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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.06.1870
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- Erscheinungsdatum
- 04.06.1870
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- Deutsch
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ÜR 126, 4. Juni. 1903 Nichtamtlicher Theil. würden Sie z. B. behaupten wollen, daß die Gegenstände, welche man zu Hildesheim gefunden hat, und die doch neben ihrem Kunstwerthe, der ja allge mein anerkannt ist, noch eine andere Bestimmung besitzen, keine Kunstwerke seien, so würden Sie sich mit den Begrifsen des gewöhnlichen Lebens offenbar in Widerspruch setzen. Dann will ich Ihnen anführcn verschiedene Spring- bruncn, z. B. das Gänsemännchcn von Peter Bischer, der Knabe mit dem Schwan und ähnliche Dinge, die eigentlich ja einen bestimmten Zweck haben, und die Sie doch nichtsdestoweniger gezwungen sind als Kunstwerke zu be trachten. Andrerseits aber geht die Vorlage darin ganz außerordentlich weit, daß sic für die Kunstindustrie gar keinen Schutz haben will; also, wenn heute ein neuer Benvcnuto Cellini erstände und seine Werke ebenso unsterblich machte wie ehedem, so würde Jedermann im Stande sein, ihn nachzuahmen und nicht nur jeder Künstler, sondern auch jeder Handwerker, denn die Nach ahmungskunst hat sich ja, wie das in der Broschüre des Herrn Bildhauers Sub mann-Hcllborn des Näheren ausgcführt ist, ganz außerordentlich vervoll kommnet. Es gibt nichts Leichteres, als ein Kunstwerk oder einen Gegenstand des plastischen KunstgewcrbcS nachzuahmen. Man hat neuerdings die Erfin dung gemacht, daß man sehr leicht und fast ohne Kosten sogenannte gerechte Formen Herstellen kann, dadurch, daß man eine Mischung von Guttapercha und Leim anfertigt, diese erhitzt und damit den Kunstgegenstand umgießt, der vorher mit Steinöl bestrichen ist. Dann wird nach einiger Zeit, sowie die Masse erstarrt ist, die Form heruntergenommen, und man hat sofort eine ge rechte Form, von der man einen Gipsabguß abziehen kann. Mit diesem Gips abguß kann man machen, was man will. Man kann ihn als Gipsabguß verkaufen, man kann ihn aber auch dazu benutzen, daß man ihn unter einen galvanischen Apparat bringt, welcher ohne jede weitere Thätigkeit das Kunst werk nicderschlägt; dieses wird also auf rein mechanischem Wege nachgeahmt. Es gehört nicht oie geringste Kunstfertigkeit dazu. Und wenn ich nun einer seits außerordentlich beklagen muß, daß man uns derartige Vorlagen macht, so muß ich doch mein Erstaunen darüber aussprechcn, daß man gleichzeitig die Photographie schützen will — es gehört das zwar nicht unmittelbar hierher, ich gebrauche es nur als Erläuterung — denn bei der Photographie sagen die Ver- theidiger des Schutzes: die Photographie müsse insofern geschützt sein, als zur Herstellung guter Photographien nach Kunstwerken oder nach der Natur außer ordentlich viel kostspielige Apparate gehören, während zur Nachbildung der aus diesen theuren Avparaten erzeugten Photographien die einfachsten Vorrichtungen ausreichen. Meine Herren, wenn das bei der Photographie zutrifft, so trifft das noch viel mehr beim Kunstgewcrbc zu. Andrerseits wiederum ist der Schutz ein außerordentlich großer, wie er nach der Vorlage gewährt werdcnffoll. Es heißt im §. 