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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.02.1883
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 12.02.1883
- Sprache
- Deutsch
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648 Nichtamtlicher Theil. 35, 12. Februar. plagen — bis an mein Lebensende. Die Concurrenz, die böse Concurrenz — sie wird mich noch ruiniren. Sch. Ich spotte gar nicht, alter Freund, habe dazu keine Ursache. Wir haben ja viele Größen im Verlagsbuchhandel, aber Sie müssen nicht alles nach den Verhältnissen unseres Collcgen Pipperwalde beurtheilen. Es ist wirklich nicht überall so glänzend bei uns, wie es Ihnen scheint. Ich habe im Ver lag auch manches Haar gefunden — noch dazu falsches. Gleicht denn nicht im Allgemeinen vieles im Verlagshandel den Ver hältnissen im Sortiment wie ein Ei dem andern, wenn es auch nicht das Ei des Cvlumbus ist, mit dem man sich bei den De batten über unsere Lage mit besonderer Vorliebe beschäftigt? Die Concurrenz im Verlage ist ja in Wirklichkeit viel ärger wie im Sortiment — und dann die Schleuderei! Kl. Nein, lieber College, nun hört's auf! Sie wollen mich foppen. Ich hoffte, mit Ihnen gemächlich ein Stündchen in alter Weise plaudern zu können; wenn Sie aber so mit mir umgehen, dann gehe ich. Verhöhnen lasse ich mich nicht; — von einem alten Freunde und — Gesinnungsgenossen, wie ich glaubte, — hätte ich das am wenigsten erwartet! Sie haben kein Herz mehr für die Leiden Ihrer ehemaligen Specialcollegen! Sch. Nur nicht so aufgeregt, lieber Klagegern, und werfen Sie nicht so mit den landläufigen Redensarten herum. Mit dem Herzen allein kommen wir nicht durch. Wir wollen ein vernünftiges Wort mit einander reden. Dazu vor allem eine Friedenspfeife! Eine Havana ist's freilich nicht — die ist mir zu theuer. Der Mittelstand kann's nicht — und dazu ge hören wir beide. Nehmen Sie — eine billige, aber ganz rauch bare Neustados-Eberswaldia. Und setzen wir uns. Wir kommen, hoffe ich, noch zusammen! Kt. Aufgeregt, sagen Sie! Ja, wie soll man da ruhig bleiben — muß man nicht aus der Haut fahren, wenn man die heutigen Verhältnisse im Buchhandel betrachtet? Und keine Hoffnung auf Besserung. Heute kann jeder Cigarrenfritze und Lampenhändler Bücher verkaufen. Daß es geschieht — davon geben ja die Schaufenster Ihrer Residenz Zeugniß. Hosenträger und Jugendschriften neben einander. Eine nette Wirtschaft. Sch. Darauf kommen wir vielleicht auch noch zurück, mein Freund! Vorläufig bleiben wir bei der Sache. Also die Schleu derei im Verlage. Das Wort hatte Sie so aufgeregt. Kl. Da bin ich allerdings — wenn Sie im Ernste reden wollen — sehr neugierig, wie Sie das entwickeln werden! Sch. Allerdings, lieber Freund, habe ich mich eines total falschen Ausdrucks schuldig gemacht. Bei uns nennt man's nicht Schleuderei, sondern — Spekulation, und wer solche Spe kulation erfolgreich durchführt — der wird als genialer Refor mator gefeiert! Kl. Speculation und Schleuderei! Wie das gleichbedeu tend sein kann, das verstehe ich noch nicht! Erklären Sie mir das! Sch. Warten Sie nur ab! Ziehen wir eine Parallele. Zunächst kommt das Sortiment! Einer Ihrer Specialcollegen kommt aus die Idee, ein bedeutendes Werk — nehmen wir z. B. ein Conversationslexikon — in großartigem Maßstabe zu ver treiben. Er contrahirt mit dem Verleger auf 1000 Exemplare zu einem sehr ermäßigten Preise von etwa 50°/^ und vertreibt die Exemplare in Deutschland, meinetwegen auch in Oesterreich, mit 25 °/g Rabatt. Das Geschäft wickelt sich in glänzender Weise ab — wie nennen Sie das? Kl. Das wäre eine Schmach! Eine Schleuderei ohne Gleichen. Kein anständiger