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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.10.1892
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- Erscheinungsdatum
- 06.10.1892
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- Deutsch
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HS 233, 6. Oktober 1892.. Nichtamtlicher Teil. 5913 Nichtamtlicher Teil. Vom Deutschen Buchhändlerhause in Leipzig. Unsere Leser, soweit diesen das Innere unseres Buchhändler hauses in Leipzig bekannt ist, werden sich der hoch- und breit gewölbten Nischen über den Emporen im großen Saale erinnern, deren Hintergrund in seinem oberen Teile von einem graublauen Stoffvorhange verkleidet ist. An einer dieser Nischen ist vor einigen Monaten der Vorhang entfernt und die halbkreisförmig abschließende Wand mit einer prächtigen Malerei bedeckt worden, der erste Schritt zur farbigen Belebung der oberen Wandteile, die dem schönen Saale entschieden notwendig ist. Das in Kaseinmalerei von Herrn Professor Woldemar Friedrich (Berlin) unter Mitwirkung seiner Schüler, der Herren C. H. Küchler (Berlin) und Paul Oßwald (Weimar), aus geführte Bild ist in voriger Woche vollendet worden. Nachdem nunmehr die letzten Gerüstbalken entfernt sind, ist ein freier Ueberblick und der uneingeschränkte Genuß des schönen Bildes ermöglicht. Der Künstler hat hier ein Werk geschaffen, das in Auffassung wie Ausführung Anspruch auf Bedeutung erhebt und das begeisterte Lob derer, die es gesehen haben, in vollem Maße verdient. Es ist nicht nur ein außerordentlich belebender und würdiger Schmuck unseres Hauses, sondern nach der Meinung der Kenner auch an sich ein hervorragendes Kunstwerk, das dem Meister zur Ehre gereicht, uns aber, deren Besitz durch diesen Schmuck in erfreulichster Weise bereichert wurde, mit Befriedigung und aufrichtigem Danke erfüllen muß. Der Inhalt des Bildes wird den Teilnehmern der vor letzten Hauptversammlung aus der dort ausgestellt gewesenen Farbenskizze vielleicht erinnerlich sein. Nur sei vorweg bemerkt, daß jene Skizze eben weiter nichts geben konnte, als eine allge meine Uebersicht darüber, wie der Künstler seinen Stoff im Bilde zu gestalten gedachte; zwischen ihr und der Ausführung, die jetzt an der fünf Meter hohen und zehn Meter breiten Wandfläche uns entgcgenstrahlt mit ihrer wirksamen perspektivischen Vertiefung und der außerordentlich reizvollen Zartheit der Farbentöne, wie sie verständnisvoll ausgeführten Wandmalereien eigen ist, besteht ein so elementarer Unterschied, daß von ersterer schlechterdings kein Schluß auf diese letztere zulässig ist. Das dem Künstler aufgegebene Thema war die malerische Darstellung von Kunst und Wissenschaft. Diese beiden, in der Gesamtheit ihres Wesens einander fast ausschließenden Ge biete menschlicher Bethütigung gleichzeitig in ein und derselben Allegorie zur Anschauung zu bringen, jede Gruppe in ihrer Eigen art kräftig und überzeugend hervorzuheben und gleichzeitig beide zu harmonischer Gesamtwirkung zu vereinige», mag keine leichte Aufgabe gewesen sein. Beiden Erfordernissen ist der Meister gerecht geworden; in echt künstlerischer Auffassung hat er die Gegensätze seines Stoffes verwertet, um malerische Farbenwirkung zu erzielen, und die Anordnung seiner Gruppen ist mit so feiner Berechnung abgestimmt, daß sich aus ihr die einander ergänzende Bestimmung beider Gebiete dem Beschauer mit Uederzeugung ausdrängt und ihn in heiter befriedigter, harmonisch abgeklärter Stimmung entläßt. Eine Freitreppe führt aus dem Vordergründe zu einem antiken Tcmpelbau empor, dessen Formen, teils von Draperieen verhüllt, im wechselvoll beleuchteten Nebelduft zu verschwimmen scheinen, ein malerischer Hintergrund, der dem Ganzen etwas eigenartig Feierliches, Hoheuvolles giebt. In einer halbverhüllten Nische in der Mitte des Baues wird das Erzbild der Pallas Athene sichtbar; rechts und links bilden die erzenen Gestalten geflügelter Sphinxe die Bekrönung der Treppenwangen. Nach links, wo das heitere, Helle Reich der Kunst sein munteres Wesen treibt, strahlt die seitlich anschließende säulengefchmückte Fassade des Tempels im fröhlichen