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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.08.1861
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- Erscheinungsdatum
- 12.08.1861
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- Deutsch
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über, wovon weiter unten bei der Erörterung der zweiten jener vorangcstellten Fragen die Rede sein wird. Wir sind daher entschieden der auch von Anderen (Wächter, Harum) vertheidigtcn Ansicht, daß auch bei Briefen nur die all gemeinen Erfordernisse gelten, ihre Form an sich und der ur sprüngliche Zweck einer nur individuellen Mittheilung also diesen Erfordernissen nicht entgegenstcht. Und in der That enthalt der vorliegende Rechtfall eine wahrhaft überzeugende Rechtferti gung dieser Anstedt. Wer könnte daran zweifeln, daß der Brief wechsel Schillcr's und Goethe's, obwohl diese beiden erhabenen Briefsteller bei der Abfassung ihrer Briefe niemals daran dach ten, dieselben vereint oder einzeln öffentlich herauszugeben, ein literarisches Erzeugniß im „eminentesten Sinn", wie das nach folgende Gutachten mit Recht sagt, seien, daß ferner diese Briefe zwar in der vollendetsten Form den Ausdruck erhabener Gedan ken enthalten, aber nicht deshalb, weil die Verfasser gerade die Absicht hatten, eine solche Form herzustcllcn, welche diese Briefe auch für den öffentlichen literarischen Verkehr geeignet mache, sondern deshalb, weil unter ihrer Hand eine jede Form unwill kürlich eine mustergültige, für diesen Verkehr geeignete wurde. Und würden wir daher den Schatz jener Gedanken in diesen Brie fen als einen solchen, welchem durch sich selbst im gesetzlichen Sinne de: Rechtsschutz gegen Nachdruck gebührte, dann nicht an erkennen wollen, wenn die Briefform allein nicht in der That eine so vollendete gewesen wäre, wie sie cs hier in der That ist? Wir thcilen nachstehend das über die vorliegende Frage er stattete Gutachten des literarisch-artistischen Sachverständigcn- Vcrcins zu Berlin mit. Es lautet: „Es mag dahingestellt bleiben, ob und wieweit Briefe, welche gar keinen literarischen oder wissenschaftlichen Charakter an sich wagen, sondern rein privater Natur sind und etwa nur gleichgültige Mitteilungen oder individuelle Beziehungen ohne irgend ein allgemeines Interesse enthalten, des gesetzlichen Schu tzes sich zu erfreuen haben oder nicht. Nach preußischem Rechte (h. 3. des Gesetzes vom 11. Juni 1837) sind wenigstens unter den „Manuskripten aller Art" auch Briefe und zwar zunächst ohne Rücksicht auf ihren Inhalt und ihre literarische Bedeutung gegen den ohne Genehmigung dcsAutors oder seiner Rechtsnach folger zu bcipirkcndcn Abdruck, wie gegen den eigentlich verbote nen Nachdruck geschützt. Allein selbst wenn man auf jenen vor her angedeutcten Unterschied eingehcn und den brieflichen Mittheilungen rein persönlicher und gleichgültiger Art jeden Schutz des Gesetzes absprechcn sollte, die Briefe, um welche es sich hier handelt, gehören ohne allcnZwcifel zu den „literarischen Erzeugnissen", welchen auch das gemeine Deutsche Recht (Bun- desbcschluß vom 19. Juni 1845) den Schutz des schriftstelleri schen Eigenthums gegen den Nachdruck u. s. w. im reichsten Maße gewährt. Auf die Form, in welcher ein literarisches Er zeugniß ausgeprägt ist, kann es überhaupt nicht ankommen. Sonst könnte man bei jeder einzelnen Form dieselbe Frage wie derholen, und etwa untersuchen wollen, ob auch ein Dialog, ein Gelegenheitsgedicht u. s. w. durch das Gesetz geschützt sei. De- nunciat will freilich so viel zugestehcn, daß Briefe, welche einen bestimmten didaktischen Inhalt haben, den Schutz des Nach- drucksgcsetzes genießen würden. Danach wären ausschließlich solche Werke gegen Nachdruck geschützt, welche, wie z. B. Lie- big's chemische Briefe, nur in Briefform geschrieben sind, dabei aber eine bestimmte Disciplin abhandeln. Es ist jedoch gewiß kein Grund vorhanden, der singirtcn Briefform ein höheres ge setzliches