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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.07.1908
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 22.07.1908
- Sprache
- Deutsch
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168, 22. Juli 1908. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d, Dtschn. Buchhandel. 7913 duktion der obszönsten Gravürenwerke — sich ihres hohen Preises wegen nur an eine finanziell auserlesene Käuferschar wendet und angeblich nur in der Höhe der im voraus subskribierten Exemplare gedruckt wird, dürfte als Milderungsgrund kaum irgend welche Bedeutung haben. In der zweiten Hälfte seines Vortrages gibt Pappers eine Darstellung derjenigen Gesetzesparagraphen, die zurzeit den Behörden das Einschreiten gestatten; es sind dies die Artikel 183, 184 u. flgde. des Strafgesetzbuches, deren Auslegung jedoch auf unzählige Schwierigkeiten stößt. Nicht weniger interessant ist der Vortrag des Herrn W. A. Coote im Aufträge der großen »national ViZilanos ^.esoeiation«, aus dem wir entnehmen können, mit wieviel Erfolg diese mächtige Gesellschaft gegen die obszönen Dar stellungen in Wort und Bild und auf der Bühne bereits ein geschritten ist, bezw. wie oft sie die Behörden in ihrer Sanierungsarbeit schon unterstützen konnte. Daß diese sich jedoch auch gegen die englischen Übersetzungen der Werke Zolas und Maupassants wendet, dürfte als übertriebener Eifer der guten Sache nur schaden, wie wir uns ja auch in Deutschland der »Nuditäten-Schnüffler« mit Recht zu er wehren haben. Auch in den anderen Berichten brauchen wir natürlich nicht alles gutzuheißen, nicht jeder Auffassung von dem, was moralisch schädlich und deshalb zu bekämpfen ist, beizu stimmen ; im großen ganzen aber ersehen wir aus ihnen mit untrüglicher Sicherheit, wie dringend notwendig Abhilfe und Abwehr sind und mit wieviel Erfolg die private Initiative in verschiedenen Ländern bereits vorgegangen ist. In einem durch seine heimlichen Druckereien pornographischer Werke früher, d. h. noch vor 10—20 Jahren, berüchtigt gewesenen Lande, Belgien, hat anderseits die Regierung durch konse quentes Vorgehen einen gänzlichen Umschwung hervorgerufen. Durch das bloße Konfiszieren obszöner Literatur oder auch nur frivoler Publikationen wie Rirs, Lourirs, Fantasia und der »für Künstler bestimmten« Nackt-Studien ist der bel gische Büchermarkt gründlich gereinigt worden. — Daß in allen derartigen Maßregeln leicht zu weit gegangen wird, ist meines Erachtens kaum zu vermeiden; es dürfte aber richtiger sein, eher zu streng zu sein und den Zorn gewisser Schriftsteller und Künstler über sich ergehen zu lassen, als das Volk durch eine zu große Toleranz in seinen laxen In stinkten zu bestärken. Aus all diesen Berichten ist übrigens mit einigem Er staunen zu ersehen, über wie vielerlei Mittel und Wege die pornographische Propaganda verfügt. Je nach den Ländern wiegt die eine oder die andere Kategorie vor: Ansichtspost karten, zumeist deutscher Herkunft; Gassenlieder, die in Frankreich und Belgien von Straßensängern vorgetragen werden und deren Text dabei für 1—2 Sous ausgeboten wird; Annoncen in Zeitungen und Zeitschriften in mehr oder weniger versteckter Form; illustrierte Kataloge (in ver schlossenem Brief versandt); Tingeltangel-Vorträge, wogegen in England erfolgreich vorgegangen wird, während die be liebten Jahresrevüen in Frankreich und Belgien mit den un geheuerlichsten Zoten und Zweideutigkeiten ungestraft durch gehen; »künstlerische Aktstudien«, d. h. photographische Bilder von Prostituierten (oft unter Angabe des Alters), deren Adressen manchmal nicht schwer zu erfahren sind; Witzblätter; Plakate; populärmedizinische und sogenannte Wissenschaft - schaftliche Werke; Privatdrucke usw. — jeder Tag beinahe bringt neue Formen! Der zweite Hauptteil des Buches bringt die Verhand lungen über die beiden dem Kongreß vorgelegten Fragen nebst deren Motivierung (die Kongreßleitung hat es ver standen, die Verhandlungen auf nur zwei eng abgegrenzte Börsenblatt s!