Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.05.1890
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 12.05.1890
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18900512
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-189005127
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18900512
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1890
- Monat1890-05
- Tag1890-05-12
- Monat1890-05
- Jahr1890
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Leipzig, die der Herr Vorredner wieder in ihr Wasser, ihre Lust und ihre Erde zerlegt hat, teils aus die Universität Leipzig, welcher letzteren darnach unter den vier bekannten Elementen die Rolle des Feuers zufallen würde, wogegen ich nichts einzuwenden habe, falls nur unser verehrter Herr Oberbürgermeister damit einverstanden ist. Aber der Ansicht gegenüber, daß die Spezialisierung gegenwärtig die Welt beherrsche, erlaube ich mir doch gegen teiliger Meinung zu sein. Mir kommt es vor, als wenn gerade der Buchhandel, der doch gewissermaßen die Außen seite der Wissenschaft darstellt, heutzutage vom Universalis mus und Kollektivismus beherrscht werde. Wo sind die Zeiten geblieben, da noch der Schriftsteller mit seinem Manuskript in der Tasche hernmwanderte, um sich einen Verleger zu suchen? Heutzutage schließen wir unsere Verlagsverträge, noch ehe wir unsere Manuskripte geschrieben haben, und manchmal werden die Bücher, über die wir Verträge gemacht haben, überhaupt nicht geschrieben. (Große Heiterkeit) Aber au Stelle jenes Autors, der seinen Verleger sucht, ist eine andere Erscheinung immer häufiger geworden: der Verleger, der sich seinen Autor sucht. Namentlich die großen, bänderreichen Werke werden fast nur noch von dem Verleger gemacht. Höchstens ein Mann wie Ranke, der »och der älteren Generation angehört, bringt es auf eine neuubändige Weltgeschichte. In der Regel kauft sich der Verleger, der so etwas unternehmen will, seine Autoren, und zwar nicht einen, sondern sofort mindestens ein Dutzend, die nun eine Weltgeschichte, ein Handbuch der Medizin, der Staatswissenschaften, der romanischen Philo logie u. s. w. in ebensoviel Monaten zu stände bringen, als früher ein schreibendes Individuum Jahre brauchte. Mit dem Konversationslexikon hat dieser Kollektivismus igi Buch handel begonnen. Ueber die Bedeutung dieser wichtigen Werke ist mir in der That erst vor wenigen Tagen ein neues Licht aufgegangen, als ich in der Besprechung der neuen Auflage eines solchen, die ein hervorragender Schriftsteller in die Beilage einer unserer großen Zeitungen schrieb, aus- eiuandergesetzt fand: dieses Werk habe zwei merkwürdige Eigenschaften: erstens, es sei für jeden Gebildeten unentbehr lich, und zweitens, wer dieses Werk besitze, der brauche eigentlich gar keine andere Bibliothek. Auch hat ein junger Mann, der sich der Philosophie widmen wollte, mir vor kurzem auf meine Frage, wie er sich denn dazu vorbereitet habe, kurz und bündig geantwortet: Vorläufig habe ich mir den großen Brockhaus angeschafft. (Große Heiterkeit.) Obgleich ich nun in sozialen Fragen ziemlich dem Kollek tivismus huldige, so gestehe ich doch, daß ich in wissenschaft lichen Dingen eigentlich mehr dem Individualismus zu geneigt bin. Umsomehr muß ich es aber rühmend aner kennen, daß der deutsche Buchhandel trotz jener Neigung zum Großbetrieb nicht aufgehört hat, auch der individuellen Arbeit des einzelnen Autors unter die Arme zu greifen und seine Hilfe auch solchen Unternehmungen nicht zu ver sagen, die ihrer Natur nach weder auf Bestellung geliefert werden können, noch sich zur Kollektivarbeit eignen. Denn noch hat der alte Grundsatz des deutschen Verlags, nach welchem die Blüte einer Verlagsfirma nicht nur nach deni glänzenden Stand der Geschäfte, sondern ebenso sehr nach den Diensten bemessen wird, die sie der Litteratur und der Wissenschaft leistet, heute nicht aufgehört, gültig zu sein. In Frankreich, in England ist der junge Schriftsteller, der mit seinen Leistungen nicht gerade den: Tagesbedürfnis ent gegenkommt, auf die manchmal sehr zweifelhafte Protektion der Akademieen und gelehrten Gesellschaften angewiesen. Der deutsche Buchhandel aber hat — mit Stolz dürfen wir es sagen — für die Litteratur und Wissenschaft mehr gethan, als alle Akademieen der Welt zusammengenommen. Doch glauben Sie nicht, daß ich nun etwa beabsichtige, auf die deutschen Buchhändler ein Hoch auszubringen. Sie haben heute schon ihren voll zugemessenen Teil davon getragen. Ich knüpfe vielmehr an die Bemerkung eines Vorredners an Es ist gesagt worden, die Einheit des deutschen Buchhandels sei seit langer Zeit eine Art Vor bild unserer politischen Einheit gewesen. In der That, wie hätten unsere Staatsmänner und Feldherren und unsere Heere die politische Einheit Herstellen können, wenn nicht die geistige Einheit unseres Volkes vorangegangen wäre, die, wie in so manchen andern Schöpfungen, so auch in der Organisation des deutschen Buchhandels ihren Ausdruck findet. Aber hat die geistige Einheit die politische vorbereitet, so hat vielleicht mehr noch diese auf jene zurückgewirkt. Halb mitleidig wurden wir früher ein Volk der Deuker genannt. Seit 1870 ist die deutsche Wissenschaft eine Macht geworden, zu der man überall mit Achtung emporsieht. Darum habe ich die Empfindung, daß überall, wo deutsche Männer bei sammen sind, des Mannes gedacht werden sollte, den wir als den einzigen noch lebenden Schöpfer der deutschen Einheit verehren, und der jetzt zu unser aller Leidwesen von der Leitung der Staatsgeschäfte zurückgetreten ist. Sie Alle wissen, wen ich meine. So lassen Sie uns denn unsere Gläser erheben und einstimmen in den Ruf: Der Schöpfer der deutschen Einheit, unser erster, unser einziger Reichs kanzler, Fürst Bismarck lebe hoch! Rauschender Beifall folgte diesem Hoch auf Deutschlands ersten Reichskanzler. Die Begeisterung und mit ihr die Lebhaftigkeit der Ver sammlung stieg nun schnell und der folgende Redner, Herr I)r. Oskar von Hase, hatte keinen leichten Stand, um sich vernehm bar zu machen. Seine Worte waren ungefähr folgende: Hochverehrte Herren! Ein herzliches berehrungsbolles Wort den deutschen Schriftstellern! Seine Magnificeuz der Rektor der Universität Leipzig hat soeben der Zeiten gedacht, wo der Autor mit seiner Handschrift bei den Verlegern anklopfte, dann geschildert, wie in der Gegenwart der Buchhändler Autoren fischt. Der deutsche Buchhandel hat sich einst aus eigener Kraft seine Welt erobert, seine Weltstellung begründet zu einer Zeit, als es noch keine deutschen Schriftsteller gab, in dem ersten Halbjahrhunderte von der Erfindung Gutenbergs an. Sobald aber mit Luther der deutsche Autor in die Geschichte eintrat und die ihm gebührende Führeirolle übernahm, war das naturgemäße Verhältnis zwischen Schriftsteller und Ver leger ein herzliches und ist's — wenn auch einmal der Autor der »Schuld« über die »Hirten seiner Lämmer«, die Härtel, die Brockhaus u s. w., schalt — unter ehren haften Genossen bis auf den heutigen Tag geblieben. Ich kanns Ihnen aus meiner eigenen Familiengeschichte erweisen: Mein Vorfahr, Meister Christian Döring in Wittenberg, der Originalverleger Luthers für die erste Bibelübersetzung, hat nach altem Brauche es zwar nicht für nötig gehalten, seinen Namen auf die von Melchior Lotther, seinem Socius Lucas Krauach und Hans Lufft für ihn gedruckten Werke zu setzen, doch hat er sich über das Geschäftliche hinaus treu erwiesen, er hat für seinen großen Autor den Wagen nach Wornis gestellt und noch kurz vor seinen! Tode als Sendbote des Reformators dessen Trostschreiben an die aus Leipzig vertriebenen Bürger gebracht. Auch Luther bewahrte dem alten Verleger über das Leben hinaus die Treue, denn als dessen Töchterlein herangeblüht war, trat er in einer Reihe von Briefen stürmisch als Brautwerber für sie ein; er verschaffte ihr einen jungen Mann, einen tüchtigen Autor,
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder