmehrheit aus Anraten einiger schriftstellerischer Wortführer alles ändert. Und sie wird das thun, wenn der Buchhandel nicht bis dahin in jedem geeigneten Fall das Unzulängliche und Ungerechte der jetzt herrschenden Auffassung so nachgewiesen haben wird, daß man dies gern oder ungern berücksichtigen muß. So scheint mir der Fall Alters ganz dazu angethan, um die Beteiligten, insbesondere alle Gerichte auf die in dem Ur teil zutage getretenen Jrrtümer aufmerksam zu machen. Steter Tropfen höhlt den Stein; da wir ja keine Böswilligkeit voraus- setzc», so könnte es so vielleicht mit der Zeit gelingen, bessere Anschauungen herbeizuführen Jedenfalls dürfte keine an dere Möglichkeit der Abwehr vorhanden sein. Durch Artikel in dem der Oeffentlichkeit vorenthaltenen Börsenblatt kann das freilich nicht erreicht werden, und sonst ist die Presse mit wenigen Ausnahmen uns in diesen Dingen verschlossen Es müßte in anderer Weise gewirkt werden. Schade ist es, daß wir das von Herrn O. Mühl brecht vorgeschlagene »Centralbureau zum Schutze des Urheber- und des Verlagsrechts« noch nicht haben. Ich sage: noch nicht, denn diese Einrichtung wird kommen, weil ein solcher aus keiner anderen Rücksicht, als der auf Sachkenntnis zusammengesetzter Ausschuß im Börsenverein eine Notwendig keit ist. Doch dahingestellt, auf welchem Wege die Besserung am zweckmäßigsten zu erreichen sei: daß der Buchhandel nicht un- Ibätig die Dinge an sich herankommen lassen dürfe, das dürfte der Allers-Prozeß klar und eindringlich genug lehren. Robert Voigtländer. *> Von dem Tone, der in der Presse angeschlagen werden mag, wenn einmal die Gegensätze gesetzlich zum Austrag kommen, geben wieder ich greise das allerneueste Beispiel heraus — die Verhandlungen der »Deutschen Schriftsteller-Genossenschaft« in Dresden >9. Oktober ll-92) einen Vorgeschmack. Die Vorstandsmitglieder, Aufsichtsräte dieser Ge nossenschaft, ebenso die in dem Verhandlungsbericht genannten Redner, sind mit ganz wenigen Ausnahmen Journalisten, die — nach dem Kürschner'schen Kalender — noch nie ein Buch in Verlag gegeben haben. Gleichwohl unterwirft diese aus etwa 50 Personen, darunter mehreren Damen bestehende Versammlung — nach dem Bericht des Leipziger Tageblattes — »eine ganze Reihe von Bestimmungen» der Verlagsordnung des Börscnvereins -als den berechtigten Interessen des deutschen Schrifttums zuwideriaufeud» -einer scharfen Kritik«. Sie »verwirft die Verlags ordnung als eine aus rechtsirrtümlichcr Grundlage beruhende» und be schließt einen Gegcnentwurf auszuarbeitcn. Bei derselben Versammlung aber, die sich über eine Verlagsordnung ereifert, die anzuerkenuen niemand genötigt ist, beantragte der Vereinsvorsitzende Hildebrandt, die Beratung von Bestimmungen über das Verhältnis von Verlegern, Redakteuren und Mitarbeitern Diese Bestimmungen -sollen namentlich solchen Verlegern auferlegt werden, welche sich selbstsüchtiger Weise den guten Glauben anderer zu Nutze machen-! h Zur Entwickelung des Verlagsrechts. 8°. 21 S. Leipzig 1892.
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