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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.07.1893
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- Erscheinungsdatum
- 27.07.1893
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- Deutsch
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172, 27. Juli 1893. Nichtamtlicher Teil 4395 und sprach die Hoffnung aus, daß der mitgebrachte gute Wille die geringe Anzahl aufwiegen werde. Redner erklärte, daß er in seinem Geschäftsbetriebe mit der Kolportage nichts zu schaffen habe. Wenn er trotzdem sein Möglichstes thue, um den Kol portagebuchhandel zu schützen, so geschehe es deshalb, weil er in den Centrumsanträgen, soweit sie den Buchhandel berührten, den Anfang zur Wiedereinführung der Zensur erblicke. Jede Gesetzes bestimmung, die darauf ausgehe, den freien buchhändlerischen Vertrieb zu beschränken oder gar zu unterdrücken, sei als ein Versuch anzusehen, dem Volke die Preßfreiheit auf Umwegen zu rauben. Wenn der im ausgelösten Reichstage gestellte Antrag, den Vertrieb von Werken in Lieferungen zu verbieten, bei der Neu einbringung nunmehr dahin geändert worden sei, daß bei Lie ferungswerken der Umfang von vornherein festgestellt werden müsse, so sei dies keineswegs als eine Konzession anzusehen. Bekanntlich sei es gerade bei den besten und vornehmsten Liese rungswerken sehr oft unmöglich den Umfang von Anfang an genau festzustellen. Im Laufe der Arbeit könnten zahlreiche Umstände eintreten, die den Autor zur Veränderung des Umfanges bestimmten. Wo eine Feststellung des Umfanges möglich sei, geschehe dieses ja jetzt schon, ohne daß es vom Gesetze vorgeschrieben sei Herr Hesse hielt es für ein Verbrechen, das man am Volke begehe, wenn man dessen Lese- und Bildungsbedürfnis so einschränken wolle, wie es die Anträge der Centrumspartei verlangten; dann würden für die Folge gewiß nur noch appro bierte Gebet- und Erbauungsbücher rc. durch den Kolportage buchhandel Vertrieben werden dürfen. Aber nicht nur der Kolportage-, sondern auch der Reisebuchhandel werde von den Centrumsanträgen hart betroffen werden, falls diese Gesetz würden; auch würden sich die Folgen sehr beim Verlagsbuch handel und dem ganzen graphischen Gewerbe bemerkbar machen, und deshalb sei es dringend nötig, eine energische Agitation zu entfalten, um die Annahme der kulturfeindlichen Anträge zu vereiteln. Man werfe dem Kolportagebuchhandel immer vor, er verbreite ausschließlich Schriften, die besser ungeschrieben geblieben wären; der Beweis hierfür sei jedoch nicht erbracht worden. Grade der Kolportage- und Reisebuchhandel sei an den Erfolgen einer stattlichen Reihe streng- und populär wissenschaftlicher Werke in hervorragendem Grade beteiligt; dazu geselle sich die durch ihn wesentlich geförderte Verbreitung der Fachzeitschriften und Familienblätter rc. rc., so daß man sagen müsse, daß es tatsächlich nichts zu bedeuten habe, wenn ein Hausdiener oder ein Dienstmädchen sich einmal allzusehr in einen Kolportageroman vertieften, denn tagtäglich würden Bücher verbreitet, die bei jungen Leuten beiderlei Geschlechts hin und wieder viel ungünstigere Wirkungen Hervorrufen könnten. Zu einem Romane von Ebers oder Spielhagen werde weder der Hausdiener noch das Dienstmädchen jemals greifen noch greifen können. Der Kolportage- und Reisebuchhandel, der noch im Aufschwünge begriffen sei, dürfe nicht zurückgedrängt oder zum Stillstand gebracht werden; deshalb müsse sich der Kol portagebuchhandel mit den betreffenden Verlegern organisieren und gemeinsam mit diesen und eventuell auch mit den buchhänd lerischen Vereinigungen und den Vertretern der Presse die nötigen Schritte zur Abwehr unternehmen, denn die Centrums anträge bedeuteten — wenn sie Gesetz würden — den Ruin des gesamten Kolportage- und Reisebuchhandels. Herr E. O. Jahn führte aus, daß die Centrumsanträge für andere Geschäftsbranchen vielleicht einen wirksamen Schutz des reellen Ladengeschäftes gegen die Konkurrenz des unreellen Hausierhandels darstellen mögen. Der Sortimentsbuchhandel aber bedürfe eines solchen Schutzes vor der Kolportage nicht. Der