>r den Deutschen Buchhandel. 78. Jahrgang. Fragen zu beschränken, was bei der großen Vielseitigkeit des Stoffes um so richtiger war): 1. Ist es angebracht, durch internationale Maßregeln die Herstellung, das Angebot und den Verkauf von Schriftwerken, bildlichen Darstellungen und Gegenständen zu verhindern, die gegen die guten Sitten verstoßen, auch wenn diese Delikte nicht öffentlich geschehen? (Bericht erstatter Herr R. Verenger.) 2. Soll die strafrechtliche Verfolgung auch auf die im Auslands stattftndenden Delikte des Angebots und Verkaufs erstreckt werden? (Berichterstatter Herr Paul Nourrisson.) Es dürfte zu weit führen, an dieser Stelle die inter essanten Diskussionen, an denen sich Herren und Damen aus fast allen Ländern Europas beteiligten, auch nur aus zugsweise wiederzugeben; es sei deshalb die Lektüre des Bandes um so mehr empfohlen, als dieser in richtiger Er wägung der Dienste, die seine Verbreitung im Gefolge haben kann, zu dem billigen Preise von 2 Frcs. käuflich ist. Die Arbeit des Kongresses ist zusammengefaßt in drei Wünsche, deren beide ersten die bejahende Antwort auf die vorstehend abgedruckten Fragen bilden. Ihr Wortlaut ist folgender: I. Es ist erwünscht, durch internationale Maßregeln zu verfolgen: 1. die Herstellung und das Auf-Lager-Halten, in der Absicht, damit Handel zu treiben, von Schriftwerken, bild lichen Darstellungen und Gegenständen, die gegen die guten Sitten verstoßen; 2. das Angebot und den Verkauf, auch falls nicht öffentlich, derselben Schriftwerke rc. II. In Sachen des Angebots, Verkaufs oder der Ver sendung von Schriftwerken rc. ist das Delikt nicht nur am Orte des Geschehens strafbar, sondern auch da, wo die damit bezweckte Handlung erfolgt ist oder erfolgen sollte. Zu diesem Zwecke ist eine Vereinbarung unter den verschiedenen Ländern erforderlich behufs gegenseitigen Austausches der Dokumente und Nachrichten, auf Grund deren jede Nation die Schuldigen auf ihrem Gebiete zu verfolgen in der Lage ist. III. Erwünscht ist die Einberufung einer offiziellen diplomatischen Konferenz zu dem Zwecke, in allen Ländern eine obigen Forderungen Rechnung tragende gleichmäßige Gesetzgebung anzubahnen. Wie wir aus dem ersten Paragraphen ersehen, soll also auch das »Auf-Lager-Halten« pornographischer Erzeugnisse strafbar sein, während die bisherigen Gesetze im allgemeinen dieses gewissermaßen passive Delikt nicht verfolgten. Dies dürste den Sanierungsbestrebungen die Arbeit wesentlich er leichtern, ebenso wie die Verwirklichung der Forderung, daß infolge internationaler diplomatischer Abmachungen die Ver folgung der pornographischen Delikte auch über die Landes grenzen hinaus möglich ist. Ohne diese letztere Bedingung zumal wird der Kampf gegen die Unmoral in Wort und Bild stets nur ein halbes Ergebnis haben. Der Kongreß hat außer obigen Wünschen noch folgende Beschlüsse gefaßt: Gründung eines internationalen Ver bandes aller Vereine zur Bekämpfung der Pornographie; Übertragung der Vertretung dieses Verbandes dem bereits bestehenden Internationalen Bureau gegen die un moralische Literatur; Konstituierung eines ständigen Aus schusses, bestehend aus einer Anzahl von Kongreßmitgliedern, zur Überwachung der Ausführung der gefaßten Beschlüsse. Wir wünschen den Organisatoren und Teilnehmern an diesem durchaus verdienstvollen und zeitgemäßen Kongresse nicht nur im Interesse der Gesamtheit, sondern auch zum Besten des von dem bestehenden Übel stark in Mitleiden schaft gezogenen anständigen Buchhandels, zu dem zum Glück 1031
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