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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.08.1870
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 31.08.1870
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- Deutsch
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Moskau und in andern ansehnlichen russischen und kurländischen Städten. Er verschaffte alles, was man verlangte, und bediente seine Kunden mit Eifer .... In kurzer Zeit war der Geist der Gelehrsamkeit weit sichtbarer; in jedem Hause fand man Bücher, der Geschmack besserte sich, die Kenntnisse wuchsen, man errichtete Lesegesellschaftcn und wir wurden so bekannt mit der neuen Litera tur, als wenn wir mitten in Deutschland gewohnt hätten, weilHart- knoch seine gelehrten Waaren (welche nicht bloß in Büchern, sondern auch in Werken der Kunst, Musikalien, Kupferstichen u. dgl. be standen) theils mit Schiffen, theils monatlich mit der Post kommen ließ." Wir kommen auf diese Seite der Thätigkeit unseres Hartknoch noch im weiteren Verlauf zurück; mit dem Sortimentsgeschäft hatte er einen Vertag verbunden, und gerade in die Jahre von Herder's Aufenthalt in Riga fällt ein Theil der wichtigsten seiner Verlags unternehmungen. Dieselben sind in doppelterRücksicht vonJnteresse, denn sie beziehen sich ebenso auf die große deutsche, wie speciell auf die livländische Literatur, welche namentlich in den siebziger Jahren mehr in den Vordergrund trat. 1763 erschien Kant's „Versuch, den Begriff der negativen Größen in die Weltweisheit einzuführen", 1766die„Träumc eines Geistersehers". Es zeugt von der hohen Ach tung, die das junge Geschäft und dessen Leiter sich zu erwerben ge wußt hatten, daß Kant, der wenigstens in Königsberg schon damals eine bekannte literärische Größe war, seine Schriften in dem entle genen Riga erscheinen ließ und der Hcrrtknoch'schen Firma bis an dasLebcnscnde ihres Begründers, und nachdem er selbst europäischen Ruf erworben, treu blieb. Seine bedeutendsten Sachen, „Die Kritik der reinen Vernunft", „Die Kritik der praktischen Vernunft", „Die Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik", „Die Grund legung zur Metaphysik der Sitten", „Die metaphysischen Anfangs- gründc der Naturwissenschaft" erschienen bei Hartknoch, und daß des großen Denkers letzte Schriften, namentlich „Die Religion inner halb der Grenzen der Vernunft" und „Die Rechtslehre" in Königs berg verlegt wurden, hatte seinen Grund darin, daß Hartknoch zu der Zeit, in welcher diese Werke entstanden, bereits todt war. Hamann ließ in den 60er Jahren bei Hartknoch seine „ Lssais ä In ülosaigne", sowie eine Sammlung kleiner Schriften erscheinen. Ans derselben Zeit datiren: „Borzin's Philosophie der Geschichte", die deutsche Uebcrsetzung von Rousseau's Schutzschrift an den Erz bischof von Paris: „Wcgmann's Bedenklichkeiten über Kant's cin- zigmöglichen Beweisgrund zu einer Demonstration des Daseins Gottes" u. a. m. — Daß nebenbei auch die Localverhältnisse nicht vergessen wurden, beweist die Uebernahme der 1767 begründeten „Abhandlungen der freien ökonomischen Gesellschaft in St. Peters burg zur Aufmunterung des Ackerbaues und der Hauswirthschaft in Rußland", sowie der Schlcgel'schen „Lob- und Denkschrift auf den Grafen Männich", die Publication von Gadebusch's Abhandlung „Von livländische» Geschichtsschreibern" und Büsching's „Abhand lungen und Nachrichten von Rußland". Das Hauptvcrdienst Hart- knoch's bestand aber darin, daß er seinen jungen Freund Herder unablässig zur Production ermunterte und dessen erste Schriften so geschickt zu vertreiben wußte, daß sie bald die allgemeinste Aufmerk samkeit erregten. Schon 1765 waren die beiden Gelegenheits schriften „Der Opfcrpriester" und „Haben wir noch jetzt das Publi cum und Vaterland der Alten" gedruckt worden; im I. 1767 er schienen die drei ersten Sammlungen der „Fragmente über die neuere deutsche Literatur", 1769 „Die kritischen Wälder", durch welche der junge Verfasser sich zuerst in den weitesten Kreisen bekannt machte. Von Hartknoch war der Verlag der Fragmente mit einem Opfer erkauft worden, wie es nur ein Mann von so feinem Zartgefühl und solcher Aufopferungsfähigkeit, wie er sie besaß, bringen konnte. Er unterdrückte die 4. Sammlung der Fragmente und die zweite Auflage der ersten Hefte, obgleich sie reichen Gewinn versprachen, als Herder, durch eine Recension des bekannten Klotz (der sich ein Exemplar vor dem Erscheinen heimlich zu verschaffen gewußt hatte) gereizt, ihre Unterdrückung verlangte. Wie schwer es war, mit dem reizbaren, launischen und heftigen Verfasser der „Kritischen Wälder" auf die Dauer in gutem Vernehmen zu bleiben, hat vielleicht Nie mand so deutlich erfahren, als sein großmüthiger Verleger. Hart knoch mußte geschehen lassen, daß Herder seine Autorschaft -der Wälder Jahre lang privatim und öffentlich verleugnete; bei den Geldverlegenheiten, aus deiwn Herder nie herauskam, weil er, ohne Verschwender zu sein, viel auf Repräsentation und vornehmes Auf treten gab, verstand es sich von selbst, daß der Verleger aushalf, und die persönlichen Händel, die der Hr. Kollaborator mit dem ihm feindlich gesinnten Rector Schlegel und verschiedenen Predigern auszufechten hatte, bedurften gleichfalls des besonnenen frühgereiften Vermittlers. Als Herder 1769 den Entschluß faßte, Riga zu ver lassen, that Hartknoch, was in seinen Kräften stand, um den Freund zurückzuhalten; da dieser sich aber nicht halten ließ, und nur zu dem Versprechen zu bewegen war, dereinst an den Dünastrand zurück zukehren, war es Hartknoch, der ihm, ohne jede Rücksicht auf die Jugend seines aufstrebenden Geschäftes, die Mittel zur Reise vor streckte und mit wahrhaft fürstlicher Großmuth fernere Unterstützun gen versprach. Am 3. Juni reiste Herder ab; Hartknoch, dessen junge Frau und einige andere Freunde hatten dem Scheidenden das Geleit auf das Schiff gegeben. Schon am 12. Juli desselben Jah res bat der Reisende, ihm 200 Thaler nach Nantes zu senden. Hartknoch half nicht nur, er that es in der zartesten und großmü- thigsten Weise: „Meine Umstände", schrieb er, „sind jetzt ziemlich gut, ich bin meine Mitau'sche Handlung für 6000 Thaler los und habe mein Geld schon dafür eingenommen. Ich kann Ihnen die verlangten 200 Thaler somit ohne Jncommodität senden. Befehlen Sie, mein bester Freund, wenn Sie mich in solchem Falle wieder nöthig haben, mein Vermögen soll Ihnen gern zu Diensten stehen. Alles, was ich hier noch in Worten hinzusetzen könnte, wissen Sie ohnedem schon zu gut, denn Sie kennen mich. Kurz, was Ihnen fehlt, fordern Sie von mir. Ich verlange dafür nichts, als den ersten Platz in Ihrem Herzen und daß Sie die künftige Erziehung meines Sohnes übernehmen." Schon im September machte Herder von diesem Anerbieten Gebrauch. „Was Du thust, lieber Hart knoch, thue bald, schicke mir 200 Dukaten und behalte meinen Zettel für Obligation." So schwer es ihm wurde, Hartknoch half auch dieses Mal, und da er nicht mehr entmisten konnte, sandte er einen Wechsel auf 200 Thaler. „Reisen Sie nur," hieß es in dem diese Sendung begleitenden Brief, „nach Frankreich, England, Italien und wo Sic sonst etwas für Sie Nützliches zu finden glauben, reisen Sie aber immer so, als wenn Sie dieses halbe Jahr Ihre Reise endigen müßten. Ach, liebster Freund, könnten Sie doch lange, recht lange reisen und die Welt recht nutzen! mein Sohn würde wenigstens den Nutzen davon haben. Ich kann das Glück nicht ge nug beschreiben, das er haben wird, wenn Sie sein Mentor sind. Ich selbst würde wenig Nutzen davon haben, denn die Jahre meiner Bildung sind vorbei, meine Seele ist so unbeugsam, daß wenn ich anders werden wollte, ich es nicht könnte. Ich klebe an den Ge schäften, daß ich kaum den Sonntag deren ohne bin. Ueberdem machen mich Geldsorgen mürbe." Der gleichzeitig ausgesprochene Wunsch nach einer Fortsetzung der „Wälder" und einem Theil „Fragmente" blieb unerfüllt, — Herder antwortete mit der erneuten Bitte um „die magischen Papiere, wodurch man Alles in der Welt ausrichtet". Hartknoch verspricht wirklich, einen auf Zuckerbecker gezogenen Wechsel mit 50 Dukaten zu honoriren und außerdem bis Ende März 1770 noch 50 Dukaten zu schicken. Nichts desto weniger klagte Herder über des Freundes Gleichgültigkeit und dieser mußte ihm schreiben: „Sie wissen, daß ich zur Schwärmerei durch mein Temperament unfähig bin, alles aber, was Freundschaft nach kalter Entschließung.
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