Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.09.1890
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 03.09.1890
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18900903
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-189009031
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18900903
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1890
- Monat1890-09
- Tag1890-09-03
- Monat1890-09
- Jahr1890
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
204, 3 September t800. Nichtamtlicher Teil. 4599 »Item Hanns Dünne der goltsmyt hat gefeit, das er vor dryen jorcn oder doby Gutemberg by den hundert gnldin abe verdienet habe alleine das zu dem trnckcn gehöret.« Nun weiß man zwar auch, daß Guteuberg schon wahrend des erwähnten Prozesses es sich höchst angelegen sein ließ, sein Geheimnis zu wahren, sowie, daß dies auch ferner durch ihn und seine Geschäftsteilhabcr zu Mainz geschah bis zum lieber- falle dieser Stadt im Oktober 1462; aber da er genötigt war, doch auch die Hilfe anderer — in unserem Falle die des Gold schmieds Dünne — in Anspruch zu nehmen, so liegt der Schluß ja sehr nahe, daß der im Jahre 1444, um welche Zeit Gillen berg nach Mainz zurückgckehrt ist, zu Avignon auftauchende Goldschmied Procop Waldvogel ein ehemaliger Arbeiter Dünnes war, der wahrscheinlich die von Gutenberg bestellten Gravierungen — möglicherweise Typenstempel — nusgeführt hat, und hierdurch auf dessen Thätigkeit aufmerksam geworden, bestrebt gewesen ist, über dieselbe zu erfahren, was zu erfahren möglich war; vom Drechsler Conrad Sahspach aber, der, wie wir aus den gleichen Prozeßakten wissen, Gutenbergs Presse hergestellt hatte, wird schon auch einiges abzulockcn gewesen sein über deren Konstruktion und Betriebsweise. Ter Umstand, daß alle Nachrichten fehle» über die Leistungen Waldvogels, sowie daß derselbe, nachdem er etwa zwei Jahre laug sich in Avignon aufgehalten und wäh rend dieser Zeit verschiedene Geschäftsverbindungen eingegangen und wieder gelöst, auch Schüler angenommen hat, alsdann wieder gänzlich verschwindet und auch nicht die geringste Spur zurück läßt von seiner Druckcrthätigkeit, gerade dieser Umstand führt zu dein Schlüsse, daß dieser Gvldarbeiter zwar hat läuten hören, ohne indes erfahren z» können, wo die Glocken hingen; d. h. die Erfindung Gillenbergs war ihm nicht unbekannt geblieben, in das Geheimnis des Verfahrens des Erfinders war er jedoch nicht eingedrungen und deshalb war er mit seiner ^rs scribonäi urtilicialitor, der Kunst, künstlich zu schreiben, wie sein Verfahren in den nufgcfundenen Dokumente» genannt wird, auch nicht weit gekommen. Verfolgt mau nun diese Betrachtungen weiter, so wird man zu dem Schlüsse gelange», daß, die Aechtheit der vom Abb6 Reguin mitgetcilten Aktenstücke vorausgesetzt, in den Jahren 1444 bis 1446 möglicherweise Druckversuche zu Avignon gemacht worden sind, daß es aber doch nicht zutreffend ist, von der wirklichen Ein führung der Buchdruckcrei daselbst in jenen Jahren zu sprechen. Das Samenkorn der köstlichen Frucht, das Waldvogel pflanzen wollte, kam nicht zum Aufgehen, — es hat sich als ein taubes erwiesen. Was nun der Abb6 Reguin, welcher übrigens die Erfinder eigcnschast Gutenbergs gar nicht in Zweifel zieht, über Wald vogels Thätigkeit sagt, läßt sich in folgendem resümieren. Seine Dokumente entstammen den Notariatsregistern von Jacques de Bricude und Pierre Augulhacii, ans den Jahren 1444 bis 1446, welche sämtlich die Angabe des betreffenden Jahres voll in Buchstaben ausgeschrieben an der Spitze tragen, so daß in bezug auf diese keinerlei Irrtum möglich ist. In dem ersten ist gesagt, daß der Goldschmied Procop Waldvogel, gebürtig aus Prag, mit dem Juden Davin aus Cadcrousse einen Kontrakt schließt, in welchem er sichwerpflichtct, diesem 27 hebrä ische Buchstaben, genannt Formcnbnchstabeu, in Eisen zu gravieren, gemäß der Wissenschaft des künstlichen Schreibens, welches ge nannter Waldvogel vor zwei Jahren den Juden gelehrt hat, wozu er ihm auch das nötige Werkzeug in Holz, Zinn und Eisen zu liefern übernimmt (. . . . ipsi juclso kucoro ot kuctus rockckoro et rostituoro vi§iuti soxtsm littorus obrouxcus kormutas, seisus in korro bono ot ckobitv juxtu scioncium et pructicum scribemki, sunt ckuo anni olupsi ipa jucloo per cliotum krocopium ostonsum et ckoctum, ut äixit, unu cum ingoniis «ko kusto, cle stuxno et cle korro). Davin, der wie viele Ebräer in