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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.10.1891
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- 26.10.1891
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- Deutsch
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249, 26. Oktober 1691 Nichtamtlicher Teil. 6331 ausnahmsweise im Einzclfall nicht zutreffend, besonders entkräftet wird. Mehr als eine Bcweisvcrmutung und eine Abweichung von den allge meinen strafprozessualen Grundsätzen freier Bewciswürdigung enthält hiernach der ß 20 Abs. 2 a. a. O nicht. Es fragt sich, wie weit diese Bcweisvcrmutung greift, und wes unter dem Begriff der hiernach zu präsuinicrendcn -Thätcrschast- des Redakteurs zu verstehen ist. Gerade an dieser Stelle setzen vornehm lich die Zweifel ein, welche für die Behandlung der gesetzlichen Schuld- ausschließungsgründc ausschlaggebend werden. Geht man davon aus. daß -Thätcr- im Sinne des ß 20 Abs. 2 a. a. O. der den vollen subjektiven wie objektiven Thatbestand einer strafbaren Handlung in sich verkörpernde Delinquent ist, so gelangt man mit Notwendigkeit zu dem Schluß, daß die gesetzliche Präsumtion der -Thätcrschast- den subjektiven Thatbestand mit umsaßt, und folgewcisc beim Vorliegcn objektiv strafbaren Inhalts einer periodischen Druck.chrift der strafbare Vorsatz des Redakteurs ohne weitere Prüfung solange präsumiert werden muß, bis dem Richter durch »besondere Umstände- das Gegenteil nachgewiescu wird. Auf diesem Standpunkt stehen wesentlich die Ausführungen im Urteil des Reichs gerichts vom 22. April 1887 (Entscheidungen in Strafsachen Band 16 Nr. 3 Seite 16 sf.). Solcher Auffassung stellen sich jedoch die erheblichsten Bedenken ent gegen. Von vorne herein erscheint nach der oben berührten Entstehungs geschichte des Z 20 des Paßgesetzes gewiß, daß man bei einer Unterstellung einer derartigen im Gesetz mit enthiltenen, -besonders- zu widerlegenden Präsumtion zu materiell-rechtlichen Konsequenzen gelangt, welche weit über das erkennbar von der Gesetzgebung verfolgte Ziel hinausschießen. Während gesetzgeberisch lediglich beabsichtigt wurde, den Beweis bewußter, mit voller Kenntnis des Inhalts erfolgter Veröffentlichung gegen den Redakteur sicher zu stellen, gegen den letzteren die regelmäßig mit jeder bewußt gewollten Veröffentlichung einer bestimmten Druckschrift verknüpfte strafrechtliche Verantwortlichkeit des gewöhnlichen Veröfsentlichers zu realisieren, würde der Redakteur fortan mit einer Doluspräsumtion belastet sein, die ihn erheblich ungünstiger stellte, als den sonstnach allgemeinen S.rwgesctzm verantwortlichen Urheber eines strafbaren PreßerzeUgnisses. Man würde dann entweder inner halb derselben Zeitung strafrechtliche Unterschiede machen müssen zwischen der Haftung des Redakteurs für Artikel, die er nachweisbar selbl verfaßt bezw. vor sätzlich veröffentlicht har, und solchen, bei denen seine Thätcrschast nur vermutet wird, oder man würde denselben Autor nach verschiedenen Grundsätzen haftbar erklären, je nachdem er einen von ihm verfaßten Aussatz mittels selbständiger, nicht periodischer Druckschrift, oder als Re dakteur in der von ihm redigierten Zeitschrift veröffentlicht hat. Es würden sich ferner die unlösbarsten Schwierigkeiten ergeben, sobald Delikte in Frage kommen, welche, je nachdem der Vorsatz des ThäterS von dieser oder jener Beschaffenheit ist, einen durchaus verschiedenen Charakter annchmen, und nunmehr entschieden werden soll, ein wie gearteter Vorsatz im konkreten Fall gesetzlich zu vermuten ist. Der mögliche Ausweg, zu unterscheiden zwischen eigentlichen und uncigcnt- lichen Prcßdelikten, oder döch zwischen solchen Delikten, welche un mittelbar in der Veröffentlichung den vollen objektiven wie sub jektiven Thatbestand einer strafbaren Handlung darstcllen, und solchen, welche außerhalb der Veröffentlichung selbst liegende Thatsachcn oder thatjächlichc Beziehungen der Außenwelt zur Slrasbarkeit voraussctzcn, würde, ohne