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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.08.1870
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 13.08.1870
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- Deutsch
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2638 JL 184, 13. August. Nichtamtlicher Theil. aehung der compctcten Stellen verübten Gcwaltlhätigkeilcn an Allerhöchst- dcro Untcrlhancn zugezogcn haben, habe ich zwar die Ueberzengung fassen können, daß die sämmtlichen Bürger-Militärcorps ans eine Aufforderung von mir mit Gemeingeist, Muth und Nachdruck die französischen Angriffe zurückgeschlagcn haben würden, allein ich habe auch voraus beurtheilen können, daß auf den ersten Lchuß, der französischcrscits auf Höchstdcro Mi litär oder die Bürgcrmilitärcorpö fallen würde, ein regelloser, unbändiger Ausstand mit unabsehbaren Gräuclsccncn erfolgen müßte. 4) Da ich bei vorgcdachten Umstände» auch noch bis heute 10 Uhr -früh einen officicllen allerhöchsten Verhaltsbefehl nicht erhalten habe, so war ich vollends überzeugt, die mir zu Gebot stehende unsichere Gewalt der fran zösischen nicht entgegensetzen zu dürfen. Dann fährt Baron Widemann fort: Meiner Proicstationen ungeachtet wurde daher der besagte v. Jeuisch durch die französische Gendarmerie auf de» Weg nach Braunau in einer Chaise abgcsührt, wohin ihn meines Wissens vier Gendarmcs begleiten. Sic werden den Weg über Dachau und Frcising nehmen, in Dachau heute über Nacht Quartier halten. Ich habe ihnen in der Stille einen reitenden Polizeidicncr nachgcsandt, der die Ordre hat, ihnen bis München zu auf der Spur zu bleiben, und von jenem Orte aus, wo sic mit dem Arretirtcn über Nacht bleiben, nach München zu eilen, dem Frhrn. v. Andrian, oder, falls er diesen nicht mehr anträfc, Höchstdcro geheimen Referendar, Frhrn. v. Aretin, de» Ort des heutigen Nachtquartiers der Gendarmcs schleunigst anzuzeigen. Ehe v. Jenisch abgcsührt worden war, am 15. Aug., zeigte General Mus dem Baron Widemann an, daß er Befehl habe, auch die beiden Buchhändler Nieger zu arrctiren. Widemann machte „die heftigsten Gegenvorstellungen, und bewirkte dadurch, daß sich Mus damit begnügte, ihnen (den beiden Buchhändlern) Gendarmcs ins Hans zu legen und die besagten Bürger streng zu beobachten." An demselben Tag erhielt Widemann von der Polizei die An zeige, daß die französischen Gendarmcs den auf der Rückreise von Braunau und München begriffenen Handelsmann Aumüller von Wellenburg hier arrctirt hätten, und jetzt ihn „verwachen und era- miniren, ohne die ordentliche königliche Behörde in Kcnntniß zu fetzen". Die beiden Nieger und Aumüller stellten an Baron Widemann das Gesuch, „sie vor Gewalt zu schützen und ihre Bitte, vor einer- königlichen Behörde gerichtet zu werden, zu rcalisiren". Widemann wandte sich sogleich auch für sie an Se. Maj. den König mit.denMorten: , Ich muß auch hievon die allerunterthänigstc Anzeige machen und die gegründete Besorgniß beifügen, daß auch vorgedachte höchstdcro Unter- thanen in Gefahr stehen, durch französische Gewalt abgeführt und ohne Schutz vor fremder Gcwalltbätigkcit vor ein auswärtiges Militärgericht ge zogen zu werden. Geruhen Euer königl. Majestät mir gnädigst zu befehlen, inwieweit ich Gewalt der Gewalt cntgegcnzuictzen habe, um AUerhöchstdcro Unterthancn zu retten, ich werde diese Nllcrhöchstdero Befehle im Fall der Noth selbst mit Auf opferung meines Lebens vollziehen. Indessen hatte Frhr. v. Andrian Gelegenheit gefunden, Sr. Maj. dem König persönlich die Gefahr zu schildern, in welcher v. Jenisch schwebte. Das hatte zur Folge, daß der königliche Minister Mont- gelas eine Note an den französischen Kricgsminister, den Prinzen Alcrandcr richtete, und verlangte, baß v. Jenisch „seinem natürlichen Richter" übergeben werden sollte. In seiner Antwort erklärte aber Prinz Alexander: „Die dem Buchhändler Stage (Jenisch) zur Last gelegte Verbreitung einiger gegen den KaiserNapoleon und seineAr- mcc gerichteten Flugschriften sei ein militärisches Verbrechen. Aus dieser Ursache müsse die Untersuchung und Bestrafung durch ein Militärgericht erfolgen und die Herausgabe des Arretirtcn verweigert werden." .Hierauf fand aber der Staatsminister Frhr. v. Montgelas Ge legenheit den Prinzen Alcrandcr persönlich in dieser Angelegenheit zu sprechen, und vermochte ihn zu bewegen, „daß er endlich zugab, "daß Jenisch anstatt nach Braunau — nach München transportirt rmd dort dem Civilgericht übergeben werden solle". Nachdem Frhr. v. Andrian von dieser „günstigen Erklärung" Tcs Prinzen Alexander unterrichtet worden war, eilte er „mit größt möglichster Beschleunigung nach Augsburg", kam aber nur bis Adclshausen, wo er dem„Transportcommando des Commis Jenisch" begegnete. „Fruchtlos bemühte ich mich," schreibt Andrian an dasGeneral- commissariat von Schwaben, „dasselbe Transportcommando zur Rückkehr nach Augsburg zu bewegen, und eilte daher auf der Stelle nach München zurück, um da bei dem Obersten der Gendarmcs^ Lesuir (?), die Ordre zu betreiben, daß gedachtes Commando mit seinem Arrestanten in Dachau Stillstand machen und von da nach München abgehen solle". Da erfuhr Andrian, daß diese Ordre bereits in Dachau liege. Er eilte dahin, um sich von der Angabe der Richtigkeit persönlich zu überzeugen und Anstalten zu treffen, daß der Commis Jenisch „ohne weitere Hindernisse" nach München abgeführt werde. Als er dies so weit besorgt hatte, daß er überzeugt sein konnte, er habe seine Aufgabe glücklich gelöst, eilte er nach Augsburg, um dort die Behörden und die Einwohnerschaft ans der peinlichen Unge wißheit, in der alle schwebten, zu erlösen. Am 17. Aug. früh 7 Uhr kam er in Augsburg an. In dem unmittelbar darauf erstatteten Bericht konnte Frhr. v. Andrian mit vollem Recht aussprechen: „Nach der einhelligen Meinung aller Gutunterrichteten wäre es ohne Weiteres um das Leben des Verhafteten geschehen gewesen- wenn seine Uebergabo an das Kriegsgericht in Braunau nicht glücklich hintertriebcn worden wäre". .. .. Von ganzem Herzen stimmen wir aber auch dem Ausspruch Andrian's bei, wenn er sagt: „Ich säume.nicht, das königl. General- commissariat von dem Ansgang eines Vorfalls pflichtschuldigst zu unterrichten, der uns die schmerzliche Ueberzeugung verschafft, wie weit das französische Militär selbst in einem souveränen und alliir- ten Staat die Grenze ihrer (seiner) Gewalt auszudehnen ge sinnt ist." Von Sr. Maj. dem König Maximilian Joseph erhielt Frhr. v. Widemann folgendes Schreiben aus München vom 19. Aug.: Nach der von dem kais. französischen Kriegsminister Fürsten v. Neuf- chätcl erhaltenen Versicherung wird der Commis Jenisch von der Stage'- scheu Buchhandlung in Augsburg hierher in (sic) Stadtgefängniß gebracht, unDmchi von^deM^Krtegsgerichwttr-Brannau-gerichtet werden. Dies eröffnen Wir euch in Antwort auf den durch Courier eingesandten Bericht vom 16. d. mit dem Anhang: daß Wir das von euch und dem Polizeidirector Frhrn. v. Andrian bei dieser Gelegenheit bezeigte Benehmen vollkommen billigen, und beiden für den zur Errettung eines Unserer Un- terthanen dargetegten Eifer Unsere besondere Zufriedenheit > zu erkennen geben. Damit aber in Zukunft aller Anlaß zu solchen unangenehmen Ereignissen vermieden werde, hat die Polizcidircction die Wachsamkeit gegen Libellen und Schmähschriften zu verdoppeln, sowie Sorge zu tragen ist, daß die Mißstimmung der Einwohner durch die Truppen nicht zu thätlichen Aeußernngen komme. Vom königl. Geueral-Laudescommissariat in Schwaben erhielt Frhr. v. Widemann folgendes Schreiben ans Ulm vom 20. Aug.: Die ebenso thätige als energische und kluge Verwendung für den Commis Jenisch gegen die Gewalthandlungcn der französischen Militär behörde, worüber dem königl. Organisationscommissar, Frhrn. v. Wide mann, und dem königl. Polizeidirector, Frhrn. v. Andrian, die vollkom menste Zufriedenheit ausgedrückt wird, berechtigt die Unterzeichnete Stelle zur Erwartung, daß sie mit derselben Standhaftigkeit die gleichen Atten taten ausgesctztcn Bürger Riegcr und Aumüller von Wellenburg zu be schützen bemüht sein werden. Sic sieht übrigens schnlichst den weiteren Berichten über den Erfolg deren Bemühungen entgegen. Diese Bemühungen gelangen so weit, daß die beiden Ricger und Aumüller am 29. Aug. in Freiheit gesetzt wurden. Jndeß war Friedrich v. Jenisch am 25. Aug. mit dem Buch händler Palm von Nürnberg, dem Kaufmann Schoderer von Donau wörth und drei Anderen durch das französische Kriegsgericht in Braunan zum Tode verurtheilt worden. Dieses Urtheil wurde aber am 26. Aug. nur an dem unglücklichen Palm wirklich vollzogen. Friedrich v. Jenisch war nach München gebracht worden. Am
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