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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.02.1891
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- 1891-02-02
- Erscheinungsdatum
- 02.02.1891
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- Deutsch
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Herr Carl Müller-Grote in Berlin die zur Rechten des Fleischer'schen Fensters gelegene Nische und schmückte sie mit der Dichtkunst, einer jugendlich schlanken, leicht bewegten Mädchen gestalt, das lorbeerumkränzte Haupt träumerisch nach oben ge richtet. in der Linken die Leier, die Rechte nach einem soeben angeschlagenen Akkorde anmutvoll abwärts bewegend. Es liegt Würde und fröhliche Grazie in dieser Figur, einem Werk Erd- mann Encke's in Berlin, der für ihre Betrachtung nichts zu raten aufgegeben, sondern aus den ersten Blick volle Klarheit geschaffen hat. Diese letztere ist übrigens ein Vorzug, der allen vier Figuren gleichmäßig innewohnt und den Beschauer höchst angenehm be rührt; freilich bedarf es bei einigen Darstellungen einer Häufung der erklärenden Attribute, deren Anordnung aber durchweg geschickt erfolgte Ein treffliches Gegenstück zur Dichtkunst bildet zur Linken des rückwärtigen Mittelfensters das Standbild der Musik, eine Stiftung des Vereins der Deutschen Musikalien händler, der diese kostbare Gabe als Zeichen der Zugehörigkeit des deutschen Musikalienhandels zum deutschen Buchhandel widmete Der Entwurf ist von Professor Melchior zur Strassen in Leipzig. Eine Frauengestalt, die mit graziöser Handbeweguug die Tasten der im Arme getragenen ursprünglichsten Gestalt der Orgel, wie wir solche von den Bildern der heiligen Cäcilie kennen, bewegt, lauscht mit sanfter Neigung ihres bekränzten Hauptes der andächtigen Weise, die sie erklingen läßt. Eine Geige lehnt zu ihren Füßen und deutet im Gegensatz zum ernsten, wuchtigen Orgelton auf die nicht minder berechtigte welt frohe Richtung der unerschöpflich stimmungsreichen Kunst. Dem von der Vorhalle Eintretenden, dessen Blick sich natürlich zuerst auf die nach hinten abschließende Wand richten wird, zeigt sich also das Wesen des Buchhändleiberufes sogleich von der liebenswürdigsten Seite. Die Welt der Dichtung und der Harmonieen sieht er sich aufgethan, zwei spielende Grazien bieten ihm freundlichen Willkomm. Sich wendend gewahrt er dann erst ernstere Sinnbilder, die auch diese Seite der buchhänd lerischen Beziehungen erläutern. Der Poesie gegenüber hat Melchior zur Strassens Standbild der Wissenschaft seinen Platz gesunden, eine gemeinsame Stiftung der Herren Gustav Fischer in Jena und Paul Sie beck in Freiburg i. Br. Das malerisch herabwallendc Gewand ist über Nacken und Kops Herübergenomnien, dessen Hinteren und oberen Teil es verhüllt, mit seinen Falten auch die Stirn be deckend. Die linke Hand ist zur Lüftung des Schleiers in ge fälliger Bewegung nach der Schulter gewendet und enthüllt ein nachdenklich ernstes Antlitz, das Belehrung ans einem Buche schöpft. Letzteres wird von der Rechten gehalten und leicht auf die Hüfte gestützt. Als besonderes Wahrzeichen schmiegt sich der gelehrige Vogel der Pallas Athene zu ihren Füßen an die Ge wandung. Getreu dem Wesen des Begriffs, den es versinnlichen soll, ist das Standbild in strengen und scharfen Linien gehalten, was vorzugsweise durch kräftige Führung der langen Gewand salten, sowie durch scharfe Profilierung der Gesichtszüge, deren Ernst sich durch den Schatten des Kopftuchs erhöht, in glücklicher Weise erreicht wird. Die lebhafteste Linienführung zeigt die vierte Darstellung, das Sinnbild der vervielfältigenden Kunst. Es ist ein Werk des talentvollen Leipziger Bildhauers Karl Seffner, dem auch die technische Ausführung der beiden zur Strassen'schen Entwürfe zur Musik und zur Wissenschaft übertragen war. Daß wir auch dieses Gewinnes uns freuen dürfen, verdanken wir der frei gebigen Stiftung eines Leipziger Berufsgenossen, dessen Namen wir leider nicht nennen dürfen. Einen so unbedingt der Neuzeit angehörenden Begriff wie die vervielfältigende Kunst in einer Einzelfigur allegorisch zum Ausdruck zu bringen, dürfte für den Künstler keine leichte Auf gabe gewesen sein. Man