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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.07.1890
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- Erscheinungsdatum
- 09.07.1890
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- Deutsch
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186 9 Juli 1890. Nichtamtlicher Teil. 3651 das im Gewerbebetriebe des 15. Jahrhunderts die Kräfte rührte. Ein lunstreicher, lebensfroher Gesell ist dieser echte Mainzer ge wesen, die Akten berichten von munteren Zechgelagen mit seinen Genossen. Immer von neuem fand Gutenberg Vertrauen und Förderung im Bunde freundlicher Gesellen, in gemeinsamer Ge werks- und Handelsgesellschaft; sechs Bündnisse dieser Art lassen sich noch jetzt erweisen. Wohl ist uns aus zusammenhanglosen Blättern von Rechtsstreiten bekannt, in denen der eine und andere seiner Genossen das vertrauensvoll an ihn gewagte Verniögen zu sichern suchte; ein unwürdiges Verfahren ist es, diese Männer, welche den Erfinder als Mitarbeiter oder Verleger gefördert haben, ohne genügenden Nachweis zu verunglimpfen, damit Gutenbergs Gestalt auf dem Hintergründe schwarzen Un danks der Zeitgenossen lichter erscheine. Der Forscher weist, dast fast alle in Rcchtsbüchern schriftlich bewahrte Ueberlieferung aus jenen Zeiten sich an Streit und Not knüpft; von Hans Gillen berg wird aber berichtet, daß er als ein behaglicher Pfründner am Rhein seine letzten Tage in sorgenlosem Hofdicnste ver bracht habe. Nur wer kurze, kleine Ziele im Leben hat, dem zerbricht das Leben über vereinzeltem Mißerfolge, und was will selbst einige Lcbcnsnot und -Sorge sagen gegenüber dem alles Leid tilgenden Kranze, der die Unsterblichkeit bedeutet. Ist doch sein Name volkstümlicher geworden als selbst der eines Albrecht Dürer, der, nicht umsonst vom ersten Buchhändler seiner Zeit ans der Taufe gehoben, dem Gewerbe Gutenbergs zuerst die künst lerische Seele eingeflößt hat; und wird Gutenberg doch immer genannt werden als der Vorläufer Martin Luthers, welcher als der beste deutsche Schriftsteller in Gutenbergs Kunst zuerst den Geist einer neuen Zeit goß; Dürer und Luther, beide gehoben und getragen durch Gutenbergs Erfindung. Nicht mehr brauchen wir wie vor fünfzig Jahren die Haupt arbeit unserer Forschung auf die eifersüchtige Wahrung des Anspruches zu verwenden, daß unserem Deutschland die Ehre der Erfindung gebührt. Gern erkennen wir die hohen Verdienste unserer niederdeutschen Vettern um den frühzeitigen Druck von künstlichen und künstlerischen Holztafeln an; willig bekennen wir den von den Franzosen eifrig verfochtenen zeitlichen Vorrang Straß- buras, als der Wiege der Erfindung, vor Mainz als dem Heerde, von dem die Kunst ihren Weltlauf genommen hat; und hat sich's seit der letzten Gntenbergseier gefügt, daß wir mit der uralten deutschen Stadt die Wiege der Drnckknnst zurückgewonnen haben, so ist doch freudig zuzugestehen, daß in keinem Lande, selbst in Italien nicht, die Kunst Gutenbergs früher zur Einführung ge kommen ist, als in Frankreich, wo schon im Jahre 1444 zu Avignon Procop Waldvogel die Druckkunst verbreitet und ge lehrt hat. Und gerade diese» Sendboten Gillenbergs, diesen Aposteln der Druckerknnst in allen Ländern abendländischer Bildung werde» wir billig ein voll gerütteltes Maß der Anerkennung vergönnen, ohne daß Gutenbergs Verdienst hierdurch verkleinert würde. Was diese deutschen Meister zumal in Italien und Frankreich geleistet, wie sie durch ihren Wagemut das Druckgewerbe in jenen Ländern begründet und zugleich einem deutschen Weltbuchhandel von Anthoni Kobergers großartiger Auffassung die Bahn gebrochen haben, verdient volle Bewunderung. Die Ueberzeugung aber müssen wir auch nach den For schungen der letzte» Jahrzebnte festhalten: Erfindung und Ver breitung der Drnckkunst ist ein deutsches Werk. Gott giebt aber solche Gabe nur denen, die ihn ernstlich bitten, also denen, die an sich selbst arbeiten, um das Ersehnte, soweit es an ihnen liegt, selber zu schaffen. Es ist darum kein Zufall, daß aus der rührigen Volkskrnft gewerbthätiger deutscher Städte, an der Straße erster deutscher Bildung, am Rhein, durch einen kunsterfahrenen Mann die edle Gottesgabc der Druckkunst unserem