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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.12.1866
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1866-12-10
- Erscheinungsdatum
- 10.12.1866
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
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- Saxonica
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2652 Nichtamtlicher Theil. 148, 10. December. Nichtamtlicher Theil. Eine Werkstatt der Zeitgeschichte.*) I. Die Journalistik leistet in unserer Zeit so Bedeutendes in Bezug auf Schnelligkeit in der Vermittelung der neuen und neuesten Nachrichten aus allen Weltgegenden, daß das Staunen des Laien nur zu gerechtfertigt erscheint, und der Reisende, welcher nicht gewohnt ist, nur mit dem „Bädekcr" in der Hand Station um Station an sich vorüberfliegen zu lasten, wird gewiß die Ge legenheit nicht versäumen, diejenigen Einrichtunge^eincr Zeitung in Augenschein zu nehmen, welche ihm den Genuß verschaffen, sich über Alles, was in der Welt Wichtiges vorgeht, tagtäglich zu unterrichten. Wohl viele Leser der Gartenlaube haben noch nicht Gelegen heit gehabt, sich genauer von dem Getriebe zu unterrichten, durch welches die Herstellung eines politischen Tageblattes bedingt wird; ich glaube ihnen daher einen Dienst zu erweisen, wenn ich im Nachstehenden versuche, ihnen einen Einblick in diesen compli- cirten Mechanismus zu verschaffen, und dazu eine Darstellung vondemGeschäftsgangder Kölnischen Zcitungwähle, welche als eines der durch Einfluß und Umfang bedeutendsten unserer jetzigen politischen Organe auf das allgemeinste Interesse An spruch hat. Schon bei meiner Ankunft in Köln machte mich der Lohn diener meines Hotels auf das in der Breitcstraße Nummer 76 und 77 gelegene große Gebäude aufmerksam, welches durch seine im Giebelfelde in großen Goldbuchstaben angebrachte Aufschrift: „Expedition der Kölnischen Zeitung" seine Bestimmung an deutet. Am nächstfolgenden Tage ließ ich mich zum Zwecke der Besichtigung dieses Institutes wieder dorthin führen, trat durch ein geräumiges Vorhaus in das für den Portier bestimmte Zim mer und ersuchte denselben, mich bei dem Chef des Hauses zu melden. Schon die Einrichtung dieser Pförtnerstube zeugte von dem Geiste größter Ordnung und Pünktlichkeit, der das ganze Etablissement kennzeichnet. Ein Sprachrohr geht von dem Zim mer über die lange, den Garten des Hauses begrenzende Mauer bis in das Zimmer des Factors im Hintergebäude, um den ge schäftlichen Verkehr zwischen dem im Vorverkäufe gelegenen Comptoir und der ziemlich entfernt von demselben befindlichen Druckerei abzukürzen. Eine an der Wand hängende gedruckte Tabelle enthält die Namen und Wohnungen der Zeitungsträger und Trägerinnen, damit in Fällen, welche deren schnelles Au- sammenrufen bedingen, wie bei dem Druck von Extrablättern, durch Nachfragen keine Minute Zeitverlust entsteht. Während der Nachtzeit schläft der Hausknecht im Zimmer des Portiers, doch ist der arme Schläfer wegen seiner Nachtruhe wenig benei denswert!), da ihn die große Hausglocke gar manchmal aus den süßesten Träumen aufschreckt, besonders in politisch bewegteren Zeiten, in denen der elektrische Draht unaufhörlich Depeschen bringt. Nach der bei dem Chef des Hauses eingeholcen und von demselben in freundlichster Weise crtheillen Erlaubniß zur ge nauen Besichtigung des Etablissements, führte mich der Portier über einen langen, gepflasterten Hof in die Druckerei, woselbst der Factor cs in zuvorkommendster Weise übernahm, auf meinem Nundgang mein Cicerone zu sein. Ucber einen langen, mit Wachsteppichen belegten Corridor schreitend, begaben wir uns, um die Entstchungsweise der Zei