Sonnenlicht, nach rechts giebt tiefer Neunundfünfzigster Jahrgang. Schatten, aus dem im Gefolge der Historie die dunkle Gestalt der Sage und eine im magischen Glanze erstrahlende Feen- königiu als Verkörperung des Märchens Heranschweben, den wirk samen Gegensatz hierzu. Den Mittelpunkt des Bildes, auf der Höhe des Treppenbaus, nehmen die Gestalten der Kunst und der Wissenschaft ein. Links die Kunst, ein bezaubernd schönes, jugend liches Weib, von den Hüften herab mit einem leichten Schleier bedeckt, während die Hülle des Oberkörpers von einem schwebenden Genius entführt wird. Das liebliche Antlitz ist leicht nach oben gerichtet, ein goldener Lorbeerschmuck krönt das üppige blonde Haar. Segnend breitet die anmutige Gestalt die Rechte über das vor und neben ihr fröhlich und ernst sich bethätigende Leben der Kunst; die Linke schwingt ein goldenes Lorberreis als Scepter. Die unverhüllte Schönheit tritt hier mit einem so unvergleichlichen Ausdruck der Hoheit in die Erscheinung, der Farbentvn des Nackten ist so überwiegend diskret und im leichten Duft verschwimmend aufgetragen, daß man nicht zweifelt, eine überirdische Erscheinung zu erblicken. In nackter Schönheit tritt sie ins Leben, dieses mit dem Zauber der göttlicher Gaben zu beglücken, die uns auf allen Gebieten der Kunst erfreuen und ihre tröstende, beruhigende und mächtig erregende Macht allezeit empfinden lassen, wenn die Sorge des Alltagslebens uns zu er drücken droht. Zur Rechten der Kunst thront die Wissenschaft, eine sitzende Frauengestalt mit edle», streng geschnittenen Zügen, den Blick in ein Buch versenkt. Das einfache dunkle Gewand wird am Saume durch eine Goldstickerei und oben durch ein weißes Brusttuch belebt, das emporgeschlagen auch den Kopf bedeckt und dort von einem Lorbeerkranze sestgehalten wird. Die strenge Umhüllung läßt den Gegensatz zu der neben ihr stehenden leichilebigen Schwester aufs entschiedenste hervortreten. Dennoch stört dieser Gegensatz nicht; wir finden ihn natürlich, selbstver ständlich, und da auch diese Figur sich noch im Bereiche des eigentümlichen matten Farbenloncs befindet, der beide mit einem gewissen zauberhaften Dufte umkleidet, so haftet auch ihr das Gemessene, Feierliche an, das sie der Alltagswelt entrückt und den Gegensatz, der zwischen beiden Schwestern besteht, als eine höhere, der menschlichen Kritik enthobene, selbstverständliche Ein richtung hinnehmen läßt. So thronen beide als hehre göttliche Gestalten im Mittelpunkte des Bildes und weisen schon durch ihre eigene Erscheinung unmittelbar darauf hin, was der Künstler uns mit seinem Bilde sagen will. Die weitere Ausführung des vom Künstler zur Anschauung zu bringenden Gedankens ergiebt sich mit vollkommener Natürlich keit scheinbar von selbst durch eine ungemein zwanglose, reiche und abwechselungsvolle Belebung des Vordergrundes und der seitlichen Abschlüsse, für welche letzteren sich durch die äußere Form des Bildes —- ein Halbkreis von 5 Meter Höhe und 10 Nieter Grundlinie — besonders ausgiebiger Raum darbot. Neben der Wissenschaft, etwas nach vorn gerückt und aus den Treppenstufen nach unten in stark wachsenden Größenmaßen an geordnet, finden wir mancherlei Gelehrte, weltlich und geistlich gekleidete, alle natürlich in der malerischen Tracht längst ver gangener Jahrhunderte. Ihre vom Studium und Alter gefurchten Gesichter vertiefen sich in ernste Arbeit, die teils an einem Erd globus, teils in alten Folianten gesunden wird; der am weitesten vorn und rechts stehende ist ein junger Weltgelehrter in scharlach rotem Gewände, der seinen klugen Blick über einen Haufen aus gegrabener Trümmer vergangener Kulturepochen schweifen läßt. Noch weiter vorn schreitet eine ernste Frauengestalt, die Historie, einen vor ihr die Stufen hinansteigenden Jüngling aus einem mächtigen Buche unterweisend. Vor dem Globus, der dicht neben der Wissenschaft auf dem oberen Treppenpodest angeordnet ist, die erzene Büste Homers, unterhalb beider, malerisch auf die Stufen gelagert, eine Knabe mit einer Fackel. Das Gefolge der Historie, die oben erwähnten Gestalten der Sage und des Märchens, 802
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