Volke geboten und von diesem, in ihrer Bedeutung rasch erkannt, der ganzen Welt vermittelt worden ist. In keinem der seitdem vergangenen Jahrhunderte ließ sich die wachsende Bedeutung der Druckkunst für die Welt so deut lich erkennen, als in diesem letztverflossenen Halbjahrhunderte Wenig hatte sich von Gutenbergs Erfindung bis zur Mitte dieses Jahrhunderts geändert. Gießer und Setzer, Korrektoren und Drucker, Holzschneider und Ausstreicher, Pergamenter, Papierer und Buchbinder, Verleger und Bnchführer gab es schon zu Gillen bergs Zeit miteinander; fremdsprachige Gußlettern, künstlicher Satz, wissenschaftliche Drnckberichtigung, mehrfarbiger Druck von Massenauflagen, selbst gedruckte und gemalte Bücherzier, aus giebige Papiererzeugung und kunstvolle Bindung, buchhändlerischer Unternehmungsgeist, völkerverbindender Großhandel, regelmäßiger Meßverkehr und emsiges Webern alldurchdringcnden Kleinhandels — dieses alles vereinigt führte noch am Schlüsse des Mittel alters auf der Grundlage einer Weltlitteratur und Weltsprache zu rascher Blüte des Buchdruckes und Buchhandels. Wichtiges ging seitdem verloren: mit der mittelalterlichen Weltlitteratur und der lateinischen Weltsprache ging der erste Weltbuchhandel deutscher Führung mit seinen Riesenwerken unter, die großen Ueberlieferungen des alten Handschriftenwesens ge rieten im Flugschristenhandel der Reformation in Verfall, Perga ment, Ausmalung, kunstvolle Zierung des Einbandes verschwanden, und im dreißigjährigen Kriege verfiel der alte gute Holzschnitt, auf welchen der Buchdruck angewiesen war, ohne daß der ihn ablösende, dem Buchdruck fremde Kupferstich ihu zu ersetzen ver mocht hätte. Das Schlimmste war, selbst die Schrift und die einfache Satzgestaltung ging zurück; rührend klingt die Klage der fünf Leipziger Buchdrucker, welche inmitten des dreißigjährigen Krieges den zweihnndertjährigen Erinnerungstag der Erfindung Gutenbergs feierten, über den tiefen Verfall ihres Gewerbes. Die dreihundertjährige Gutenbergfeier, welche Leipzig unter seinem Oberältesten Bernhard Christoph Brcitkops beging, zeigte das ernste Streben der Leipziger Drucker, ihre Kunst vor dem Verfalle zu retten, und es gelang auch Immanuel Breitkopf, nicht nur den Druck zu reformieren, sondern ihm auch ein neues Ncbengebiet zu gewinnen, indem er den Satz teilbarer, beweglicher Notenlettern so einfach hcrzustellen erfand, daß er auf diese Erfindung während des siebenjährigen Krieges einen selbständigen Musikalienhandel zu begründen vermochte; im übrigen aber war der Buchdruck und Buchhandel bis zum Schlüsse des vorigen Jahrhunderts nicht über die Zeit Gutenbergs und des Mittelalters hinausgekommen, wenn auch die Zahl der Pressen und Buchläden zugenommen hatte. Die Wende des Jahrhunderts brachte die erste Weitcrent- wickelnng des Gutenbergschen Gedankens: Verbesserungen, wenn auch im alten Geleise weiter schreitend, hat Lord Stau Hope eingeführt, welcher die alte hölzerne Presse endlich durch eine eiserne ersetzte und den Versuchen, die beweglichen Lettern wieder zu einer festen, leichter zu bewahrenden Druckplatte zusammen zufassen, der Stcreotopie, bestimmte Gestalt gab. Grundsätzliche, gewaltige Grenzcrweiterungen der Knust Gutenbergs nach ihren wichtigsten Seiten zu boten der Süddeutsche Senefeldcr und der Norddeutsche König. Aloys Senefeldcr ersetzte für wichtige dem Buchdrücke bisher kaum zugängliche Gebiete der Kunst den Lctterndrnck durch den chemischen Druck, indem er die chemisch empfindliche Platte benutzte, auf welcher nicht nur beliebige Schristzüge, sondern auch bildliche Darstellungen jeder Art durch mannig faltige Verfahren ausgeführt und abgedruckt werden können. Dieses neue Druckverfahren, zunächst mit vertiefter oder erhöhter Steinplatte vorgenommcn, führte bald infolge des von ihm an gewandten Ueberdruckes von Papier zu Umdruck und Metall- ätzung aller Art, deren wichtigste, weil für die hohe Kunst be deutsamste Anwendung die Verwertung der schon zu Beginn des Jahrhunderts erkannten chemischen Einwirkung des Sonnenlichtes für die Herstellung von Druckplatten in Hoch-, Flach- und Tief druck ist, wie sie vor dem letzten Gutenbergfeste von Dagucrre 494»
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