jene» Jahrhunderte» sich auch mit Chemie beschäftigt zu haben scheint, versprach dagegen, Waldvogel in der Kunst des Färbens von Stoffen re. zu unterweisen, wobei er sich zugleich verpflichtete, l dessen Kunst gegen jedermann und in jeder Weise geheim zu halten. Waldvogel aber ging es wie Guteuberg: er war oft in Geld verlegenheit und, um sich Geld zu verschaffen, verpfändete er an Davin seine Mobilien, ja sogar Kleider und auch Schriften, von denen es aber zweifelhaft bleibt, ob es wirklich Buchdruckschriften waren, da in einem zweiten Dokument nur von guuclrsAintu octo littoris giavilis in korro die Rede ist, welche Davin noch zurück- znstellen schuldig war. Wären es thatsächlich Buchdrnckschriften, so würde ihre Zahl zweifellos eine höhere gewesen sein, und man würde sie überhaupt weit eher nach dem Gewicht, als nach der Zahl verzeichnet haben. Es muß sich also hier wiederum wohl um Schriftstempel gehandelt haben. Nach diesem zweiten, vom 16. April 1446 datierten Dokumente verschwindet übrigens Davin gänzlich aus der Geschichte, und da auch von ihm, gleich wie von Waldvogel, keine seinen Namen tragenden Drucke auf- gesunden worden sind, so könnte auch ihm das Geheimnis des letzter» keinen sonderlichen Segen gebracht haben. Waldvogel, der so strenge Geheimhaltung seiner Wissenschaft des künstlichen Schreibens verlangte, nahm es damit selbst nicht so ge nau. Schon im Jahre 1444 hatte er davon auch Mitteilung gemacht an einen Schlosser Girard Ferrose, aus der Diöcese Trier gebürtig, welcher sich iu Avignon niedergelassen hatte, und ihre Geschäftsverbindung war bald eine so innige geworden, daß sie gemeinschaftlich eine Wohnung bezogen. Aber ihre vereinten Mittel scheinen keine nennenswerte Höhe besessen zu haben; um etwas Geld zu erlangen, mußte Ferrose eine Wanduhr an einen Inden verpfänden, was indes auch nicht weit reichte, so daß Waldvogel wieder als Lehrer der geheimen Wissenschaft des künst lichen Schreibens anstrat, diesmal einem Georges de Jardine gegenüber, welcher sofort 10 Gulden und später noch 27 Gulden dafür zu zahlen und sich auch zur Geheimhaltung zu verpflichten hatte, wobei übrigens diesmal auch der Lehrer die Verpflichtung übernahm, eine weitere Mitteilung seiner Wissenschaft ohne die Genehmigung seines neuen Schülers nicht zu machen. Was aus diesem Jardine geworden und in wieweit ihm das neue Verfahren des »künstlichen Schreibens« genützt, da rüber vermag uns der Abbö Reguin abermals keine Nachricht zu geben, und dieses fortwährende plötzliche Auftreten neuer Adepten und ihr ebenso plötzliches und spurloses Verschwinde», ohne daß auch die Kunst selbst, die ihnen gelehrt wurde, die mindeste Spur zurückläßt, bestätigt unsere schon oben ausge sprochene Ansicht, daß Waldvogel selbst nicht völlig eingeweiht war in dieselbe und sie eben deshalb auch weder mit Erfolg zu lehren, noch selbst erfolgreich auszuüben verstand. »Künstler« solchen Schlags hat fast noch jede neue Erfindung zu verzeichnen gehabt; so z. B. mußte man mit der Einführung der Lithographie die gleiche Erfahrung machen in Stuttgart, wo ein 1807 aus München zugereister Schüler Senefelders, nachdem er sich ein hohes Honorar hatte zahlen lassen, sich doch nicht fähig erwies, gute Abdrücke von Steinzeichnungen zu liefern, — und daß auch das andere »künstliche Schreiben«, die Stenographie, ähnliche un getreue Priester und falsche Apostel aussandte, das hat Schreiber dieses in seinen jungen Jahren leider selbst in Erfahrung gebracht. Doch zurück nach Avignon und zu Waldvogel, dessen Ge schäfts- und Wohnungsgemeinschaft mit dem Trierschcn Schlosser nicht allzu lange gewährt hat, der ihm aber bei Gelegenheit ihrer Trennung versprechen mußte, niemand im Umkreise von zwölf Stunden die geheime Kunst zu offenbaren. Beide scheinen Hitz köpfe gewesen zu sein, die sich rasch trennen, aber auch eben so rasch wieder vereinigen; denn unterm 5. April 1446 kaufen beide gemeinschaftlich Buchdrnckschriften (nach der Bezeichnung Rcguins) von Manaud Vitalis, Student zu Avignon wie sein Freund Arnaud de Coselhac, beide ebenfalls Schüler Waldvogels in seiner nach all diesen Mitteilungen doch trotz aller Geheimhaltungsver sprechen kaum noch als geheim zu erachtenden Kunst. Ihnen hatte er auch alles »Druckercimaterial« geliefert — instruwoniu l sivo urtiüciu causa, urtikiciulitor scribencki tum korro äo cullibo, 624'
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder