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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.11.1883
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1883-11-07
- Erscheinungsdatum
- 07.11.1883
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- Deutsch
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5028 Nichtamtlicher Theil. 259, 7. November. unbekümmert um eine etwa in Leipzig bereits erfolgte Eintragung der Schutzrechte, den Nachdruck unternahmen, sich unmöglich darauf berufen, daß das Risico geschäftlicher und strafrechtlicher Natur, welches sie durch ein derartiges Unternehme» ciugingeu, billiger Weise doch nicht zu ihrem Nachlheil ausschlageu dürfe. Sie mußten sich dessen bewußt sein, daß der Urheber sei» geistiges Eigeuthum, falls er es nicht bereits geschützt habe, in jedem Augenblicke durch Erfüllung der erforderlichen Förmlich keiten schützen und damit ihr Thun zum strafbaren Nachdrucksvergchen stempeln könne. Unter allen Umstünden ist es ein höchst befremdlicher Ncchtssatz, welcher mit der Straflosigkeit einer Vorbereitung?- oder Ansangsthätigkeit die Straflosigkeit der That selbst um deshalb herzu- leiteu versucht, weil man dem Delinquenten doch nicht zumuthen könne, umsonst zwecklose Vorbercitungsunkoste» ausgeweudet zu haben. Endlich hatte das Reichsgericht auch Veranlassung, sich über den subjectiven Thatbestand auszusprcchen, indem das angefochtene Urtheil nicht nur den strafbaren Vorsatz und die schuldhafte Fahrlässigkeit der Angeklagten verneint, sondern auch zu Gunsten derselben angenommen hatte, daß sic sich in einem Rcchtsirrthume über die Erlaubtheit eines für Amerika bestimmten Nachdrucks und deshalb in entschuldbarem guten Glauben befunden haben. In letzterer Beziehung führt das reichsgerichtliche Erkcnntniß Folgendes aus: Unverkennbar wäre in Gemäßheit des Z. 18. Absatz 2. des Gesetzes vom ii. Juni 1870 ein solcher Rechtsirrthum, auch wenn er sich un mittelbar auf die rechtlichen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Strafgesetzes bezieht, für sich allein geeignet, die Freisprechung der Angeklagten zu rechtfertigen. Insoweit daher die Feststellung guten Glaubens rein thatsächlicher Natur ist, würde das Revisionsgericht an diese Feststellung gebunden bleiben. Indessen vermag doch auch diese nicht sowohl als Eutscheiduugsgrund, vielmehr nur eventuell und ad- miniculirend ausgesprochene Annahme eines auf Rechtsirrthum be ruhenden guten Glaubens den Rcchtsbestand des Urtheils nicht zu stützen. Denn notywcndig mußten die verfehlten Rechtsauschauuugeu der Vor- instauz bezüglich des objektiven Thatvestands strafbaren 'Nachdrucks auch die gesammte Beurtheilung des subjectiven Thatbcstandes derartig be einflussen, daß es mindestens zweifelhaft bleibt, ob ein von richtigen Vordersätzen ans urthcilendes Gericht zu demselben Ergebnis; hinsichtlich der Annahme guten Glaubens gelaugt wäre. Der Begriff „entschuld baren" Jrrthums als Voraussetzung des guten Glaubens im Sinne des H 18 Absatz 2 a. a. O. ist ebenso sehr rechtlicher, wie thatsächlicher 'Natur. Eine allzu lässige, zu weit greifende Auffassung der zulässigen Grenzen der Entschuldbarkeit würde den gesammten Schutz des Urheber rechts illusorisch machen. Wer darüber richte» soll, ob ein gewisser Rechtsirrthum ein entschuldbarer oder unentschuldbarer sei, muß selbst über dem fraglichen Jrrthum, und nicht unter ihm stehen. Der Jn- stanzrichter, welcher die Nechtsansicht der Angeklagten von der Straf losigkeit ihres Thuns thcilt, mag sich immerhin auch die Eventualität zu denken im Stande sein, jene Rcchtsansicht sei falsch, und was er für straflos gehalten, sei strafbar. Unmöglich kann aber derselbe Richter für solche Eventualität ein unbefangenes objeclives Urtheil darüber ab geben, ob sein ihm und den Angeklagten gemeinsamer Jrrthum aus mehr oder weniger Entschuldigung Anspruch zu machen habe. Leipzig, den 30. Oetober 1883. vr. Melly, Rechtsanwalt. lieber modernste Bücherausstattung. Wer die nach jeder Industrieausstellung angestimmten Hymnen vernimmt, kann leicht zu dem Glauben verleitet werden, daß nicht nur unser gestimmtes Kunstgewerbe innerhalb eines Vierteljahr- Hunderts um mehr als ein Jahrhundert fortgeschritten, wenn man will: zurückgeschritten, sondern daß auch schon wieder im Publicum das Stilgefühl festgewurzelt sei. Und Sanguiniker glauben das letztere wirklich. Wir haben unsererseits wiederholt ausgesprochen, daß uns die gegenwärtig allgemeine Liebhaberei für orientalische Teppiche und deutsche Krüge noch keinerlei Bürg schaft für die Znkunst zu gewähren scheint, und daß die sticken den Damen, welche jetzt ans Sicbmachcr schwören, der Mehrzahl nach ihr künstlerisches Glaubensbekenntniß ohne Gewissensbisse ändern würden, sobald die Mode es verlangt. Um aber völlig inne zu werden, wie wenig festen Boden wir noch unter den Füßen haben, braucht man nur zu betrachten, was täglich auf dem Büchermärkte erscheint. Da ist jetzt fast Alles „stilvoll". Die Maschine liefert das Papier mit so zer fasertem Rande wie Büttenpapier und von einer Farbe, als ob es hundert Jahre in feuchtwarmer Atmosphäre gelegen hätte; alterthümliche Schriftgattungen, verzierte Initialen, Leisten, Vi gnetten, Schlußstücke und von Künstlern componirte Einband decken, — mehr zu verlangen, wäredoch die höchste Unbilligkeit! In der That würden wir oft weniger und Anderes wün schen. Denn die Verbindung ganz unverträglicher Elemente in der Ausstattung, das wahllose Umhertasten in allen Stilarten, Zeiten und Ländern verräth nur zu häufig, daß nicht ein ge bildetes Kunstgcfühl der Antrieb und Führer bei all' diesem Aufwande gewesen ist, sondern die Mode, die Reclame, das Be streben, Aufsehen zu erregen. Das Alterthümliche ist in der Mode, also eostümirt man auch die Bücher altcrthümlich, oder doch in einer Weise, welche für alterthümlich gehalten wird. Darum läßt man sich nicht an einem ins Gelbliche spielenden Ton des Papieres genügen, sondern ahmt künstlich die Stock- und Schimmel flecke nach; darum tauchen neben der Renaissanceschrift und deren modernen Umbildungen alle Arten von Gothik wieder ans, ein schließlich der unsinnigsten Verschnörkelungen, in welchen sich einst die Schrcibmeister gefallen haben; darum druckt man alte Holz schnitte nach, wenn sic auch zum Text gar keine Beziehung haben, vielleicht in grellster Dissonanz zu demselben stehen, oder repro- ducirt in Zinkographie und in verkleinertem Maßstabe Zeich nungen, die sich weder für jene Art der Reproduktion, noch für die Verkleinerung eignen; darum bemüht man sich, in Com- positionen für Deckel die Japaner an Willkürlichkeit und Bizar rerie noch zu überbieten, setzt den Titel in eine Ecke oder dia gonal über den Deckel, womöglich in Charakteren, die Niemand lesen kann. Mag man noch so liberal denken über das Bedürfniß der Industrie, gelegentlich die soundsoviel Gebote der Aesthetik zu mißachten und Dinge zu machen, welche in jenem Katechismus noch nicht vorgesehen waren, so wird man doch das hier ge schilderte Treiben als Unfug bezeichnen müssen, als ein Wildern und Verwüsten, welches um so unnachsichtiger zu verfolgen ist, weil es unter dem Schein rechtmäßigen und rationellen Betriebes auftritt. Das Buch ist ja in der Gegenwart eines der aller wichtigsten Factoren in der Erziehung und Bildung des Kunst gefühles, aus Büchern und durch Bücher lernen ja die meisten Kinder von heute erst sehen und beobachten, und Bücherweisheit bleibt unsere Nahrung bis zuletzt; das Buch kann dem Kinde die Augen für die natürlichen Stilbedingungen öffnen und dessen Begriffe für lange Zeit — verwirren. Die Schriftzügc und die Verzierungen und Illustrationen, täglich betrachtet, prägen sich dem jugendlichen Geiste ein, werden bewußt und unbewußt nach geahmt, und mit ihnen verpflanzt sich der Sinn für Ebenmaß, reine und edle Formen oder für verzwickte und verschnörkelte. Und bei den meisten Absonderlichkeiten drängt sich noch die Frage auf: Wozu? Ist schon jemals ein Buch gekauft worden, weil der Titel auf dem Umschläge verkehrt stand? Oder weil man erst in einer Sammlung alter Alphabete nachschlagcn mußte, um ihn lesen zu können? Oder ist ein gutes Buch dadurch in seinem Absätze geschädigt worden, daß es wirklich stilvoll ans- gestattct war? Wohl schwerlich. Also für wen solche Thor- heiten? Der Schatz von Motiven für die Ornamentation von Buchdeckeln, welchen die Zeit vom XVI. bis XVIII. Jahrhundert in Italien, Frankreich, Deutschland, Spanien, England uns hinter lassen hat, ist noch keineswegs erschöpft, geschweige als Material der Lehre und Anregung ausgebeutet; und über dessen Grenzen
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