tung systematisch, von ihren ersten Anfängen an, zu verfolgen, zunächst in das Redactionszimmer, hier weniger das innere We sen einer Zeitungsredacrion >—darüber denken wir vielleicht später unsere Leser zu unterhalten — als vielmehr die äußere Thätigkeit derselben kennen zu lernen. Es ist erst acht Uhr Morgens, aber schon sind die sämmt- lichen Redacteure in voller Thätigkeit. Die französische und die englische Post sind bereits eingetroffen; die angekommenen Corre spondenzen werden redigirk; unbarmherzig fährt der Rothstist, dieses zeilenmörderische, gefürchtete Instrument der Herren Mit arbeiter, über einzelne Stellen hin, welche an Breilspurigkeit, Undeutlichkeit, unliebsamer Tendenz oder andern unheilbaren organischen Fehlern leiden. Andere Briefe trifft ein noch schlim meres Geschick: sie wandern ohne weiteres in die Grabstätten der Papierkörbe, wo die neuen Ankömmlinge meist schon eine recht anständige Gesellschaft beisammen finden. Mit Windeseile lasten die Redacteure ihre Stifte und Federn über das Papier fliegen, um ihre eigenen Gedanken, sei es in Leilartikelform, sei es als Einleitung und Anmerkungen zu den aus allen Welt- gegendcn eingesandten Berichten zu fixiren. Aber kaum hat der Schreibende eine Seite beendet, so wird dieselbe schon von dem sogenannten Nsttsur sn xsAS, dem die Vertheilung der Manu skripte an die einzelnen Setzer und die Satzanordnung des poli tischen Theiles der Zeitung obliegt und der gleichsam jedem Ge danken der Herren Redacteure aus die Fersen tritt, eiligst hin weggenommen und in die Setzerei befördert. Eine halbe Stunde ist verronnen; athemlos kommt der Portier ins Rcdactionszim- mer und bringt die Berliner Post, darunter die langen Ver handlungen des preußischen Landtages, welche die Kölnische Zei tung durch ihre eigenen Stenographen aufnehmen läßt. Der Älsttsur su xaZs, der den Redestoff aus dem Abgeordnetenhause vorläufig nur in quantitativer Beziehung zu schätzen weiß, gibt sein Votum dahin ab, daß die heutigen Verhandlungen zwei volle Columnen, oder acht Zeitungsspalten einnehmen würden. Sofort wird Rath gehalten, wie das bereits vorliegende und das noch in Arbeit begriffene Material zu vertheilen sei. Diese Berathung erfordert jedoch nur wenige Minuten, denn die Nothwendigkeit, daß das erste Blatt der Zeitung gegen elf Uhr Morgens fix und fertig sein muß, verdrängt alle kleineren Bedenken über Dieses und Jenes. Schleunigst begibt sich der Älsttsur su xaZs mit den Berichten über die Kammerverhandlungen in den Setzcrsaal zurück. Wir folgen ihm bald dahin nach und finden ihn gleich beim Eintritt in den großen Setzersaal eifrig damit beschäftigt, die in eine Menge kleiner Stücke geschnittenen Kammerverhandlungs- berichte an die entsprechende Anzahl Setzer zu vertheilen. Die bewunderungswürdige Erscheinung, daßauch diegrößtenSitzungs- berichte sammt all' den andern Tagesneuigkeiten oft schon eine Stunde, nachdem die Post sie gebracht hat, dem Auge des Lesers gedruckt vorliegen, findet ihre Erklärung, wenn man einen Blick in den großen Setzcrsaal und auf die in demselben entfaltete Thä tigkeit wirft. In diesem Saale, der etwa fünfzig Fuß ins Ge viert mißt, sind nicht weniger als vierundfünfzig Setzer beschäf tigt; außerdem arbeiten aber auch noch sechs in einem auf der zweiten Etage befindlichen kleinen Saale, so daß die Gesamml- zahl derselben nicht weniger als sechszig beträgt. Mit solchen Kräften läßt sich bei geregelter Thätigkeit gewiß Bedeutendes leisten, aber dennoch bleibt unser Staunen gerechtfertigt, wenn man die Menge der bekannten kleinen, zum Theil sehr mühevollen *) Lus der „Gartenlaube".
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