Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.05.1870
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 04.05.1870
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18700504
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-187005047
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18700504
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1870
- Monat1870-05
- Tag1870-05-04
- Monat1870-05
- Jahr1870
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
100, 4. Mai. Nichtamtlicher Theil. 1499 acht Tagen haben wir alle Preßfreiheit und noch viele andere Dinge, hoffentlich im ganzen Deutschland." Als der Mann diese Worte schrieb, hatte sich in Deutschland noch keine Hand geregt — vierzehn Tage später kam die Preßfreiheit re-, mit der Censur fiel auch das sächsische Concessionswesen, und Keil konnte sein Blatt nun in Leipzig heimisch machen. In den Jahren 1848 und 1649 blieb der „Lcuchtthurm" ungestört und nahm einen so reichen Inhalt in sich auf, daß Varnhagen v.Ense ihn später als eine „imponirende Geschichtsguelle der Bewegnngszcit" bezeichnet^ Im Jahre 1850 traten aber die alten ungünstigen Verhältnisse wieder ein, und Keil mußte sich mit seiner Zeitschrift zum zweiten Mal auf die Wanderung begeben. Sie dauerte nicht so lange wie die erste. Sie führte von Leipzig über Dessau nach Braunschweig, wo das Feuer des „Leuchtthurms" Wohl erlöschen mußte, da regelmäßig jede Nummer noch vor der Ausgabe polizeilich weggenommen wurde. Einen kleinen Ersatz gab sich Keil durch den „Jllustrirten Dorfbarbier" von Ferdinand Stolle, dessen humoristisch-artistischen Theil er selbst zu alleiniger Leitung übernahm. Binnen zehn Monaten hatte das billige und hübsch ausgestattetc Blatt 22,000 Abnehmer gewonnen. Mitten in seiner Thätigkeit für dieses neue Unternehmen wurde Keil wegen des „Leuchtthurms" zur Verantwor tung gezogen. Die Geschworenen hatten ihn früher freigesprochen, die Mitglieder des wiederhergestelltcn Gerichts gelehrter Juristen vcrurtheilten ihn zu einer neunmonatlichen Gefängnißstrafe, die er in Hnbertusburg erstehen mußte. Dank der Humanität des dama ligen Schloßhauptmanns v. Bünau konnte er mit dem Geschäft in beständiger Verbindung bleiben, wenn auch jeder Brief und Zettel einer amtlichen Revision unterlag. Er verwerthete dieseZeit zu ge schichtlichen und publicistischen Studien. In Hubertusburg war es, wo er beim Schein einer Cigarre — Licht nach 6 Uhr zu brennen, war den Gefangenen untersagt — die erste Idee der „Garteillaube" auf ein Stückchen Papier, das er noch heute besitzt, hinkritzelte. Alles, was Sternbcrg in seinen Memoiren über die Entstehung des Blattes, über Keil'sGcfängnißleben und über die Geldbeihilfe seiner Freunde erzählt, ist ein Gewebe von Märchen. Nachdem er Hubertusburg verlassen hatte, verlor er mit der Ausführung seiner Pläne keinen Augenblick. Da er noch unter polizeilicher Aussicht stand und die Gesetze jener Zeit ihm ver boten, sich selbst als Redacteur zu nennen, so mußte er einen Freund suchen, der seinen Namen für die „Gartenlaube" herlieh, und fand ihn in Ferdinand Stolle, der in Dresden wohnte. Wir Wollen bei dieser Gelegenheit besonders betonen, daß Keil die „Gartenlaube" stets allein redigirt und geleitet hat, wenn auch sein Name jener Gefängnißstrafe wegen bei der Redaction langeZcit nicht genannt werden durfte. Am 1. Januar 1853 erschien die erste Nummer der „Garten laube". Der Erfolg des ersten Jahrgangs war ein günstiger, aber kein ungewöhnlicher, denn cs wurden nur 5000 Abdrücke abgesetzt, und auch als der zweite Jahrgang mit 14,500 Abnehmern schloß, waren die Herstellungskosten noch bei weitein nicht gedeckt. Das neue Blatt kam dem allgemeinen Wunsche entgegen, in unterhalten der Weise belehrt zu werden, und war ein in jeder Beziehung deutsches, nicht bloß darin, daß es dem großen nationalen Gedanken diente, sondern auch darin, daß es dem deutschen Leben und Streben fast ausschließlich Berücksichtigung schenkte. Die politischen Feinde der allerdings entschieden freisinnig redigirten„Gartenlaube" sollten nicht vergessen, daß dieses Blatt die Schätze deutschen Gemüthslebens immerdar enthält und bereichert und in den fernsten Landern, zu de nen cs im Laufe der Zeit vorgedrungen ist, dem deutschen Gemüth Anerkennung und Sympathie erworben hat. Die Novellen von Temme