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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.02.1892
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 22.02.1892
- Sprache
- Deutsch
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43. 22. Februar 1892. Nichtamtlicher Teil. 1061 dieser Zeilen, als sein ehemaliger Lehrling, und wahrscheinlich auch seine Gehilfen gewünscht hätten, er käme manchmal etwas später. Seine unausgesetzte Thätigkeit wurde fast nur da durch unterbrochen, daß er bisweilen größere geschäftliche Reisen, hauptsächlich in das Ausland unternahm. Längere Reisen in den früheren Jahren bedeuteten aber noch etwas anderes als heute, weil sie kostspieliger und zeitraubender waren. Sein Weg führte ihn wiederholt nach Kopenhagen, London, Paris, Petersburg, Moskau re., andere häufige Reisen innerhalb Deutschlands, Oesterreich-Ungarns und der Schweiz waren selbstverständlich. Diese Reisen waren erforderlich teils zum Zweck des Ankaufs von Bibliotheken, teils zur Anknüpfung neuer Verbindungen. Der Erfolg seiner Reisen ist verkörpert in einer stattlichen Reihe von Katalogen, die sein Haus in den dreißig Jahren seiner geschäftlichen Thätigkeit — es sind nicht weniger als 236 Verzeichnisse des festen antiqua rischen Lagers, neben gegen 100 Auktionskatalogen — in den Buchhandel gebracht hat. Dieselben enthalten die nach vielen Hunderten zählenden Bibliotheken allgemein bekannter Gelehrten und umfassen alle Zweige des menschlichen Wissens. Die Namen auch der berühm- testen und hervorragendsten früheren Besitzer derselben aufzu führen, würde zu weit führen. Es mögen hier nur die Samm lungen einiger eigentlichen Bibliophilen erwähnt sein, z. B. der des Sergei Sobolewski (Moskau), welcher eine Büchersammlung hinterließ, wie sie so leicht von einem Privatmanne nicht wieder zusammengebracht werden wird. Sie umfaßte Rossica und Reise werke, daneben unter vielen anderen Kostbarkeiten ein vollständiges Exemplar der de Bry'schen Publikationen, d. i. eine Sammlung von Reisen in Ost- und West-Indien. Diese eine Nummer der Sobolewski- Sammlung wurde im Jahre 1873 zu dem Preise von 7100 Thaler verkauft und würde in der gleichen Vollständigkeit und guten Be schaffenheit jetzt wahrscheinlich den dreifachen Preis erzielen. Die be deutendste und berühmteste Büchersammlung jedoch, die durch die Firma zum Verkaufe kam, war die sogenannte vr. Jose Maria Andrade-Sammlung. DieBibliothek dieses mexikanischen Bibliophilen war seinerzeit von dem unglücklichen Kaiser Max kurz nach seiner Landung in Mexiko erworben und später von ihm sehr vermehrt worden in der Absicht, daraus eine kaiserliche Bibliothek zu sammenzustellen. Die tragischen Ereignisse hinderten den Kaiser an der Ausführung des Planes, und so wurde denn die Sammlung, in mehr als 200 Kisten aus Mauleseln verpackt, nach Vera-Cruz transportiert und nach Europa verschifft. Hier angekominen, wurde sie nach dem Tode des Kaisers Max von den Herren List L Francke erworben. Die Versteigerung dieser »llibliotllsca mejwana« fand am 18. Januar 1869 und folgenden Tagen statt und war ein Ereignis ersten Ranges im Antiquariats-Buchhandel, denn an und für sich schon war die Sammlung einzig in ihrer Art und etwas derartiges in Europa noch nicht angeboten worden, der Wert der Sammlung wurde aber noch bedeutend erhöht durch das Interesse, das sich mit der Person ihres früheren Besitzers an diese spanischen, in Mexiko gedruckten oder auf Mexiko bezüglichen Werke knüpfte. Das Ergebnis der Auktion war glänzend und bewies, wie richtig die Firma gehandelt hatte, indem sie die Bibliothek zu einem beträchtlichen Preise erwarb. Eine Art Sensation unter den großen in- und ausländischen Bibliotheken riefen ferner die in ihrer Art einzig dastehenden Verzeichnisse ungarischer Litteratur, welche das Haus List L Francke ausgab, hervor; ich nenne die Bibliotheken des Herrn Archivar Walther, der Herren von Nagy und Bartfay. Es waren dies wohl die ersten bedeutenderen Kataloge, welche in Deutschland (oder überhaupt) über ungarische Litteratur veröffent licht wurden. Dasselbe gilt von einem im Jahre 1874 aus gegebenen antiquarischen Katalog von Büchern in russischer Sprache und Werken über Rußland. Die außerordentlichen Erfolge, welche List erzielte, wurden vielfach durch sein ungewöhnliches Gedächtnis unterstützt. Erstaun liche Proben seiner Gedächtnisstärke lieferte er oft, so daß er Neunundfünfzigster Jahrgang. nach zwanzig bis fünfundzwanzig Jahren genau sagen konnte-' das vorliegende Exemplar dieses oder jenen Werkes habe ich bereits in Händen gehabt und zu dem und dem Preise in dem und dem Jahre an Herrn X. verk'ns.. List war wiederholt in Mos.au; einmal, um die oben erwähnte Sammlung Sobolewski zu erwerben, und ein zweites Mal zur Zeit der Moskauer allgemeinen Welt-Ausstellung im Jahre 1872, um die von seiner Firma geleitete Ausstellung des deutschen Buchhandels zu überwachen. Es bedingte dies einen längeren Aufenthalt, der viel Mühe, Unannehmlichkeiten und durch Dritte verschuldete Verluste brachte; eine erhebliche Anzahl von Werken war verschwunden und ist bis jetzt nicht wieder zum Vorschein gekommen. Für die aufopfernden Bemühungen des Hauses List L Francke anläßlich der allgemeinen Welt-Ausstellung wurde Felix List vom Kaiser von Rußland der Stanislaus-Orden verliehen. Trotz seiner anstrengenden, ich möchte fast sagen aufreibenden Thätigkeit fand er noch Zeit, sowohl seine Begeisterung für sein Berussfach, als auch seinen Lokal-Patriotismus zu bethätigen und für das allgemeine Wohl seiner Vaterstadt und des Buchhandels thatkräftig einzutreten. Felix List war nicht allein Jahre lang im Ausschuß für das Börsenblatt thätig, sondern er ist auch einer der eifrigsten Förderer der Bibliothek unseres Börsenvereins ge wesen. Mit einigen anderen Männern hat er unabläsiig seinen Einfluß geltend gemacht, daß jede sich bietende Gelegenheit be nützt werde, durch Ankauf von Sammlungen die Bibliothek nach ihrer Richtung abzurunden und zu vervollständigen. Als Stadtverordneter hat er Jahre lang gewirkt, auch war er als eidlich verpflichteter Taxator bis zu seinem Tode an den Leipziger Gerichten thätig. Am 2. Januar d. I. waren es dreißig Jahre, daß er mit seinem Socius Francke zusammen arbeitete. Dreißig Jahrei! Welche Arbeit, welche Sorgen und Mühen bringen sie jedem Manne! Auch der Heimgegangene ist davon nicht verschont geblieben. Fast bis zu seinem sechzigsten Jahre erfreute er sich einer unverwüstlichen Gesundheit, körperlicher und geistiger Frische. Dann jedoch begann eine merkliche Abnahme seiner körperlichen Kräfte, in der Hauptsache veranlaßt durch die erfolgte Verunglückung seines ältesten Sohnes Richard in Tirol und mehrfach in seiner Familie vorgekommene andere betrübende und niederschlagende Todesfälle. Sein etwas älterer Socius schied am 2. Januar 1892 aus der Firma aus, wofür dessen beide Söhne Richard und Reinhold eintraten. Hermann Francke steht im siebzigsten Jahre. List wollte von seiner buchhändlerischen Thätigkeit noch nicht lassen und beabsichtigte, ihr treu zu bleiben, so lange es seine Kraft nur einigermaßen gestatten würde. Wer hätte aber ahnen können, daß ihm schon in Bälde nicht mehr erlaubt sein sollte, seiner ihm lieb gewordenen Beschäftigung nachzugehen! Herr Francke, den der frühe Heimgang seines Freundes und Geschäftsteilhabers tief berührt, möge ebenso wie die hinterlassene Familie des Verstorbenen Trost finden in der bitteren Wahrheit, daß alles Leben auf Erden vergänglich ist, und andererseits, daß sich das von beiden so liebevoll aufgebaute Geschäft in guten Händen be endet. Es kann von Felix List zweifelsohne gesagt werden, daß er ein Mann war, dessen Wirken ein Stück Geschichte des Anti quariats-Buchhandels umfaßt und daß mit ihm eine Periode der Entwickelung dieses Geschäftszweiges ihren Abschluß erreicht hat. Es darf ferner von ihm gesagt werden, daß er als eifriger, unermüdlicher Geschäftsmann sich nicht allein um die Interessen eines Standes, sondern auch um diejenigen seiner Stadt verdient machte. Er war ein leuchtendes Vorbild für seine Schüler, ein guter Patriot und seiner Familie ein ausgezeichneter Vater, seinem Associä aber del treueste und teilnehmendste Freund in allen Wcchselsällen des Lebens; kurz ein Mann, der seine Pflichten 144
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