Verleger würde sich dazu hergeben! Sch. Nicht so hitzig, Freundchen! Schleuderei in Ihrem Sinne zugegeben. Mit dem Anstand wollen wir aber nicht so herumwerfen; das hat doch seine Bedenken. Nun die Parallele: Ein Verleger faßt den Plan, ein Werk herauszugeben, welches bisher wegen der hohen Herstellungskosten und wegen des — so meinte man früher — immerhin beschränkten Absatzkreises nicht billig verkauft werden konnte. In der alten Weise geht's nicht, also Calculation auf Massenabsatz, basirt auf einen bis dahin unerhört billigen Preis — etwa ^/z der Concurrenzunter- nehmungen. Alles schlägt die Hände über den Kopf zusammen — ob solchen Wagnisses; aber die Sache gelingt — sie gelingt namentlich, weil der Sortimentbuchhandel das Unternehmen, bei dem etwas zu verdienen ist, mit aller denkbaren Energie unterstützt. Kl. Damit meinen Sie wohl das Werk von Sch. Ich meine gar nichts Bestimmtes, lieber Freund. Reden Sie nicht so laut. Nomina sunt oäiosa. Bleiben wir bei der Sache, keine Persönlichkeiten. — Also, der Unternehmer gewinnt mit einem Schlage Reichthümer — die Concurrenten dagegen mit ihrem alten vorzüglichen Material sind auf lange Jahre lahmgelegt und verlieren viel Geld. Wie nennt man dies? Kl. Jedenfalls eine kühne, aber glänzend ausgefallene Speculation, aber — Sie machen mich stutzig, Freund, — von diesem Gesichtspunkte aus habe ich die Sache bisher nicht be trachtet; sie hat allerdings zwei Seiten. Sch. Mindestens zwei, wie jede Sache, aber zwei sehr verschiedene und doch so ähnliche Seiten. Im Sortiment heißt's Schleuderet, im Verlag — Speculation. Im elfteren Falle kämpft der Sortimenter mit aller Energie dagegen, und verlangt vom Verleger allseitige Unterstützung seiner Bestrebungen — in letz terem Falle wird der geschädigte Verleger wohl thun, zu schweigen (höchstens darf er inwendig raisonniren), denn sonst muß er sich noch sagen lassen: „Warum konntest Du nicht selbst auf einen so genialen Gedanken kommen?" Das war ein Beispiel in großen Zügen. Kleinere gibt es zu Hunderten, und ich kann aus eigener Praxis mit solchen dienen. Kl. O, ich weiß schon, Freundchen, wovon Sie reden wollen. Sie meinen Ihre Müller'sche Märchensammlung! Das Buch ist ja jetzt sehr hübsch ausgestattet, aber Sie haben sich überflügeln lassen. Die Sachen kaust man jetzt billiger. Sic geben ja höchstens 50°/g; ich beziehe solche Artikel jetzt meist mit 60°/g Rabatt. Sie sollten zu denselben Bedingungen lie fern, dann werden wir beide auch wieder größere Geschäfte zu sammen machen. Sch. Sehr verbunden für Ihre gute Absicht, lieber Klage gern — aber diesen Hammelsprung mache ich nicht mit. Lieber ein kleineres, aber solides Geschäft. Dafür finden Sie aber auch meine Artikel nicht beim Antiquar und nicht neben den — Hosenträgern. Das sind Vortheile, die sich auf die Dauer viel leicht doch geltend machen. Glauben Sie denn, daß meine Con currenten mit ihrer Schleuderei — oxoai-or, ich wollte sagen — Speculation ein Geschäft machen? KI. Was werden sie nicht? Bei dem großen Umsatz! Die Herstellung solcher Bücher kann doch auch nicht viel kosten, sonst würde ja ein so hoher Rabatt gar nicht möglich sein. Sch. Da sieht man wieder, lieber Freund, wie Bücher geschätzt werden. Ich habe früher ähnlich gedacht. Die Menge soll es machen. — Glauben Sie mir, mit dem großen Umsatz hat es seinen Haken. Ich kenne Fälle, in denen ganze Auflagen direct vom Buchbinder zum Engros-Händler wanderten — zum Herstellungspreise. Es wird allerdings umgesetzt, aber fragt mich nur nicht: wie? Die Schaufenster unserer ?üitiquare und 50- Pfennig-Bazare können davon reden.
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