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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.12.1920
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- 1920-12-18
- Erscheinungsdatum
- 18.12.1920
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Redaktioneller Teil. M 286, 18. Dezember 1930. Daraus ergeben sich zwei Hauptzwecke der Sozia lisierung: 1. Hebung der Produktion, 2. Aus gleichend« Verteilung der Ergebnisse — beides ohne Zweifel höchst erstrebenswerte sozialwirtschaftiiche Ziele —, bei denen es sich nur fragt, auf welchem Wege sie in dem einzel nen Gewerbszweig verwirklicht werden können, und ob es gerade der Weg der Sozialisierung ist, der zum Ziele führt. Aber ehe wir diese Fragen näher erörtern, drängt sich uns doch die Vorfrage auf, ob denn nun vorzugsweise auf dem Gebiete des Buchhandels eine Hebung (oder auch nur eine Besserung) der Produktion nötig, also ob nicht jetzt bereits eine sehr starke, gute und erfolgreiche Produktion schon besteht, und ob nicht eine ausgleichende Verteilung in hohem Maße schon jetzt geschieht. Diese Vorfrage ist besonders auch deshalb wichtig, weil durch die Reichsverfassung und das Sozialisieruugsgesetz der Verwirk lichung der Sozialisierung bewußtermaßen Grenzen gezo gen s i n d. Nicht nur spricht das Sozialisieruugsgesetz vom 23. 3. 1919 (RGBl. S. 341) in seinem 8 2 nur von Unternehmun gen, die »für eine Vergesellschaftung geeignet« sind, und von dem Fall »dringenden Bedürfnisses« einer gemeinwirtschaftlichen Regelung, es korrespondiert ferner auch mit seinem fast gleichlautend in die Reichsversassung über gegangenen A 1 mit den Artikeln 151, 153, 157, 163, 164 der Reichsverfassung. Übergeordnet ist also die Forderung einer Ordnung des Wirtschaftslebens im Sinne des Gemeinwohls, des Schutzes des Eigentums, namentlich wenn es im Dienste des Gemeinen Besten gebraucht wird, des Schutzes der Arbeitskraft und deren Betätigung zum Wöhle der Gesamtheit, ferner des Schutzes des Mittelstandes. Nun gehört der Sortimentsbuchhandel durchweg zu den Unternehmungen des Mittelstandes, der Sortimenter ist ein fast typischer Vertreter des Mittelstandes, und vor seinem Eigentum und seinen Unternehmungen hatte nach dem Sinn und Wortlaut der Reichsverfassung der Sozialisterungsvcrsuch von vornherein Halt zu machen, wenn nicht etwa Schädigungen des Gemeinen Besten nachzuweisen sind. Was andererseits das in der Tat »kapitalistische« Unterneh men des Verlagsbuchhandels betrifft, so muß zunächst darauf hingewiesen werden, daß der Verlag, wenn man tief in sein Wesen und seine Betätigung blickt, bereits eine stark sozialisierende Funktionerfüllt. Die Weisheit des alten Brockhaiis lautete: Bei zehn Unter nehmungen eines Verlages schlagen fünf ganz fehl, drei gehen mittelmäßig und zwei schlagen dafür so vorzüglich ein, daß sie alles wieder gut machen. Der Verleger, der hier eintritt, um mit wenigen erfolgreichen Unternehmungen (die oft genug von ihm selber veranlaßt wer den) mehrere andere überhaupt zu ermöglichen, benutzt also hier in der Tat sein Kapital zu ausgleichender Arbeit zum GemeinenBeslen. Hier tritt der Einzelne ein mit seinem Kapital nicht nur, sondern mit seinem Kalkül, seinem individuel len Urteil. Schallet letzteres aus (Betriebsräte, Mehrheiis- ineinung), so ist zehn gegen eins zu wetten, daß man nur noch von vornherein lukrative Unternehmungen wird machen wollen. Das heißt aber, daß dies s) entweder erreicht wird, oder b) nicht erreicht wird, mithin im Fall ->) man damit den Nutzen dieser Sozialisierung für die Autoren, die Schaffer der Geisteswerte in weitem Maße ausschaltet, im Fall b) man dahin kommt, Ver luste verteilen zu müssen. Damit kommen wir aber schon mit ten hinein in die Hauptfrage. II. Für den Verlag hat namentlich vi. W. Borgius einen Sozialisierungsplan entworfen in seiner Schrift »Zur Soziali sierung des Buchwesens«.*) Er geht von dem an sich richtigen Gedanken aus, daß der Perlagsbuchhandel ein kapitalistisches Unternehmen ist. Das ist *1 Verlag Neues Vaterland, E. Berger L Co., Berlin W. 62. Eine »ndere kleine Schrift von Patte liber den gleichen Gegenstand bietet inhaltlich nicht viel. 1506 er in der Tat und muß es sein, denn sein Wesen ist »Verlegen-, üorlegen von Geld, Auslegen von Kapital, um Geisteserzeugnisse vervielfältigen und verbreiten zu können.*) Ader das allein st noch kein hinreichender Grund für Sozialisierung, ebensowenig wie dieses »kapitalistische- Bioment identisch wäre mit einem rein geschäftlichen, unsachlichen Interesse. Borgius wünscht den Verlag in einer Konsum-Produktions genossenschaft etwa in dem Sinne zu organisieren, daß sich zu nächst die Spezialverleger zu einer gemeinwirtschaftlichcn Gesell schaft zusammenschlietzen, und daß alle Käufer und in Frage kommenden Interessenten diesen sogenannten »Zentralverlag« mit finanzieren durch Zahlung eines Jahresbeitrages. Dies — zu gleich mit einer Zusammenlegung von Zeitschristen «- sei der Weg, um die »chaotisch-anarchische- Absatzgestaltung und unratio nelle Doppel- und Mehrsachproduktion zu beseitigen. Das Sor timent hingegen soll durch Verkaufsstellen des Zentralverlages ausgeschaltet werden. Soweit Or. Borgius. Hier laufen nun ganz verschiedene Gedankeu- gänge uuentwirrt durcheinander. Ordnung dcr Produktion, Verhinderung der Zuviel- und Doppelarbeit, über blick über die Absatzverhältnisse, Zusammenlegung von Zeitschlif ten sind Probleme, über die man sich schon vor dem Schlag- wort der Sozialisierung die Köpfe zerbrach, und sind Wlln>chc, die schon lange geäußert wurden. Daß aber diese Wünsche er füllt, dieses Problem gelöst werden könne gerade aus dem Wege dcrSozialisierung,dasi ft durch Borgius nicht erwiesen und bleibt «ine völlig offene Frage. Jeden falls fehlt hier durchaus das zwingende Bindeglied. T a ß es fehlt, wird sich aus folgenden Erwägungen ergeben. Wir kommen da zurück auf die Grundfrage der Eig- nungeines Gew erbezweig es für die gemein wirtschaftliche Regelung und des »dringenden Bedürfnisses«. Der Weimarer Schriftsteller und Dichter Paul Ernst hat vor einiger Zeit (in der Deutschen Allgem. Zeitung) den wissen schaftlichen Verlagsbuchhandel für sozialisierungsreis erklärt, weil dieser ohne jedes Risiko arbeite und also sehr leicht sein Geld verdiene (während der belletristische Verlag sehr risikoreich und individualistisch bedeutsam sei als Pfadfinder und Seelenfiihrer). Dieses von keinerlei Sachkenntnis getrübte Urteil stellt alles nur auf die Risikofrage ab. Gewiß sind riskante Unternehmun gen weniger zur Sozialisierung geeignet als sichere. Aber die Hauptsache lieg! doch darin, ob es sich um Betriebszweige han delt, von denen nicht nur der Unternehmer, sondern auch die Mit arbeiter, die Angestellten und Arbeiter gleichförmige, vom Indi viduum ziemlich unabhängige oder ob sie alle individuell differenzierte, persönlich betonte Arbeit lei sten. Und gerade dieses letztere ist im Buchhandel in sehr hohem Maße der Fall. Wenn man es kurz ausdrücken will, so darf man sagen: der Buchhandel, wie die graphische Industrie überhaupt, verarbeitet Geist. Es gibt abernichts Individuel leres als Gei st, und der Geistdientum so besser derAllge mein heit,jefreiervonbürokratischcn Fesseln er sich entfalten kann. Die Förderbedingun gen sind da ganz andere als bei Kohle und Kali. Daß dcr Bürokratismus aber wirklich als die größte Ge fahr, die mit der Sozialisierung verbunden ist, anzusehen ist, hat n. a. auch der bekannte Handelsredakteur der Frankfurter Zeitung Arthur Feiler hervorgehoben, und aus der gleichen Befürchtung heraus hat man sich für viele Industriezweige gegen die Sozialisierung ausgesprochen. Für die Textilindustrie, weil sie individualistische Modefragen zu entscheiden hat, ja sogar für Kali und lwhle hat man die Bürokratisierung, die im Gefolge der Sozialisierung unvermeidlich ist, sehr bedenklich gefunden. Gewcrbszwcige jedenfalls, die wie der Buchhandel eine Kunst sind, können von solcher Reform nichts Gutes erwarten. Hier berühren sich Produktions- und Ver teilungsfrage sehr nahe. Wenn Autoren in der Füh rung der Verlagsgeschäfte mitreden wollen, so wollen sic das *> Vgl. meinen Anssot! »Verlag und Verlagsrecht- im Handwör terbuch b. Staatswisf. Bb. 8, wo diese Sachlage näher dargelegt ist.
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