darf deren glückliche Lösung um so >reudiger anerkennen, als die Auffassung des Künstlers sich in angenehm ungesuchter Weise verkörpert und mit den einfachsten Mitteln zu einer ebenso würdevollen wie klaren Darstellung gelangt ist. Der Künstler bildete eine weibliche Idealfigur mit schönem hellenischem Kopf nnd ausgezeichnetem Ebenmaß der Formen. Ein photographische Lamora dient ihrem Fuße zum Schemel, um mit dem erhöhten Knie eine Tafel stützen zu können, die sie mit der Linken gefaßt hat und an welche die Rechte mit dem Griffel leicht anlehnt. In dieser Haltung blickt sie mit graziöser Neigung des Kopfes über die rechte Schulter auf einen zu ihren Füßen liegenden Kopf des Laokoon, dessen Züge sie auf der Tafel zu verewigen im Begriffe ist. Man mag vielleicht manches hiergegen einwendcu: einmal daß ein subtiler photographischer Apparat nicht wohl zum Stütz punkt der Füße dienen mag; die Schwäche seines Baues und seine höhere Bestimmung möchten dagegen sprechen; zum andern, daß die Lage des auf der Tafel wiederzugebenden Originals un mittelbar zu den Füßen der Zeichnerin die denkbar unzweck mäßigste sein dürfte. Der Künstler hilft uns leicht über diese Bedenken hinweg. Sein Frauenbild ist bei aller Energie der Körperformen genügend zart und schwungvoll gehalten, der Fuß berührt nur eben den Rand des feinen Instrumentes, und andernteils geschieht die Neigung des Kopfes mit so vollendeter Anmut nud Zwanglosigkeit, daß man sich des Gewagten der Gruppierung darüber kaum bewußt wird. Wo die Unzulänglichkeit der räumlichen Maße, innerhalb deren ein Bild seine Grenzen finden muß, und das Fehlen überlieferter Vorstellungen den Künstler nicht tragen, da hat dessen Begabung einzusetzcn und oft Schwierigkeiten zu bemeistern, deren Vorhandensein der Beschauer um so weniger ahnt, je besser der Meister seiiier Aufgabe gerecht geworden ist. So gelang es ihm hier, und mit künstlerisch-beredtem Hinweise berichtet der zum Fußschemel dienende optische Apparat in bündigster Form, wie alles, was die neueste Zeit an Errungen schaften in der vervielfältigenden Kunst zu verzeichnen hat, aus dem unsterblichen Ruhme Daguerres und seiner Jünger sich ausbaut. Die Wahl des Laokoonkopfes möchte vielleicht befremden. Er bedarf einer außergewöhnlich sorgfältigen Modellierung, um, losgelöst aus der Gesamtgruppe, uicht als schmerzverzerrte Maske des antiken Trauerspiels aufgefaßt zu werden, die nicht jedem sympathisch ist. Indessen ist es zu rühmen, daß der Künstler bei seiner Wahl auf die Antike zurückgegriffen hat und so den Zusammenhalt mit den mythologischen Attributen der übrigen Bildwerke des Saales wahrt, und was das Bedenken bezüglich der Modellierung betrifft, so bekennen wir gern, daß er auch hier auf der Höhe seiner Aufgabe steht. Der schöne Saal hat mit diesem Schmuck eine Bereicherung erfahren, die seine Gesamterscheinung in vorteilhaftester Weise gehoben hat. Obwohl die Figuren innig den architekto nischen Linien angegliedert sind und ihre ursprüngliche Be stimmung nicht über die einer Wandsüllung hinausgiug, so tritt doch jede für sich weit über die Grenzen dieses Zweckes hinaus und beansprucht eine selbständige Würdigung. Das nimmt den Pfeilern und Wänden das Schablonenhafte und erhebt den Saal über das Alltagsgepräge. Noch ist in ihm freilich manches hinzuzu fügen, noch viel überhelles Licht zu mildern, noch manche ein tönige Fläche mit dem belebenden Hauch der Farbe zu erwärmen. Auch einer ausgiebigen Drapierung zur Beseitigung harter Linien und zur Schallmilderung dürfte noch eine schöne Aufgabe warten Wir dürfen getrost der Zeit überlassen, was sich in den ersten Jahren nicht auf einmal bewältigen ließ. Ein Saal wie der unsere, der mit 17 m Höhe mancher Kirche an innerem Umfang nahe kommt, läßt sich nicht in wenigen Jahren fertig gestalten. Jede einzelne spätere Zuthat und Verschönerung findet um so mehr ihre Würdigung, und mit der zunehmenden Vervollkommnung der Ge- samterscheinung dieser schönen Heimstatt wächst unsere Freude an ihrem Besitz. Der Freigebigkeit aber der wohlwollenden Stifter so vielen schon vorhandenen Glanzes, von dem wir in obigem nur
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