den festen Boden positiver Rechtsnormen als Grundlage, durch die Eröffnung einer Fülle neuer, mehr oder weniger willkürlicher, künstlicher, überall anfechtbarer Dlstinküoncn die vorhandenen Schwicrig- kci'cn für die Rechtsprechung nur noch steigern. Rach alledem scheint der Schluß gcrechlsertig', daß die Wirkung der im tz 20 Abs. 2 a. a. O ausgestellten Präsumtion sich nicht weiter zu erstrecken hat, als cs die Befriedigung des praktischen Bedürfnisses er fordert, daß der AnschuldigungSbeweis nach der Richtung, aber auch nur nach der Richtung hin unterstützt und gesichert werden soll, wo sich nach den bisherigen Erfahrungen die repressive Kraft der Strafgesetze unzu reichend erwiesen hatte, und daß dieser Mangel lediglich in dem un sicheren Erweise der vom Redakteur gewollten, d. i. der mit Kenntnis und Verständnis des Inhalts von ihm vorsätzlich verursachten Veröffent lichung hervorgetretcn ist. Daß er die Druckschrift mit Kenntnis und Ver ständnis des Inhalts vorsätzlich veröffentlicht hat, soll gegen den Redakteur kraft gesetzlicher Vermutung ohne weiteres solange als erwiesen gelten, bis das Gegenteil dargcthan ist Weil die Art, wie im konkreten Fall der Redakteur seines Amtes gewaltet, wie er den zu veröffentlichenden Stoff geprüft, die Veröffentlichung angeordnet hat und er solchergestalt der eigent liche intellektuelle Urheber der Publikation geworden ist, in der Regel un verkennbar im Dunkel des Redaklionsbureaus verborgen bleibt, deshalb sollte hier eine ges tzliche Vermutung intellektueller Urheberschaft nachhel fend etntreten. Was dagegen die andere Frage anbetrifft, mit welchem strafrechtlichen Vorsatz der Redakteur als wirklicher oder vermuteter -Thäter- der Veröffentlichung in dem eben begrenzten Sinne gehandelt hat, so wird -iese durch die Norm des ß 20 Abs. 2 a. a. O. nicht berührt. Steht ber intellektuelle Urheber der Veröffentlichung fest, dann bietet jene Frage bei der periodischen Presse nicht mehr Schwierigkeiten, wie der nichtperiodischen Presse gegenüber. Daß der Redakteur einer Zeitschrift als Herausgeber der einzelnen Nummer der Regel nach mehr fremden Stoff verarbeitet und publiziert, als der Verfasser einer einzelnen Broschüre, bedingt nur einen unwesentlichen thqtsächlichen Unterschied; dem Herausgeber eines Sammelwerkes gegenüber ver schwindet der Unterschied vollends. Der Regel nach wird es hier wie dort eine thatsächliche Frage bleiben, ob je nach der Beschaffenheit des in Rede stehenden Delikts und des von ihm erforderten Vorsatzes, je nach der zweifellosen und unmittelbaren Verkörperung des Vorsatzes in dem vorliegenden objektiven Thatbcstandc für Bestreiten, Prüfen und Erörtern des subjektiven Thatbcstandcs mehr oder weniger Raum übrig bleibt. Insoweit wird also in zahlreichen Fällen die Vermutung intellektueller Urheberschaft einer Veröffentlichung strafbaren Inhalts thatsächlich zugleich das Vorhandensein strafbaren Vorsatzes mitumfassen. Daher kann auch nicht die Rede davon sein, als führe der hier ver tretene Standpunkt dahin, nun etwa regelmäßig noch einen besonderen Nachweis des Dolus gegen den Redakteur zu fordern. Worauf cs hier ankommt, ist lediglich die Ablehnung der Folgerung, als supplicre schon die Norm des tz 20 Abs. 2 a. a O. den strafbaren Vorsatz, ist die Betonung der Forderung, daß der verantwortliche Redakteur gleich jedem anderen bekannten Autor und Vcröffcntlichcr eines Prcßcrzeug- nisscs stracharen Inhalts mit der Einrede, ohne strafbaren Vorsatz ge handelt zu haben, gehört werden muß. Zu dem gleichen Ergebnisse führt die wörtliche Auslegung des tz 20 Abs. 2 a. a. O. Das geltende Strafrecht braucht den Ausdruck -Thätcr» in dem weitesten Sinne der kausalen Urheberschaft eines rechtsverlctzcn- dcn Erfolges, ohne dabei entscheidendes Gewicht auf schuldhafte oder nicht schuldhafte Thätcrschast zu legen Gelegentlich, wo der Gegensatz der Deliktssormcn von Allcinthätrrschaft u»dTcilnahme(Mitthätcrschaft re) in Frage ist — 47, 49, 50, 63, 257 des