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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.08.1883
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- 22.08.1883
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- Deutsch
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Tafeln gezeichnet und die Formen zusammengesetzt hatten, allein mit denselben Formen konnten sie nichts Anderes drucken, eben weil die Buchstaben nicht von den Tafeln ablösbar und beweglich, sondern eingeschnitzt waren. Nach diesen Erfindungen folgten künstlichere; sie erfanden die Art und Weise, die Formen aller Buchstaben des lateinischen Alphabets zu gießen, welche Formen sie Matrizen nannten, und aus welchen sie hinwiederum eherne oder zinnerne, zu jeglichem Drucke geeignete Buchstaben gossen, welche sie früher mit den Händen schnitzten. Und in der That, wie ich vor beinahe 30 Jahren aus dem Munde des Peter Schösser von Gernsheim, eines Mainzer Bürgers und Schwiegersohns des ersten Erfinders der Kunst, gehört habe, hatte die Buchdruckerkunst vom Anfänge ihrer Erstehung an große Schwierigkeiten zu bekämpfen, denn als sie beschäftigt waren, die Bibel zu drucken, hatten sie schon mehr als 4000 Gulden ausgegeben, ehe sie noch den dritten Quaternion*) zu Stande gebracht. Der erwähnte Peter Schösser aber, damals Gehilfe, nachher Tochtermann des ersten Erfinders Faust, ein kluger und sinnreicher Kopf, dachte eine leichtere Art aus, die Buchstaben zu gießen, und vervollständigte die Kunst, wie sie jetzt ist. Und diese drei hielten ihre Art und Weise zu drucken, einige Zeit geheim, bis dieselbe durch Gehilfen, ohne deren Mit wirkung sie die Kunst selbst nicht ausüben konnten, zuerst bei den Straßburgern und endlich bei allen Nationen verbreitet wurde. Das Gesagte mag über die wunderbare Buchdruckerkunst genügen, deren erste Erfinder Mainzer Bürger waren. Die drei ersten Er finder wohnten aber zu Mainz im Hause »zum Jungen«, welches hierauf und noch bis jetzt »das Druckhaus« genannt wird." Für die in Mainz bekannten Leser sei die Bemerkung beigefügt, daß in dieser Stadt heute noch drei Gutenberg'sche Druckhäuser gezeigt werden. Das erste, vorhin genannte, befindet sich in der Franziskanergasse Nr. 3; der „Hof zum Korb", jetzt Brauhaus in der Korbgasse, ist das zweite Druckhaus und der „Hof zum Humbrecht", Schusterstraße 20, ist das dritte, bezw. das Fust- und Schöffer'sche Druckhaus; sie sind heute durch passende Gedenktafeln ausgezeichnet. Noch im Jahre 1856 soll man im „Hof zum Jungen" Reste einer Presse gefunden haben, welche als eine Gutenberg'sche bezeichnet wurde. Die Mainzer Stadtbibliothek im westlichen Flügel des ehemaligen kurfürstlichen Schlosses enthält mehrere alte Drucke von Gutenberg, Fust und Schösser aus den Jahren 1459 bis 1462. Der Verfasser von „Deutschland oder Briefe eines in Deutsch landreisenden Deutschen", der durch seinen Witz und Humor bekannte Demokrit-Weber, sagt in seinem Bericht über Mainz u. a. Folgendes: „In großen Städten pflegt man überall auf merk würdige Gebäude Rücksicht zu nehmen, — und wie Viele haben sich Wohl das Eckhaus in der Schustergasse zeigen lassen, wo Fust und Schösser wohnten? Sollte es vielleicht gar noch Deutsche geben, die fragen: wer sind die? Es wäre möglich, aber gewiß kennen sie Doctor Faust, dessen ganze Geschichte von diesem Fust her zurühren scheint, dessen Erfindung seiner Zeit Zauberei schien, wie noch 1783 in Spanien die Aerostatik — die Luftschiffer mußten sich bei der heiligen Inquisition reversiren, daß alles ganz natür lich dabei zugehe — und noch jetzt führt die schwarze Kunst Fust's Manchen in die Krallen — des Teufels!" Und an einer andern Stelle: „...Wenn Mainz sich seines Gutenberg's rühmt, so darf sich Gernsheim seines Schöffer's rühmen, der die Matrizen erfand und seinen Schwiegervater Fust bestens unterstützte. Sie druckten das erste bekannte Buch, die *) Ein „Quaternio" (neulateinisch) bedeutet eigentlich ein aus 4 Theilen bestehendes Ganze, hier aber eine Lage von je 4 Bogen, also 12 Druckbogen, ein früher besonders bei Jncunabeln gebräuch licher Ausdruck. Psalmen, 1457 auf Pergament, wovon nur noch fünf Exemplare vorhanden sein sollen, zu Mainz, Göttingen, Wien, Dresden und Paris." (Auf das Mainzer Psalterium kommen wir bald beson ders zurück.) Wenden wir uns jetzt wieder zu der Entwicklung der Ge schäftsverbindung, so finden wir, daß Fust, gewinnsüchtig und un redlich, wie ihn Wetter in der schon angeführten „kritischen Geschichte der Erfindung der Buchdruckerkunst" geschildert hat, planmäßig damit zu Werke geht, Gutenberg aus der Gemeinschaft zu verdrängen Kaum war Schöffer's Verbesserung der Erfindung als bewährt zu betrachten, so daß sich also eine sichere Aussicht auf größeren Gewinn eröffnete, so wurde die neue Methode der Typo graphie dem Meister Gutenberg sorgfältig verheimlicht, „damit solch edleGab Gottes inGeheimb verbleiben möge, haben Schwäher und Tochtermann ihre Gewerken mit Eidpflichten verbunden, solch Sachen all in höchsten Geheim und Verschwiegenheit zu halten." Dann ergriff Fust den ersten besten Vorwand zur Trennung von Gutenberg, um mit seinem Schwiegersohn eine eigene Druckerei zu errichten und seinem ersten Geschäftsverbündeten durch schönere Druckwerke, als dieser hervorzubringen vermochte, die Möglichkeit der Concurrenz abzuschneiden. Sehr wohl wußte er, daß Guten berg aller finanziellen Hilfsmittel entblößt war und die ihm vor- geschoffenen Gelder nicht sofort zurückzahlen konnte, und hierauf gründete er seinen unschönen Plan. Einen Vorwand lieferten die Kosten einer in Druck befindlichen lateinischen Bibel. Es lag jedoch im Interesse von Fust, so lange mit der Ausführung zu warten, bis der Druck dieses Werkes, welches schon große Summen zu seiner Herstellung erfordert hatte, seine Vollendung erreicht haben würde. Im October 1455 reichte er also seine Klage gegen Gutenberg ein, worin er die Rückzahlung einer Summe von 2026 Gulden (eines Capitals von 1600 Gulden mit Zinsen und Zinseszinsen vom Jahre 1450 ab) forderte. Daß dieser unedle Plan Wohl über legt war, geht schon aus dem Umstande hervor, daß Fust, als einer der reichsten Bürger von Mainz bekannt, dennoch das Geld zu dem bezeichneten Darlehen absichtlich bei Juden ausgenommen hatte, um das eigene, nicht bloß an Wucher streifende Verfahren zu beschönigen. Er leistete den ihm deshalb vom Gericht auferlegten Eid und erhielt, da Gutenberg nicht zahlen konnte, nicht nur die Presse mit allen Druckwerkzeugen, sondern auch die schon gedruckten Bogen der lateinischen Bibel, alles vorräthige Pergament und Papier, welches bisher gemeinschaftliches Eigenthum war, aus geliefert. Zu Ende des Jahres 1455 sah sich hiernach der arglose Gutenberg um alle Früchte seiner großen Erfindung und seiner vielfachen Sorgen und Bemühungen gebracht und Fust war all einiger Besitzer der Druckerei und ihrer Erzeugnisse. Er war nicht bloß der Erbe und Verwerther der ihm von Gutenberg anvertrauten Geschäftsgeheimnisse, sondern er durfte auch hoffen, die mit allen nöthigen Rüstzeugen versehene Werkstatt durch den Fleiß und die Geschicklichkeit seines geistvollen Schwiegersohns zu einem recht einträglichen Geschäfte zu benutzen. Beide gingen sofort rüstig ans Werk, um die errungene gün stige Stellung tüchtig auszunutzen. Sie wandten bedeutende Geld mittel an und vermehrten zunächst das vorhandene Werkzeug, so daß sie bald iui Besitz einer vollständig eingerichteten Buchdruckerei sich befanden und besonders durch Schöffer's größere mechanische Fertigkeit den ersten Erfinder überflügelten. Nachdem sie die ur sprünglich Gutenberg'sche Druckerei aus dem „Hofe zum Jungen" in das neu von Fust erworbene Haus „Zum Humbrecht" verlegt hatten, sahen sie sich in der Loge, in jeder Hinsicht größere Lei stungen auf dem typographischen Gebiete hervorzubringen. Nament lich Schösser fühlte sich angeregt, etwas Bedeutendes und womöglich Epochemachendes den Zeitgenossen und Nachkommen vorzulegen.
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