Leser, der von der Kolportage bedient werde, lasse sich kaum beikommen, einen Sortimenterladen zu betreten, um ein Buch zu kaufen. Ein Tischler, Schlosser oder sonst ein Handwerker habe von der Existenz vieler sein Gewerbe betreffender Fach- und Vorlagenwerke meist keine Kenntnis; erst wenn er sie vom Kolporteur vorgelegt erhalte, entschließe er sich zum Kaufe. Die Unterdrückung des Kolportage-Buchhandels würde also dem Sortiments-Buchhandel keinerlei Nutzen bringen, wohl aber würden Hunderttausende fleißiger Hände arbeitslos und Millionen dem wirtschaftlich werbenden Verkehr und dem Nationalvermögen entzogen werden. Gegenüber den Ausführungen eines Redners, daß die meisten für Volksaufklärung berechneten Werke durch die Kolportage ver trieben würden und ein Katalog der für den Kolportagevertrieb bestimmten Werke am ehesten geeignet sein würde die Negierung über den Nutzen und die Bedeutung der Kolportage auszukiären, hob Herr Moeser hervor, ein solcher Katalog von Werken für den Kolportagevertrieb sei ja der Lagerkatalog eines jeden größeren Grassogeschäftes für Kolportage. Im übrigen halte er es für zweckmäßig und auch für genügend, die Parteiführer für den Kolportagebuchhandel zu gewinnen. Herr Hesse hielt es dagegen für richtiger, nichts zu unter lassen und eine Statistik der Kolportagewerke aufzunehmen, wie auch das möglichste zu thun, um die Parteiführer im Reichstage zu gewinnen. Herr Dähnert bemerkte, daß mit dem Falle des Kol portage-Buchhandels auch das gesamte Buchgewerbe in Mit leidenschaft gezogen werde. Am Tage der Versammlung war »Streißlers Fachkalender für den Kolportage-Buchhandel für 1894« erschienen, und jedem der Anwesenden war ein Exemplar desselben überreicht worden. Herr Jahn verlas die auf Seile 112 u. ff. des Kalenders veröffentlichten Vorschläge zur Bekämpfung der Centrumsanträge. Darnach wäre eine Petition an den Reichstag auszuarbeiten, in der in kurzen, klaren Worten auf die große wirtschaftliche Bedeutung des Kolportagebuchhandels hingewiesen würde und vie von allen Kolportagebuchhändlern und den mit ihnen in Geschäftsverbindung stehenden Firmen unterzeichnet werden sollte. Die Unterzeichnung der Petition habe sich auch aus alle Kolporteure und alle in den, für die Kolportage und mit ihr arbeitenden Fabriken beschäftigten Leute zu erstrecken, soweit diese hierzu frei willig bereit seien. Hieraus werde sich von selbst eine Statistik ergeben, die endlich einmal ziffermäßig und unanfechtbar die Be hauptung: »daß viele Tausende von Menschen in der Kol portage ihre Existenz finden,« auch den Ungläubigsten be weisen würde. — Die technischen Einzelheiten der Ausführung sind in dem citierten Kalender-Artikel näher ausgesührt. Außer dem wird aber empfohlen, das Publikum zu veranlassen für den Kolportage-Buchhandel einzutreten, und zwar könnte dies auf folgende Weise geschehen: Es sollten Drucksachen hei- gestellt werden mit dem ungefähren Inhalte: »Die Unterzeichneten Kunden des Kolportage-Buchhändlers N. N. erklären, von Herrn N. N. stets korrekt bedient worden zu sein und von ihm keinerlei Angebot erhalten zu haben, das in sittlicher oder religiöser Be ziehung Aergernis erregt hat.« Diese Erklärung müßte jeder Kolportage-Buchhändler allen seinen Kunden zur Unterschrift unterbreiten. Der Unterschrift könnte auch noch die Bezeichnung des Werkes, auf das der Betreffende abonniert ist, beigesügt werden, und daraus würde sich eine Statistik der Kolportage werke ergeben. Herr Jahn empfahl die Durchführung dieser Vorschläge; die Gefahr sei groß, wie der Brief eines Reichstagsabgeordneten beweise, der (abgedruckt im »Fachkalender« Seite 127) zur Ver lesung gebracht wurde.*) Herr Reichstagsabgeordneter Professor vr. Hasse bemerkte in erster Linie, daß er den Beschwerden des Buchhandels als Laie gegenüberstehe. Wenn sich der Buchhandel an den Reichs tag wende, so möge er sich mit seinen Klagen nicht ins Allgemeine verlieren und nicht von Kulturrückschritt, Verlust des National vermögens rc. sprechen, sondern es müßten ganz genau jene Vgl. Börsenblatt 1893 Nr. 169.
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