Strafgesetzbuchs —, wird unter dem -Thätcr- der hauptsächliche oder alleinige Delinquent ver standen. An anderen Stellen — W 5l, 52, 53 Abs. 2, 54 des Straf gesetzbuchs — bezeichnet das Gesetz als -Thätcr» auch den schuldlosen, im Zustande der Willcnsunfrciheit, der Notwehr, des Notstandes han delnden Verursacher einer Rechtsverletzung. Mit diesem legalen Sprach gebrauch befindet sich der hier vertretene Satz in voller Ueberein- stimmung. daß die Worte im Z. 20 Abs. 2 a. a. O. -ist als Thätcr zu bestrafen«, nur besagen sollen, der Redakteur haftet strafrechtlich als bewußter, mit Kenntnis und Verständnis des Inhalts handelnder Verursacher der Veröffentlichung. Die hiervon unabhängige Frage, mit welchem, wie beschaffenen Vorsatz die Veröffentlichung bewirkt worden ist, wie weit der -Thäter- auch subjektiv für seine That strafrechtliche Verantwortlichkeit zu tragen hat, bedarf in jedem Einzelsall besonderer Entscheidung. Hieraus aber folgt für die vorangestcllte Rechtsfrage eine zwei fache Konklusion. Erstens erscheint es unstatthaft, zwischen dem in Gemäßheit des Z 20 Abs. 1 nach den allgemeinen Strafgesetzen ver antwortlichen und dem in Gemäßheit des Z 20 Abs. 2 kraft gesetz licher Vermutung haftbaren Redakteur, zwischen dem wirklichen und dem präsumtiven -Thätcr» des in einer periodischen Druckschrift ver übten Preßdclikts materiell rechtlich unterscheiden zu wollen. Ob der Beweis bewußter Urheberschaft der Veröffentlichung in dem obigen Sinne mit den gewöhnlichen Beweismitteln (Geständnis, Zeugen, Urkunden, Anzeichen und dergleichen) oder mit Hilfe einer unnnder- lcgt gebliebenen gesetzlichen Verinuthung geführt wird, dafür ist aller dings Abs. 1 und 2 des Z 20 a. a. O. von Bedeutung. Steht aber einmal die «Thäterschaft« fest, dann hat jeder materielle Unterschied zwischen wirtlichem und präsumtivem Thätcr ein Ende. Zum zweiten ist hiermit zugleich ausgesprochen, daß die allgemeinen Strafgesetze, insoweit sie die materiellen Grundsätze vom Dolus enthalten, also die gesetzlichen Schuldausschlicßungsgründc mit samt der den Beleidigungs- Vorsatz regelnden Norm des Z 193 des Strafgesetzbuchs, dem Verant wortlichen Redakteur in gleich m Maße und mit der gleichen Wirkung zur Seite stehen, wie jedem anderen -Thätcr- eines Prcßdelikts, und daß diese Schuldausschließungsgründe begrifflich nicht den -besonderen Umständen» zugezählt werden dürfen, durch deren Nachweis eine für die Schuld streitende Vermutung besonders entkräftet werden müßte. Im Zusammenhänge mit den zuletzt ausgeführtcn Erwägungen mußte sodann in eine Erörterung der weiteren Frage eingetrcten werden, welche Bedeutung den -besonderen Umständen- positiv bei- zumcffcn sei, deren Erweis die im Z 20 Abs 2 a a O ausgestellte Vermutung zu widerlegen berufen ist. Geht man davon aus. daß der Grundsatz der Herrschaft der allgemeinen Strafgesetze für die periodische, wie für die nichtpcriodisch: Presse in erster Reihe maßgebend bleibt, daß bezüglich der periodischen Presse lediglich die Führung des Anschuldigungsbeweises durch eine gesetzliche Präsumtion ergänzt worden ist, daß Grund und Zweck dieser Präsumtion sich auf den Nachweis vor sätzlicher, mit voller Kenntnis des Inhalts verursachter Veröffentlichung beschränkt, im übrigen aber der kraft solcher Präsumtion haftbar ge machte Redakteur materiellrechtlich, vor allem hinsichtlich des Dolus, dem sonstigen bewußten Urheber eines strafbaren Preßcrzcugnisses vollkommen xlcichsteht, so zwingen diese Vordersätze zu dem Schluß, daß die -beson deren Umstände- des Z 20 Abs. 2 a a. O. alle thatsächlichen Momente umsassen müssen, durch welche mit der Anahme vorsätzlicher Veröffent lichung zugleich jeder strafbare Vorsatz ausgeschlossen wird. Einen Re dakteur, welcher erwiesenermaßen an der Herstellung und Veröffentlich ung eines Preßerzcugnisses strafbaren Inhalts in keiner Weise vorsätzlich mitlhätig geworden ist, dennoch zum dvloscn Thäter des MrafdeliktS L52*
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