Schutzrccht gegen Nachdruck einzuräumcn, als dem wirklichen Briefe, zumal doch auch der letztere nichts weiter ist, als eine Form des Gedankenaustausches. Auch beschränkt sich der Schutz des Gesetzes bekanntlich nicht bloß aus Lehrbücher und Compendien, mögen dieselben in Paragraphen oder in Briefform geschrieben sein; er erstreckt sich ebenso gut auf Abhandlungen, Aufsätze, Kritiken, Sprüche, Aphorismen, und es ist nicht abzu sehen, weshalb derartige literarische Erzeugnisse, wenn sie zufäl lig zuerst brieflich mitgctheilt worden sind, des Schutzes verlustig gehen sollen. Ebenso wenig kommt es für die rechtliche Bcur- lhcilung darauf an, zu ermitteln, ob der Schreiber die Production eines literarischen Erzeugnisses beabsichtigt habe; die Frage ist nur, ob in dem geschriebenen Briefe ein literarisches Erzeug nis vorliegt oder nicht. Es bedarf wohl keines Beweises, daß der Schiller-Goethc'schc Briefwechsel nicht zu jenen gleichgültigen Mitthcilungen rein persönlicher Beziehungen gehöre, die nach einer gewissen Ansicht einen gesetzlichen Schutz nicht in Anspruch zu nehmen haben würden, sondern daß dieses Werk, das seit 30 Jahren auf die tiefere Erkenntnis der Poesie, wie des deutschen Geisteslebens in dessen wichtigster Epoche anregend und be fruchtend, wie wenig andere, eingewirkt hat, als ein literarisches Werk im eminentesten Sinne betrachtet werden muß. Es ist darin ein — allerdings in Briefform eingekleidcter — Gedanken austausch der beiden Haupthcroen unserer klassischen Litcratur- periodc über ihre höchsten geistigen Produktionen gegeben, es ist darin ganz eigentlich dieGencsis der bewundernswerthestenSchö pfungen beider Dichterfürsten in deren Blüthezeit enthalten. Deshalb bilden die Briefe, wie der überlebende Goethe selbst an deutet, ein völlig in sich abgeschlossenes Kunstwerk, sie bilden einen unerläßlichen Commentar zu den Werken beider Dichter, ein nothwendigcs Supplement eben dieser Werke aus kompeten tester Meisterhand, und sind unstreitig in derselben Weise berech tigt, als literarische Erzeugnisse den Schutz der Gesetze zu beanspruchen, wie die hintcrlassencn Werke Schillcr's und Goe the's selbst." Dem vorstehenden Gutachten hat sich der erste Richter in seinem Erkenntnisse über den vorliegenden Nachdruck im Wesent lichen angeschlossen, wenn er auch nicht schon deshalb, wie der Sachverständigen - Verein, weil überhaupt „Manuskripte aller Art" ohne Rücksicht auf ihren Inhalt und ihre literari sche Bedeutung als gegen Nachdruck geschützt seien, den Thatbc- stand allein anerkennt, vielmehr allerdings das Erforderniß einer solchen literarischen Bedeutung ausstellt. Das hiernächst in dieser Sache ergangene Urtel des Ober- Tribunals vom 28. Juni 1861 wider Wolf äußert sich über die vorliegende Frage dahin: Der erste Richter findet — und der Appellationsrichter hat hierin nichts geändert—, daß der in dem Briefwechsel enthaltene Ideenaustausch zwischen Schiller und Goethe über literarische Arbeite» .überhaupt und insbesondere über ihre eigenen Arbei ten, durch welchen zugleich ein Commentar der letzteren geliefert werde, das Werk zu einem literarischen Erzeugnisse im eminente sten Sinne erhebe, daß ferner darin eine Autobiographie Schil- l-er's und endlich ein Aufschluß über den Privatvcrkehr beider für die Culturgcschichte Deutschlands so einflußreicher Männer ent halten sei u. s. w. Es kann nun aber einem Bedenken nicht un terliegen, daß Briefe von einem solchen Charakter allerdings als gegen den Nachdruck geschützte literarische Erzeugnisse im Sinne des Gesetzes vom 1l. Juni 1837 und der Deutschen Bundes gesetze über den Nachdruck zu betrachten seien. Denn sobald ein Erzeugniß der gedachten Art wirklich vorliegt, entscheidet nicht auch die Form, in welcher es entstanden, oder die Absicht, unter welcher es ursprünglich geschaffen ist, über die Voraussetzungen, unter denen der gesetzliche Schutz eintreten soll. Es ist also die
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