und die naturwissenschaftlichen Artikel von Bock, Carl Vogt, Roßmäßler und Brehm trugen in der ersten Zeit das Meiste dazu Lei, die Verbreitung zu fördern. Das Jahr 1855 schloß mit einem Absatz von 35,500, und bis 1860 hatte sich die Zahl der Käufer auf 86,000 gesteigert. Im Jahre 1861 erreichte die „Gartenlaube" ihr erstes Hunderttausend und überschritt es um 6000, 1863 gipfelte der Absatz in der enormen Zahl von 157,000. In Hermann Schmid, Ruppius, Levin Schücking, Storm u. a. m. hatte die „Gartenlaube" jetzt vortreffliche Mitarbeiter für ihren novellistischcnTheil gefunden. Der richtig belehrende Ton, der immer wissenschaftlich blieb, wenn er unterhalten zu sollen schien, trug zur Verbreitung wesentlich bei. Da traf das Blatt Ende 1863 ein schwerer Schlag. Durch die Auf nahme eines von guter Seite empfohlenen Artikels: „Der Unter gang der Amazone", die Keil selbst als eine übereilte bezeichnet, gerieth er in Conflict mit den preußischen Behörden, und obwohl er, von einer Reise zurückgekehrt, noch früh genug das Einstampfcn der meisten Abdrücke der fraglichen Nummer anordnen und eine öffent liche Erklärung erlassen konnte, so wurde die „Gartenlaube" doch ein Jahr später in Preußen verboten. Diese Maßregel ermnthigte zu Concurrenzcn und brachte die Auflage beinahe auf 100,000 herab. Bestellungen ans dem südlichen Deutschland und besonders aus Amerika hatten indessen einen Aufschwung zur Folge, und Ende 1865 besaß die „Gartenlaube" wieder 130,000 Abnehmer. Im nächsten Jahre hatte diese Zahl sich noch um 12,000 gesteigert, als nach dem Einmarsch der Preußen in Leipzig ein Officier in die Expe dition trat und das fernere Erscheinen des Blattes untersagte. Dieses gänzliche Verbot wurde unmittelbar nach der Schlacht von Königgrätz zurückgenominen, aber das preußische Gebiet öffnete sich der „Gar tenlaube" erst nach mehreren Monaten. Die 142,000 Abnehmer stiegen nun in drei Vierteljahren auf 215,000. Eine Vermehrung des Absatzes in neun Monaten um 83,000 Abdrücke dürfte in der Geschichte des Zeitungswescns wohl unerhört sein. In diesem Augen blicke hat die „Gartenlaube", deren Mitarbeiter vor längerer Zeit durch Marlitt vermehrt worden sind, eine Auflage von 270,000 Exemplaren. Sie ist eine Volkszeitung im wahren Sinne des Worts, denn nicht bloß der Bevölkcrungstheil liest sie, den man mißbräuchlich als „Volk" zu bezeichnen pflegt, vielmehr hat sic ihre Freunde unter allen Ständen von den vornehmsten bis zu den geringsten und hält die Deutschen der fernsten Wcltthcilc mit deutschem Gemüthslebcn und dem deutschen Wissen in Verbindung. Ballenweise geht sie nach Amerika und dringt in die Eukalyptcnwälder Australiens und in die südsibirischcn Steppen. Ein solcher kolossaler Erfolg konnte nur mit dem Aufgebot aller Kräfte erzielt werden. In der That hatte Keil der „Gartenlaube" fast seine ganze Zeit geopfert und muß die dadurch gewonnenen Re sultate als Ersatz für die meisten der Freuden betrachten, mit denen Andere ihr Leben schmücken. Sein übriger Verlag gehört nicht zu den größten, zeichnet sich aber dadurch aus, daß die Bücher desselben rasch große Auflagen erleben. Von andern Zeitschriften verlegt er die von Berthold Auerbach gegründeten „Deutschen Blätter", die als Beilage zur „Gartenlaube" erscheinen und von v,. Fxänckel vor trefflich redigirt werden, die „Europa" und die „Turnzeitung". Von den Büchern, die bei ihm erschienen, waren die bedeutendsten: Fer dinand Stolle's gesammelte Schriften (30 Bände in drei Auflagen), Ludwig Storch's Werke in 27 Bänden, Hermann Schmid's Werke in 20 Bänden, Bock's „Buch vom gesunden und kranken Menschen", in acht Auflagen und 90,000 Exemplaren verbreitet, Bock's Schul buch „Bau und Pflege des menschlichen Körpers", von dem binnen Jahresfrist vier Auflagen von je 10,000 Exemplaren erschienen, Träger's „Gedichte" in sieben Auflagen, „Karl Maria v. Webcr's Leben" in drei Bänden, Noßmäßler's „Bücher der Natur" in sieben Bänden, verschiedene volkswirthschaftliche Schriften von Schulze- Delitzsch und Marlitt's „Goldelse" und „Geheimniß der alten Mamsell" in fünf Auflagen. Da es noch immer vorkommt, daß den deutschen Buchhändlern Nichtachtung schriftstellerischer Interesse» vorgeworfen wird, so wollen wir nicht unerwähnt lassen, daß dem 21Z*
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder