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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.12.1883
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- Erscheinungsdatum
- 03.12.1883
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- Deutsch
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HL S7S, 3. December. Nichtamtlicher Theil. 5565 viele Beispiele anführen; doch erscheint das keineswegs als noth- wendig. Ein weiteres Beispiel aus dem Mittelalter soll uns heute eingehender beschäftigen. Wir wollen hier vorführen, wie es einem tüchtigen Buchdrucker aus der Fremde gelungen ist, in der Metropole Oesterreichs, in Wien, der Hauptstadt deutscher Cultur in Südosten, festen Fuß zu fassen und sich während der Zeit von 43 Jahren mit Ehren zu behaupten. Ein klarer Kopf, eine tüchtige Bildung, eine arbeitsfähige Persönlichkeit, ein ge stählter Charakter, Fleiß, Beharrlichkeit und Thatkraft — das Alles tritt uns entgegen, wenn wir das Leben und Wirken des „wohledlen" Buchdruckers Johann van Ghelen betrachten, der vor zwei Jahrhunderten seinen Wanderstab von Holland nach Oesterreich setzte und dort sich niederließ. Die Materialien zu diesem Lebens- und Charakterbild finden wir in einem vortrefflichen, soeben erschienenen Werke, welches Wiens Buchdruckergeschichte von 1482 bis 1682 behandelt und von 0,. A. Mayer verfaßt ist.*) Dieses Buch, eine wahre Zierde des deutschen Buchhandels, entstammt dem schon vor mehreren Jahren gefaßten schönen Gedanken, eine würdige Begehung des 400jährigen Jubiläums der Buchdruckerkunst in Wien durch die Herausgabe einer gediegenen, auf durchaus wissenschaftlicher Grund lage beruhenden Geschichte des Wiener Buchdrucks zu veranlassen. Der Gedanke hat auf das glücklichste seine Ausführung gefunden; das so entstandene Werk, — dessen zweiter Band noch zu er warten steht, — ist reich an Aufschlüssen verschiedenster Art für Buchdruck und Buchhandel und nimmt in der kulturgeschichtlichen Literatur Deutschlands einen hohen Rang ein. Ganz besonders ehrt es den Verein der Wiener Buchdrucker, die seine Heraus gabe mit großen Opfern veranlaßt und durchgeführt haben; dem gediegenen Inhalt entspricht vollkommen die ebenso geschmackvolle wie höchst würdige typographische Ausstattung, welche Wien auch in dieser Richtung lobt. Die Buchdrnckerfamilie van Ghelen gehörte einem alt adeligen Geschlechte an, welches aus Westphalen nach Antwerpen ausgewandert war und hier seine Wohlhabenheit begründet hatte. Zeit und Ursache sind nicht mehr bekannt; sicher aber ist, daß die van Ghelen bereits unter Maximilian l. und Karl V. zu den hervorragenden Bürgergeschlechtern Antwerpens zählten. Diese Stadt gelangte gerade damals, nachdem Brügge infolge seiner feindseligen Haltung gegen Maximilian l. alle Privilegien ver loren hatte, zu industrieller und geistiger Blüthe; ihre Bürger wurden reich und mächtig; Gelehrte und Künstler, welche in der weitberühmten St. Lucasgilde vereinigt waren, fanden in diesem soliden Bürgerthume die Wurzel ihres Ruhmes. Auch die Buch drucker Antwerpens gelangten im 16. Jahrhundert durch zahl reiche und schön ausgestattete Werke zu hohem Ansehen. Wir möchten hier einige Bemerkungen über die erste Ge schichte der Buchdruckerei in Holland einschalten. Es dauerte allerdings längere Zeit, bis die Kunst Gutenberg's auch in den Niederlanden festen Boden gewann. Sie war von Köln nach Holland und Norddeutschland gekommen, hatte aber an manchen Orten des Nordens, so in Lübeck, Hamburg, Rostock re., weit schneller Fuß gefaßt als in den Niederlanden. Nachdem sie aber auch hier sich endlich eingebürgert hatte, haftete sie um so fester, und die Blüthezeit der Buchdruckerkunst währte dort weit länger *) Genauer Titel: „Wiens Buchdruckergeschichte 1482 bis 1Y82. Herausgegeben von den Buchdruckern Wiens, versaßt von vr. A. Mayer, Secretär des Vereins für Landeskunde von Nieder-Oester- reich. I. II. Halbband 1482—1682. Wien, 1883, Verlag des Comitä zur Feier der 400jährigen Einführung der Buchdruckerkunst zu Wien, in Commission bei Wilhelm Frick." als anderwärts; ja, ein vollständiger Verfall ist eigentlich nie mals eingetreten. Wie in der holländischen Malerei, sagt C. B. Lorck*), so blieben auch in der Buchdruckerei Sauberkeit und Sorgfalt in allen Einzelheiten besondere nationale Kennzeichen. An schönen, durch die Phantasie der Künstler illustrirten Werken gingen nur wenige aus Holland hervor, aber eine große Zahl nützlicher Werke und viele werthvolle Ausgaben der Classiker. Als hauptsächlichsten Trägern der Buchdruckerkunst begegnen wir hier wie in Italien und Frankreich mehreren berühmten Familien, namentlich Blaeu, Plantin und Elzevier, welche letztere, wie bekannt, den größten Ruf erlangte.**) Der gute Ruf der Buchdrucker Hollands scheint die Familie van Ghelen angelockt zu haben. In den Jahren zwischen 1520 und 1528 findet sich — wie unser Werk weiter berichtet — unter den Buchdruckern Antwerpens ein Johann oder Hanns van Ghelen, dessen Vater bereits die Buchdruckcrkunst und das Buchhändlergeschäft betrieben hatte. Der Sohn des Hanns van Ghelen, Johann, übte ebenfalls die Buchdruckerkunst. Er über nahm die Officin des Vaters und erscheint auf zwei von ihm ge druckten Büchern mit den Jahreszahlen 1555 und 1560 als geschworener Buchdrucker Kaiser Karl's V., d. h. als Hofbuch drucker. Auch seine 3 jüngeren Brüder Josef, Jacob und Jeremias waren Buchdrucker und hatten ihr Geschäft auf der „Lombard-Best" zu Antwerpen, wo eine Bank vor dem Hause ihr Wappen zeigte, das auch das Buchdruckerzeichen war: ein Baum mit daran hängendem Schilde, der die Buchstaben L. v. G. und den Wahlspruch: ,,ücks nuuMam pollnts." enthielt; zu bei den Seiten des Baumes befanden sich aufspringende weiße Wind hunde; am Fuße desselben lag ein Buch, auf welchem ein Kanin chen saß. Da Johann und Jeremias sich dem Protestantismus zu gewendet hatten, so mußten sie, als 1579 die wallonischen Pro vinzen wieder der spanischen Herrschaft unterworfen worden waren, aus Antwerpen auswaudern. Ersterer ging nach Mastricht, letzterer nach Rotterdam. Hier erwarb sich Jeremias ein sehr bedeutendes Vermögen, doch war dort seines Bleibens nicht; er wurde wieder katholisch und ging nach Antwerpen zurück, Ivo er sich nunmehr als Buchdrucker und Buchhändler zu bedeutendem Ansehen emporarbeitete. Er war vermählt mit Anna Drabbe, der Tochter eines reichen Autwerpener Bürgers, aus welcher Ehe zwei Söhne stammten: Paul und Jacob, welcher letztere der Vater unseres Johann van Ghelen, des Ahnherrn der Wiener van Ghelen, wurde. Johann van Ghelen empfing am 23. Mai 1645 in der Kathedralkirche St. Maria zu Antwerpen die Taufe. Er studirte anfangs bei den Jesuiten, dann bei den Augustinern in seiner Vaterstadt und beendete seinen Unterricht in den Schulen zu Breygen unweit Villvorden. Mit einem tüchtigen Schatz von *) Vergl. die „Herstellung von Druckwerken". Praktische Winke für Autoren und Buchhändler von C. B. Lorck 4. Auflage, Leipzig 1883, I. I. Weber. Dieses verdienstvolle Buch unseres geehrten College» scheint in weiten schriftstellerischen und bnchhändlerischen Kreisen in der That jene Aufmerksamkeit und Beachtung gesunden z» baden, auf die es die gerechtesten Ansprüche hat. **) Der Ruf der Elzevier wurde begründet durch die kleinen Duo dez- und Sedez-Ausgaben, deren Zierlichkeit und sorgfältige Her stellung große Berühmtheit erlangten und den Namen „Elzevier" ans die Nachwelt vererbten. Zu ihrer Zeit — hauptsächlich um die Mitte des 17. Jahrhunderts — waren die in Leyden hergestellten Elzevier- schen Drucke unübertroffene Leistungen; die Eleganz der Lettern und die Correctheit des Textes waren gleich ausgezeichnet; mehrere derselben gelten noch heute als Meisterstücke der Typographie. Das Leydener Ge schäft mußte 1712 verkauft werden.
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