60.: „Wenn bei Hcrvorbringung derselben ein anderes Verfahren an gewendet worden ist, als bei dem Originalwerk; wenn ein Werk der zeichnenden oder malenden Kunst auf mechanischem Wege in plastischer Form wiedergcgeben wird oder umgekehrt; wenn die Nachbildung nicht unmittelbar nach dem Kunstwerke, sondern mittelbar nach einer Nachbildung desselben geschaffen ist"; und nun kommt der volle Gegensatz: „Wenn die Nachbildung eines Werkes der bildenden Künste sich an einem Werke der Industrie, der Fabriken, Handwerke oder Manu fakturen befindet und den hauptsächlichen Bcstandthcil und Werth dieses letzteren Werkes ausmacht", also „wenn cs den hauptsächlichen Bcstandthcil und Werth dieses letzteren Werkes ausmacht"! Herr Sußmann selber hat eineu Vorschlag gemacht, den 8- 60. anders zu fassen und zu sagen: „Als eine verbotene Nachbildung gilt es auch, wenn die Nachbil dung eines Werkes der bildenden Künste sich an Werken der In dustrie oder Manufactur findet " Der Abgeordnete Dunckcr hat diesen Vorschlag ausgenommen und zu dem seinigen gemacht. Dagegen habe ich einzuwendcn, daß dies wieder zu weit geht; (Ruf: Sehr richtig!) denn dann müßte doch wenigstens dastehen: „wenn die Nachbildung auf mechanischem Wege erfolgt ist"! Denn wie würde man sonst die Kunst beschränken. Es ist ja auch an andern Stellen des Gesetzes die Nachbildung einzelner Theilc verboten; also nehmen Sie au, es gibt industrielle Werkstätten, die sich mit Erzeugung von tnnstindustricllcn Werken beschäftigen. Es gibt z. B. eine bedeutende derartige Fabrik in Hanau. Die hat sich an meinen Freund Weigel gewendet, der mit mir gemeinsam den Antrag abgefaßt und seinen Antrag nur für den Fall ein- gebracht hat, daß der mcinige abgclehnt wird, und hat ihm auseinandergesetzt, sie beschäftige mehrere Bildhauer; der erste bekomme ein jährliches Gehalt von 2000 Thlr. Diese Bildhauer haben aber nicht ununterbrochen das ganze Jahr in der Fabrik zu thun, sondern machen Kunstrcisen, bringen Zeichnungen mit und bilden nach diesen Zeichnungen Werke nach. DaS würde jawieder andrerseits nach diesem Gesetz verboten sein und namentlich, wenn Sie den Vorschlag des Herrn Sußmann-Hcllborn annehmen wollten, würde cs ganz unzweifelhaft verboten sein. Nun frage ich, welches ist das Interesse dcS Künstlers? Das Interesse desselben besteht nach meiner lleberzeugung darin, daß Niemand, der nicht selbst Künstler ist, im Stande sei, seine Werke auf mechanischem Wege nachzubilden. Das ist sein Hauptinteresse, denn mit dem Handwerker kann er nicht concurriren, weil er thcurer leben muß und im Ganzen viel größere Arbeit an den Modellen als der Handwerker hat, welcher sie abklatscht. Darum, sage ich, ist die Nr. 4 des Paragraphen geradezu pcr- niciös. Denn hier ist gesagt: insosern das Kunstwerk den hauptsächlichen Bestandtheil und Werth eines industriellen Werkes ausmacht. Ja, meine Herren, man könnte darüber zweifelhaft sein, ob das Wort „Werth" nicht geeignet ist, das wieder aufzuhebcn, was gesagt ist; denn das Kunstwerk verleiht ja erst dem Stoff seinen eigentlichen Wertb. Es kommt nicht darauf an, daß ich eine Statue von Silber darstclle, oder ein schön gebautes Gefäß in Gold, sondern es kommt alles auf die schöne Form an. Meine Ansicht ist in der Weise, wie dieses Gesetz die Frage lösen will, über haupt nicht ausgedrückt; es müßte sich ganz verschieden gestalten. Dem eigentlichen Kunstwerke würde ich, da Sie einmal bei den L-chriftstcllern und Musikern die dreißig Jahre beschlossen haben, denselben Schutz lassen. Anders steht es mit den Erzeugnissen der Kunst-Industrie. Diese könnten unmöglich die lange Reihe von Jahren geschützt sein, sondern nur eine viel kürzere Zeit. Also, wenn wir irgendwie diese Grundsätze vcrwerthcn wollen, so müssen wir diesen ganzen Passus umarbeitcn. Dazu fehlt es aber erstens an der Zeit und zweitens haben wir nicht die genügenden Materialien, wir haben bloß einzelne Mitthcilungen in dem Commissions- Bericht, namentlich auch in der Regierungsvorlage, wie das Verhältniß in andern Ländern sei und cs ist auch einiges darüber mitgetheilt, was Künstler auögearbeitct haben und was in dem Gcsetzvorschlag enthalten ist. Aber auch dieser Gesetzvorschlag genügt mir in keiner Weise, also ich sage, da die ganzen Materialien überhaupt noch weniger vorlicgen als bei den Compositioncn — obschon ich mit Recht glaube nachgewiesen zu haben, daß auch die Compositioncn gar nicht in dieses Gesetz hineingekvren — das scheint mir unter allen Umständen zuzutreffcn bei den Werken der bildenden Künste. Namentlich bei dem großen Aufschwung, welchen neuerlich die Kunstindustrie zu nehmen bestrebt ist, glaube ich, eS ganz nothwcndig, daß wir abgehcn von dem bisher bei uns üblichen Prinzip, daß jeder Mensch augenblicklich das nachmachen kann, was ihm unter die Hände kommt. Wie wollen Sie dann im Stande sein, mit dem AuSlande zu concurriren? Wes halb sollen wir denn — das hatSußmann-Hcllborn in seiner Broschüre viel besser ausgeführt, als ich es jetzt sagen kann — nach wie vor unsere Muster von den Franzosen nehmen, weshalb werden wir von den Franzosen un endlich übcrtroffen? Arbeiten denn diese Sachen in Frankreich nur Fran zosen, nein, cs sind zum größten Theil Deutsche, die dort Arbeiten machen und den französischen Schütz genießen, und weshalb geht ein Deutscher nach Paris, um dort die Kunfi auSzuübcn? unzweifelhaft weit sie in der Heimath nicht geschützt sind. Ich weiß wohl, daß cs Viele gibt, welche sagen, bas Gesetz von 1837 hat in Preußen ganz außerordentlich segensreich auf die Industrie einge wirkt. Ich will das nach mancher Richtung nicht leugnen, und gehöre keineswegs zu Denen, die jedes einzelne Muster schützen wollen. Es gibt Fabrikanten, die sich damit beschäftigen, durch mathematische Berechnungen Kreisfiguren, Quadrate und ähnliche Muster zu erzeugen. Daß das ein Gegenstand der Kunstindustric wäre, der irgend einen Schutz verdiente, muß ich leugnen. Also für einen Schutz dieser Werke wäre ich nicht, aber cS gibt ebenso gut andere Fabrikanten, wenigstens in Frankreich, wo der Muster schutz eristirt, welche Künstler anstellcn und durch diese neue Erfindungen zeichnen lassen und wenn sie den Schutz für diese neuen Erfindungen nicht haben, so gehen sie einfach nach der alten Schablone: sic lassen sich die Muster aus Frankreich kommen. DaS trifft ja gar nicht zu, denn die Fran zosen sind ja bei uns auch nicht geschützt; also sie lassen einfach die Muster aus Frankreich kommen und klatschen sic ab. Es wird also jede eigentliche Erzeugung durchaus verhindert, weil das Mustercrzeugen große Kosten verur sacht und Niemand im Stande ist, ohne den gesetzlich erforderlichen Schutz sich die Zeichner zu halten. Aus allen diesen Gründen möchte ich bitten, meinen Antrag anzu nehmen. Ich kann übrigens auch erklären, daß verschiedene Künstler, mit denen ich über die Frage Rücksprache genommen habe, mit meinem Anträge sehr einverstanden sind, und namentlich mit der Resolution, die ich Ihnen Vorschläge. In der Resolution wird nämlich gesagt, daß die Bundesregierung aufzufordern wäre, den berechtigten Ansprüchen der Kunstindustric in einem neuen Gesetz zu entsprechen. Den Unterschied, welchen ich damit machen will, habe ich schon auseinandcrgcsetzt. Ich habe Ihnen klar zu legen ver sucht, daß cs gewisse Muster gibt, welche nach meiner Ansicht geschützt werden dürfen, daß es dagegen andere gibt, die einen Schutz verdiene». AuS allen diesen Gründen bitte ich Sie, meinen Antrag anzuaehmen. Präsident: Der Herr Bevollmächtigte des BundeSrathS, Geheimer Legationsrath von Philipsborn hat das Wort. Bevollmächtigter zum BundeSrath, Ministcrial-Dircctor von Philips- 271*
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